faktor Herbst 2022
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18. Jahrgang <strong>Herbst</strong> <strong>2022</strong> 8 Euro<br />
profil<br />
› MEHR ALS EIN MAGAZIN<br />
› DAS ENTSCHEIDER-MAGAZIN FÜR DIE REGION GÖTTINGEN<br />
erfolgsgeschichte Der Göttinger Fintan Whelan bringt mit seinen vielschichtigen Kunstwerken die Welt zum Leuchten TOP-ARBEITGEBER 90 2018 1
Jan Förster Dipl.-Finw.(FH)<br />
Steuerberater<br />
Miriam Engel Dipl.-Kffr.<br />
Steuerberaterin<br />
Tatjana Wucherpfennig B.Sc.<br />
Steuerberaterin<br />
Immer die richtige Finanzmedikation<br />
Damit Abgaben nicht zur bitteren Pille werden, finden Mediziner in Quattek &<br />
Partner ihren „Facharzt“ unter den Steuerberatern. Wir verstehen uns als wirtschaftliche<br />
Wegbegleiter der Heilberufe. Unser Rezept für das monetäre Wohlergehen:<br />
effektive Finanzdiagnostik und wirksame Therapien von der Praxisübernahme<br />
über den laufenden Betrieb bis hin zur Nachfolgeregelung.<br />
Steuerprognosen, Liquiditäts- und Planrechnungen sowie Branchen- und Mehrjahresvergleiche<br />
helfen uns, Probleme frühzeitig zu erkennen und eine entsprechende<br />
„Medikation“ vorzunehmen. Die Ergebnissituation fassen wir nachvollziehbar<br />
in speziellen Quartalsberichten und Überschussrechnungen zusammen.<br />
Als Spezialisten auf dem Gebiet der Heilberufe betreuen wir mit besonders ausgebildeten<br />
und motivierten Mitarbeitern eine Vielzahl von niedergelassenen Medizinern<br />
der verschiedensten Fachrichtungen und Praxen unterschiedlichster<br />
Größenordnungen und Organisationsformen.<br />
Jürgen Hollstein Dipl.-Kfm.<br />
Steuerberater<br />
Roland Haever Dipl.-Kfm.<br />
Wirtschaftsprüfer · Steuerberater<br />
Fritz Güntzler Dipl.-Kfm.<br />
Wirtschaftsprüfer · Steuerberater<br />
Johann-Karl Vietor Dipl.-Kfm.<br />
Steuerberater<br />
Thorsten Kumpe Dipl.-Kfm.<br />
Wirtschaftsprüfer · Steuerberater<br />
Miriam Engel Dipl.-Kffr.<br />
Steuerberaterin<br />
Lutz Becker<br />
Rechtsanwalt<br />
Jan Förster Dipl.-Finw. (FH)<br />
Steuerberater<br />
In Kooperation mit<br />
Quattek & Partner Steuerberatungsgesellschaft mbB · Nikolausberger Weg 49 · 37073 Göttingen · Tel. (05 51) 49 70 1-0 · www.quattek.de
editorial<br />
DAS NEUE<br />
ARBEITS-<br />
GEFÜHL<br />
FOTO COVER: ALCIRO THEODORO DA SILVA / FOTO EDITORIAL: LUKA GORJUP<br />
Ihre Elena Schrader<br />
Chefredakteurin<br />
schrader@<strong>faktor</strong>-magazin.de<br />
»The queen is dead,<br />
long live the king!«<br />
A<br />
uch wenn dieser klassische monarchische Zweiklang in manchen Ohren<br />
kurios, vielleicht sogar grotesk klingen mag – und Monarchien in den Augen<br />
vieler grundsätzlich nicht mehr zeitgemäß scheinen –, er steht vor allem<br />
für eins: eine jahrhundertealte Tradition.<br />
Dabei sind die Windsors heute nichts anderes als ein Familienunternehmen. Und der Grund,<br />
warum vor allem konstitutionelle Monarchien allem Für und Wider zum Trotz bis heute<br />
überlebt haben, ist, dass sie sich angepasst und weiterentwickelt haben – und selbst nach<br />
dem Tod des Oberhauptes dem Grundsatz folgen: Es muss ja irgendwie weitergehen.<br />
Die Beliebtheit der Queen, ihr Erfolg, gibt dem recht.<br />
Traditionen zu bewahren und dennoch mit der Zeit zu gehen, ist ein Erfolgsrezept, das<br />
überall auf der Welt – so auch in Südniedersachsen – funktioniert. Ein Rezept, das bei<br />
Galke in Gittelde zur Perfektion gereift ist. Der Kräuterhändler mit dem breitesten<br />
Sortiment Europas vertraut seit über 100 Jahren auf das von Generation zu Generation<br />
überlieferte Spezialwissen. Wir waren vor Ort und erfuhren von der Urenkelin des<br />
Gründers, Sophie Galke, wie sie das Familienunternehmen in die Zukunft führen will.<br />
Doch eines ist ebenfalls klar: Traditionen entstehen nicht von heute auf morgen. Sie müssen<br />
erst begründet werden – und wachsen. Wie die Idee, Göttingen zur neuen Autostadt zu<br />
machen! Der Maschinenbauer Akcurate hat hier einen Coup gelandet. Wie es dazu kam,<br />
dass in Rosdorf künftig Elektrofahrzeuge mit Kultpotenzial gefertigt werden, davon<br />
berichtet Geschäftsführer Andreas Kirsch ab Seite 38.<br />
Und das ist in dieser Ausgabe nicht der einzige Höhepunkt in Sachen Mobilität, denn<br />
wir widmen dieser Herausforderung des 21. Jahrhunderts einen eigenen Schwerpunkt.<br />
In unserem Beitrag ,Mobil in kleinen Schritten‘ erfahren Sie, was das Thema in Zukunft für<br />
uns bereithält, und wir stellen Ihnen zahlreiche Unternehmen der Region vor, die sich mit<br />
ihren ,mobilen‘ Lösungen bereits auf dem Erfolgsweg befinden.<br />
Ich wünsche Ihnen bei dieser spannenden und zukunftsweisenden Lektüre<br />
viel Vergnügen und einen bewegten <strong>Herbst</strong>!<br />
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P<br />
Direkt<br />
Wir denken Büro neu.<br />
an unserem Ausstellungszentrum stehen<br />
ausreichend kostenlose Parkplätze zur Verfügung.<br />
KARL-ARNOLD-STRASSE 4 · 37079 GÖTTINGEN<br />
0551 50669-23 und -25<br />
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Raus<br />
ins<br />
Büro!<br />
Das neue Arbeitsgefühl ist wie eine Spritztour mit<br />
der in Göttingen brandneu entwickelten Evetta.<br />
Das nachhaltige E-Auto ist der regionale Star<br />
unserer neuesten gabe des Struckmeier<br />
Aus-<br />
on t.o.p Kataloges.<br />
mehr auf den Seiten 38 und 45<br />
Hier Bürobedarf-<br />
Katalog anfordern<br />
3 |<strong>2022</strong> 3
inhalt<br />
unternehmen<br />
122 Engagiert im Literaturhaus<br />
» Lesen vergrößert die eigene<br />
Welt. Man erlebt dabei<br />
Geschichten, die man sonst<br />
eben nicht erleben würde. «<br />
22 Mit Kräutern gewachsen<br />
Generationswechsel bei<br />
Galke in Gittelde<br />
38 Göttingen wird Autostadt<br />
Akcurate fertigt Elektrofahrzeuge<br />
in Rosdorf<br />
46 Eine Frage der Einstellung<br />
Wie VisiCon in Rittmarshausen<br />
zum Weltmarktführer wurde<br />
wissen<br />
58 Mobil in kleinen Schritten<br />
Wie die Zukunft der Mobilität<br />
aussehen kann<br />
66 Mit dem richtigen Code<br />
Zeichenforscher Gerdum Enders<br />
erklärt, wie Unternehmen in der<br />
Zukunft überleben<br />
72 Im Kreis der vielen Richtungen<br />
Ein Blick in den Wirtschaftsstandort<br />
Weserbergland<br />
80 Von Kerzen, Pilzen und DNA<br />
Gründungswettbewerb Lift-Off<br />
geht in die nächste Runde<br />
84 Das richtige Motiv<br />
Die langfristige Erfolgsgeschichte<br />
der temporären Tattoos von Inkster<br />
mensch<br />
90 Dem Himmel so nah<br />
Die vielschichtige Kunst des<br />
Göttingers Fintan Whelan<br />
98 Fit an der Platte<br />
Lukas Bank bringt mit seiner<br />
Eventkitchen hochklassige<br />
Gastronomie nach Göttingen<br />
106 Die letzte Meile<br />
Felix Dossmann und seine<br />
Lösung für die Paketzustellung<br />
bis zur Haustür<br />
leben<br />
114 Das Biest<br />
Der Unternehmer und überzeugte Fan<br />
erneuerbarer Energien Ingo Stephan testet<br />
den neuesten Hybrid-Ferrari<br />
120 Werte für die Ewigkeit<br />
Das Gemeinwohl in der Region<br />
mit dem Stiftungsportal<br />
Südniedersachsen fördern<br />
122 Die Köpfe öffnen<br />
Interview mit den neuen Bewohnern<br />
des Literaturhaus Göttingen und<br />
Sartorius-Chef Joachim Kreuzburg<br />
136 Die Erde bebt<br />
Zu Besuch im Bunker der Wiechert’schen<br />
Erd beben warte am Göttinger Hainberg<br />
service<br />
3 Editorial<br />
8 Momentaufnahmen<br />
Besondere Augenblicke<br />
vergangener Tage<br />
14 Geschüttelt, nicht gerührt<br />
Die 36. <strong>faktor</strong>-Business-Lounge mit<br />
Uni-Präsident Metin Tolan<br />
16 Aktuelles<br />
Neues aus der´Redaktion<br />
145 Impressum<br />
146 Wissensbissen<br />
Der Schlörwagen oder das Göttinger Ei –<br />
gezeichnet von Tanja Wehr<br />
4 3 |<strong>2022</strong>
98 Kochen als Event<br />
22 Mit Sophie Galke geht der Gittelder Gewürzhandel in die vierte Generation<br />
»Wir versuchen, zu den Ursprüngen zu gehen und die Kräuter<br />
dort einzukaufen, wo sie ursprünglich herstammen.«<br />
Leckerbissen. Lukas Bank tischt<br />
Prominenten auf und kredenzt in den<br />
besten Restaurants der Welt. Jetzt<br />
bringt der Eichsfelder die hochklassige<br />
Gastronomie auch nach Göttingen.<br />
FOTOGRAFIE: ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
38 Die ,Knutschkugel‘ ist zurück<br />
Göttingen wird Autostadt Die Maschinenbaufirma Akcurate von Andreas Kirsch hat einen Coup<br />
gelandet: In Rosdorf werden künftig Elektrofahrzeuge – wie die Evetta (Foto) mit Kultpotenzial<br />
oder der wandelbare XBus – gefertigt und die Produktionsanlagen dafür weltweit geliefert.<br />
46 + 136 Gut aufgestellt<br />
Vielseitig unterwegs. Wolfgang Brunk<br />
hat VisiCon in Rittmarshausen zum<br />
Weltweltmarktführer gemacht und<br />
entscheidend zur Rettung der<br />
Wiechert’schen Erdbebenwarte auf<br />
dem Göttinger Hainberg beigetragen.<br />
3 |<strong>2022</strong> 5
ANZEIGE<br />
tommy m-Showroom eröffnet<br />
bei Möbel Hesse<br />
Im Interview: Thomas Machalke, Gründer von tommy m, zur Philosophie des Unternehmens<br />
und seiner Leidenschaft für besondere Leder.<br />
„Jedes unserer Ledersofas hat<br />
seinen eigenen Herzschlag.“<br />
Thomas Machalke (54) ist Inhaber<br />
des Unternehmen TM Collections.<br />
Herr Machalke, bei Möbel Hesse in Garbsen<br />
hat vor Kurzem ein großer Showroom<br />
von tommy m eröffnet, es ist der größte in<br />
Deutschland, gleich nach Ihren eigenen Ausstellungsräumen<br />
bei Lichtenfels. Wer steht<br />
hinter der Marke?<br />
tommy m habe ich 2003 gegründet. Die Liebe<br />
zum Leder liegt bei uns in der Familie: Mein<br />
Vater und mein Onkel hatten selbst eine bekannte<br />
Möbelfirma. In meiner Kindheit, Jugend<br />
und auch im Studium habe ich dort viele<br />
Wochen verbracht. Und von klein auf bin ich<br />
mit Leder, seiner Schönheit und seiner bei uns<br />
ganz individuellen Verarbeitung vertraut. Ob<br />
Entwicklung, Vertrieb oder Verkauf, alle diese<br />
Berufsfelder habe ich kennengelernt – bis auf<br />
das Nähen.<br />
Und heute?<br />
Heute reise ich in Länder auf der gesamten<br />
Welt, immer auf der Suche nach besonderen<br />
Ledern – man kann sagen, ich brenne für Leder.<br />
Übrigens: Keines der Tiere stirbt wegen<br />
des Leders, das ist uns wichtig. Wir nutzen<br />
das Leder von Tieren, die in der Nahrungsmittelindustrie<br />
verarbeitet wurden. Leder ist<br />
damit ein sehr nachhaltiges Material – und wir<br />
schenken dem Leder damit quasi ein zweites<br />
Leben.<br />
Was ist die Philosophie von tommy m?<br />
tommy m gilt als jung, stylisch, flexibel, progressiv,<br />
als sehr individuell und manchmal<br />
auch etwas „anders als andere“. Wir haben<br />
uns darauf spezialisiert, in kleinen Stückzahlen<br />
und mit hoher Individualität zu fertigen<br />
und nicht in Masse. Unsere Möbel sind hochwertige<br />
Designmöbel, überwiegend aus naturbelassenen<br />
Ledern mit einzigartiger Optik<br />
und Haptik. Denn wir verwenden keine Leder<br />
von der Stange.<br />
Das heißt, Handwerkskunst trifft auf<br />
modernes Know-how?<br />
Ja, wir fertigen unsere Möbel in ganz viel<br />
Handarbeit und mit gut ausgebildeten Fachkräften<br />
an unserem Firmensitz im bayerischen<br />
Lichtenfels. Wir und unsere rund 50<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter glauben an<br />
den Manufaktur-Gedanken. Da unsere Materialien<br />
so hochwertig und einzigartig sind,<br />
brauchen sie auch besonderes Know-how,<br />
äußerste Sorgfalt und großes Fingerspitzengefühl.<br />
Was zeichnet die Sofas, Sessel, Dinnersofas<br />
und Co. von tommy m aus?<br />
Sie sind modern, ausdrucksstark, sehr individuell<br />
und gleichzeitig nachhaltig, naturbelassen,<br />
ressourcen- und umweltbewusst. Und<br />
sie haben gleichzeitig den Touch des zeitlosen<br />
Klassikers. Wir arbeiten mit internationalen<br />
Designern zusammen, das prägt die Entwürfe.<br />
Viele der Möbel haben italienisches Flair.<br />
Wie erreichen Sie diese Individualität?<br />
Ob bei Ledern von süddeutschen, amerikanischen<br />
oder asiatischen Tieren: Alle natürli
PROFIL<br />
ANZEIGE<br />
Ob das Modell Al Jazar (links) oder Empoli: Die Sofas von tommy m stehen für zeitloses Design und markante Oberflächen – und für einen beeindruckenden<br />
Auftritt mit starker Präsenz.<br />
chen Merkmale des Leders, wie etwa Narben,<br />
Insektenstiche, Nackenfalten, Stacheldrahtrisse<br />
oder Ähnliches bleiben voll erhalten und<br />
geben jedem Möbel eine lebendige Optik. Die<br />
Leder werden nach jeweils traditionellen Verfahren<br />
gegerbt. Jedes Sofa ist also ein Unikat,<br />
mit besonderem Leder und jeweils individuellen<br />
Sitzelementen, Nahtbildern und Füßen.<br />
Jedes Ledersofa hat sozusagen seinen eigenen<br />
Herzschlag.<br />
Wer sind Ihre Kunden?<br />
Möbel von tommy m stehen auf der gesamten<br />
Welt. Deutschland, Österreich, die Schweiz<br />
und Benelux gehören zu unseren wichtigsten<br />
Märkten. Das Design ist aber eher international<br />
als deutsch. Auch viele Hotels und Objekte<br />
in ganz Europa, Amerika und Asien gehören<br />
zu unseren Kunden, auch viele Sportler<br />
und Rennfahrer.<br />
Was erwartet die Besucher im neuen<br />
tommy m-Studio bei Möbel Hesse?<br />
Möbel Hesse wird unser größter Stützpunkt<br />
in Deutschland, der Showroom auf einer<br />
Fläche von 200 Quadratmetern ist der bundesweit<br />
zweitgrößte nach unseren eigenen<br />
Ausstellungsräumen in Lichtenfels. Er bietet<br />
uns die Möglichkeit, unsere Vielfalt zu zeigen<br />
– und wie flexibel wir sind. Wir erwarten, dass<br />
der Standort eine große Strahlkraft hat, denn<br />
wir erleben, dass die Kunden bereit sind, für<br />
diese außergewöhnlichen Produkte weit zu<br />
fahren.<br />
Welche Produkte zeigen Sie in der Ausstellung<br />
bei Möbel Hesse?<br />
Wir präsentieren das gesamte Portfolio: Ob<br />
klassische Zweisitzer, stylische Eckkombinationen<br />
oder gemütliche Wohnlandschaften.<br />
Allen voran das Sofa Al Jazar. Der Loungecharakter,<br />
die Geradlinigkeit des zeitlosen Designs<br />
und die markanten Oberflächen stehen<br />
für einen beeindruckenden Auftritt mit starker<br />
Präsenz<br />
Zu unserer Kollektion gehören auch Stühle<br />
und Sessel, wie etwa der Sessel Dylan: Er ist<br />
gleichzeitig schlank und elegant, bietet kuscheligen<br />
Komfort und vermittelt ein geborgenes<br />
Sitzgefühl. Wie bei allen Möbelstücken<br />
von tommy m kann auch bei Dylan zwischen<br />
unterschiedlichen Nahtbildern und Füßen<br />
ausgewählt werden.<br />
Die Bandbreite unserer Produkte ist riesig<br />
und eben sehr individuell. Bei tommy m<br />
ist auch die Dinnerbank nach Maß möglich.<br />
Das Modell Como etwa verbindet nicht nur<br />
höchsten Sitzkomfort mit schlichter Eleganz:<br />
Egal ob mit Armlehnen oder als offene Variante,<br />
Eckkombination oder frei stehende Dinnerbank<br />
– Como passt sich vollkommen den<br />
Kundenwünschen an.<br />
Herr Machalke, und welches Sofa steht bei<br />
Ihnen zu Hause?<br />
In unserem Wohnraum steht ein ganz großes<br />
Sofa, das Alexandria, mit einem ergänzenden<br />
Daybed. Es ist aus schwarzem Nubuk-Leder,<br />
gefertigt, schon zwölf Jahre alt und wird mit<br />
den Jahren immer schöner. Bei uns sind viele<br />
Kinder und Jugendliche zu Gast – sie lieben<br />
das Sofa, was für die Aktualität unserer Möbel<br />
spricht.<br />
KONTAKT<br />
INTERVIEW: JUTTA GRÄTZ (MÖBEL HESSE)<br />
Möbel Hesse<br />
Robert-Hesse-Straße 3<br />
30827 Garbsen<br />
Tel. 0511 27978-0<br />
info@moebel-hesse.de<br />
www.moebel-hesse.de
momentaufnahmen<br />
Momentaufnahmen<br />
<strong>faktor</strong> lässt besondere Ereignisse in der Region mit ausgewählten Impressionen Revue passieren.<br />
TEXT KIM HENNEKING FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
Stimmungsvoll im Wald<br />
Das Open-Air-Programm ,Musik im Wald‘ lockte im August wieder einmal für zwei Abende<br />
zahlreiche Besucher in den Kaiser-Wilhelm-Park in Göttingen. Auf dem Programm eine bunte<br />
Mischung aus lokalen und internationalen Stars: Neben Sänger Laith Al-Deen und der<br />
Blues Band Phil Miller & The Mills-Tones stand unter anderem Alice Merton (Foto) auf der<br />
Bühne, die ihr aktuelles Album S.I.D.E.S vorstellte. Die Singer-Songwriterin, bekannt aus der<br />
Castingshow ,The Voice‘, verarbeitet mit ihren neuen Werken ihre Erlebnisse während der<br />
Pandemie. Nachdenklich und gleichzeitig stimmungsvoll sind ihre Lieder, die Mut für eine<br />
bessere Zeit machen sollen und in Göttingen für ausgelassene Atmosphäre sorgten.<br />
8 3 |<strong>2022</strong>
momentaufnahmen<br />
3 |<strong>2022</strong> 9
momentaufnahmen<br />
10 3 |<strong>2022</strong>
momentaufnahmen<br />
Jung und Alt am Start<br />
Der Göttinger Altstadtlauf ist für alle Laufinteressierte der Region bereits seit vielen Jahren eine<br />
feste Größe und dient unter anderem der Förderung des Breitensports. Kein Wunder also, dass<br />
sich Mitte Juli – nach zwei Jahren coronabedingter Zwangspause – beinahe 4.000 Athleten für den<br />
Start gemeldet hatten. Bei fantastischer Stimmung und bestem Leichtathletikwetter nahmen sie in<br />
den insgesamt sechs Disziplinen die sportliche Herausforderung an, und das über alle Altersklassen<br />
hinweg: ob beim Schulcup (1 Altstadtrunde = 1.800 Meter) oder auf der Langstrecke beim Novelis-<br />
Cup (6 Altstadtrunden = 10.450 Meter) – für Letztere benötigte der schnellste Läufer übrigens gerade<br />
