Frauen Wege - EMK Frauenwerk
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„Fremde sind wie ein Baby“<br />
wie die Faust aufs Auge.<br />
Ein zwölfjähriges Kind<br />
kann perfekt Wäsche waschen.<br />
Ich war gerade mal<br />
weiter als die Dreijährige<br />
Grace, die bei jeder Waschaktion<br />
geschäftig in der<br />
Schüssel rumpanschte.<br />
Juliette verabschiedete<br />
sich, sie gehe Wasser holen.<br />
Noch so etwas. Der<br />
körperliche Aufwand beim<br />
Waschen der Wäsche zerrte<br />
bereits an mir. Juliette<br />
würde gleich noch mit 15<br />
Litern Wasser auf dem<br />
Kopf 200 Meter durch die<br />
Ge gend spazieren. In meinen<br />
Augen sind die togolesischen<br />
<strong>Frauen</strong> unglaublich.<br />
Morgens, ungefähr sechs<br />
Uhr, kümmert man sich<br />
am besten um die Wä sche.<br />
So lange es noch nicht so<br />
heiß ist. Dafür muss natürlich<br />
erst einmal Wasser besorgt<br />
werden. Und 15 Liter<br />
reichen nicht. Juliette ist<br />
das Jüngste von elf Kindern<br />
und wohnt als einzige<br />
noch bei ihrer Mutter.<br />
Ihre Kleidung sowie die<br />
der kleinen Pflegeschwester<br />
müssen gewaschen<br />
werden. Alle müssen duschen.<br />
Mittags und abends<br />
braucht man Was ser zum<br />
Kochen. Um 7:30 Uhr muss<br />
Ju liette in der Schule sein.<br />
Sie besucht die zwölfte<br />
Klasse und steht kurz vor<br />
den Prü fungen. Um 17 Uhr<br />
kommt sie nach Hau se, um<br />
18 Uhr muss sie das Feuer<br />
entfachen, Mais zu Mehl<br />
stampfen und dies unter<br />
kräftigem Rühren mit Wasser<br />
verkochen.<br />
Dann muss sie sich auf<br />
die Prüfungen vorbereiten,<br />
doch es ist kein Strom<br />
im Haus. Um 20 Uhr macht<br />
sie sich auf den Weg zur<br />
be leuchteten Präfektur um<br />
zu lernen. Diesen Ta gesablauf<br />
bewältigt sie mit einer<br />
durch Gewohnheit bedingten<br />
Leichtigkeit. Ich<br />
schaue zu und staune. Sie<br />
kapiert erst, warum ich<br />
staune, wenn sie sieht, wie<br />
ich versuche meine Wäsche<br />
zu waschen. Wenn sie<br />
sieht, wie meine Arme zittern,<br />
nachdem ich einen<br />
Eimer mit fünf Litern Wasser<br />
zehn Meter weitergetragen<br />
habe. Wenn sie<br />
sieht, dass das schlaue<br />
Mädchen aus dem reichen<br />
Land einfachste, essentielle<br />
Aufgaben nicht bewältigen<br />
kann.<br />
Mit dem WeltwärtsProgramm<br />
des Bun desministe<br />
riums für wirtschaftliche<br />
Zusammenarbeit und Entwicklung<br />
reis te ich im Sep<br />
<strong>Frauen</strong>leben weltweit: Togo <strong>Frauen</strong>leben weltweit: Togo<br />
tember 2010 für zwölf Monate<br />
nach Togo. Meine<br />
Auf gabe war es, Grundschü<br />
ler in Dörfern zum Lesen<br />
zu animieren und ihren<br />
Horizont durch kreatives<br />
Arbeiten zu erweitern.<br />
Ich wohnte in Dapaong,<br />
der Hauptstadt der<br />
togolesischen Région des<br />
savannes. Von dort aus<br />
fuhr ich vier bis sechs Mal<br />
in der Woche in vier umliegende<br />
Dörfer. Dort hatte<br />
ich eine Stunde Zeit mit<br />
den Kindern. Wir lasen zusammen,<br />
bearbeiteten Lückentexte,<br />
bastelten Plakate,<br />
spielten Fußball, bemalten<br />
Baumwoll ta schen.<br />
Dieses Jahr hat mir die<br />
Augen ein gu tes Stück<br />
wei ter geöffnet. Deutschland<br />
ist unglaublich. Ich<br />
ha be angefangen, mich intensiver<br />
mit dem Funk tionieren<br />
unserer Wirt schaft<br />
auseinanderzusetzen und<br />
bin schockiert, wie ungerecht<br />
der Reich tum unseres<br />
Planeten verteilt ist.<br />
Swenja Reil<br />
Praktikantin<br />
Dortmund<br />
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