J-Magazin_9_2022
Das Magazin des Jugendrotkreuzes zur humanitären Bildung. Ausgabe 9, September 2022: Themenschwerpunkt "Können wir Krise? So fit sind wir für die Vielfalt."
Das Magazin des Jugendrotkreuzes zur humanitären Bildung.
Ausgabe 9, September 2022: Themenschwerpunkt "Können wir Krise? So fit sind wir für
die Vielfalt."
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SCHWERPUNKT<br />
6<br />
Fotos: AdobeStock<br />
Seelen für die<br />
Intensivstation<br />
Fotos: stock.adobe.com: Lydia Geissler, Halfpoint, czarny_bez<br />
Die Anzahl traumatisierter<br />
Kinder in den Schulen ist<br />
unbekannt. Manche fallen<br />
durch ihr Verhalten auf,<br />
manche sind fast unsichtbar.<br />
Von Christina Hager<br />
Krieg und Flucht, Gewalterfahrungen<br />
im unmittelbaren Umfeld, Katastrophen,<br />
Unfälle sowie der Verlust enger Angehöriger<br />
können Traumata hervorrufen.<br />
Das aus dem Griechischen stammende<br />
Wort Trauma bedeutet Wunde oder Verletzung.<br />
Hier ist von schweren psychischen<br />
Verletzungen die Rede.<br />
Der Stress traumatisierender Situationen<br />
führt zur massiven Ausschüttung von<br />
Stresshormonen, von denen das Cortisol –<br />
bei hohen Werten und über längere Zeit<br />
hinweg – neurotoxisch wirkt, d. h. Gehirnzellen<br />
zerstört. Außerdem sind Anpassungs-<br />
und Reaktionsmuster, die aus<br />
Bereichen des Gehirns gesteuert werden,<br />
die Vernunft und Emotionen beeinflussen<br />
– nämlich aus kortikalen und subkortikallimbischen<br />
Regionen –, nicht mehr abrufbar.<br />
Bei Kindern und Jugendlichen können<br />
sich bei der Traumatisierung aktivierte<br />
archaische Verhaltensmuster wie Flucht,<br />
Erstarrung, Dissoziation, Unterwerfung<br />
oder Angriff gegenüber höher entwickelten<br />
Mustern durchsetzen. Sie bestimmen<br />
dann Denken, Fühlen, Wahrnehmen,<br />
Körperreaktionen, Beziehungs- und Leistungsverhalten.<br />
Häufig kommt es zu einer<br />
posttraumatischen Belastungsstörung.<br />
Aspekte der traumatisierenden Situation<br />
werden dann wieder und wieder erlebt<br />
(dieses Phänomen heißt Flashback). Betroffene<br />
leiden unter Schlafstörungen und<br />
erhöhter Reizbarkeit, haben Konzentrationsstörungen,<br />
sind aggressiv und übermäßig<br />
schreckhaft. Auch Gefühle wie Angst,<br />
Scham, emotionale Stumpfheit, Entfremdung,<br />
Depression, Teilnahmslosigkeit und<br />
Gleichgültigkeit gehören zum posttraumatischen<br />
Symptomenkomplex.<br />
Wären traumatisierte Kinder<br />
körperlich in der Verfassung, die<br />
ihrer seelischen entspricht – sie<br />
lägen auf der Intensivstation.<br />
Allen diesen Symptomen sind traumatisierte<br />
Menschen hilflos ausgeliefert, sie<br />
können sie nicht willentlich beeinflussen.<br />
Sinneseindrücke, die mit der Traumasituation<br />
in Verbindung stehen (Geräusche,<br />
Gesichter, Gerüche, Bewegungen, …),<br />
können als Trigger wirken und lösen dann<br />
Das <strong>Magazin</strong> des Österreichischen Jugendrotkreuzes zu humanitärer Bildung