einmal 34:50 Minuten. Zurecht feierten Tausende Schaulustige die motivierten Sportler am Start-Ziel-<br />
Bereich am Göttinger Gänseliesel und entlang der Strecke quer durch die historische Innenstadt.<br />
3 |<strong>2022</strong> 11
momentaufnahmen<br />
12 3 |<strong>2022</strong>
momentaufnahmen<br />
Wenn die Motoren brummen ...<br />
Zu den Einbecker Oldtimer-Tagen haben im Juli der PS.Speicher und das Einbeck Marketing<br />
eingeladen. An drei Tagen drehte sich in der Fachwerkstadt alles ums Thema Mobilität. Doch nicht<br />
nur alte Autos ließen die Herzen der Motorenfans höher schlagen. Autohäuser präsentierten den<br />
Besuchern auch moderne Technik in Form von E-Motoren und Plug-in-Hybriden. Beim Korso<br />
durften alle mitfahren, deren Gefährt nicht jünger als Baujahr 2000 war – und so schlossen sich<br />
über 170 begeisterte Autofahrer der 160 Kilometer langen Rallye quer durch Südniedersachsen an.<br />
3 |<strong>2022</strong> 13
aktuelles<br />
Geschüttelt, nicht gerührt!<br />
Wie Uni-Präsident Metin Tolan auf der 36. <strong>faktor</strong>-Business-Lounge James Bond und Physik<br />
unterhaltsam zusammenbrachte<br />
TEXT & VIDEO CHRISTIAN VOGELBEIN FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
Wird Uni-Präsident Metin Tolan der nächste<br />
James Bond? Diese Frage mag anfangs etwas<br />
absurd wirken. Doch im Rahmen der jüngsten<br />
<strong>faktor</strong>-Business- Lounge, die Ende August im historischen<br />
Am biente der Göttinger Sternwarte stattfand, hat<br />
sich dieser Eindruck bei rund 80 Gästen sehr wohl gefestigt.<br />
Oder zumindest der Eindruck, dass der aktuelle<br />
Uni-Präsident diese Gelegenheit niemals ausschlagen<br />
würde. Denn Metin Tolan gehört nach eigenen Angaben<br />
zu den größten Fans der Roman- und Filmfigur James<br />
Bond. Vielleicht verbindet er auch deshalb den Geheimagenten<br />
gern mit seiner zweiten großen Leidenschaft:<br />
der Physik.<br />
Wenn beides zueinander passen soll, braucht es definitiv<br />
einen Mann wie Metin Tolan. ,James Bond, im Visier<br />
der Physik‘ lautete sein Vortrag, der nicht nur spannend<br />
und lehrreich daherkam, sondern auch überraschend<br />
witzig. Ob Uhren mit Riesenmagnet und Mikrowellen,<br />
sich in der Luft drehende Autos oder Sprengsätze im<br />
Schuh absatz. Bond ist auf der Kinoleinwand über Jahrzehnte<br />
mit diesen Gadgets zu Überlebensgröße herangewachsen.<br />
Doch funktioniert das eigentlich, was sich die<br />
Autoren, Regisseure und Stuntmenschen so ausgedacht<br />
haben?<br />
SO MUSSTE SICH DIE REALE und irreale Machbarkeit<br />
der Tricks des Lieblingsgeheimagenten in dem spannenden<br />
Vortrag am mal mehr, mal weniger komplexen Zahlenwerk<br />
des 57-jährige Physikers messen lassen. Am<br />
Ende waren die Gäste des Abends durchaus davon be-<br />
14 3 | <strong>2022</strong>
aktuelles<br />
Unterhaltsame Wissenschaft Dank Uni-Präsident Metin Tolan (Foto, linke Seite) wurde so manches Geheimnis der<br />
James-Bond-Reihe vor den Augen der rund 80 Gäste – Zumindest in physikalischer Hinsicht – gelüftet.<br />
eindruckt, was alles in der Welt von James Bond auch<br />
auf der Kasseler Landstraße in Göttingen möglich wäre<br />
– das richtige Equipment, Budget und ein Atomkraftwerk<br />
mit reichlich Energie vorausgesetzt.<br />
Vor allem aber gewährte Metin Tolan einen Einblick<br />
in die Denkweise der Wissenschaft – die gar nicht entzaubern<br />
will, sondern einordnen, verständlich machen<br />
und damit vielleicht sogar ein bisschen bezaubern. Das<br />
ist dem Präsidenten mit Herz und Humor nicht nur in seinem<br />
Vortrag gelungen, sondern auch beim anschließenden<br />
Netzwerken mit den Besuchern der 36. <strong>faktor</strong>-Business-<br />
Lounge – begleitet von standesgemäßen Martinis und<br />
passend ausgesuchter Verköstigung vom Cateringhaus<br />
Göttingen Böning-Schaumberg à la ,Octopussy‘ und<br />
,Liebesgrüße aus Moskau‘. ƒ<br />
Sie haben die Lounge verpasst? Kein Problem.<br />
In unserem <strong>faktor</strong>-Digital-Video können Sie sich<br />
einen Eindruck des Abends verschaffen unter:<br />
<strong>faktor</strong>-magazin.de/<strong>faktor</strong>-video<br />
3 |<strong>2022</strong> 15
aktuelles<br />
FOTO: ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
<strong>faktor</strong>-Mittagsclub<br />
Impulse für Entscheider<br />
Der <strong>faktor</strong>-Mittagsclub ermöglicht für seine Mitglieder einmal im Monat<br />
einen Blick hinter die Kulissen regionaler Unternehmen. Nach einem<br />
Impulsvortrag können sich die Teilnehmer der exklusiven Gruppe beim<br />
Mittagessen im Restaurant Amavi austauschen.<br />
Winzer Michael Winkler (M.) zu Gast im Mittagsclub<br />
Im Juni war Alexander Pape von bode & Stephan zu Gast. Das<br />
Göttinger Elektrotechnikunternehmen wurde vom Hamburger Dienstleister<br />
für Solar energieversorgung 1Komma5° gekauft. Pape berichtete, wie<br />
der Deal seinen Partner Ingo Stephan und ihn im Mindset und der<br />
Digitalisierung voranbringt.<br />
Im Juli kam Michael Winkler (Foto) vorbei. Der Göttinger Apotheker erzählte,<br />
wie er sich mit 50 Jahren entschied, parallel etwas Neues anzufangen – und<br />
Göttingens erster Weinanbauer zu werden. Seine erste erfolgreiche Ernte vom<br />
Weinberg bei Bovenden-Lenglern konnten sich die Mittagsclub-Teilnehmer<br />
bereits munden lassen.<br />
Im August erweiterte dann Eckart Pottebaum die Runde. Der Geschäftsführer<br />
des Renovierungsdiscounters tedox aus Harste berichtete über das 50-jährige<br />
Jubiläum des Unternehmens, bei dem anstelle bundesweiter Feiern<br />
200.000 Euro für Bedürftige in der Ukraine gespendet wurden, und<br />
darüber, wie tedox erfolgreich die Viertagewoche etabliert hat.<br />
Weitere Infos unter:<br />
www.<strong>faktor</strong>-magazin.de/<strong>faktor</strong>-mittagsclub-bildergalerien<br />
Der neue <strong>faktor</strong>-Azubi ist da<br />
Nachwuchskräfte in Südniedersachsen halten<br />
Im August ist der neue <strong>faktor</strong>-Azubi erschienen. Darin stellen sich wieder einmal<br />
Azubis und Studierende sowie spannende Unternehmen der Region vor und zeigen,<br />
welche Zukunftsperspektiven Südniedersachsen so zu bieten hat. Wer noch keinen<br />
Plan hat, wie es nach dem Schulabschluss weitergehen kann, findet Orientierung<br />
im Berufsfahrplan und Inspiration im Top-Ten-Ranking der beliebtesten Berufe<br />
Deutschlands. Obendrein geben regionale Personaler ganz persönliche Tipps aus<br />
erster Hand für gelungene Bewerbungsschreiben und das Vorstellungsgespräch.<br />
Wollen auch Sie Ihr Unternehmen den Fachkräften von morgen vorstellen?<br />
Dann melden Sie sich gern bei Nicole Benseler unter Tel. 0551 30983922 oder<br />
per E-Mail an benseler@<strong>faktor</strong>-magazin.de<br />
16 3 |<strong>2022</strong>
aktuelles<br />
©NORDPHOTO<br />
38. <strong>faktor</strong>-Business-Lounge<br />
Im November wird's sportlich!<br />
Passend zur Fußballweltmeisterschaft ist Marco Bode (Foto)<br />
im November zu Gast bei der 38. <strong>faktor</strong>-Business- Lounge.<br />
Unter dem Vortragstitel ,Matchplan – was Fußball und<br />
Unternehmen voneinander lernen können‘ zeigt er Parallelen<br />
zwischen dem Erfolg auf dem Fußball- und am Arbeitsplatz auf.<br />
Gebürtig in Osterode, spielte Bode ganze 379-mal für seinen<br />
Verein Werder Bremen in der Bundesliga sowie 40 Länderspiele<br />
mit der Nationalmannschaft. Von 2014 bis 2021 war er Aufsichtsrats vor sitzender von<br />
Werder Bremen. Kürzlich ist sein neues Buch ,Tradition schießt keine Tore‘ im Göttinger<br />
Werkstatt-Verlag erschienen.<br />
Die 38. <strong>faktor</strong>-Business-Lounge findet am Donnerstag, den 17. November, in Kooperation mit<br />
dem VersicherungsKontor Osterode statt. Beginn ist um 19 Uhr im Fun Golf Bovenden.<br />
Infos und Anmeldung unter: <strong>faktor</strong>events.de<br />
<strong>faktor</strong>-Buch<br />
Die beste Medizin<br />
Die Top-Mediziner und -Dienstleister der Gesundheitsbranche<br />
auf einen Blick – das kommende <strong>faktor</strong>-Buch<br />
stellt diese Branche vor: auf hochwertigem Papier und mit<br />
edlem Leinencover. Nach der gelungenen Premiere des ersten<br />
<strong>faktor</strong>-Buches über Top-Unternehmer und ihre Erfolgsgeschichten<br />
im <strong>Herbst</strong> 2021 präsentieren sich nun innovative Ärzte und Dienstleister<br />
im Gesundheitssektor Südniedersachsens mit ihrer Spitzenmedizin.<br />
Eine kombinierte Präsenz in der <strong>faktor</strong>-Winterausgabe im<br />
Schwerpunkt Gesundheit und auf der digitalen Plattform runden<br />
dieses exklusive Angebot ab.<br />
Haben auch Sie Interesse? Dann wählen Sie Ihre einzigartige und<br />
zeitlose Präsentation auf der <strong>faktor</strong>-Plattform in einem Premiumumfeld:<br />
marketing.<strong>faktor</strong>-magazin.de/<strong>faktor</strong>-buch<br />
3 |<strong>2022</strong> 17
aktuelles<br />
FOTO: UMG<br />
Innovative Medizin fördern<br />
<strong>faktor</strong>-Herausgeber im<br />
hochkarätigen Stiftungsbeirat<br />
Herz und Hirn vereint Auch mit der Unterstützung von Gerd Hasenfuß,<br />
dem Vorstandsvorsitzenden des Herzzentrums der UMG, und Björn Thümler,<br />
dem niedersächsischen Minister für Wissenschaft und Kultur, will die neue<br />
Stiftung unter UMG-Vorstand Wolfgang Brück (v. l.) Großes erreichen.<br />
Individuelle<br />
Gebäudetechnik.<br />
Unsere Leistungen –<br />
so individuell, wie die Ansprüche<br />
unserer Kunden.<br />
Bereits in der vierten Generation bieten wir<br />
unseren gewerblichen, öffentlichen und<br />
privaten Kunden das gesamte Spektrum der<br />
Gebäudetechnik.<br />
Mit seinen 40 Kliniken und über 30 Polikliniken setzt die<br />
Universitätsmedizin Göttingen (UMG) immer wieder<br />
Maßstäbe. Durch Gründung einer neuen Stiftung ,UMG<br />
add on‘ möchte Niedersachsens medizinischer Spitzenversorger<br />
diese Exzellenz nun ausweiten. Der Name ist dabei<br />
Programm. Innerhalb der drei profilbildenden Schwerpunkte<br />
der UMG – Neurowissenschaften, Herz-Kreislauf-<br />
Medizin und Onkologie – sollen mit der Stiftung interdisziplinäre<br />
Leuchtturmprojekte gefördert werden, die<br />
über die klassische Spitzenmedizin hinausweisen. Dazu<br />
sollen die weltweit besten Wissenschaftler unterschiedlicher<br />
Fachrichtungen in einem neuen Forschungszentrum<br />
zusammengebracht werden, um Ansätze und Therapien zu<br />
entwickeln, die direkt auf die Krankenversorgung übertragbar<br />
und individuell auf die Patienten abgestimmt sind.<br />
Diese Arbeit unterstützt auch <strong>faktor</strong>-Herausgeber<br />
Marco Böhme, der unter anderem neben PS.Speicher-<br />
Gründer und Unternehmer Karl-Heinz Rehkopf und<br />
Manager Philipp Schulte-Noelle im hochkarätigen<br />
Stiftungsbeirat sitzt.<br />
Mehr zur neuen ,UMG add on‘-Stiftung lesen Sie übrigens<br />
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18 3 |<strong>2022</strong>
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unternehmen<br />
22 3 |<strong>2022</strong>
unternehmen<br />
Mit Kräutern<br />
gewachsen<br />
Galke in Gittelde ist der europäische Kräuter- und Gewürzhändler mit dem<br />
breitesten Sortiment – 1.600 verschiedene Pflanzen rohstoffe werden hier vorrätig<br />
gehalten und weltweit exportiert. Seit über 100 Jahren vertraut das Familienunternehmen<br />
auf das von Generation zu Generation überlieferte Spezialwissen.<br />
TEXT SVEN GRÜNEWALD FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
3 |<strong>2022</strong> 23
unternehmen<br />
LESEZEIT: 10 MINUTEN<br />
Hinter dem Bahnhof von Gittelde im<br />
Harzvorland, da wo man sich kaum<br />
je durch Zufall hinverirrt, hat eine<br />
besondere unternehmerische Perle<br />
Südniedersachsens ihren Sitz: die<br />
Alfred Galke GmbH. Dem Endverbraucher<br />
ist Galke kein Begriff, dafür stolpern unzählige<br />
Unternehmen, Apotheken und selbst Forschungseinrichtungen,<br />
national wie international, früher oder später<br />
über diesen Namen – wenn sie für die verschiedensten<br />
Verwendungszwecke Kräuter benötigen. Denn das über<br />
100-jährige Familienunternehmen ist in Europa der<br />
Kräuterhändler mit dem größten Sortiment, der nicht<br />
nur aus aller Welt seine pflanzlichen Rohstoffe bezieht,<br />
sondern sie auch in alle Welt exportiert – die Exportquote<br />
liegt bei 45 Prozent.<br />
Von außen sieht das Betriebsgelände unscheinbar aus,<br />
niedrige Gebäude, dahinter eine Halle, hinter der aber<br />
noch eine und noch eine folgt. Dass hier allerdings etwas<br />
anders ist als in gewöhnlichen Betriebsstätten, merkt<br />
man sofort beim Betreten, denn statt nach Metall- und<br />
Öl gerüchen oder Büroatmosphäre mit sterilen Fluren<br />
duftet es wie in einem Teeladen: nach Fenchel, Zitrus<br />
oder Pfefferminz und nach Pflanzen, die man überhaupt<br />
nicht zuordnen kann. Ein Fest für die Nase.<br />
1.600 VERSCHIEDENE SORTEN hat man bei Galke vorrätig<br />
– 600 in Bio-, 1.000 in konventioneller Qualität,<br />
vorwiegend Kräuter, aber auch Gewürze. „Wir versuchen,<br />
alles da zu haben, was es gibt, auch die seltenen Kräuter“,<br />
erklärt Hartmut Galke, Geschäftsführer des Traditionsbetriebs<br />
in dritter Generation. Die Besonderheit des<br />
Kräutergeschäfts ist, dass man nur einmal die Chance<br />
hat, die Waren zu kaufen – nach der Ernte. Insofern<br />
kommt dem Lager eine überragende Bedeutung zu, denn<br />
der Bedarf eines Jahres muss vorrätig sein. 27.000 Quadratmeter<br />
ist es groß, teilweise ist die Ware mehrere<br />
Meter hoch gestapelt, alphabetisch sortiert.<br />
Deswegen wird ein Besuch bei Galke schnell zu einer<br />
kleinen Wandertour, will man die ganzen Lager in Augenschein<br />
nehmen. Deswegen flitzen auch die Mit arbeiter der<br />
Kommissionierung mit Tretrollern durch die Hallen, um<br />
die Distanzen zu überbrücken, wenn etwa eine neue Bestellung<br />
an Birkenblättern versandfertig gemacht werden<br />
muss. Galke ist kein Massenversender, sondern hat sich<br />
auf eher kleinere Tranchen spezialisiert, selbst kleinste<br />
Mengen ab 100 Gramm sind bestellbar.<br />
So breit wie das Sortiment an Gewürzen, Arzneikräutern,<br />
Tees oder Färbemitteln, an Harzen und Aromen ist,<br />
so breit ist auch die Kundenlandschaft: Lebensmittelund<br />
Futtermittelhersteller, die daraus zum Beispiel Gesundheitstees<br />
– auch für Pferde – herstellen, die chemische<br />
und pharmazeutische Industrie, aber auch der kleine<br />
Einzelhandel wie die Apotheke, die noch ihre eigenen<br />
Salben anmischt, oder der Tee- und Kräuterhandel sowie<br />
Reformhäuser. Selbst Spirituosenhersteller greifen auf<br />
die Kräuterauswahl zurück. Und ein besonders faszinierender<br />
Abnehmer sind Zoos, die bestimmte Kräuter als<br />
Futterzusatz für Flamingos benötigen, damit diese ihre<br />
rosa Farbe behalten.<br />
Und so finden sich Galke-Rohstoffe wie Seifenkraut in<br />
Spülmitteln, Rote Beete als Färbemittel in Bio-Kreide,<br />
und in Gesundheitstees landen Löwenzahn und Brennnesseln,<br />
die niemand im Garten haben will, man in Gittelde<br />
aber in großen Mengen benötigt.<br />
DIE ANFÄNGE DES UNTERNEHMENS gehen auf Alfred<br />
Galke zurück, der 1920 in Schlesien einen Kräuterhandel<br />
gründete und vor dem Zweiten Weltkrieg bereits<br />
ganz Westeuropa mit Früchtetees beliefert hatte. Doch<br />
mit dem Kriegs ende kam die Flucht und der Verlust der<br />
alten Produk tionsstätte. Galke landete in der Nähe von<br />
Hannover und schaute sich dort gleich nach Möglichkeiten<br />
um, den Handel neu aufzubauen. Fündig wurde er in<br />
Gittelde, wo ein ehemaliger holzverarbeitender Betrieb,<br />
der über den nötigen Gleisanschluss verfügte, zum Verkauf<br />
stand. Das und die Nähe zum Harz und damit zu<br />
den dortigen Kräutersammlern und pflanzlichen Rohstoffen<br />
gaben den Ausschlag, im Norden zu bleiben. „Das ist<br />
untypisch für unsere Branche“, erklärt Sophie Galke,<br />
Hartmuts Tochter und vierte Generation, die das Unternehmen<br />
in die Zukunft führen soll. Seit fünf Jahren unterstützt<br />
sie ihren Vater bereits als Prokuristin, kümmert<br />
sich um Personalangelegen heiten, Betriebsorganisation<br />
und Umstrukturierungen. „Unsere Konkurrenten sitzen<br />
entweder an den Überseehäfen in Hamburg und Bremen<br />
oder in Süddeutschland, wo viele Kräuter angebaut werden.“<br />
Interessanterweise ist der Kräuterhandel in Europa<br />
in deutscher Hand. „Wir kennen uns alle untereinander,<br />
jeder hat so seine Spezialisierung gefunden, und wir<br />
helfen uns auch gegenseitig mal aus, wenn dem Kollegen<br />
ein Rohstoff fehlt.“<br />
Sophies Urgroßvater machte noch persönlich seine<br />
Runden im Harz und kaufte die kleinen Tranchen auf,<br />
die Kräutersammler auf ihren Dachböden getrocknet<br />
hatten. Einer der wichtigen Spezialartikel damals war der<br />
Fingerhut, der in Herzpräparaten verwendet wurde.<br />
24 3 |<strong>2022</strong>
unternehmen<br />
Traditionsbewusst Mit Prokuristin Sophie Galke ist die vierte Familiengeneration in das Unternehmen eingetreten.<br />
3 |<strong>2022</strong> 25
unternehmen<br />
Bunte Vielfalt Rund 1.600 verschiedene Pflanzenprodukte hat Galke im Portfolio. Sie kommen aus rund 80 Ländern weltweit und reichen von<br />
26 3 |<strong>2022</strong>
unternehmen<br />
Abelmoschussamen über Chilis (Foto) bis zu gemahlenen Zwiebeln.<br />
3 |<strong>2022</strong> 27
unternehmen<br />
