Frauen Wege - EMK Frauenwerk
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Vom LibANoN iN DiE ScHwEiz<br />
Frau<br />
Behinderte<br />
Ausländerin<br />
Erzieherin<br />
Rollstuhlfahrerin<br />
Pfarrerin<br />
<strong>Frauen</strong>leben weltweit: Libanon<br />
Ich bin Armenierin, im Libanon als<br />
Gehbehinderte geboren und aufgewachsen.<br />
Zwei Operationen im Alter<br />
von 9 und 13 Jahren ermöglichten mir,<br />
mühsam zu gehen.<br />
Die Fehlhaltung des Körpers und die<br />
schlechte medizinische Versorgung wäh <br />
rend der 20 Jahre Bürgerkrieg im Li banon<br />
haben dazu beigetragen, dass sich<br />
die umliegende Muskulatur der Wir belsäule<br />
stark entzündete, was mich in den<br />
Rollstuhl zwang. Jetzt gehe ich unter<br />
starken Schmerzen noch ein bisschen<br />
umher. Die Diagnose lautet: Bald wirst<br />
du nicht mehr laufen und die Arme bewegen<br />
können. Ich habe gelernt, gut damit<br />
zu leben: Dank Jesus Christus und<br />
seiner täglichen Fürsorge.<br />
Mit neun Jahren verlor ich meinen<br />
Vater und kam ins Kinderheim. Die Mitarbeiter<br />
des Heimes waren überfordert<br />
mit meiner Behinderung und den anderen<br />
etwa 120 Kindern. In unserer Kultur<br />
gilt eine Behinderung als Fluch Gottes<br />
und deshalb wurde ich von anderen<br />
Kindern aus gelacht, geschlagen und<br />
bloßgestellt: Immer wieder hatte ich<br />
blaue Fle cken und blutige Wunden. Als<br />
ich 13 Jah re alt war, wurden meine Mutter<br />
und mein Bruder durch ein Bom benattentat<br />
in einem Bus schwer verletzt.<br />
Als Älteste der Familie folgte für mich<br />
die schlimmste Zeit meines Lebens. Ich<br />
musste meine Angehörigen in verschiedenen<br />
Kran ken häuser mit Medi ka menten,<br />
Blut, Pfle ge, Nahrung und dem nötigen<br />
Geld versorgen. Die Großeltern waren<br />
schon gestorben. Ich verkaufte den<br />
Schmuck und andere Wertgegen stände<br />
<strong>Frauen</strong>leben weltweit: Brasilien<br />
der Fami lie, damit wir überleben konnten.<br />
Mehr als die Hälfte meines Le bens<br />
habe ich Krieg erlebt, etliche zum Teil<br />
traumatische Erfahrungen trug ich aus<br />
dieser Zeit davon. Oft habe ich mich gefragt:<br />
Warum muss ich so leben und mit<br />
dieser Behinderung leiden? Was willst<br />
du, Gott, von mir? Ich fühlte mich herausgefordert<br />
zu lernen, was Verge bung<br />
wirklich heißt. Ich entschied mich, mein<br />
Leben Jesus zu geben. 1988 begann ich<br />
in Frankf urt/Main eine Ausbil dung zur<br />
Er zieherin. 1992 gründete ich ein Kinder<br />
heim im Libanon und arbeitete dort.<br />
Doch die Sehnsucht, Gott tiefer kennenzulernen<br />
und ihm vollständig zu dienen,<br />
führte mich zum Theologie studium in<br />
die Schweiz.<br />
Heute lebe ich als Pfarrerin der EmK in<br />
Zürich. Ich möchte keinen Abschnitt<br />
mei nes Lebens vermissen. Die schwierigsten<br />
Zeiten lehrten mich Vertrauen<br />
auf Gott, Selbständigkeit und Organisation.<br />
Ich lernte, mit wenig auszukommen<br />
und der Nähe Gottes gewiss zu<br />
sein. Schwere <strong>Wege</strong> haben mich reif und<br />
weise gemacht. Ich habe eine tiefe Gottesbeziehung<br />
gefunden, die nichts erschüttern<br />
kann. Ich verstehe Men schen<br />
mit einem Leidensweg. In der Seelsorge<br />
braucht mich Gott. Ich habe meinen<br />
Frieden. Ich danke Jesus Chris tus für<br />
mein Leben, für alles Schwere und Schöne,<br />
das er zu Segen verwandelte und<br />
zum Segen gebraucht.<br />
Maryette Berdakji<br />
Pastorin der EmK<br />
Zürich (Schweiz)<br />
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