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PT-Magazin - Ausgabe 5 2022

PT-Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft Die Top-Themen: • Lebe stolz und frei! Risikopapst Gerd Gigerenzer über Risikokompetenz • Unternehmen im Kriegszustand - Was tun bei Bedrohungen von allen Seiten? • Raus aus der Knechtschaft - Unternehmer sollten aufhören, Untertan zu sein • "Heilige Kühe" vertreiben mit dem "Elefant im Raum"

PT-Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft

Die Top-Themen:
• Lebe stolz und frei! Risikopapst Gerd Gigerenzer über Risikokompetenz
• Unternehmen im Kriegszustand - Was tun bei Bedrohungen von allen Seiten?
• Raus aus der Knechtschaft - Unternehmer sollten aufhören, Untertan zu sein
• "Heilige Kühe" vertreiben mit dem "Elefant im Raum"

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14 Gesellschaft<br />

15<br />

seinen Produktionshallen<br />

und Büros um zwei Grad<br />

herunterfahren.<br />

Expertenmeinungen besagen,<br />

dass ein Grad weniger<br />

Raumtemperatur im<br />

Büro einer Einsparung von<br />

sechs Prozent beim Gasverbrauch<br />

entspricht. Um<br />

den Empfehlungen der EU<br />

nachzukommen, müsste<br />

ein Betrieb die Temperatur<br />

aber deutlich stärker<br />

senken – zum Beispiel von 22 Grad auf 19<br />

Grad, was aktuell gegen die deutsche Arbeitsstättenverordnung<br />

verstoßen würde.<br />

Die Temperatur in den Büros um wenige<br />

Grad zu drosseln ist arbeitsrechtlich aber<br />

umstritten.<br />

AquaDuctus:Transportleitung für Grünen Wasserstoff aus der Nordsee<br />

Die Datenlage ist mehr als intransparent<br />

Gebetsmühlenartig wird in den Medien<br />

darüber diskutiert, wie sich Deutschland<br />

von russischem Öl, Gas und Steinkohle lösen<br />

kann. Dabei wird mit Zahlen jongliert,<br />

deren Verifizierung jedoch Fragen aufwirft.<br />

So kamen laut Bundeswirtschaftsministerium<br />

35 Prozent der Ölimporte<br />

2021 aus Russland, Mitte April <strong>2022</strong> waren<br />

es 12 Prozent. Beim Gas werden 55 Prozent<br />

genannt, Mitte April <strong>2022</strong> waren es 35 Prozent.<br />

Das Problem ist nur, niemand weiß genau,<br />

ob beim Gas die Zahlen stimmen. Denn<br />

bei mehr als 100 Milliarden Kubikmeter<br />

Erdgas (ohne Flüssiggas), die 2020 über<br />

Pipelines nach Deutschland transportiert<br />

wurden, stünden selbst hinter kleinen Abweichungen<br />

enorme Zahlen. Die Durchflussmengen<br />

in den Pipelines stützen sich<br />

wesentlich auf die in den Exportverträgen<br />

festgelegten Mengen. Deshalb muss gefragt<br />

werden, ob die Daten für den gewaltigen<br />

Umbau unserer Energieversorgung<br />

mit Gas und Öl genau bekannt sind. Hinzu<br />

kommt, die Bundesregierung macht<br />

ungern public, dass Deutschland auch<br />

Gas-Exporteur ist. D.h., in etwa soviel Gas<br />

an ausländische Staaten exportiert, wie<br />

es für den Eigenbedarf aus Russland bezieht.<br />

Und dieses Gas beispielsweise aktuell<br />

für die Stromversorgung in Frankreich<br />

genutzt wird. Genannt wird dies Solidarität<br />

in der EU.<br />

Preissprünge treffen Millionen<br />

mit voller Wucht<br />

In weniger als zwei Monaten beginnt die<br />

Heizperiode. Die Energiepreise kennen<br />

aktuell nur eine Richtung: nach oben. Preise<br />

von mehr als 200 Euro pro MWh Gas<br />

im Großhandel haben Schockwellen bis<br />

in den Haushaltskundenvertrieb hinein<br />

ausgelöst. Das Vergleichsportal Verivox<br />

listete Ende Juli für einen<br />

Berliner Durchschnittshaushalt<br />

(18.000 kWh Jahresverbrauch)<br />

nur noch 15<br />

Angebote. Deutschlands<br />

größter Energieversorger<br />

Eon rechnet mit weiter<br />

steigenden Strom- und<br />

Gaspreisen für Endkunden,<br />

denn Preisdruck herrscht<br />

in allen Märkten. Die Anhebungen,<br />

die andere<br />

Versorger bereits bekannt<br />

gegeben haben, liegen zwischen 24 und<br />

116 Prozent. Die Gasumlage ist dabei noch<br />

gar nicht berücksichtigt. Und eine Gasspeicherumlage<br />

soll noch folgen.<br />

© AQUADUCTUS<br />

Fakt ist, rasante Preisanstiege bei Energie<br />

werden die Verbraucher hart treffen. Beeinflussen<br />

können viele Gaskunden die<br />

Preise nicht. Denn von jetzt auf gleich<br />