28 3 |<strong>2022</strong>
unternehmen<br />
Handarbeit und Siebenmeilenstiefel Die zahlreichen Produkte können bei Galke jeweils schon in kleinsten Mengen ab 100 Gramm<br />
bestellt werden – für den Versand werden diese aus dem weitläufigen Lagerbereich geholt und von Hand verpackt.<br />
3 |<strong>2022</strong> 29
unternehmen<br />
FOTOS: GALKE<br />
Auf dem Weg Hartmut Galke leitet das Unternehmen seit 1999 und hat das<br />
Sortiment stark erweitert. Im Betrieb bewegt der 59-Jährige sich, wie auch die<br />
Mitarbeiter, gern auf dem Tretroller durch die langen Hallen.<br />
Ihr Großvater wiederum begann mit dem Aufbau des<br />
Bio-Sortiments. Der große Entwicklungssprung des Unternehmens<br />
kam dann 1993, als ihr Vater, Hartmut Galke<br />
entschied, den Betrieb zu übernehmen: „Wir haben damals<br />
stark investiert, um die Kapazitäten zu vergrößern,<br />
die Abläufe zu modernisieren und mit den vielen gesetzlichen<br />
Anforderungen Schritt zu halten“, erzählt der<br />
heute 59-Jährige. So wuchs der Kräuterhandel von 20<br />
Mitarbeitern auf heute rund 100, von denen alleine 40<br />
im Büro sitzen, denn sowohl der Dokumentationsaufwand<br />
als auch der Waren einkauf seien „unheimlich aufwendig“.<br />
DIE BESCHAFFUNG DER WAREN IST EINE WELT für<br />
sich. „Wir versuchen, zu den Ursprüngen zu gehen und<br />
die Kräuter dort einzukaufen, wo sie ursprünglich herstammen“,<br />
erklärt Sophie Galke. So kommt die Kamille<br />
unter anderem aus Ägypten, der Rotbusch-Tee aus Südafrika<br />
oder die Mate aus Brasilien. „Allerdings rufe ich<br />
nicht einfach an und bestelle eine Tonne. Vielmehr ist es<br />
ein langer Kommunikationsprozess.“ Der reicht teils<br />
vom einzelnen Anbaubetrieb bis zu Großhändlern und<br />
Exporteuren und Logistikunternehmen, andere Uhrzeiten<br />
und Mentalitäten rund um den Globus machen es<br />
nicht einfacher. Geht es um neue Quellen für die Sortimentserweiterung,<br />
wird mitunter auch versucht, Konsulate<br />
einzuschalten, um Anbaubetriebe in anderen Ländern<br />
zu finden.<br />
Viele der Lieferanten, beispielsweise in Osteuropa,<br />
sind jedoch Familienbetriebe, zu denen bereits jahrzehntelange<br />
Geschäftsbeziehungen bestehen. Eine große Bedeutung<br />
spielen dabei Wildsammlungen, aus denen etwa<br />
die Hälfte des Sortiments stammt. „Nehmen Sie die<br />
Enzianwurzel“, sagt die Prokuristin, „da hat die wild gesammelte<br />
eine bessere Qualität, weil sie einen höheren<br />
Anteil an hochwertigen Inhaltsstoffen hat.“ Und es ist in<br />
der Praxis wirklich noch so, wie man sich das aus den<br />
Märchen der Kinderzeit vorstellt: Da geht das alte Kräutermütterchen<br />
in den Wald und sammelt mit großer, über<br />
Generationen weitergegebener Erfahrung die seltenen<br />
Kräuter.<br />
„AUF KRETA SAMMELT ZUM BEISPIEL ein alter Mann,<br />
der ist inzwischen über 80 ist, für uns Engelsüßwurzel in<br />
den Bergen“, erzählt Sophie Galke über einen der Kontakte.<br />
„Der hat uns aber vor einiger Zeit schon gesagt,<br />
dass er altersbedingt nicht mehr als 30 Kilo im Jahr<br />
schafft.“ Genau das sei eine der großen Herausforderungen<br />
in der Branche, die von genau diesem tradierten Erfahrungswissen<br />
so ungeheuer abhängig ist: Diese Sammler<br />
sterben aus, die jungen Leute auf Kreta gehen lieber<br />
in den Tourismus. „Für uns heißt das, dass Raritäten<br />
und Spezialitäten verschwinden, wenn wir keine alternativen<br />
Quellen auftun.“ Deswegen sucht das Traditionsunternehmen<br />
immer wieder nach neuen Lieferanten oder<br />
experimentiert gemeinsam mit Partnern auch mit dem<br />
gezielten Anbau von solchen Kräutern.<br />
30 3 |<strong>2022</strong>
unternehmen<br />
UND NOCH EINE ENTWICKLUNG MACHT der Branche<br />
das Leben schwer: Grenzwerte, die in Deutschland zu<br />
den strengsten der Welt gehören. Deswegen muss auch<br />
jede Charge von unabhängigen Labors getestet werden.<br />
In der Wareneingangshalle gibt es daher zwei abgetrennte<br />
Bereiche: links der Quarantänebereich neu eingegangener<br />
Ware, die sich zurzeit in der Testung befindet, und<br />
rechts der Ausschussbereich der Ware, die im Test durchgefallen<br />
ist. Fällt ein Test negativ aus, ist die ganze Charge<br />
vom Ausschuss betroffen.<br />
„Es gibt so viele Kontaminanten, auf die man prüfen<br />
kann oder muss, und es werden immer mehr“, sagt<br />
Sophie Galke. Darunter die Klassiker mikrobielle Belastung<br />
und die Belastung mit Schwermetallen. Die allerdings<br />
sind heute nicht mehr so bedeutend, wichtiger sind<br />
dafür Glyphosat und Pyrrolizidinalkaloide (PA) geworden,<br />
für die seit ein paar Jahren überhaupt erst Vorgaben<br />
existieren. Bei PAs handelt es sich um Inhaltsstoffe von<br />
Pflanzen, die der Fressfeindabwehr dienen und die beim<br />
Menschen bereits in geringen Mengen zum Beispiel<br />
Leberschäden verursachen können. „Wenn auch nur ein<br />
PA-haltiger Huflattich in einem Brennnesselfeld steht<br />
und mitgeerntet wird, dann wird dadurch die ganze<br />
Charge nicht mehr verkehrsfähig. Das sind extreme Vorgaben,<br />
wie ein Tropfen in einem Swimmingpool.“ Für<br />
die Lieferanten werden die deutschen Ansprüche zunehmend<br />
zu einem Problem, da es den Aufwand und die<br />
Kosten enorm in die Höhe treibt.<br />
Die Ansprüche an Qualität sind jedoch auch ein großer<br />
Treiber für die Mechanisierung der Produktion bei<br />
Galke. Beispielsweise werden zwei CO 2-Hochdruckcontainer<br />
eingesetzt, um prophylaktisch gegen eventuell<br />
vorhandene Schädlinge oder akuten Schädlingsbefall<br />
vorzugehen: Die Ware wird dabei für bis zu acht Stunden<br />
bei bis zu 20 Bar behandelt, was Larven und Käfer<br />
abtötet. Neu ist eine mikrobiologische Dampfanlage, in<br />
der mittels kurzer Dampferhitzung und anschließender<br />
Vakuumtrocknung eine mikrobiologische Kontaminierung<br />
beseitigt werden kann.<br />
ES TUT SICH EINIGES BEI GALKE – in der Modernisierung<br />
sowohl der Abläufe, neuer Software und neuer Maschinen,<br />
um die Produktion zu erweitern, als auch neuer<br />
Geschäftsfelder und einer differenzierten internen Organisation.<br />
So ist der Onlinehandel dazugekommen, und<br />
bald soll auch eine erste Serie von Gesundheitstees unter<br />
eigenem Namen in den Handel gebracht werden –<br />
letzteres ist das persönliche Projekt von Sophie Galke,<br />
die unmittelbar nach ihrem BWL-Studium fest in den<br />
Familienbetrieb eingestiegen ist. Schon früh habe sie im<br />
Betrieb mitgeholfen, etwa in den Schul- und Semesterferien.<br />
„Für mich stand eigentlich schon immer fest, dass<br />
ich das Unternehmen irgendwann auch übernehmen<br />
werde – und auch, unter welchen Voraussetzungen“, erzählt<br />
Galke mit selbstbewusster Stimme. „Wir sprechen<br />
über sehr viele Dinge, diskutieren alles aus, und mein Vater<br />
lässt mir den Raum für eigene Ideen.“<br />
Alfred Galke senior<br />
HISTORISCHE ENTWICKLUNG<br />
1920 Gründung einer Teetrocknerei und -großhandlung durch<br />
Alfred Galke senior (Foto) in Bad Warmbrunn, Schlesien.<br />
1950 Nach der Vertreibung aus Schlesien glückt Alfred Galke<br />
senior und seiner Frau Hedwig der Neuanfang in<br />
Gittelde. Familien sammeln Heilpflanzen und liefern<br />
sie gegen Entgelt bei Galke ab.<br />
1963 Ab jetzt obliegt Alfred Galke junior und seiner Frau Erika<br />
die Leitung des prosperierenden Unternehmens. Es<br />
folgen Importe aus aller Herren Länder.<br />
1968 – 1983 Beginnend im Westen Europas dehnt Galke die Exporte<br />
im Laufe der Jahre auf ganz Europa aus. Erste Kontakte<br />
nach Übersee entstehen.<br />
1993 Hartmut Galke (Foto linke Seite) verstärkt das Unternehmen<br />
und wird 1999 Mitglied der Geschäftsführung.<br />
1994 – 1999 Die ohnehin schon beachtlichen Lagerkapazitäten<br />
werden sukzessive erweitert.<br />
2000 Die Exporte werden auf Japan und Südamerika ausgedehnt.<br />
Es folgen der Bau neuer Produktionsflächen und<br />
die Installation einer neuen Aufbereitungsanlage.<br />
2002 – 2006 Durch einen Neubau ergänzt Galke die Versandflächen,<br />
optimiert so die logistischen Abläufe und kann flexibler<br />
reagieren. Mit der Zeit werden neue Produktionsanlagen<br />
für Sieb- und Mischtechnik installiert, der Konfektionierungsbereich<br />
modernisiert und der Logistikbereich sowie<br />
das Fertigwarenlager neu gebaut.<br />
2007-2015 Das wachsende Sortiment – mit inzwischen über 1.600<br />
verschiedenen Produkten – verlangt weiter nach neuen<br />
Kapazitäten. Drei zusätzliche Lagerhallen werden gebaut.<br />
2017 Mit Sophie Galke führt nunmehr die vierte Generation<br />
das Familienunternehmen.<br />
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unternehmen<br />
Hoch gestapelt Auf 27.000 Quadratmetern lagert alphabetisch sortiert der Vorrat für ein komplettes Geschäftsjahr, das mit der Ernte beginnt.<br />
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unternehmen<br />
3 |<strong>2022</strong> 33
unternehmen<br />
Organisch gewachsen Die ältesten Bereiche am Gittelder Bahnhof stammen noch aus dem Jahr 1936 von dem alten holzverarbeitenden<br />
Betrieb, den Alfred Galke nach dem Zweiten Weltkrieg kaufte – die neuesten Hallen sind erst wenige Jahre alt.<br />
Dieser hatte in Sachen Unternehmensnachfolge auch ein<br />
exzellentes Vorbild, da bereits sein Vater den Übergang<br />
mit dem Spielraum für eigene Ansätze und über einen<br />
langen Zeitraum begleitet hatte. Und so will Hartmut<br />
Galke es ebenfalls handhaben: „Wir sind nicht immer<br />
einer Meinung, aber das ist auch gut so. Sophie hat andere<br />
Ideen, die sie umsetzen können muss. Und für mich<br />
ist das langfristige Ziel, mich stärker aus dem operativen<br />
Geschäft zurückzuziehen.“<br />
AUCH IN SACHEN NACHFOLGE ist die Familie somit<br />
gut aufgestellt – denkt in langen Zeiträumen. Und vielleicht<br />
ist das ihr Erfolgsrezept? Denn trotz vieler Märchen<br />
und Mythen, die sich um Kräuter und Gewürze<br />
ranken, vertraut man in Gittelde auch nach 100 Jahren<br />
noch immer auf das von Generation zu Generation<br />
überlieferte Spezialwissen und auf die eigenen, über Jahre<br />
hinweg angehäuften Erfahrungen von Familienmitgliedern<br />
und langjährigen Mitarbeitern. Selbst der Großvater<br />
steht dem Unternehmen noch heute mit seiner Expertise<br />
zur Seite. „In unserer Branche ist das kurios. Ich<br />
kenne unsere Wettbewerber gut, und die arbeiten alle<br />
länger – vielleicht auch, weil die Materie so viel Spaß<br />
macht “, erzählt Hartmut Galke glücklich. Und davon<br />
profitieren alle – denn selbst er, nach 30 Jahren Kräuterhandel,<br />
lerne noch immer Neues dazu. ƒ<br />
Zum Unternehmen<br />
Der europäische Kräuterhandel wird von wenigen großen<br />
Unternehmen dominiert, die alle in Deutschland sitzen –<br />
hauptsächlich in Süddeutschland, aber auch in den<br />
Überseehäfen. Mittendrin hingegen sitzt im Harzvorland<br />
die Alfred Galke GmbH. Das Unternehmen hat sich auf<br />
Vielfalt spezialisiert – ungemein viel von dem, was an<br />
(Heil-)Kräutern weltweit verwendet wird, hat Galke im<br />
Sortiment. Das sind 1.600 verschiedene Pflanzen, 600<br />
davon in Bio-Qualität. Ein weltweites Netz an Lieferanten<br />
sowie an Kunden macht Galke absolut international.<br />
Beliefert werden bislang nur andere Unternehmen,<br />
seien es Drogerien, der Einzelhandel, Apotheken oder<br />
Futter mittelhersteller. Bald jedoch soll eine eigene<br />
Produktlinie mit Gesundheitstees erscheinen.<br />
Galke ist ein traditionelles Familienunternehmen, das<br />
von Hartmut Galke – in dritter Generation und seit 1993<br />
in der Geschäftsführung – stark vorangebracht wurde und<br />
heute rund 100 Mitarbeiter hat. Die Übergabe an die<br />
vierte Generation läuft derzeit, Tochter Sophie Galke ist<br />
seit 2016 im Betrieb.<br />
www.galke.com<br />
34 3 |<strong>2022</strong>
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Vom Autohaus zum Mobilitätsdienstleister<br />
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Der Vertrieb von elektrischen Leichtfahrzeugen sowie von Fahrrädern macht aus dem<br />
Unternehmen einen breit aufgestellten Mobilitätsdienstleister.<br />
Als Helge Grupe 2017 die Geschäftsführung<br />
der Friedrich Rolf GmbH – seit<br />
der Gründung 1978 exklusiver Citroën<br />
Händler in Göttingen – übernahm, zeichneten<br />
sich bereits Veränderungen in der Autobranche<br />
ab. „Mir war bewusst, dass die alleinige<br />
Ausrichtung auf eine Automarke für die Zukunft<br />
nicht mehr ausreichen wird“, so Grupe.<br />
„Wir sind weiterhin aktiv und mit Herzblut der<br />
Marke Citroën verbunden, deswegen haben<br />
wir unser Sortiment nicht einfach um eine<br />
andere Marke erweitert, die im selben Segment<br />
produziert.“<br />
Es kamen zwei Geschäftsbereiche hinzu.<br />
2018 wurde das deutsche Start-up Electric<br />
Brands bei Grupe vorstellig – das Unternehmen<br />
suchte für seine geplanten elektrischen<br />
Leichtfahrzeuge einen Vertriebs- und Servicepartner<br />
in der Region. Der XBus basiert auf<br />
einer einheitlichen Plattform, bei der verschiedene,<br />
einfach austauschbare Module aufgesetzt<br />
werden können. So kann zum Beispiel<br />
leicht aus einem Transporter ein Campingmobil<br />
für das Wochenende werden.<br />
„Das Konzept hat uns sofort massiv überzeugt“,<br />
sagt Helge Grupe. „Dieses modulare<br />
System vom XBus ist absolut einzigartig<br />
und eine Alternative zum typischen Pkw und<br />
Nutzfahrzeug, ob für Privatkunden oder gewerbliche<br />
und kommunale Unternehmen.“<br />
Inzwischen hat die ElectricBrands AG ihre<br />
Produktpalette um die Evetta, den vollelektrischen<br />
Zweisitzer für die Stadt, erweitert. Sowohl<br />
die Evetta als auch der XBus gehen 2023<br />
in Produktion und können bereits im Autohaus<br />
Rolf vorbestellt werden.<br />
DER ZWEITE GESCHÄFTSBEREICH dreht<br />
sich rund um das Rad. „In einer fahrradaffinen<br />
Stadt wie Göttingen, in Verbindung mit der eigenen<br />
Begeisterung für Zweiräder, schien es<br />
uns nur konsequent, diesen Geschäftszweig<br />
mit aufzunehmen“, sagt Carsten Domröse,<br />
Mitinhaber und Partner von Helge Grupe. Seit<br />
Mitte <strong>2022</strong> wurde mit den Marken Husqvarna,<br />
R Raymon und Manufaktur 83 ein Sortiment<br />
geschaffen, das von E-Bikes über traditionelle<br />
Räder bis zu Gravelbikes reicht. Demnächst<br />
werden noch Lasten- und Klappräder hinzukommen.<br />
„Aus Gesprächen mit Kunden,<br />
Freunden und Bekannten weiß ich, dass die<br />
Ergonomie am Rad für die meisten Radler<br />
nicht passt, daher bieten wir als Partner der<br />
Ergonomie-Spezialisten von SQLab auch eine<br />
vollumfängliche Beratung und Umsetzung“,<br />
so Domröse. Da Mitarbeiterbindung dieser<br />
Tage immer wichtiger wird, kann die Friedrich<br />
Rolf GmbH auch alle gängigen Radleasingfirmen<br />
für Arbeitnehmer abwickeln.<br />
KONTAKT<br />
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Göttingen wird Autostadt<br />
Der Maschinenbauer Akcurate hat einen Coup gelandet: In Rosdorf werden künftig Elektrofahrzeuge<br />
– wie die ,Knutschkugel‘ mit Kultpotenzial Evetta (Foto) oder der wandelbare XBus – gefertigt und die<br />
Produktionsanlagen dafür weltweit geliefert.<br />
TEXT SVEN GRÜNEWALD FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
38 3 |<strong>2022</strong>
unternehmen<br />
3 |<strong>2022</strong> 39
unternehmen<br />
Neues Standbein<br />
Das Kerngeschäft von Akcurate, der Firma von<br />
Andreas Kirsch, ist hochgenaues 3D-Messen und Fräsen.<br />
Doch ab nächstem Jahr soll hier ganz nebenbei auch noch<br />
die neue Evetta ,vom Band rollen‘.<br />
LESEZEIT: 7 MINUTEN<br />
Die ,Knutschkugel‘ ist zurück –<br />
diesmal made in Rosdorf. Der<br />
kultige Erfolgswagen der Fünfziger-<br />
und Sechzigerjahre, einst<br />
unter dem Namen Isetta bekannt,<br />
feiert seine formgetreue<br />
Wiedergeburt – in moderner<br />
Elektro- Variante. Die Prototypen<br />
stehen und fahren bereits, gebaut vom Maschinenbauunternehmen<br />
Akcurate, die eigentlichen Serien<br />
sollen zeitnah folgen. Praktisch ganz nebenbei wollen<br />
die Rosdorfer damit auch in ihrer Produktion neue Standards<br />
setzen.<br />
HOCHGENAUES 3D-MESSEN UND FRÄSEN sind das<br />
Geschäft von Akcurate, der Firma von Andreas Kirsch.<br />
Die in Auftrag gegebenen Anlagen für die sechsachsige<br />
räumliche Vermessung von Bauteilen und die zugehörige<br />
Software werden hier komplett selbst entwickelt, konstruiert,<br />
in Betrieb genommen und beim Kunden eingerichtet.<br />
In diese Technik und Software sind mittlerweile<br />
zehn Jahre geflossen. „Und die Arbeit hört nie auf“, sagt<br />
Kirsch. „Es lässt sich immer weiter optimieren.“<br />
Angefangen hat die Verbindung zum Auto mit dem Fräsen<br />
von Rohren für die Karosserie: Vermessung des Bauteils,<br />
Fräsen, im 20-Sekunden-Takt. Die Technik selbst<br />
stammt ursprünglich aus der Anwendung in Dentalfräsmaschinen,<br />
die bereits über Kirschs zweite Firma CIMT<br />
produziert wurden – das Prinzip ließ sich problemlos<br />
übertragen. Darüber hinaus werden in Rosdorf Scheinwerfer,<br />
Windschutzscheiben und Sonnen dächer vermessen<br />
und gegebenenfalls mit einer Fräs maschine kombiniert.<br />
DANN KAM DIE PANDEMIE UND DAMIT ZEIT zum<br />
Nachdenken und Tüfteln. „Wir haben überlegt, wie wir<br />
unsere unterschiedlichen Maschinen vom Messen bis<br />
zum Fräsen kombinieren können, sodass wir eine perfekte<br />
Anlagentechnik für die moderne Produktion von<br />
Autoteilen erhalten“, erzählt Andreas Kirsch. „Sprich:<br />
mit weniger Platzbedarf und weniger Kosten eine bessere<br />
Qualität erreichen.“ Denn die Entwicklung in der<br />
Automobilindustrie, insbesondere im Premiumsegment,<br />
geht zu immer mehr Präzision und damit immer geringeren<br />
Spaltmaßen. Entstanden ist aus dem Nachdenken<br />
ein Kombisystem, das gleich mehrere Produktionsschritte<br />
in sich vereint.<br />
Für einen deutschen Scheinwerferhersteller, der unter<br />
anderem Sportwagen produziert, wurde eine solche Anlage<br />
gebaut – die bislang einzigartig ist. Sie vermisst den<br />
Scheinwerfer dreidimensional, berechnet, wie das Bauteil<br />
im Gehäuse optimal platziert werden muss, damit es<br />
perfekt sitzt, und fräst dann an den exakt berechneten<br />
Stellen die Anschraubpunkte an die bestmögliche Position.<br />
Anschließend dreht ein selbst entwickelter Schrauber<br />
mit derselben Maschine die Schrauben auf eine exakte,<br />
ebenfalls berechnete Höhe in das Gewinde, damit letztendlich<br />
alles zehntelmillimeter genau zusammenpasst.<br />
DIE TOLERANZEN, DIE DABEI wiederholgenau erreicht<br />
werden müssen, sind mittlerweile so klein, dass sie der<br />
Dicke von zwei europäischen Standardhaaren entsprechen<br />
– das sind eineinhalb Blatt Papier. „In einem normalen<br />
Produktionsprozess lässt sich diese Präzision<br />
nicht erreichen, denn bisher brauchte man für diese Arbeitsschritte<br />
vier separate Maschinen, die jeweils nicht<br />
voneinander wissen, wo genau sie am Objekt sind“, so<br />
der geschäftsführende Gesellschafter. „Dadurch entstehen<br />
Abweichungen, denn kein Schweinwerfer gleicht<br />
exakt dem nächsten.“ Auch, wenn es vielleicht banal<br />
klingt, der Aufwand im Autobereich ist enorm: Allein,<br />
um einen Scheinwerfer messbar zu machen, wurde gemeinsam<br />
mit einem Hersteller drei Jahre lang an der Lösung<br />
gearbeitet, 70 Mannjahre stecken in der dazugehörigen<br />
Messsoftware.<br />
In die Zeit dieser Anlagenentwicklung fiel auch der<br />
zufällig entstandene Kontakt zum Itzehoer Start-up<br />
ElectricBrands, der Firma, die das Konzept für den elektrischen<br />
Leichtwagen entwickelt hat, der unter dem Namen<br />
Evetta ab 2023 auf den Straßen unterwegs sein soll<br />
und bei knapp unter 20.000 Euro Stückpreis beginnen<br />
wird. „Daraus ist eine Chance entstanden, die man wohl<br />
nur einmal im Leben erhält“, sagt Andreas Kirsch. Der<br />
Ingenieur meint damit nicht nur die Geschäftsperspektiven,<br />
sondern die Chance, einen über hundert Jahre etablierten<br />
Produktionsprozess in der Branche grundsätzlich<br />
zu verändern.<br />
DIE EVETTA BEFAND SICH NOCH in der Prototypenphase:<br />
Die finalen Entwicklungsschritte waren noch<br />
nicht abgeschlossen, die Produktionsabläufe noch nicht<br />
industrialisiert und auf Serie ausgelegt. Es gab noch keine<br />
Fertigung, die Qualitätsabnahme war noch nicht<br />
40 3 | <strong>2022</strong>
unternehmen<br />
3 |<strong>2022</strong> 41
unternehmen<br />
Wandelbar Neben der ,Knutschkugel‘ wird Akcurate auch ein multimodales flexibles Bussystem, den XBus, produzieren, der sich sowohl in<br />
einen Camper für den Urlaub als auch in einen Kipp laster für Schüttgut verwandeln lässt.<br />
definiert. „Wir hatten uns zu einem Zeitpunkt getroffen,<br />
an dem man noch alles anpassen konnte“, erzählt Kirsch.<br />
„Wir haben dann gesagt, dass wir mit weniger Platzbedarf,<br />
weniger Spezialisten und insgesamt weniger Personal<br />
ein Fahrzeug bauen können, das präziser gefertigt ist<br />
als bisherige andere Modelle.“<br />
Was ihm vorschwebt, ist die Umkehrung des industriellen<br />
Produktionsprozesses beim Auto. Statt die Entwicklungs-<br />
und Arbeitsschritte an und in die gegebenen<br />
Produktionsmöglichkeiten an- und einzupassen, wird<br />
sich bei der Evetta die Produktionsorganisation nach<br />
den Möglichkeiten der Technik richten. „Mit unserer<br />
Technologie kann man natürlich auch zu Volkswagen<br />
oder Daimler gehen, aber die müssten ihre komplette<br />
Fahrzeugentwicklung umstellen“, sagt Kirsch. Das Auto<br />
müsste einfacher entwickelt werden – vom Einzelbauteil<br />
bis zur Baugruppe, Konstruktion und Abnahme,<br />
der ganze Prozess ändert sich. „Das ist in einem etablierten<br />
großen Unternehmen einfach nicht möglich.“<br />
ANDREAS KIRSCH KENNT SICH in der Branche aus.<br />
Das Maschinenbaustudium begann er in seiner Heimat<br />
im Schwarzwald, doch er reiste viel durch die Welt, studierte<br />
unter anderem in Großbritannien und schrieb seine<br />
Diplomarbeit in Mexiko, schon damals mit Bezug<br />
zum Auto. Er arbeitete dann rund zehn Jahre bei Volkswagen,<br />
zuerst in Mexiko, später in Emden, und war für<br />
den Aufbau und die Entwicklung von neuen Abteilungen<br />
und Prozessorganisationen zuständig – vom Prototypenbau<br />
bis zum Abteilungsaufbau und zur Arbeit in<br />
der Fertigungsleitung.<br />
„Ich habe bei VW dann aufgehört, weil ich noch einmal<br />
etwas anderes, eigenes machen wollte, bevor ich zu<br />
alt dafür bin“, sagt Kirsch. Der Neustart mit Akcurate,<br />
die er 2008 gründete, war ein Sprung ins kalte Wasser<br />
und so etwas wie eine Rückkehr zu den Wurzeln im Maschinenbau<br />
und in der Werkzeugmechanik, die er davor<br />
gelernt hatte. „Ich wusste nicht, was kommt. Aber: no<br />
risk, no fun.“ Die erste Maschine hatte er dann für einen<br />
mexikanischen Autozulieferer gebaut. „Das war eine<br />
voll automatisierte Glasdachbiegemaschine für Schiebedächer,<br />
die wir auch heute noch fertigen.“<br />
ANGEFANGEN HAT KIRSCH als Einmannbetrieb, entwickelte<br />
unter der Woche seine Maschinen und erledigte<br />
am Wochenende die Buchhaltung. 2010 gründete er<br />
dann bereits die Kirschmechanik, die sich auf Metallverarbeitung<br />
konzentriert, und 2018 kam die CIMT<br />
dazu, in der besagte Dentalfräsmaschinen produziert<br />
werden. Alle drei Firmen sitzen in Rosdorf und teilen<br />
sich die Produktionsanlagen. Rund 60 Mitarbeiter beschäftigt<br />
Kirsch derzeit, doch der Neubau, der 2021 bezogen<br />
wurde, bietet Platz für mindestens die doppelte<br />
Mannschaft.<br />
Der wird auch gebraucht, wenn es erst einmal mit der<br />
Produktion der Evetta losgeht. Drei Modelle sind zu<br />
42 3 | <strong>2022</strong>
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Beginn geplant: die Prima als geschlossenes Fahrzeug und<br />
Open Air als Cabrio erinnern in ihrem gerundeten Stil<br />
sehr stark an die BMW Isetta – und natürlich wird auch<br />
hier zum Einsteigen die Vorderseite des Wagens aufgeklappt.<br />
Cargo hingegen wird ein Minibus. Hinzu kommt<br />
noch der XBus, eine separate Marke von Electric Brands,<br />
die ein multimodales flexibles Bussystem darstellt – vom<br />
Camper für den Urlaub bis zum Kipp laster für das<br />
Schüttgut lässt sich solch ein Wagen schnell umbauen.<br />
DIE FERTIGUNG FÜR KLEINSERIEN und Prototypen<br />
wird in Rosdorf geschehen. Doch das Besondere an der<br />
Evetta-Produktion wird sein, dass es Fertigungen auf der<br />
ganzen Welt geben wird. ElectricBrands steht derzeit in<br />
Verhandlungen mit einem Dutzend Lizenzfertigern, die<br />
unter anderem aus Mexiko, Südkorea, Australien und<br />
sogar Nepal kommen. Der erste Gedanke, der einem<br />
gerade bei Nepal und anderen Ländern ohne Autoproduktionskultur<br />
kommt, ist: Wie lässt sich da die hohe<br />
Qualität gewährleisten, wenn Akcurate die Hightech-<br />
Fertigungs verfahren definiert? „Das ist zunächst einmal<br />
eine Herausforderung, weil unsere Technologie sehr<br />
komplex und anspruchsvoll ist“, sagt Kirsch. Aber dadurch,<br />
dass die Produktion und die Präzision sehr stark<br />
mit der Software geregelt werden, lasse sich deutlich einfacher<br />
damit arbeiten.<br />
„Das Potenzial, das wir mit unserer Anlagentechnik sehen,<br />
wird bahnbrechend sein“, sagt der Unternehmer<br />
überzeugt. „Wir wollen es hinbekommen, dass auch in<br />
Ländern, die keine Hightech-Standorte sind, produziert<br />
werden kann.“ Auch auf andere Branchen abseits der<br />
Autoindustrie will der Ingenieur das Prinzip übertragen.<br />
44 3 | <strong>2022</strong><br />
Trotz der aktuellen Erfolgswelle und des rasanten Unternehmenswachstums<br />
– Andreas Kirsch ist bei seinen<br />
Wurzeln geblieben. „Ich konstruiere auch noch viel mit,<br />
zur normalen Arbeitszeit findet man mich eigentlich nie<br />
im Büro“, sagt er. Und in der Zusammenarbeit mit ElectricBrands<br />
freut er sich auf eines besonders: Akcurate<br />
liefert die Fertigungsmaschinen und installiert sie bei<br />
den Lizenzfertigern. „Ich werde und will auch selbst<br />
unterwegs sein, um das zu erledigen. Die Lust auf den<br />
internationalen Austausch habe ich nicht verloren, im<br />
Gegenteil.“ ƒ<br />
Zum Unternehmen<br />
Akcurate wurde 2008 von Ingenieur<br />
Andreas Kirsch als Messtechnik- und<br />
Maschinenbau unternehmen gegründet, der<br />
Fokus liegt vornehmlich auf der Automobilindustrie,<br />
in der Kirsch viele Jahre tätig war. Für diese<br />
werden unter anderem Maschinen zur schnellen<br />
Vermessung mit kombiniertem Fräsen gebaut,<br />
die etwa bei der Scheinwerferinstallation eine<br />
Rolle spielen. Aus dem Erfolg der hauseigenen<br />
Mess- und Fräsqualität heraus gründete<br />
Andreas Kirsch noch zwei weitere Unternehmen:<br />
2010 die Kirschmechanik, die sich auf<br />
Metallverarbeitung konzentriert, und 2018 die<br />
CIMT, in der Dentalfräsmaschinen produziert<br />
werden. Alle drei Firmen sitzen in Rosdorf und<br />
beschäftigen zusammen rund 60 Mitarbeiter.<br />
akcurate.de
DIE LETZTEN MONATE HABEN UNSERE<br />
ARBEITSWEISE MASSIV VERÄNDERT.<br />
Viele haben die Erfahrung gemacht, wie es ist, an<br />
anderen Orten zu arbeiten. Ob nun konzentriertes<br />
und kreatives Arbeiten oder Video Calls, Team-<br />
Meetings, sogar die Pause – alles fand im selben<br />
Raum statt.<br />
Nun stehen viele Wissensarbeiter vor der<br />
Wahl: „Arbeite ich lieber vom Homeoffice aus?<br />
Oder raus ins Grüne mit meinem sympathischen<br />
E-Auto? Wo habe ich mehr Ruhe? Wo den besseren<br />
Austausch? Wo kann ich kreativer sein? Stört<br />
es, wenn ich nebenbei die Waschmaschine laufen<br />
lassen?<br />
Entstanden ist dadurch ein neues Gefühl<br />
für die eigene Arbeitsweise. Hier werden<br />
immer weniger Kompromisse gemacht. Und<br />
das ist gut so. Gut für ein freieres, angenehmeres<br />
Arbeiten und gut für die Effektivität. Die wird<br />
nämlich mit Wohlgefühl und freier Arbeitsortwahl<br />
besser. Nachweislich.<br />
DAS NEUE<br />
ARBEITS-<br />
GEFÜHL<br />
Die Arbeitswelt<br />
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Dadurch verändert sich auch die Arbeitslandschaft<br />
in den Unternehmen. In den<br />
Büros selbst wird es wohnlicher, farbenfoher, gesünder,<br />
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46 3 |<strong>2022</strong>
unternehmen<br />
Eine Frage<br />
der Einstellung<br />
VisiCon in Rittmarshausen ist einer der Weltmarktführer in der automatischen Einstellung<br />
von Scheinwerfern und Fahrwerken. Den Grundstein für den Erfolg hat Wolfgang Brunk mit seiner<br />
Leidenschaft fürs Basteln gelegt. Nun übergibt er sein Unternehmen an die nächste Generation.<br />
TEXT SVEN GRÜNEWALD FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
3 |<strong>2022</strong> 47
unternehmen<br />
» Ich habe den Robotern<br />
das Sehen beigebracht. «<br />
B<br />
LESEZEIT: 7 MINUTEN<br />
eim Gang durch die große Produktionshalle<br />
in Rittmarshausen<br />
erinnert so einiges an die klassische<br />
Kfz-Werkstatt – hier wird noch viel<br />
von Hand gearbeitet, mit Hebebühne,<br />
Fahrgestell und Ersatzteillager,<br />
hin und wieder ertönt vertrautes<br />
Motorengeheul. Und doch<br />
ist VisiCon eines der Unternehmen,<br />
die zeigen, dass Universitätsausgründungen im Bereich<br />
der Messtechnik nicht nur vor 200 Jahren erfolgreich<br />
waren, sondern es auch heute noch sind.<br />
DEM ENDKUNDEN UND AUTOKÄUFER ist VisiCon<br />
zwar kein Begriff, doch sichtbar wird das Wirken jedes<br />
Mal, wenn etwa die Scheinwerfer eingeschaltet werden<br />
oder sich die Reifen in die richtige Richtung bewegen –<br />
denn inzwischen hat VisiCon schon für fast jeden Autohersteller<br />
vollautomatische Einstellan lagen für Scheinwerfer<br />
und Fahrwerke produziert. Diese werden in Rittmarshausen<br />
konstruiert und hier vor Ort von Kunden in<br />
deren mitgebrachten Fahrzeugen auf Herz und Nieren<br />
geprüft, bevor sie schließlich zur weiteren Verarbeitung<br />
in die ganze Welt geliefert werden. So manchen Erlkönig<br />
und manche neue Serie haben die VisiCon-Mitarbeiter<br />
dadurch schon früh zu Gesicht bekommen – inklusive<br />
der standardmäßigen Geheimhaltungsvereinbarung. Denn<br />
hier läuft alles präzise nach Plan.<br />
Dabei ist Firmengründer Wolfgang Brunk mehr oder<br />
weniger ungeplant in den Erfolg hineingerutscht. Noch<br />
während seines Physik-Studiums in Göttingen entstand<br />
der Kontakt zum schwedischen Unternehmen Selcom,<br />
das in der optoelektronischen Messtechnik tätig war<br />
und für das er schließlich die deutsche Tochter gründete<br />
und leitete. Nachdem Selcom verkauft worden war,<br />
machte sich Brunk mit der BSB Brunk Systemberatung<br />
selbstständig. Als Freiberufler beriet er die Automobilindustrie<br />
– unter anderem für Volkswagen, wo er an der<br />
Entwicklung der Robotersteuerung beteiligt war. „Ich<br />
habe den Robotern das Sehen beigebracht“, erzählt<br />
Brunk nicht ohne Stolz.<br />
DAS WIEDERUM BRACHTE IHN AUF DAS RADAR von<br />
Daimler, deren Ziel es war, eine vollautomatische Endmontage<br />
zu bauen, in der unter anderem die Scheinwerfer-<br />
und Fahrwerkseinstellung vorgenommen wurde.<br />
Die Scheinwerfer waren Brunks Aufgabe. „Vollautomatisch<br />
hieß, dass hier kein Mensch mehr war, der das<br />
Licht ein- und ausschalten konnte“, erklärt der Diplom-<br />
Physiker und beschreibt die technische Herausforderung<br />
dabei: „Wenn Abblendlicht, Fernlicht und Nebel scheinwerfer<br />
alle gleichzeitig vorher angeschaltet wurden, sie<br />
aber jeweils unabhängig voneinander eingestellt werden<br />
müssen, hatte die Messtechnik ein Problem, denn die<br />
konnte nicht zwischen den dreien unterscheiden.“<br />
RUND EIN JAHR BASTELTE BRUNK an einer Lösung, die<br />
er letztlich in der softwaregestützten Bildverarbeitung<br />
fand. Das war Ende der 1980er-Jahre. „Ich hatte das<br />
Ergebnis damals gar nicht so sehr als eigenes Produkt<br />
gesehen, sondern vielmehr als einmalige Sonderlösung.“<br />
Doch bereits sechs Wochen später rief Audi an. Sie hätten<br />
das System bei Daimler gesehen – und wollten kaufen.<br />
Drei Monate danach standen vier Ingenieure von<br />
Ford in Brunks Werkstatt, die ebenfalls ihr Interesse an<br />
seiner Errungenschaft bekundeten.<br />
48 3 | <strong>2022</strong>
unternehmen<br />
Runde Sache Die berührungslose Bestimmung der Fahrwerksgeometrie geschieht bei VisiCon mittels Laser und Stereofotogrammetrie.<br />
3 |<strong>2022</strong> 49
unternehmen<br />
Auf dem Weg in die Zukunft Wolfgang Brunk ,übergibt‘ an die nächste Generation mit Ariane Brunk und Jan-Hendrik Keller (v.l.).<br />
ES FOLGTE DIE EINLADUNG zum Ford-Werk in Köln,<br />
in dem ein Vergleich aller damaligen Hersteller von<br />
Scheinwerfereinstellanlangen stattfand. „Das Ergebnis<br />
hat uns umgehauen“, erzählt Wolfgang Brunk heute<br />
noch immer begeistert. Denn im Abschlussbericht stand:<br />
Das System der 1990 gegründeten VisiCon sei „far superior<br />
to all“ – allen anderen weit überlegen. Daher wollte<br />
Ford weltweit alle seine Werke mit der VisiCon-Technik<br />
ausrüsten. „Eigentlich war das unmöglich, denn wir waren<br />
seinerzeit vier Leute in der neu gegründeten VisiCon.<br />
Wir haben die Herausforderung aber trotzdem angenommen<br />
und im Ford-Werk in Valencia angefangen. So<br />
sind wir völlig ungeplant über Nacht der größte Hersteller<br />
von Scheinwerfereinstell anlagen weltweit geworden.“<br />
Nachdem sich die Firma mit dieser herausstechenden<br />
Messtechnik schnell einen guten Ruf erworben hatte,<br />
trugen Autohersteller einen neuen Wunsch an sie heran:<br />
ein System zu entwickeln, mit dem Fahrwerke berührungslos<br />
vermessen werden konnten. Auch dafür fand<br />
Brunk eine Lösung. „Und dann kam der damalige Einkaufschef<br />
von General Motors auf uns zu“, erzählt der<br />
Geschäftsführer weiter. Der hatte erkannt, dass die<br />
Kerntechnologie der Anlagen in der Sensorik und Software<br />
liegt und nicht im maschinellen Drumherum.<br />
„Dann hieß es auf einmal: Ihr macht nicht nur die Kerntechnik,<br />
sondern liefert uns künftig die gesamte Anlage.“<br />
Insofern ist VisiCon heute kein Zulieferer mehr, sondern<br />
Anlagenbauer für die Fahrzeugproduktion. Wenngleich<br />
der Schwerpunkt auf Fahrwerk und Scheinwerfern liegt,<br />
entwickelt VisiCon auch Einstelltechnik für Fahrassistenzsysteme,<br />
Abstandsradar und Head-up-Displays. „Letztlich<br />
alles, was relativ zum Fahrzeug eingestellt werden<br />
muss“, so Brunk. Je mehr Sensorik im Fahrzeug integriert<br />
wird und je stärker die Anteile autonomen Fahrens<br />
werden, desto mehr Sensorik wird benötigt – und<br />
desto mehr muss eingestellt werden. Für VisiCon sind<br />