lässt sich die Beheizung eines Hauses<br />

nicht umstellen. Wer zur Miete wohnt, hat<br />

gar nicht erst die Möglichkeit, die Umstellung<br />

des Heizsystems selbst in die Hand<br />

zu nehmen. Also treffen die Preissprünge<br />

beim Erdgas Millionen Haushalte und Industriekunden<br />

mit voller Wucht.<br />

Umlage für Gaskunden- ein Damoklesschwert?<br />

Von der rot-grün-gelben Bundesregierung<br />

werden Haushalte, Unternehmen<br />

und öffentliche Hand aufgerufen, zum<br />

Energiesparen durch Verhaltensänderungen<br />

und andere Maßnahmen beizutragen.<br />

Entlastungspakete und einzelne<br />

weitere Maßnahmen mit einem Gasspar-<br />

<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2022</strong><br />

<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2022</strong><br />

paket sind durch das BMWK angekündigt.<br />

Gleichzeitig irritiert die Bundesregierung<br />

durch Kürzungen an Förderprogrammen<br />

zur Gebäudesanierung und zögert mit<br />

wichtigen Rahmensetzungen zur Steigerung<br />

der Energieeffizienz. Dies wäre jedoch<br />

nötig, um die Verbräuche langfristig<br />

zu senken. Zeigt sich so politische Führungskompetenz?<br />

Ein mittelständischer<br />

Unternehmer würde mit einer solchen<br />

Strategie kaum erfolgreich am Markt<br />

agieren können.<br />

Was passiert, wenn weiterhin zu wenig<br />

vom Energieträger Gas geliefert werden<br />

sollte? Am 23. Juni <strong>2022</strong> hat das Bundeswirtschaftsministerium<br />

die Alarmstufe<br />

des Notfallplans Gas ausgerufen. Es ist<br />

die zweite von drei Krisenstufen, die in<br />

der europäischen Security-of-Supply-Verordnung<br />

vorgegeben sind. Inzwischen ist<br />

auch die Rechtsverordnung zur Gas-Umlage<br />

in Kraft getreten und gilt bis zum 30.<br />

September 2024. Grundlage ist die sogenannte<br />

„saldierte Preisanpassung” nach<br />

Paragraph 26 Energiesicherungsgesetz<br />

(EnSiG): Über eine Umlage, deren exakte<br />

Höhe am 15. August bekanntgegeben<br />

wurde (sie beträgt 2,419 Cent), werden die<br />

extremen Preisausschläge beim Erdgas<br />

gleichmäßig auf alle betroffenen Gasverbraucher<br />

umgelegt. Diese Umlage für alle<br />

Gaskunden soll ab dem 1. Oktober gelten,<br />

heißt es aus dem Bundeswirtschaftsministerium.<br />

Grünen-Minister Habeck rechnet<br />

mit Kosten von mehreren Hundert Euro<br />

pro Haushalt. Mit der Umlage dürften<br />

allein in diesem Jahr zweistellige Milliardenbeträge<br />

gewälzt werden.<br />

Pikant ist, diese Umlage wird noch zusätzlich<br />

durch die Mehrwertsteuer erhöht.<br />

Laut Branchenverband BDEW haben<br />

die deutschen Haushalte 2021 rund 310<br />

Milliarden Kilowattstunden (kWh) Gas<br />

verbraucht. Der durchschnittliche Bruttopreis<br />

für eine kWh lag bei 6,56 Cent/kWh.<br />

Dies brachte Mehrwertsteuereinnahmen<br />

von rd. 3,3 Mrd. Euro. Im ersten Halbjahr<br />

<strong>2022</strong> lag der durchschnittliche Gaspreis<br />

für Haushalte bei rd. 14 Cent/kWh, dieser<br />

Preis steigt permanent. Legt man<br />

den Gasverbrauch von 2021 zugrunden,<br />

bezahlen die Haushalte bei diesem Preis<br />

über 6,9 Mrd. Euro Mehrwertsteuer. Der<br />

Staat erhält so zusätzliche Einnahmen<br />

von über 3,6 Mrd. Euro.<br />

Und das Geschmäckle: Nach EU-Recht<br />

darf die Bundesregierung die Mehrwertsteuer<br />

nicht auf die Umlage erlassen.<br />

Aber auch eine von Bundeskanzler Scholz<br />

am 18. August angekündigte Reduzierung<br />

der Mehrwertsteuer auf 7% auf den Gaspreis<br />

entlastet die Verbraucher nicht.<br />

Viele Unternehmen und Haushalte stehen<br />

vor erheblichen Belastungen. Sie ahnen<br />

noch gar nicht, was auf sie zukommt.<br />

Die Sorge vor einer finanziellen Überforderung<br />

vor allem für mittelständische<br />

Betriebe wächst. Und der Staat streicht<br />

zusätzlich Milliarden ein. •<br />

Verleger und Publizist<br />

Dr.-Ing. Lothar Müller<br />

ist der Oskar-Patzelt-Stiftung<br />

seit ihrer Gründung als Partner<br />

verbunden und bringt<br />

seine langjährigen Erfahrungen<br />

als Unternehmer<br />

und in der Energiewirtschaft<br />

ein. Weitere Informationen:<br />

https://www.themen-magazin.de<br />

Über den Autor<br />

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