das derzeit hervorragende Perspektiven.<br />
INZWISCHEN SIND RUND 80 MITARBEITER in Rittmarshausen<br />
beschäftigt, eine Serviceniederlassung mit<br />
vier Mitarbeitern besteht noch in Schanghai, doch die<br />
Anlagen – die zwischen 100.000 und 2,5 Millionen Euro<br />
kosten – werden weltweit installiert. Jährlich fertigt<br />
VisiCon nach den individuellen Vorgaben des jeweiligen<br />
Kunden etwa 10 bis 15 Anlagen für Scheinwerfer und<br />
Fahrassistenzsysteme und zwei für Fahrwerke – und das<br />
mit großem zeitlichem Aufwand. Denn jede Anlage ist<br />
im Prinzip ein Unikat, die Kalibrierung dabei eine Meisterleistung<br />
in Präzision, die auf ein hundertstel Millimeter<br />
genau sein muss. Im Regelfall werden für eine<br />
normale Anlage etwa drei Monate Planung, drei Monate<br />
Materialbeschaffung und drei Monate Bauzeit veranschlagt.<br />
Ist die Anlage komplexer, dauert es auch mal bis<br />
zu einem Jahr.<br />
50 3 | <strong>2022</strong>
Anwaltskanzlei „Arkaden am Gericht“<br />
Guter Rat<br />
ist die Wurzel<br />
Ihres Erfolges<br />
dr. Bodenburg<br />
Zilian<br />
Werk<br />
Rechtsanwalts- und Notariatskanzlei in Göttingen<br />
Anwaltskanzlei „Arkaden am Gericht“<br />
Seit Generationen erste Anlaufstelle für Unternehmen und private Mandanten<br />
in allen juristischen Angelegenheiten<br />
dr. Bodenburg<br />
Zilian<br />
Werk<br />
Rechtsanwalts- Rechtsanwalts- und und Notariatskanzlei Notarkanzlei in Göttingen<br />
Rechtsgebiete<br />
Arbeitsrecht<br />
Bank-, Kapital-, Gesellschaftsrecht<br />
Erbrecht<br />
Versicherungsrecht<br />
Compliance<br />
Medizinrecht<br />
Energierecht<br />
Immobilien-, Bau-, Mietrecht<br />
Familienrecht<br />
Straf- & Verkehrsrecht<br />
Notariat<br />
Seit Generationen erste Anlaufstelle für Unternehmen und private Mandanten<br />
Vertrags- & Zivilrecht<br />
in allen juristischen Angelegenheiten<br />
Anwaltskanzlei „Arkaden am Gericht“<br />
Rechtsgebiete<br />
SBZW Rechtsanwalts- und Notarkanzlei in Göttingen<br />
Arbeitsrecht<br />
Dr. Reinhard Bodenburg (Notar a. D.), Michael Bank-, Kapital-, Zilian Gesellschaftsrecht<br />
(Notar), Hasso Werk<br />
Berliner Straße 10, 37073 Göttingen · T Erbrecht elefon 0551 497070<br />
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VISICON HAT DABEI DEN VORTEIL, dass sie von der<br />
Konjunktur in der Automobilbranche, dem Umstieg auf<br />
E-Mobilität und den gefertigten Stückzahlen relativ unabhängig<br />
ist. „Dafür ist unsere Verantwortung sehr<br />
hoch“, erklärt Wolfgang Brunk. „Sollte unsere Anlage<br />
einmal stillstehen, verlässt kein Wagen mehr das Werk,<br />
das sind Kosten bis zu 50.000 Euro pro Minute, die<br />
dann entstehen.“ Daraus ergibt sich noch eine weitere<br />
besondere Rahmenbedingung, die für die Mitarbeiter<br />
meistens nicht so angenehm ist: „Wir können unsere Anlagen<br />
nur dann in den Werken aufbauen, wenn dort<br />
nicht gearbeitet wird. Das heißt, wir arbeiten dann,<br />
wenn andere Urlaub machen, also an Weihnachten,<br />
Silvester, Ostern.“<br />
Doch Brunk hat an seiner Leidenschaft für das Problemlösen<br />
noch ungebrochen Spaß. „Ich bin immer Bastler<br />
und kein Firmenchef gewesen“, sagt der Senior. Deswegen<br />
ist VisiCon auch nach wie vor noch sehr familiär<br />
organisiert – mit flachen Hierarchien, die es zudem noch<br />
nicht so lange gibt. Bis vor fünf Jahren gab es nicht einmal<br />
Abteilungsleiter, doch das Wachstum hat eine<br />
Umorganisation notwendig gemacht. „Das musste ich<br />
zähneknirschend einsehen.“<br />
DIESES JAHR WIRD WOLFGANG BRUNK 70, und sein<br />
Partner Wieprecht Keller, mit dem er VisiCon aufgebaut<br />
und lange zusammen geleitet hat, hat sich 2021 aus dem<br />
Geschäft in den Ruhestand zurückgezogen, hilft aber gelegentlich<br />
noch aus. So hat es auch Brunk vor, der sich<br />
ebenfalls langsam aus der Geschäftsführung verabschiedet.<br />
Er macht jetzt mehrheitlich nur noch das, was ihm<br />
Spaß macht. Auch für sein Hobby, an Oldtimern rumzuschrauben,<br />
hat er inzwischen wieder mehr Zeit.<br />
Bei VisiCon hat indes ein sanfter Generationenwechsel<br />
stattgefunden, die Kinder von Keller und Brunk haben<br />
das Ruder übernommen. Ariane Brunk ist seit 2019<br />
in der Geschäftsführung für den Vertrieb zuständig.<br />
Kellers Sohn Jan-Hendrik, promovierter Ingenieur im<br />
Kunststoffbereich, war 2018 in die Geschäftsführung<br />
aufgenommen worden und hat von Wolfgang Brunk die<br />
technische Leitung übernommen. Der dritte Geschäftsführer,<br />
Sohn Andreas Brunk, trägt bereits seit 2013 als<br />
Wirtschaftsingenieur die Verantwortung für Finanzen<br />
und Personal.<br />
Die neue Generation hat auf die eine oder andere Weise<br />
eine enge Bindung an das Unternehmen. „Mir ist das<br />
Ganze in die Wiege gelegt worden“, erzählt Jan-Hendrik<br />
Keller. „Ich habe schon als Teenager meinem Vater über<br />
die Schulter geschaut und auch früh eigene Software geschrieben.“<br />
Der Bezug dazu ist ihm bis heute erhalten<br />
geblieben und erleichtert das Verständnis für die eigenen<br />
Entwickler. Doch ein kreativer Bastler wie Wolfgang<br />
Brunk ist er nicht, wie er zugibt. „Unsere Abläufe werden<br />
professioneller, deswegen sehe ich mich stärker in<br />
der Rolle des Koordinators, der dafür sorgt, dass Entwicklungen<br />
auch einmal fertig werden und in den Markt<br />
52 3 | <strong>2022</strong><br />
eingeführt werden können.“ Anders als im Einmannbetrieb<br />
von früher ist die Koordinierung heute bedeutend<br />
aufwendiger.<br />
Genau andersherum war es für Ariane Brunk, die sich<br />
lange gesagt hat, dass sie nie in der Firma arbeiten möchte.<br />
„Doch mein Job in der Pharmaindustrie war maximal<br />
frustrierend, weil er eintönig war und keine Herausforderungen<br />
damit verbunden waren.“ Als sie nach der Elternzeit<br />
vor der Frage stand, ob sie in ihren alten Beruf<br />
zurückkehrt, brachte ein Gespräch mit Kellers Vater die<br />
Option VisiCon ins Gespräch. „Ich hatte zu Jan-Hendriks<br />
Vater immer ein sehr gutes Verhältnis, und er hat<br />
mich letztlich davon überzeugt, es hier zu probieren.“<br />
Bereut hat sie es nicht. „Ich habe mir zwar in der einen<br />
oder anderen Situation schon gedacht: Worauf hast du<br />
dich hier eingelassen? Aber mir persönlich hat es ganz<br />
viel gebracht – man lernt etwas Neues, erweitert seinen<br />
Horizont und steht jeden Tag vor abwechslungsreichen<br />
Herausforderungen.“<br />
UND WIE WIRD ES MIT VISICON WEITERGEHEN? „Angesichts<br />
der kleinen Stückzahlen, die VisiCon fertigt,<br />
sind wir im Vergleich zu den großen Anlagenbauern der<br />
Branche wie Siemens oder Dürr eine Winzigstfirma“,<br />
erzählt die Geschäftsführerin. „Aber wir sagen von uns,<br />
dass wir die Innovativsten sind. Fast die Hälfte unserer<br />
Mitarbeiter sind auch im Bereich Forschung und Entwicklung<br />
tätig.“ Dieser Vorteil wird auch in Zukunft<br />
jedes Mal zum Tragen kommen, wenn ein Autohersteller<br />
mit einem neuen Problem auf sie zukommt. Dann<br />
verschwindet ihr Vater wieder ,in seiner Bastelbude‘ –<br />
und sucht gemeinsam mit den Konstrukteuren nach<br />
Lösungen. ƒ<br />
Zum Unternehmen<br />
VisiCon in Rittmarshausen ist mit seinen gegenwärtig<br />
80 Mitarbeitern ein Anlagenbauer und<br />
Problemlöser für die Automobilindustrie und<br />
ihre Zulieferer. Das Unternehmen ist auf die<br />
Entwicklung und den Bau von Anlagen zur<br />
auto matischen Einstellung von Schein werfern,<br />
Fahr werken und Fahreassistenz systemen<br />
spezialisiert. Trotz seiner Größe als kleinerer<br />
Mittelständler zählt der Betrieb, der bereits für<br />
so gut wie alle namhaften Automobilhersteller<br />
Systemlösungen entwickelt und weltweit<br />
seine Anlagen aufgebaut hat, zu den<br />
Weltmarkt führern.<br />
www.visicon.eu<br />
Übrigens:<br />
Mehr über Wolfgang Brunk und das, was der<br />
Unternehmer in seiner Freizeit in einem Bunker<br />
am Göttinger Hainberg macht, lesen Sie in<br />
dieser Ausgabe ab Seite 136.
40 JAHRE<br />
„Wir kümmern uns um Ihre IT, während Sie sich voll auf<br />
Ihr Kerngeschäft konzentrieren können!“<br />
• Seit 1982 in Südniedersachsen am Markt tätig<br />
• Am Standort im Maschmühlenweg 81 in Göttingen sind zur<br />
Zeit 22 Mitarbeiter beschäftigt.<br />
• Ausbildungsbetrieb seit 1999<br />
Als eines der führenden IT Systemhäuser in der Region Südniedersachsen<br />
ist die GOESYS AG seit nunmehr 40 Jahren der kompetente Ansprechpartner<br />
für IT-Lösungen, IT-Service und Cloud-Anwendungen.<br />
Die Optimierung der IT-Strategie sowie der Datensicherheit steht im<br />
Fokus unserer individuellen Beratung. Dazu zählen die Analyse bestehender<br />
Systeme und Netzwerke, sowie die Erstellung maßgeschneiderter Konzepte,<br />
die nicht nur für den Moment, sondern auch langfristig den Bedürfnissen<br />
des Kunden entsprechen und jederzeit individuell und flexibel angepasst<br />
werden können.<br />
GOESYS AG<br />
Maschmühlenweg 81<br />
37081 Göttingen<br />
Tel. 0 551 48859-0<br />
info@goesys.de<br />
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Sprechen Sie uns an, gern stehen<br />
wir Ihnen zur Verfügung.
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FOTOS: KAYSER GMBH<br />
One World. One Family. One KAYSER.<br />
Die KAYSER Automotive Group schreibt weltweit Geschichte!<br />
Die Firmenzentrale der KAYSER-Unternehmensgruppe<br />
befindet sich in Einbeck.<br />
In der Stadt in Niedersachsen<br />
mit rund 30.000 Einwohnern gelang bereits<br />
1960 der Einstieg in die Automobilindustrie.<br />
Der Grundstein der heutigen KAYSER Automotive<br />
Group wurde allerdings bereits 1709<br />
mit der Wollfabrik der Gebrüder Borcholt gelegt<br />
– damit zählt die KAYSER Group zu einem<br />
der ältesten Unternehmen in Niedersachsen.<br />
Was vor mehr als 60 Jahren begann, entwickel<br />
te sich in den vergangenen Jahren<br />
rasant. Heute zählen 17 Standorte in elf Ländern<br />
auf drei Kontinenten zu der Unternehmensgruppe,<br />
in der KAYSER Automotive<br />
Group sind über 3.600 Mitarbeiter beschäftigt,<br />
davon 1.300 Mitarbeiter im Hauptsitz in<br />
Einbeck.<br />
DAS TRADITIONSVERBUNDENE Familienunternehmen<br />
ist globaler Partner aller namhafter<br />
Automobilhersteller für die Entwicklung<br />
und Fertigung von innovativen und hochkomplexen<br />
Systemen im Bereich Batterie-Thermomanagement,<br />
Fluid Management und vieler<br />
weiterer neuer Technologien für Fahrzeuge aller<br />
Antriebsarten, egal ob für Hybridfahrzeuge,<br />
Elektrofahrzeuge oder Fahrzeuge mit Brennstoffzelle.<br />
Durch das langjährige Automotive<br />
Know-how bietet KAYSER seinen Kunden in<br />
Europa, Asien und Amerika individuelle Lösungen<br />
zur Reduzierung der Emissionen in<br />
der Mobilität, die sich an den spezifischen<br />
Anforderungen der Automobilhersteller und<br />
den gesetzlichen Vorgaben orientieren.<br />
NEBEN DER AUTOMOTIVE GROUP zählen<br />
auch Unternehmen aus den Bereichen Filtertechnik,<br />
Werkzeug- und Anlagenbau, Elektronik<br />
sowie Umwelttechnik zur KAYSER Group. In<br />
diesem Unternehmensverbund schaffen wir<br />
Synergien, um innovative Lösungen anzubieten.<br />
Wir arbeiten projektbezogen in globalen<br />
Teams. Unsere Unternehmenskultur, in der<br />
gegenseitige Unterstützung und Eigenverantwortung<br />
zur Selbstverständlichkeit gehören,<br />
ist dabei von flachen Hierarchien und einem<br />
persönlichen Miteinander geprägt.<br />
NEBEN UNSERER WELTOFFENHEIT und<br />
der technischen Expertise sind unsere Mitarbeiter<br />
ein bedeutender Faktor für den internationalen<br />
Erfolg – und wir sind immer auf<br />
der Suche nach neuen motivierten Teammitgliedern.<br />
KONTAKT<br />
A. KAYSER Automotive Systems GmbH<br />
Hullerser Landstraße 43<br />
37574 Einbeck<br />
Tel. 05561 790 20<br />
info@kayser-automotive.com<br />
www.kayser-automotive.com
PROFIL<br />
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Katrin Schlick und ihr Mann Andreas Backfisch<br />
treffen nachhaltige Entscheidungen. Der Bio-Lieferservice<br />
LOTTA KAROTTA setzt auf Elektro mobilität<br />
– getankt wird Strom vom eigenen Dach.<br />
Mobilität bei LOTTA KAROTTA<br />
LOTTA KAROTTA Bio-Lieferservice ist vor über 22 Jahren mit dem Ziel gestartet,<br />
regionale Bioprodukte in der Region auszuliefern.<br />
Ein Grundgedanke des Systems Ökokiste<br />
ist, durch ausgeklügelte Touren die Einkaufsfahrten<br />
von mehreren Haushalten<br />
zu bündeln, sodass im Schnitt nur rund drei<br />
Kilometer pro Adresse gefahren werden – gemittelt<br />
über Stadt- und Landfahrten. Für viele<br />
Kund*innen ist der nächste Einkaufsmarkt weiter<br />
als diese drei Kilometer entfernt.<br />
In den letzten Jahren hat LOTTA KAROTTA<br />
mit dem Umbau auf E-Mobilität begonnen: Es<br />
wurde eine Fotovoltaik-Anlage mit 135 Kilowatt<br />
und einem Batteriespeicher von 130 Kilowatt<br />
gebaut – ausgeliefert wird mit fünf Elektro-<br />
und vier Dieseltransportern, von denen<br />
Letztere jedoch bald getauscht werden sollen.<br />
Katrin Schlick und Andreas Backfisch haben<br />
sich komplett gegen den Kauf von weiteren<br />
Verbrennern entschieden, wohl wissend, dass<br />
es auf dem Markt für regenerative Antriebe<br />
noch Entwicklungspotenzial gibt. Die nächsten<br />
zwei E-Transporter mit größerer Reichweite<br />
sind bereits bestellt.<br />
Fahrradkilometer-Bonus – Klimaschutz und<br />
Freizeitausgleich in einem<br />
Für die Mitarbeitenden wurde 2021 ein Fahrradkilometer-Bonus<br />
eingeführt: Für jeden<br />
Kilometer zur Arbeitsstätte, den sie mit dem<br />
Fahrrad zurücklegen, werden ihnen 20 Cent<br />
auf dem Urlaubskonto gutgeschrieben. Das<br />
schafft einen Anreiz zum Radeln, fördert die<br />
Gesundheit der Belegschaft und reduziert<br />
gleichzeitig den CO2-Fuß abdruck.<br />
By the way: Früher war es eine Seltenheit,<br />
dass Mitarbeitende weiter als 5 km mit dem<br />
Rad zur Arbeit kamen – heute werden auch<br />
die gut 15 km aus Göttingen teilweise geradelt,<br />
mit als auch ohne elektrische Unterstützung.<br />
Insgesamt werden bei LOTTA KAROTTA<br />
schon 25 Prozent der Arbeitswege mit dem<br />
Rad zurückgelegt.<br />
Die Vision: ein rundum nachhaltiges und<br />
soziales Unternehmen<br />
Dieses Mobilitätskonzept ist Teil einer größeren<br />
Vision: LOTTA KAROTTA versucht, so nachhaltig,<br />
energieeffizient und sozial wie möglich<br />
zu wirtschaften – auf allen Ebenen.<br />
Das Engagement fängt in der eigenen<br />
Bioland-Gärtnerei mit Bio-Saatgut sowie<br />
Natur- und Artenschutz an und geht über<br />
energie effiziente Betriebsabläufe bis hin zu<br />
einer wertschätzenden Zusammenarbeit mit<br />
Mitarbeitenden und Lieferant*innen. Unterstützt<br />
wird dieses Engagement schließlich<br />
von unseren Kund*innen. Im jüngst<br />
abgeschlossenen Gemeinwohlökonomie-Prozess<br />
wurden alle Berührungspunkte nach<br />
den Werten Menschen würde, Solidarität &<br />
Gerechtigkeit, Ökologische Nachhaltigkeit,<br />
Transparenz & Mitentscheidung genauestens<br />
beleuchtet – dabei wurde weiteres Verbesserungspotenzial<br />
ermittelt. Hier möchte sich<br />
LOTTA KAROTTA weiter verbessern und für<br />
zukunftsfähiges Wirtschaften in der Region<br />
Vorbild sein.<br />
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Lotta Karotta Bio-Lieferservice OHG<br />
Gartestraße 50 a<br />
37130 Gleichen-Rittmarshausen<br />
Tel. 05508 979 419-0<br />
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NEBEN DEM 75-JÄHRIGEN JUBILÄUM der<br />
Marke Ferrari feiert auch die MOLL-Gruppe ihr<br />
90-jähri ges Bestehen und nahm im Juni <strong>2022</strong><br />
ihren ersten Gesellschafter, die Pon Holdings<br />
(Pon) aus den Niederlanden, auf. Pon mit Sitz<br />
in Amsterdam ist der Generalimporteur für<br />
alle Marken des Volkswagenkonzerns in den<br />
Nieder landen und – wie MOLL – ein Familienunternehmen.<br />
Pon hält hierbei eine Minderheitsbeteiligung<br />
an der MOLL-Gruppe.<br />
Das Markenportfolio von Pon ist nahezu<br />
identisch mit dem der MOLL-Gruppe: Volumenmarken,<br />
bekannte Premiummarken und<br />
hochwertige Sport- und Luxusfahrzeuge. Pon<br />
beschäftigt weltweit rund 16.500 Mitarbeiter<br />
und erzielt einen Jahresumsatz von mehr<br />
als 8,1 Milliarden Euro. Mit ihrer Mobilitätsgruppe<br />
ist Pon global führender Hersteller der<br />
Fahrradmarken Kalkhof, Focus, Gazelle und<br />
Cannondale. Das 90 Jahre alte Familienunternehmen<br />
MOLL ist mit einem Jahresumsatz<br />
von 706 Millionen Euro und einer Unternehmensgruppe<br />
mit rund 530 Mitarbeitern einer<br />
der größten Händler in Deutschland.<br />
„DER AUTOMOBILMARKT BEFINDET sich<br />
derzeit in einem tiefgreifenden, dynamischen<br />
Wandel, nicht nur durch den technologischen<br />
Wandel vom Verbrennungsmotor hin zur zukunftsweisenden<br />
E-Mobilität, sondern auch<br />
durch die Umstellung der Hersteller auf alternative,<br />
digital gesteuerte Vertriebssysteme. Als<br />
Familien unternehmen wollen wir jetzt aus einer<br />
Position der Stärke heraus die Weichen für<br />
die Zukunft stellen. Pon ist für uns der perfekte<br />
strategische Partner, sagt Geschäftsführer<br />
Timm Moll. „Die Hersteller verändern ihre Geschäftsmodelle<br />
und Vertriebsstrukturen – und<br />
wir verändern uns mit der Vision von neuer<br />
Mobilität und Zukunftsfähigkeit eines modern<br />
geführten Familienunternehmens.“<br />
Mit einem Partner wie Pon wird die MOLL-<br />
Gruppe ihr strategisches Wachstum noch besser<br />
fortsetzen können.<br />
KONTAKT<br />
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MOLL SPORTWAGEN HANNOVER<br />
Moll Sportwagen Hannover GmbH –<br />
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30539 Hannover<br />
Tel. 0511 821001<br />
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wissen<br />
ILLUSTRATION: STOCK.ADOBE.COM<br />
58 3 | <strong>2022</strong>
wissen<br />
Mobil<br />
in kleinen<br />
Schritten<br />
In der Mobilität ist viel im Fluss: Technische Fortschritte<br />
machen immer autonomeren Verkehr möglich, und eine<br />
stärkere Vernetzung von Verkehrs trägern sowie andere<br />
Tarifstrukturen könnten die Mobilität verbessern.<br />
Die schöne neue Welt hat zwar noch viele offene<br />
Fragen, aber nur einen wirklich entscheidenden Haken:<br />
Sie hängt massiv an öffentlichen Investitionen.<br />
TEXT SVEN GRÜNEWALD<br />
LESEZEIT: 7 MINUTEN<br />
Als Marty McFly im Film ,Zurück in die Zukunft<br />
II‘ in den Oktober 2015 reiste, wagten<br />
die Produzenten damit auch einen Ausblick<br />
auf ein mögliches Zukunftsszenario, das von<br />
ihnen noch 30 Jahre weit weg war. Wesentlicher Kernbestand:<br />
fliegende Skateboards und – natürlich – fliegende<br />
Autos. Am 15. Oktober 2015 wurde daher nicht nur<br />
der erste ,Back to the Future Day‘ gefeiert, sondern in<br />
vielen Medien auch Bilanz gezogen, was denn eigentlich<br />
von dieser Zukunftsversion eingetreten ist.<br />
Nun, Nike hatte bis dato noch keine ,Power Laschen‘<br />
herausgebracht, tat es aber zum Anlass des inoffiziellen<br />
Feiertages mit einer Schuh-Sonderedition. Auch im<br />
Heimbereich sind wir mit dem vernetzten Smart Home<br />
und Alexa-/Echo-Interface schon recht weit, wenngleich<br />
3 |<strong>2022</strong> 59
wissen<br />
der hydrierende Pizzaofen bislang fehlt. Fliegende Autos<br />
und damit eine Lösung des Verkehrsproblems sind allerdings<br />
immer noch Fehlanzeige.<br />
Gerade das fliegende Auto ist zu so etwas wie dem<br />
Sinnbild des utopischen, zukünftigen Verkehrs geworden,<br />
und nach über 100 Jahren Entwicklungsversuchen gibt es<br />
zwar einige Prototypen – aber eine flug- und fahrfähige<br />
Serienfertigung inklusive Landefahrstreifen im städtischen<br />
Ballungsraum ist noch nicht in Sicht. Auch der<br />
sehr reale Entwickler- und Verkehrsplanertraum vom<br />
autonomen Verkehr hat nicht mit der Geschwindigkeit<br />
Einzug gehalten, wie es anfangs prognostiziert wurde.<br />
DIE ZUKUNFT DER MOBILITÄT, sie kommt eher in<br />
kleinen Schritten und braucht einen langen Atem. In<br />
den Niederlanden haben beispielsweise mehrere Städte<br />
ihre Innenstädte autofrei umgestaltet – ein Prozess, der<br />
Jahrzehnte gedauert hat. Zudem gibt es große Herausforderungen<br />
auf ganz verschiedenen Ebenen. Die naheliegendsten<br />
sind technischer Natur: Wie ersetzt man<br />
erdölbasiertes Kerosin in Flugzeugen? Ein Antrieb mit<br />
großer Batterie, wie es in Elektroautos der heutige<br />
Standard geworden ist, ist nicht möglich. Auch ein<br />
Leichtbau mit Kohlenstoffverbundfasern wäre praktisch,<br />
erfordert aber eine komplett neue Aeroelastik, Aerodynamik<br />
und Produktionsweise.<br />
EBENSO AUF DER SCHIENE: Am Deutschen Zentrum<br />
für Luft- und Raumfahrttechnik (DLR) wurde 2007 das<br />
Projekt Next Generation Train ins Leben gerufen, es sollte<br />
der große Wurf werden: Wie würde der Zug der<br />
Zukunft aussehen, wenn die gesamte Technik und Aerodynamik<br />
aus einem Guss nach aktuellem Stand der Technik<br />
gemacht wären? 15 Jahre sind seitdem vergangen,<br />
aber von einem Praxiseinsatz und einer Produktion im<br />
industriellen Maßstab sind die Konzepte des 440 km/h<br />
schnellen, per Induktion elektrisch angetriebenen, doppelstöckigen<br />
Hochgeschwindigkeitszugs noch immer weit<br />
entfernt.<br />
Es geht eben nicht nur um das technisch Mögliche, es<br />
geht auch um Investitionen, Zulieferer, um Produktionsketten,<br />
Datenbereitstellung und deren Verarbeitung, um<br />
Organisationsfragen, da alte und neue Technik zunächst<br />
koexistieren müssen. Es geht um die Frage, ob die Kunden<br />
neue Technik überhaupt annehmen: Ist die Mutter<br />
etwa bereit, ihre Kinder dem autonomen Shuttle anzuvertrauen,<br />
das sie in die Schule bringen soll? Es geht um<br />
eine rechtliche Dimension: Was, wenn ein autonom fahrendes<br />
Fahrzeug einen Unfall baut, wer trägt dann die<br />
Kosten und die Schuld – der Softwarehersteller, der<br />
Fahrzeugbauer, der ,Fahrer‘, der eventuell gerade gelesen<br />
hat? Für Verkehrsplaner macht es zudem einen riesigen<br />
Unterschied, ob Konzepte in der ländlichen Fläche oder<br />
im großstädtischen Ballungsraum umgesetzt werden soll.<br />
»Wir haben einen gigantischen Transport-<br />
bedarf, aber ich bin erschrocken, wie gering<br />
der Anteil des nicht individuellen Verkehrs<br />
am Personen- und Güterverkehr ist. «<br />
THOMAS VIETOR, Professor für Konstruktionstechnik<br />
IN NIEDERSACHSEN und auch deutschlandweit ist das<br />
Niedersächsische Forschungszentrum Fahrzeugtechnik<br />
(NFF) ,die‘ Adresse, wenn es um solche Mobilitäts fragen,<br />
vor allem auf der Straße, aber auch auf der Schiene geht.<br />
Das NFF ist eine Einrichtung der TU Braunschweig, an<br />
dem auch die Universitäten in Bremen, Hannover und<br />
Clausthal Mitglied sind und das mit vielen internationalen<br />
Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft<br />
kooperiert, so etwa aus China, Japan und den USA. Am<br />
NFF wird an der Technik geforscht sowie den davon berührten<br />
Bereichen, wie etwa an rechtlichen Rahmenbedingungen,<br />
soziologischen Fragestellungen oder der betriebswirtschaftlichen<br />
Tragfähigkeit. Wenn man sehen<br />
will, was in Sachen Mobilität geht oder eben (noch)<br />
nicht, dann wird man beim NFF fündig.<br />
DAS GROSSE PROBLEM DER MOBILITÄT werde in den<br />
Zahlen sichtbar, so Thomas Vietor, Professor für Konstruktionstechnik<br />
und Vorstandssprecher des NFF. 2019 wurden<br />
in Deutschland 1,2 Billionen Personenkilometer zurückgelegt,<br />
der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) hatte<br />
daran nur einen Anteil von 6,3 Prozent, die Schiene von<br />
acht Prozent – der Rest entfällt auf den indi vi duellen motorisierten<br />
Verkehr. Bei den für den Transport von Waren<br />
relevanten 700 Milliarden Tonnen- Kilometer sieht es wenig<br />
anders aus: 18 Prozent entfallen auf die Eisenbahn, 71<br />
Prozent auf die Straße. „Wir haben einen gigantischen<br />
Transportbedarf, aber ich bin erschrocken, wie gering der<br />
Anteil des nicht individuellen Verkehrs am Personen- und<br />
Güterverkehr ist“, erklärt Vietor. Das 9-Euro-Ticket habe<br />
interessante Beobachtungen erlaubt, wie sich einerseits<br />
mehr Menschen in den ÖPNV und die Bahn bringen<br />
ließen. „Gleichzeitig wurde damit die Kapazitätsgrenze<br />
überschritten. Der Personennahverkehr kann in der gegenwärtigen<br />
Form nicht viel mehr leisten.“<br />
60 3 | <strong>2022</strong>
wissen<br />
Unsere Städte seinen um das Auto herum gebaut, betont<br />
Thomas Vietor, das beschränke das Wachstum der<br />
öffentlichen Verkehrsträger, mache aber bei zunehmendem<br />
Individualverkehr die Situation nicht besser: Absurdes<br />
Sinnbild dieser Situation sind die Autos, die sich kaum<br />
vom Fleck bewegen, weil der Besitzer sonst befürchtet,<br />
keinen neuen Parkplatz zu finden. Also: Wie bekommt<br />
man die Autos weg, ohne an Mobilität einzubüßen?<br />
Eine Lösung bietet theoretisch das autonome Fahren.<br />
Was, wenn ich in der autofreien Innenstadt einkaufen<br />
gehe und mich anschließend mein Wagen, der derweil<br />
autonom in einem automatisierten Parkhaus etwas weiter<br />
weg eingeparkt hat, wieder abholt? Am NFF läuft<br />
derzeit ein solches Versuchsprojekt. Im dortigen Forschungsparkhaus<br />
werden die Testfahrzeuge automatisiert<br />
ein- und aus geparkt. Für den Nutzer bedeutet das<br />
weniger Stress und Suchen, für das Parkhaus heißt das,<br />
es wird weniger Platz pro Auto benötigt, weil niemand<br />
ein- und aussteigt.<br />
Auch ein automatisierter Shuttle-Verkehr, in ferner<br />
Zukunft als Ersatz, zu Beginn zunächst als Ergänzung<br />
des ÖPNV, könnte helfen, Angebote zu verbessern, denn<br />
das ,Problem‘ im ÖPNV sind die Personalkosten. Sie<br />
sind der größte Kosten<strong>faktor</strong> für den Betrieb, zudem<br />
gibt es einen akuten Mangel an Busfahrern. Auch dazu<br />
wird am NFF bald ein eigenes Praxisprojekt starten:<br />
Auf etwa einem Kilometer wird eine Fahrspur der Hermann-Blenk-Straße<br />
auf dem Nordcampus der TU Braunschweig<br />
zur Teststrecke, wo ein autonomer Shuttle quer<br />
über das Gelände Personen transportieren soll. „Das Ziel<br />
ist, dass die Betreiber des ÖPNV dieses Prinzip schrittweise<br />
umsetzen und kommerzialisieren können“, sagt<br />
Vietor. „Unsere Vision ist, dass wir mittelfristig so auch<br />
eine Verbindung von Nordcampus und Hauptcampus<br />
sowie nach Wolfsburg realisieren.“ Doch bis es so weit<br />
ist, müssen noch einige technische Hürden genommen<br />
werden.<br />
Bald am Start Die Vorbereitungen für den ersten Testbetrieb eines vollautonomen<br />
Shuttles, der künftig auf den Straßen Richtung Braunschweiger Flughafen<br />
pendeln soll, laufen bereits auf Hochtouren.<br />
©NFF/FORMHERR<br />
©NFF/KEPPEL<br />
NICHT ZULETZT LANDET MAN immer wieder beim<br />
Geld. Denn einerseits gibt es die politischen Ansprüche<br />
und den bürgerlichen Wunsch für ein besseres öffentliches<br />
Mobilitätsangebot, andererseits kostet es Geld. Autonomes<br />
Fahren etwa verlangt nach technischer und<br />
infrastruktureller Auf- und Umrüstung der Städte. Auf<br />
dem Land hingegen müssen noch größere Herausforderungen<br />
überbrückt werden als in der Stadt. Denn hier<br />
braucht es überhaupt erstmal eine verlässliche Alternative<br />
zum Auto, die möglichst breit verfügbar ist und<br />
gleichzeitig auch bezahlbar bleiben muss.<br />
„Das ist das große Spannungsfeld des ÖPNV“, sagt<br />
Michael Frömming, Geschäftsführer des Zweckverbands<br />
Verkehrsverbund Südniedersachsen (ZVSN). Der Verband<br />
ist mittlerweile eine wichtige Anlaufstelle für die<br />
Weiterentwicklung der Mobilität in Südniedersachsen.<br />
3 |<strong>2022</strong> 61
wissen<br />
Gescheitert<br />
Das EcoBus-System sollte ein<br />
flexibles Rufbussystem mit<br />
modernsten Algorithmen kombinieren<br />
und so den öffentlichen Personennahverkehr<br />
in der ländlichen Fläche<br />
verbessern. Nach dem Testlauf 2018<br />
in Südniedersachsen ging es jedoch<br />
nicht mehr weiter – die Idee war<br />
gut, aber zu teuer.<br />
Er hat eine Tarifreform in der Region durchgeführt,<br />
für eine lange Phase der Preisstabilität gesorgt, sich an<br />
innovativen Forschungsprojekten beteiligt und das<br />
Angebot im ÖPNV ausgebaut, weil die öffentliche Hand<br />
bereit war, wieder stärker zu finanzieren – gegen den<br />
Trend der vorherigen Jahrzehnte. „Der nächste Schritt<br />
muss sein, wie wir das Angebot des ÖPNV deutlich<br />
besser mit anderen Verkehrsmitteln – Auto, Rad, Ondemand-Verkehren<br />
– verzahnen können und bei den<br />
Bürgern eine Verhaltensänderung bewirken können.“<br />
IDEEN GIBT ES EINIGE. Kurgäste im Harz beispielsweise<br />
können mit der Kurabgabe auch den ÖPNV kostenlos<br />
nutzen – ein erfolgreicher Ansatz, wie die Auslastung<br />
zeigt. Das EcoBus-Projekt, das in Südniedersachsen<br />
2019 einen Testlauf absolvierte, war ein moderner algorithmusgesteuerter<br />
On-demand-Transport mit kleinen<br />
Shuttles, der den Service eines Taxis in Gestalt eines<br />
ÖPNV bieten sollte. Doch es zeigten sich zwei Probleme:<br />
Der Betrieb war im Vergleich zum bisherigen ÖPNV viel<br />
zu teuer und die Laufzeit zu kurz, um nachhaltig ein verändertes<br />
Nutzerverhalten zu erreichen.<br />
Doch abseits aller Ideen, Konzepte und technischen<br />
Möglichkeiten steht der ÖPNV in Südniedersachsen<br />
derzeit vor einer existenziellen Krise, die innerhalb kürzester<br />
Zeit dem bisherigen Angebot teilweise den Garaus<br />
machen kann – nach zwei Jahren Pandemie, die dem<br />
ÖPNV „schon fast das Genick gebrochen haben“, sagt<br />
Frömming. „Für uns im ZVSN fahren 16 Busunternehmen.<br />
Dieses Jahr haben sie Mehrkosten für Kraftstoffe<br />
von vier Millionen Euro.“ Das Geld hätten weder die<br />
Unternehmen noch die Landkreise. „Mit jedem Tag<br />
kommen wir dichter an die Situation heran, wo der Betrieb<br />
nicht mehr wirtschaftlich ist und im schlimmsten<br />
Fall die Insolvenz eines Busunternehmens steht.“ Einen<br />
Ersatzverkehr unter Marktbedingungen zu organisieren,<br />
würde das Problem für die kommunalen Haushalte nur<br />
verschärfen.<br />
Erste Streichungen im Fahrplanangebot gab es schon.<br />
„Das ist aber erst der Anfang. Ab Dezember wird es zu<br />
deutlich größeren Streichungen im Fahrplan kommen,<br />
wenn es nicht schnellstens, das heißt bis Ende September,<br />
eine deutliche Unterstützung durch das Land oder den<br />
Bund gibt“, sagt Frömming warnend. Die ÖPNV-Unternehmen<br />
warnen bereits seit Längerem vor dieser Situation.<br />
Doch auf entsprechende politische Signale wartet<br />
man bisher vergebens.<br />
WIE WIRD SIE ALSO AUSSEHEN, DIE ZUKUNFT der<br />
Mobilität in 30 Jahren? Schaut man sich rein die Technik<br />
an, so wird der autonome Verkehr breiten Einzug<br />
halten und zu veränderten Nutzungsformen führen, die<br />
das innerstädtische Fahren verändern: Fahrzeuge parken<br />
weiter weg und kommen auf Zuruf zum Besitzer,<br />
vollautomatisierte Shuttles verkehren auf wichtigen, dafür<br />
speziell eingerichteten Fahrbahnen und übernehmen<br />
so Teile des ÖPNV – alle Verkehrsträger sind eng vernetzt.<br />
Modular gebaute Fahrzeuge könnten tagsüber<br />
Personen transportieren und nachts Pakete, vollautomatisch.<br />
Vielleicht wäre sogar eine verkehrsverbundübergreifende<br />
einfache Tarifstruktur für den ÖPNV machbar.<br />
Das 9-Euro-Ticket zeigt, dass eine Verkehrswende über<br />
solche günstigen bis fast kostenlosen Verkehrsflatrates<br />
möglich ist, das Angebot vorausgesetzt.<br />
„ALLERDINGS, WENN ICH MIR die Erneuerungslücke<br />
unserer Städte anschaue, dann fürchte ich, dass wir in<br />
20 Jahren nicht viel weiter sind als heute“, sagt Thomas<br />
Vietor. Der Weg in die Mobilitätszukunft zeichnet sich<br />
ab, er nimmt technisch mehr und mehr Gestalt an, wird<br />
(er-)fahrbar. Doch der Weg ist von vielen Schildern gesäumt,<br />
auf denen große Fragezeichen stehen. Die aktuellen<br />
politisch-gesellschaftlichen Entwicklungen zeigen,<br />
wie schnell aus dem visionären Weg ein Irrweg werden<br />
kann, wenn der Wille zwar da ist, aber die Umsetzung an<br />
den Investitionen scheitert. ƒ<br />
62 3 | <strong>2022</strong>
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36 Monate<br />
Jährliche Fahrleistung:<br />
15.000 km<br />
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info@audi-zentrum-goettingen.de, www.audi-zentrum-goettingen.audi
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Göttingens erste Adresse<br />
der Gothaer<br />
40 Jahre Bezirksdirektion Waterkamp am Theaterplatz<br />
Horst Waterkamp, Bezirksdirektor i.R.:<br />
„Kompetenz, von der Sie profitieren“<br />
Am 01. Oktober 1982 wurde dem Versicherungsfachwirt<br />
Horst Waterkamp die<br />
Leitung der traditionsreichen Bezirks <br />
direktion der Gothaer Lebensversicherungen am<br />
Theaterplatz übertragen. Nachdem er bereits<br />
20 Jahre erfolgreich in der Branche tätig gewesen<br />
war und verschiedene Führungs positio nen<br />
bekleidet hatte, sollte die Selbstständigkeit<br />
die Basis für weitere unternehmerische Erfolge<br />
werden. Versicherungstechnisch breit<br />
aufgestellt und in der Göttinger Wirtschaft<br />
bestens vernetzt, expandierte die Bezirksdirektion<br />
in den folgenden Jahren zu einer<br />
der größten und erfolgreichsten der Gothaer<br />
Versicherungsgruppe. Bereits 1990 nach der<br />
Wiedervereinigung wurde eine Niederlassung<br />
in Heiligenstadt eröffnet, um die seriöse und<br />
fachlich fundierte Beratung auch in den neuen<br />
Bundesländern zu pflegen. Fachlichkeit, Zuverlässigkeit,<br />
Innovation und Nachhaltigkeit<br />
waren und sind dabei immer Grundpfeiler der<br />
weiteren Entwicklungen gewesen.<br />
ABER SCHON SEIT DEN 1930ER-JAHREN<br />
repräsentierte mit Kurt Graf zu Rantzau die<br />
Bezirksdirektion am Theaterplatz die Gothaer<br />
Versicherungen in Göttingen. Lange, bevor die<br />
Hauptverwaltung der Gothaer Lebensversicherungen<br />
ihren neuen Hauptsitz von Gotha nach<br />
Göttingen verlegte, war die älteste Vertriebsdependance<br />
bereits hier in der Region ansässig.<br />
Eine Adresse mit unternehmenshistorischer<br />
Relevanz. Bei der Umsiedlung der Hauptverwaltung<br />
nach dem Krieg war hier die erste<br />
Anlaufstelle und im Oktober 1945 erfolgte die<br />
erste handelsregisterliche Eintragung der Versicherungsgesellschaft<br />
in der Stadt. Man kann<br />
also zu Recht die Repräsentanz als Keim zelle<br />
der Gothaer Versicherungen in Göttingen bezeichnen.<br />
Die Bezirksdirektion wird als selbstständige<br />
inhabergeführte Exklusivvertretung<br />
der Gesellschaft geführt. So ist es in der<br />
Branche eine Besonderheit, die zugleich die<br />
Kontinuität unterstreicht, dass in dieser Zeit<br />
lediglich drei Familien die Geschicke und die<br />
erfolgreiche Arbeit der Repräsentanz prägten.<br />
Nach Graf zu Rantzau expandierte die<br />
Bezirksdirektion unter der Leitung von Arthur<br />
Fandrey in der Zeit des Wirtschaftswunders<br />
bis in die beginnenden 1980er-Jahre.<br />
SEIT 1982 UND DAMIT SEIT nunmehr<br />
40 Jahren liegt die Verantwortung bei der Familie<br />
Waterkamp. In zweiter Generation führt<br />
heute der Diplom-Betriebswirt (FH) im Versicherungswesen<br />
und Versicherungskaufmann<br />
(IHK) Hanjo M. Waterkamp die Bezirksdirektion.<br />
Durch Fokussierung und Innovation war<br />
das Unternehmen auch schon in der Vergangenheit<br />
über die Grenzen der Region hinaus<br />
erfolgreich tätig. Im Bereich der erneuerbaren<br />
Energien ist es heute mit drei Kooperationsrepräsentanzen<br />
in Bozen und Meran im italienischen<br />
Markt vertreten. Dieses Feld entwickelte<br />
bereits die nächste Generation unter Hanjo<br />
Waterkamp.<br />
Aber das ist nur ein spezieller Nebenbereich<br />
der erfolgreichen Arbeit. „Unser Schwerpunkt<br />
liegt klar hier in der Region“, erläutert Hanjo M.<br />
Waterkamp. Der Slogan „Aus der Region für die
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FOTOS: ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
PROFIL<br />
„Team Theaterplatz. Der Zukunft entgegen“<br />
Hanjo M. Waterkamp: „Aus der Region für die Region.“<br />
Region“ ist gelebte Praxis. Die Stärke ist klar<br />
die hohe Fachkompetenz, die Servicebereitschaft<br />
und Nähe zum Kunden und insbesondere<br />
die Zuverlässigkeit aller Mitarbeiter. Hanjo<br />
M. Waterkamp legt daher besonderen Wert<br />
auf top ausgebildete Mit arbeiter. „Es geht heute<br />
nicht mehr um schiere Größe einer Agentur,<br />
sondern um qualitative Kompetenz und den<br />
Willen, für den Kunden da zu sein.“ Die heutigen<br />
fachlichen und juristischen Ansprüche<br />
erfordern ein hohes Maß an Know-how. Alle<br />
Mitarbeiter sind mindestens ausgebildete Versicherungskaufleute<br />
und überwiegend als Versicherungsfachwirte<br />
Meister ihres Faches. Mit<br />
diesem Know-how beraten sie gewerbliche<br />
Kunden in Handel, Handwerk und den KMU.<br />
Durch die Haftungserklärung der Gothaer Versicherungen<br />
ist die Bezirksdirektion ein adäquater<br />
und sicherer Ansprechpartner auch<br />
für das produzierende Gewerbe und die mittelständische<br />
Industrie, die auf umfassende persönliche<br />
Betreuung Wert legen.<br />
„BEI DER BERATUNG UND BETREUUNG<br />
stehen wir aktuell mit sieben Personen persönlich<br />
im Frontoffice dem Kunden zur Seite.<br />
Darüber hinaus können wir bei besonderen<br />
Themen auf einen Spezialistenpool von zehn<br />
Personen im Backoffice zurückgreifen“, erläutert<br />
Waterkamp. Wie schon beschrieben, ist<br />
die Zielgruppe vornehmlich im KMU-Segment<br />
zu sehen. Für das Handwerk unterhält die<br />
Bezirksdirektion eine jahrzehntelange, vertrauensvolle<br />
Kooperation zur Kreishandwerkerschaft<br />
Südniedersachsen, aus der diverse<br />
Rahmenverträge und Sonderkonditionen abzuleiten<br />
sind.<br />
Unter anderem resultiert hieraus das von<br />
Waterkamp senior initiierte Versorgungswerk<br />
der regionalen Kreishandwerkerschaft. Hier<br />
kann Waterkamp die gesamte Bandbreite<br />
der Versiche rungs gebiete darstellen. Seine<br />
Schadenregu lierungs vollmacht ermöglicht<br />
dem Kunden kurze Wege und eine kurzfristige<br />
Regulierung des Schadens. Schwerpunkte<br />
bilden die betriebliche Risikoanalyse und Absicherung<br />
der Sach- und Vermögenswerte wie<br />
auch die private und insbesondere betriebliche<br />
Altersversorgung, welche in der aktuellen Zinslandschaft<br />
eine besondere Rolle zuteil wird.<br />
Kfz-Versicherungen und Flottenlösungen sind<br />
gelebter Standard.<br />
Aktuell und gerade in Bezug auf den Fachkräftemangel<br />
und die Mitarbeiterbindung ist<br />
die betriebliche Krankenversicherung als zusätzlicher<br />
betrieblicher Benefit ein steuerlich<br />
interessantes Instrument, um das wichtige<br />
Thema der Mitarbeitergesundheit zu fördern.<br />
„Wir machen eine Rundum-Anamnese, damit<br />
der Kunde weiß, welche existenziellen Risiken<br />
er abgesichert hat oder noch gar nicht<br />
kannte. Gerade Themen wie die haftungstechnische<br />
Absicherung des Privatvermögens von<br />
Geschäftsführern sowie die Versicherung von<br />
sogenannten Cyberschäden sind hochaktuelle<br />
Risiken, die nicht außer Acht gelassen werden<br />
dürfen“, sagt Waterkamp.<br />
SEIT FAST 20 JAHREN bildet die Expertise von<br />
Hanjo M. Waterkamp einen weiteren Schwer<br />
punkt. In Zusammenarbeit mit der Gothaer<br />
Asset Management, also der Kapitalanlage<br />
im Konzern, bietet er seinen Kunden eine<br />
konservative Lösung für die private, aber auch<br />
für die betriebliche Geldanlage an. Hier öffnet<br />
er dem Kunden das Vermögensmanagement<br />
eines institutionellen Partners und den unabhängigen<br />
Zugang zu über 90 % des Fondsmarktes<br />
mit einer individuellen persönlichen<br />
Beratung.<br />
All diese Aspekte bilden die Grundlage für<br />
eine weiterhin seriöse, professionelle und persönliche<br />
Beratung und Betreuung vor Ort, um<br />
auch im nächsten Jahrzehnt eine erste Adresse<br />
für die Kunden zu sein.<br />
KONTAKT<br />
Gothaer Bezirksdirektion<br />
Dipl. Betriebswirt (FH)<br />
Hanjo M. Waterkamp<br />
Theaterplatz 6<br />
37073 Göttingen<br />
Tel. 0551 58360<br />
www.waterkamp.gothaer.de
wissen<br />
» Die Welt ist nicht<br />
kompliziert, sie ist codiert. «<br />
66 3 | <strong>2022</strong>
wissen<br />
Wie überleben<br />
Unternehmen<br />
in der<br />
Zukunft ?<br />
Gerdum Enders ist vieles: Zeichenforscher,<br />
Erfinder, Professor, Unternehmer, Sparringspartner<br />
und vor allem eines – ein unkonventioneller<br />
Mensch. Seine Denkansätze bringen<br />
andere Unternehmer dazu, umzudenken und<br />
klare Zukunftsstrategien zu entwickeln und<br />
umzusetzen. Der Mittelständler bueroboss.de/<br />
kassebeer aus Northeim arbeitet seit einem<br />
Jahr intensiv mit Gerdum Enders zusammen<br />
– mit dem Ergebnis: alles einfach machen.<br />
TEXT ANJA DANISEWITSCH<br />
FOTOGRAFIE MARCO BÜHL<br />
3 |<strong>2022</strong> 67
wissen<br />
Mit Strategie zur neuen Marke<br />
Mit seiner Code-Methode hat<br />
Zeichen forscher Gerdum Enders (M.)<br />
gemeinsam mit dem Kassebeer-Team<br />
rund um die Geschäftsführung,<br />
Mark Berke (l.) und Ehefrau Ines (r.),<br />
Unternehmenswurzeln freigelegt.<br />
Nun geht es an die Verwirklichung der<br />
Vision: neues Arbeiten, neuer Spirit,<br />
neue Räume – wie hier das<br />
umgestaltete Büro.<br />
LESEZEIT: 7 MINUTEN<br />
Ein Tag im Sommer 2021. Bei bueroboss.de/<br />
kassebeer in Northeim wird an diesem<br />
Freitag nicht gearbeitet. Die gesamte<br />
‚Mannschaft‘ hat sich versammelt, um zum<br />
einen Gerdum Enders und sein Team kennenzulernen<br />
und zum anderen endlich zu<br />
erfahren, was es mit diesem Termin auf sich hat, der seit<br />
Wochen im Outlook-Kalender geblockt ist. Workshops<br />
und Veränderungsprozesse haben die langjährigen Mitarbeiter<br />
schon einige mitgemacht. Die meisten Ideen daraus<br />
verliefen allerdings irgendwann im Sand: Zu viele<br />
andere Prioritäten – zu viel Tagesgeschäft. Wennʼs läuft,<br />
warum etwas ändern?<br />
„DIE MENSCHEN DENKEN viel zu kompliziert, und Unternehmen<br />
verschwenden Zeit durch überlebte Abläufe.<br />
80 Prozent der Erneuerungsprozesse scheitern“, sagt<br />
Gerdum Enders, Gründer von Code Lab in Kassel und<br />
seit über 30 Jahren Unternehmer. Seinen ersten großen<br />
Erfolg feierte er in den 1980er-Jahren, als er der ,Swatch‘<br />
zum Kultstatus verhalf, indem er die Schweizer Uhr zum<br />
begehrten Sammelobjekt machte. Vom einfachen Zeitmesser<br />
zu einem Zeitgeistmesser. Heute sieht er sich<br />
selbst als Sparringspartner, um Unternehmer aus ihrem<br />
alltäglichen ‚Gedankengefängnis‘ zu befreien und wirklich<br />
Neues zu denken. Denn Innovationen und Zukunftsideen<br />
entstehen nicht im Status Quo. „Die Welt ist<br />
nicht kompliziert, sie ist codiert“, sagt Enders immer<br />
wieder. Denn dieser Satz ist Schlüssel zu seiner Methode.<br />
Wir alle entschlüsseln tagtäglich Tausende von ,Codes‘,<br />
um uns in der Welt zu orientieren. Welches Bier ist von<br />
seiner Natürlichkeit und Reinheit so klar wie ein<br />
Bergsee? Die meisten haben jetzt ein Bild vor Augen und<br />
den Code entschlüsselt. Allerdings können wir solche<br />
Zeichen nur knacken, wenn sie eindeutig kommuniziert<br />
werden. Mit seiner ‚Code-Methode‘ hat der Kassler Zeichenforscher<br />
ein eigenes Framework (System) entwickelt.<br />
Dafür braucht es auf den ersten Blick nicht viel: Unternehmenswurzel<br />
freilegen, Vision erspüren und entlang<br />
der Unternehmens-DNA eine Strategie aufbauen. Ganz<br />
so einfach ist es in der Realität allerdings nicht. Worum<br />
es letztlich jedoch immer geht, sind Einfachheit und<br />
Klarheit.<br />
DIESE ERFAHRUNG HABEN auch Ines und Mark Berke<br />
von bueroboss.de/kassebeer, einem Systemhaus für Büround<br />
Informationsmanagement, gemacht. Das Geschäftsführerehepaar<br />
leitet seit drei Jahren das Northeimer Familienunternehmen<br />
in fünfter Generation. „Wir haben<br />
ein Erbe angetreten, das wir nicht nur pflegen, sondern<br />
vor allem gestalten wollen“, erzählt Ines Berke. Und ihr<br />
Mann ergänzt: „Ein Erneuerungsprozess, den wir mit<br />
leichtem Gepäck gehen wollen.“ Mit Gerdum Enders<br />
haben sie ihre Unternehmenswurzel freigelegt und ihren<br />
persönlichen Code definiert: menschlich, mutig, markant.<br />
Das sind Werte, auf denen von der Gründung bis<br />
heute der Erfolg des Unternehmens basiert. An ihnen<br />
werden nun alle neuen Maßnahmen von der Kommu-<br />
68 3 | <strong>2022</strong>
wissen<br />
nikation bis zu den Dienstleistungen ausgerichtet. „Das<br />
ist unser Prüf-Code und Leitstern“, sagt Mark Berke mit<br />
selbstbewusstem Stolz in der Stimme.<br />
LEICHTES GEPÄCK – das bedeutet: Ballast abwerfen.<br />
Und genau das tat das Unternehmen Ende 2021 nicht<br />
nur metaphorisch. Das gesamte Kassebeer-Team vom<br />
Techniker bis zur Buchhaltung schuftete einen ganzen<br />
Tag, um selbst aus den hintersten Ecken gnadenlos alles<br />
zu entsorgen, was sie auf der Reise zu ihrer Zukunftspositionierung<br />
nicht mehr benötigten, ob alte Kugelschreiber<br />
oder komplette Regalwände. Es war eine Aktion,<br />
die sofort für alle sichtbar machte – hier passiert<br />
etwas. „Transformationen werden dadurch angestoßen,<br />
dass wir uns nicht mit langen PowerPoint-Präsentationen<br />
aufhalten, sondern schnell ins Tun kommen“, erklärt<br />
Gerdum Enders.<br />
Er arbeitet immer zuerst an der Veränderung der<br />
Kommunikation. „Das geht am schnellsten und bringt<br />
sofort sichtbare Erfolge. Neue Räume, neue Klamotte,<br />
neuer Markenauftritt“, sagt der Zeichenforscher in lässigem<br />
Ton. Dann werden die Dienstleistungen oder Produkte<br />
neu designt – und all das transformiert die Unternehmenskultur.<br />
Letzteres dauert am längsten, da sich<br />
Menschen mit ihren Gewohnheiten nicht von heute auf<br />
morgen ändern.<br />
Enders lebt vor, was die neue Arbeitswelt ausmacht:<br />
Leichtigkeit und Spaß kombiniert mit Konsequenz und<br />
Disziplin. Gewohnte Strukturen und Verhaltensmuster<br />
zu verlassen, das bedeutet für das Gehirn, aus einem bequemen<br />
Energiesparmodus zu treten und aktiv zu werden.<br />
Den Anstoß wiederum, um schnell in neues Denken<br />
zu kommen, gibt Enders gern durch gezielte Provokation.<br />
Er spricht an, worüber seine Kunden im eigenen Unternehmen<br />
gern großzügig hinwegsehen. Dinge, die schon<br />
immer so gemacht wurden. Räume, die schon immer so<br />
aussahen. Geht doch noch. „Erneuerung ist ein Trainingsprozess,<br />
bei dem Bewährtes und Bekanntes hinterfragt<br />
wird, damit anderes Denken und Handeln erlernt<br />
wird“, so der Sparringspartner, der viele große Namen zu<br />
seinen Kunden zählt. Bosch. Daimler. Sartorius.<br />
UND WAS IST NACH EINEM JAHR bei den Northeimern<br />
nun anders? „Wenn man an unserem Firmengebäude<br />
vorbeifährt, noch gar nichts“, sagt Mark Berke und<br />
lacht. Umso überraschender, wenn man hinter die Kulissen<br />
blickt: Hier wird inzwischen ein neues Markenbewusstsein<br />
gelebt. Die Räume sind in knalligem Orange,<br />
Lila und Gelb gebrandet. Slogans wie ‚Digital – wir<br />
machen es einfach.‘ oder ‚einfach. sympathisch. digital.‘<br />
prangen selbstbewusst an den Wänden. Stand bisher die<br />
Marke ‚bueroboss.de/kassebeer‘ für alles, wird es nun<br />
zwei eigenständige Marken geben. bueroboss.de/kassebeer<br />
bleibt weiterhin Partner seiner B2B-Kunden für<br />
Büro artikel und Verbrauchsmaterialen im Onlineshop.<br />
Die neue Marke ‚kassebeer digital‘ ist Partner für die<br />
Digitalisierung der mittelständischen Wirtschaft in der<br />
Region. „Viele Unternehmen schrecken vor der Digitalisierung<br />
zurück, weil es viel zu kompliziert erscheint“,<br />
sagt Mark Berke. „Ganz im Sinne der Code-Methode<br />
vereinfachen wir Prozesse und beraten unsere Kunden<br />
nicht im IT-Slang, sondern einfach und verständlich.“<br />
Bis die neue Marke komplett aufgestellt ist, wird es<br />
noch einige Zeit dauern. Es ist kein Spaziergang, sondern<br />
eine Gipfelbesteigung. „Dafür muss man trainieren, aber<br />
nicht gleich an der Eiger-Nordwand“, sagt Enders. Die<br />
ersten Höhenmeter hat das kassebeer-digital-Team schon<br />
zurückgelegt und ist mächtig stolz darauf. Wie andere<br />
auch stand dieser mittelständische Betrieb vor gut einem<br />
Jahr vor der Frage: Wie überleben Unternehmen in der<br />
Zukunft? Die Antwort, wie sie sich morgen vom Wettbewerb<br />
unterscheiden, haben sie dank Gerdum Enders<br />
gefunden – ihre Strategie ist integriert und auf den Punkt<br />
gebracht. Komplexes kompliziert machen? Die Zeiten<br />
sind vorbei. ƒ<br />
Die Code-Methode: Strategie. Integriert. Einfach.<br />
‚,Wie sicher ist Ihre Zukunft?"<br />
Wenn Märkte immer dynamischer werden, brauchen<br />
Unternehmen ihren klaren Nordstern für die Zukunft.<br />
Durch das Code-Denksystem extrahiert Dr. Gerdum Enders<br />
die drei differenzierenden Werte, die ein Unternehmen<br />
einzigartig machen. Kombiniert mit einer klaren<br />
sinnstiftenden Vision, entsteht so eine echte Zukunftsstrategie.<br />
Dieses praktische Denkmodell ist Grundlage<br />
für konsequente und disziplinierte Umsetzung.<br />
Kontakt<br />
CODE LAB<br />
Global Mind Network GmbH<br />
Garde-du-Corps-Str. 5<br />
34117 Kassel<br />
Tel. 0561 810480<br />
office@codelab.de<br />
www.codelab.de<br />
70 3 | <strong>2022</strong>
Wir vernetzen<br />
die Region!<br />
Der Businessclub der BG Göttingen bietet großartige Möglichkeiten<br />
schnell neue Geschäftsbeziehungen aufzubauen. Durch die im Businessclub<br />
entstandene Partnerschaft mit dem Göttinger Glas-Team profitieren<br />
wir als Sponsor nicht nur von der regionalen und nationalen Sichtbarkeit,<br />
sondern können unseren potentiellen Kunden unsere Produkte bereits<br />
bei der Auswahl der neuen Fenster präsentieren.<br />
Marco Vogler - Lichtblick Sonnenschutzsysteme GmbH<br />
Durch den Kontakt bei BG Göttingen ist eine erfolgreiche Partnerschaft<br />
mit Lichtblick entstanden, welche unsere Wettbewerbsfähigkeit im<br />
Arbeitsalltag gestärkt und unsere Kompetenz beim Endkunden erhöht<br />
hat. Getreu dem Motto - Dein Netzwerk ist dein Erfolg.<br />
André Kaczmarek - Göttinger Glas-Team<br />
Mehr Infos unter www.bggoettingen.de/sponsoring
wissen<br />
Im Kreis<br />
der vielen Richtungen<br />
Der Landkreis Holzminden ist in einer schwierigen Situation:<br />
im Solling gelegen, ist es weit bis zu den Bezugsräumen Göttingen und<br />
Hildesheim, die demografische Entwicklung ist herausfordernd. So wurde der<br />
Schulterschluss mit Höxter gesucht – und der zeigt sichtbare Erfolge.<br />
TEXT SVEN GRÜNEWALD<br />
72 3 | <strong>2022</strong>
wissen<br />
FOTO:LANDKREIS HOLZMINDEN<br />
LESEZEIT: 5 MINUTEN<br />
Holzminden ist weit weg, die Stadt ist vom<br />
vielleicht größten Autobahnring Deutschlands<br />
umgeben – zu jeder Auffahrt dauert es<br />
etwa eine Stunde. Damit ist der Landkreis<br />
großen Fliehkräften ausgesetzt: Das Weserbergland mit<br />
seinen bewaldeten Höhenzügen und der damit schwierigen<br />
Infrastruktur sorgt dafür, dass sich die einzelnen Teile<br />
des Landkreises in ganz unterschiedliche Richtungen<br />
und nicht auf die Kreisstadt hin orientieren.<br />
Doch da hören die Schwierigkeiten noch nicht auf.<br />
Die Einwohnerzahl nimmt seit Jahrzehnten kontinuierlich<br />
ab: 2021 lag sie erstmals unter 70.000 – im Vergleich<br />
zu noch rund 83.000 Einwohnern 1995. Zudem<br />
ist der Landkreis stark verschuldet. Doch von einer „der<br />
Letzte macht das Licht aus“-Mentalität, die lange Jahre<br />
das Reden über den demografischen Wandel und die<br />
Entwicklung Holzmindens geprägt hat, ist nichts mehr<br />
zu spüren. Im Gegenteil: Seit ein paar Jahren lassen sich<br />
eine Aufbruchstimmung und eine Vielzahl von Aktivitäten<br />
beobachten, die das Ziel verfolgen, eine Trendwende<br />
herbeizuführen.<br />
Der Stadt Holzminden kommt zugute, dass sie ein sehr<br />
starkes wirtschaftliches Fundament hat. Mit Symrise, Stiebel<br />
Eltron und Schott haben hier gleich drei weltbekannte<br />
Großunternehmen ihr Hauptquartier. „Deswegen: Ja, wir<br />
haben diese Fliehkräfte, aber man muss auch sehen, dass<br />
die Stadt Holzminden bei 20.000 Einwohnern täglich<br />
15.000 Einpendler aus einem Einzugsgebiet bis Hildesheim<br />
und Hameln hat“, sagt Landrat Michael Schünemann.<br />
Hinzu kommt einer der Standorte der HAWK<br />
Hochschule für angewandte Kunst und Wissenschaft<br />
mit inzwischen rund 1.200 Studenten. Die HAWK sei<br />
ein enger Kooperationspartner für viele lokale Akteure<br />
und für die Stadt „extrem wichtig“, so der Landrat.<br />
3 |<strong>2022</strong> 73
wissen<br />
FOTO: HAWK<br />
Standort<strong>faktor</strong> Mit ihren jährlich rund 1.300 Studierenden ist die HAWK heute aus dem Stadtbild Holzmindens nicht mehr wegzudenken.<br />
ABER ES SIND VOR ALLEM UNTERNEHMERKREISE, die<br />
sich inzwischen deutlich stärker und eigeninitiativ vor<br />
Ort engagieren, denn der Leidensdruck ist groß. So groß,<br />
dass sich selbst die Weltunternehmen wie Symrise und<br />
Stiebel Eltron, die sich lange nicht in den lokalen Wirtschaftsnetzwerken<br />
eingebracht haben, jetzt mit an den<br />
Tisch gesetzt haben, denn auch sie finden kaum noch<br />
Fachkräfte.<br />
In Holzminden ist es der Verein Weserpulsar, der sich<br />
seit 2001 als Sprachrohr der Wirtschaft versteht und<br />
rund 60 Prozent aller Arbeitsplätze im Landkreis vertritt.<br />
Dessen langjähriger Vereinsvorstand Carl-Otto Künnecke<br />
ist ein Urgestein des ehrenamt lichen Engagements in<br />
vielen Gremien, lokalen wie überregionalen, etwa als<br />
IHK-Vizepräsident. „Ich sehe im Landkreis Holzminden<br />
durchaus eine Trendwende“, sagt Künnecke bestimmt.<br />
„Und das nicht nur, weil es nicht so schlimm gekommen<br />
ist, wie es früher prophezeit wurde.“ Das liege daran,<br />
dass man begriffen habe, dass es der Landkreis oder die<br />
Stadt nicht alleine schaffen können. Das schließt die aktive<br />
auch finanzielle Beteiligung der Wirtschaft mit ein,<br />
denn oft scheiterten in der Vergangenheit Förderprojekte,<br />
weil der Landkreis die Co-Finanzierung nicht aufbringen<br />
konnte.<br />
„WENN WIR DIE REGION NICHT GEMEINSAM attraktiv<br />
machen, verlieren wir“, sagt der Geschäftsführer der<br />
Künnecke GmbH. „Auch die großen Unternehmen bei<br />
uns haben jetzt verstanden, dass sie nicht alleine die<br />
Strahlkraft haben. Sartorius in Göttingen hingegen hat<br />
das sehr gut verstanden, die bringen sich im Regionalmarketing<br />
aktiv ein.“ Künnecke ist derzeit eine der<br />
treibenden Kräfte dahinter, gemeinsam mit vielen Partnern<br />
den Digitalhub in Holzminden aufzubauen, „einen<br />
der größten deutschen Co-Working-Spaces auf<br />
dem Land“, um dadurch das Thema Gründungen stärker<br />
voranzubringen.<br />
Die Aktivitäten, die Weserpulsar entfaltet hat, sind im<br />
Geiste der überregionalen Kooperation inzwischen allerdings<br />
auf das Innovationsnetzwerk Holzminden-Höxter<br />
übergegangen, das gemeinsam mit der benachbarten<br />
Wirtschaftsinitiative im Kreis Höxter 2016 gegründet<br />
wurde – bis zum Nachbarn sind es nur neun Kilometer.<br />
Vorausgegangen war ein Umdenken in Politik und Wirtschaft<br />
in beiden Landkreisen, denn beide haben ähnliche<br />
Strukturen und Probleme. Inzwischen stimmen sich die<br />
Verwaltungen der Mittelzentren Höxter und Holzminden<br />
stärker miteinander ab, und über das Innovationsnetzwerk<br />
findet in Gruppen, bestehend aus Mitarbeitern von<br />
interessierten Unternehmen, wichtige Arbeit statt.<br />
VON, MIT UND FÜR UNTERNEHMEN, so lautet die Devise<br />
der verschiedenen Arbeitsgruppen. Aus den dort erarbeiteten<br />
Ideen entstehen wiederum Projekte. „In diesen<br />
Arbeitsgruppen hat sich eine sehr schöne Dynamik<br />
ent wickelt“, erklärt Imke Müller-Stauch, Leiterin der Geschäftsstelle<br />
des Innovationsnetzwerks. „Dadurch, dass<br />
die Mitglieder branchenübergreifend und sowohl aus<br />
kleinen, mittleren und großen Unternehmen kommen,<br />
gibt es ganz verschiedene Blickwinkel auf ein Thema.“<br />
Aus dieser Arbeit ist 2019 das bislang bekannteste<br />
Projekt hervorgegangen: die Superheldenausbildung,<br />
eine regionale Fachkräfteinitiative. Weil die Personalkampagnen<br />
von Einzelunternehmen, selbst den großen,<br />
nicht mehr ausreichen, sollte es zusammen versucht werden<br />
und auch früher, bereits in der Schule, angesetzt<br />
werden. „Ausbildung ist nicht nur eine Alternative, sondern<br />
die erste Wahl, das ist unsere Message, die wir an<br />
die potenziellen Auszubildenden bringen wollen“, sagt<br />
Müller-Stauch. Ein ganzes Potpourri an verschiedenen<br />
Aktivitäten ist daraus entstanden, vor allem aber die Einbindung<br />
von Azubis. „In kleinen Videos und Testimonials<br />
zeigen sie aus ihrer Sicht und zielgruppengerecht,<br />
dass wir hier spannende Unternehmen und Berufe haben<br />
mit super interessanten Karrieremöglichkeiten, für die<br />
man nicht studieren muss.“<br />
Um die 50 Azubis aus genauso vielen Unternehmen machen<br />
mittlerweile mit, etwa 35 verschiedene Ausbildungsgänge<br />
sind vertreten. „Heute rufen mich auch Unternehmen<br />
an, die noch gar nicht bei uns Mitglied sind, aber<br />
74 3 | <strong>2022</strong>
—<br />
always inspiring more …<br />
—<br />
Sich ernähren und pflegen. Riechen und schmecken. Der Natur auf der Spur — nachhaltig,<br />
innovativ und kreativ. So wünschen sich Verbraucher ihre Produkte heute, 24 Stunden<br />
am Tag, sieben Tage die Woche. Mit unseren Ideen und Lösungen bereichern wir das Leben<br />
von Menschen und ihren vier beinigen Begleitern. Mit Einfallsreichtum und<br />
unternehmerischem Schwung arbeiten wir daran, dass diese die alltäglichen und<br />
besonderen Momente genießen können — zuhause und in aller Welt.<br />
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wissen<br />
Verweilen in Holzminden Auf dem historischen Boden der Burg zu Everstein, direkt am beliebten Weser-Radweg,<br />
heißt seit einigen Jahren das Weserhotel Schwager zahlreiche Touristen willkommen.<br />
FOTO: STADTMARKETING HOLZMINDEN<br />
dennoch gerne mitmachen würden“, erzählt die Geschäftsstellenleiterin.<br />
Auch die Schulen – sogar die Gymnasien –<br />
machen nach anfänglicher Skepsis inzwischen von selbst<br />
mit. War das Netzwerk zunächst auf die beiden Städte<br />
konzentriert, stellt Imke Müller-Stauch zunehmend fest,<br />
dass sich der Wirkradius auch in das Umland ausbreitet<br />
und beiderseits der Weser mehr Unternehmen anspricht.<br />
Das Innovationsnetzwerk hat sich damit als ein Motor<br />
etabliert, der nicht nur die Stimmung belebt, sondern<br />
auch konkret an den Rahmenbedingungen für ein nachhaltiges<br />
Wirtschaftsleben arbeitet.<br />
ÄHNLICH SIEHT ES BEIM ZWEITEN STANDBEIN der<br />
Region aus. „Der Tourismus ist einer der wesentlichen<br />
Wirtschafts<strong>faktor</strong>en“, sagt Petra Wegener, Geschäftsführerin<br />
der Weserbergland Tourismus, die sich um das<br />
Tourismusmarketing von Hann. Münden bis zur Porta<br />
Westfalica kümmert. Vor der Pandemie gab es hier rund<br />
drei Millionen Übernachtungen pro Jahr, die Wertschöpfung<br />
betrug etwa eine Milliarde Euro mit steigender<br />
Tendenz. Etwa 22.000 Arbeitsplätze hängen am Tourismus.<br />
Doch dann kam die Pandemie und damit ein Einbruch<br />
von über 30 Prozent.<br />
Wie es jetzt und zudem unter dem Vorzeichen der<br />
Energiekrise weitergeht, sei völlig offen. „Wir können<br />
keine Prognosen abgeben, die gesamte Branche ist sehr<br />
unsicher, Buchungen werden kurzfristiger, man merkt<br />
die Zurückhaltung der Leute“, so Wegener. Dabei hat<br />
sich das Weserbergland touristisch gut entwickelt, in den<br />
vergangenen zwanzig Jahren gab es einiges an Investitionen<br />
in Wege, Attraktionen und Hotels. Gerade das<br />
Radwandern hat sich zu einem regelrechten Hype<br />
entwickelt, und hier kann die Region punkten: Der<br />
Weser- Radweg ist Nummer 1 der beliebtesten deutschen<br />
Radfernwege. Hinzu kommen viele andere Qua litätswanderwege.<br />
„Heimelig sei es hier“, höre Petra Wegener<br />
oft von Kunden, die erstmals ins Weserbergland kommen:<br />
eine Mittelgebirgslandschaft, vielfältige Natur,<br />
Burgen, Schlösser, Fachwerkstädte, viele Besichtigungsmöglichkeiten<br />
– ideal für den Aktivtourismus.<br />
Aber es gibt auch noch viel Luft nach oben, doch die<br />
Abstimmung über die Entwicklung der Region über die<br />
Landesgrenzen hinweg mit NRW, Niedersachsen und<br />
Hessen ist nicht immer einfach. Eine Erfahrung, die<br />
man auch in Höxter und Holzminden macht, wenn es<br />
um eine Abstimmung mit den verschiedenen Schulrahmenbedingungen<br />
oder bei der Infrastrukturplanung<br />
geht. Dann sind es zwar – gefahren – nur neun Kilometer<br />
zwischen beiden Städten, verwaltungstechnisch<br />
aber liegen zwischen ihnen Welten.<br />
DENNOCH, TROTZ DER HERAUSFORDERNDEN Lage<br />
ist Holzmindens Landrat Michael Schünemann zuversichtlich.<br />
„Arbeit haben wir hier genug. Jetzt brauchen<br />
wir die Infra struktur, um für Zuziehende interessanter<br />
zu werden.“ Und das heißt für ihn vor allem: Straßenund<br />
Breitbandausbau. Immerhin, hier geht es stetig,<br />
wenn auch langsam, vorwärts. ƒ<br />
76 3 | <strong>2022</strong>
NATUR. DESIGN. ELEGANZ.<br />
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Lokale Bürokompetenz, bundesweit präsent<br />
Ihre Spezialität sind alle Dienstleistungen rund ums Büro: Die KÖNIG-Gruppe hat ein reichhaltiges Portfolio entwickelt,<br />
um alle Bedarfe der modernen Büroarbeit, insbesondere in mittelständischen Unternehmen, zu bedienen.<br />
Büroeinrichtung und die dazugehörige<br />
Technik sind sehr beratungs- und<br />
pla nungsintensive Bereiche“, sagt<br />
Andreas Kronier, Vertriebsleiter der KÖNIG<br />
Gruppe. „Da kommt es zentral darauf an,<br />
dass man die Anforderungen und Problemstellungen<br />
der Kunden versteht und umsetzt.“<br />
Gutes Anschauungsmaterial bietet derzeit<br />
der klar erkennbare Trend zum Homeoffice.<br />
Es komme dabei nicht nur darauf an, dass<br />
Mitarbeiter über ein schnelles WLAN verfügen,<br />
sondern dass auch die restliche Arbeits <br />
umgebung vernünftig gestaltet wird, zum<br />
Beispiel durch gesundes Sitzen, eine benutzergerechte<br />
Bildschirm ergonomie und nicht<br />
zuletzt dadurch, dass eine gute Sicherheitslösung<br />
für den Datentransfer implementiert ist.<br />
„Wenn ich im Firmennetzwerk arbeite und auf<br />
betriebliche Serverinhalte zurückgreife, muss<br />
das datenschutz- und sicherheitskonform passieren“,<br />
so Kronier. Doch in der Praxis erlebe er,<br />
dass das noch bei Weitem nicht überall der Fall<br />
ist. Da wird sich nicht nur mit seinem einfachen<br />
Passwort über den heimischen Router in das<br />
Fir mennetz eingeloggt, sondern es werden darüber<br />
auch Daten transferiert. Oder Verträge und<br />
Dokumente werden abfotografiert und per<br />
Whatsapp an Kollegen versendet. Das passiere<br />
in kleinen wie auch in großen Unternehmen.<br />
BERATUNGSINTENSITÄT heißt für die<br />
KÖNIG-Gruppe, dass sich ihre erfahrenen<br />
Spezialisten vor Ort mit Kunden, vorrangig<br />
mittelständischen Unternehmen, zusammensetzen,<br />
um genau über diese Rahmenbedingungen<br />
zu sprechen und nach situationsspezifisch<br />
passenden Lösungen zu suchen.<br />
„Deswegen sind wir lokal mit vielen Niederlassungen<br />
vertreten“, so Kronier. Mit ihren<br />
14 Standorten bundesweit wird die KÖNIG<br />
Gruppe ihrem Slogan gerecht, bedarfsgerechte<br />
Lö sungen für das moderne Büro inklusive<br />
des entsprechenden Supports anzubieten.<br />
Gerade im Bereich der sicheren Zusammenarbeit<br />
über Datennetze hat die Gruppe zuletzt<br />
weitere Kapazitäten aufgebaut.<br />
,DAS GANZE BÜRO‘ umfasst bei KÖNIG<br />
einerseits klassische Büromöbel sowie alle<br />
dafür nötigen Materialien vom Ordner bis zur<br />
Heftklammer, andererseits aber auch die entsprechende<br />
Technik rund um das Dokument<br />
– Drucker, Kopierer, Dokumentenmanagement<br />
und die dafür nötigen Sicherheitslösungen<br />
– und Präsentationstechnik, etwa interaktive<br />
Touchdisplays. Auch der Service wird großgeschrieben:<br />
Lieferung, fachgerechte Installation,<br />
Einweisung und Support gehören bei der<br />
KÖNIG-Gruppe zum Leistungsspektrum.<br />
DIE NIEDERLASSUNGEN firmieren lokal<br />
unter ihren traditionellen Anbieternamen – in<br />
der Region ist die KÖNIG-Gruppe an zwei<br />
Standorten vertreten: mit Fischer in Kassel<br />
und Büro 2000 in Beverungen. Doch dahinter<br />
steht die Firmengruppe und damit die<br />
Möglichkeit, einen bundesweiten Service<br />
anzubieten. „KÖNIG selbst ist seit 45 Jahren<br />
in Deutschland am Markt und weiterhin inhabergeführt“,<br />
so Kronier. „Damit sind wir<br />
eines der größten unabhängigen Unternehmen<br />
im Bereich Büroeinrichtung und -technik<br />
in Deutschland.“<br />
KONTAKT<br />
Büro 2000 GmbH & Co. KG<br />
Andreas Kronier<br />
Tel. 069 978288-10<br />
Mobil 0160 90517611<br />
andreas.kronier@koenig-ffm.com<br />
TEXT: SVEN GRÜNEWALD
PROFIL<br />
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Ein Reallabor für die Energiewende: Das STIEBEL ELTRON-Schulungszentrum 'Energy Campus'<br />
am Hauptsitz in Holzminden.<br />
Umweltfreundlich und zukunftssicher<br />
heizen mit Wärmepumpen aus Holzminden.<br />
Mit Wärmepumpen auf Erfolgskurs<br />
Mitten im Weserbergland hat das Green-Tech-Unternehmen STIEBEL ELTRON<br />
seinen Hauptsitz.<br />
Zuhause bedeutet Sicherheit, Geborgenheit<br />
und Komfort. Die richtige Haustechnik<br />
sorgt dafür, dass das auch so<br />
bleibt. STIEBEL ELTRON bietet nicht nur die<br />
passende Technik für Heizung, Warmwasser<br />
und Lüftung, sondern leistet damit auch noch<br />
einen wichtigen Beitrag zur Energiewende im<br />
Gebäudesektor. Mit über 4.000 Mitarbeitern<br />
weltweit setzt das Unternehmen mit seinem<br />
Hauptsitz in Holzminden, mitten im Weserbergland,<br />
von der Produktentwicklung bis zur<br />
Fertigung konsequent auf eigenes Know-how.<br />
Mit vier nationalen und vier internationalen<br />
Produktionsstätten, weltweit 26 Vertriebsgesellschaften<br />
sowie Vertriebsorganisationen<br />
und Vertretungen in über 120 Ländern ist<br />
STIEBEL ELTRON global aufgestellt. Der Umsatz<br />
betrug 2021 rund 830 Millionen Euro,<br />
mehr als 50 Prozent davon entfallen auf das<br />
Ausland.<br />
Wichtigster Treiber für das Geschäft des Holzmindener<br />
Traditionsunternehmens sind umweltfreundliche<br />
Wärmepumpen Heizungen.<br />
„In diesem Jahr ist der Heizungs-Wärmepumpen-Absatz<br />
in Deutschland bisher gegenüber<br />
dem Vorjahr um 29 Prozent gewachsen, wobei<br />
das Jahr 2021 bereits um mehr als 28 Prozent<br />
über dem Jahr 2020 lag. Der Auftragseingang<br />
für Wärmepumpen bei Stiebel Eltron hat<br />
sich innerhalb eines Jahres verdoppelt“, sagt<br />
Geschäftsführer Dr. Kai Schiefelbein zusammenfassend.<br />
Und bis 2027 sollen die Produktionskapazitäten<br />
für Wärmepumpen am<br />
Hauptsitz in Holzminden noch einmal mehr<br />
als verdreifacht werden.<br />
Dafür sollen in den nächsten Jahren rund 600<br />
Millionen Euro investiert werden. Gleichzeitig<br />
werden über 400 neue Arbeitsplätze ent stehen<br />
und das Qualifizierungsangebot wird ausgebaut.<br />
„Die umweltfreundliche Technologie<br />
bietet ausgezeichnete Karrierechancen“, sagt<br />
Personalleiterin Christiane Schäfer.<br />
Viermal in Folge ausgezeichnet:<br />
STIEBEL ELTRON mit ‚Top Karrierechancen‘<br />
Mit dem Award für ‚TOP Karrierechancen‘<br />
wurde der Haustechnikhersteller Ende 2021<br />
zum vierten Mal in Folge ausgezeichnet, erstmals<br />
auch als Branchensieger im Bereich der<br />
Wärme- & Kältetechnikanbieter. Insbesondere<br />
in den Themengebieten Karriereperspektiven<br />
und Unternehmensklima erreicht Stiebel Eltron<br />
sehr gute Werte. „Dies spiegelt sich beispielsweise<br />
in außerordentlich langen Betriebszugehörigkeiten<br />
unserer Mitarbeiter wider“, so<br />
Christiane Schäfer. Die Studie ,Top Karrierechancen‘<br />
wurde im Auftrag von Focus Money<br />
und Deutschland Test durch das IMWF<br />
Institut für Management- und Wirtschaftsforschung<br />
realisiert.<br />
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STIEBEL ELTRON Gruppe<br />
Dr.-Stiebel-Str. 33<br />
37603 Holzminden<br />
Tel. 05531 702 702<br />
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wissen<br />
Von Kerzen, Pilzen und DNA<br />
Der Gründungswettbewerb der Uni Göttingen Lift-Off hatte einen neuen Rekord zu verzeichnen:<br />
Fast 40 teilnehmende Teams warfen <strong>2022</strong> ihren Hut in den Ring. Wie immer war die Ideenvielfalt groß.<br />
TEXT SVEN GRÜNEWALD FOTOS UNI GÖTTINGEN<br />
LESEZEIT: 4 MINUTEN<br />
Jedes Jahr aufs Neue berichtet <strong>faktor</strong> als Medienpartner<br />
über die spannenden Gründungen, die aus<br />
dem Lift-Off, dem Gründungswettbewerb der Uni<br />
Göttingen, hervorgehen. In den Vorjahren waren es<br />
jeweils bis zu 29 Teams, die teilgenommen haben. <strong>2022</strong><br />
hingegen waren es knapp 40 – ein neuer Rekord. 22 von<br />
ihnen erreichten die Endrunde des Wettbewerbs. „Wir<br />
haben aus dem Förderprogramm Exist-Potentiale des<br />
Bundes zusätz liche Mittel erhalten“, erzählt Martin<br />
Stammann, Leiter des Transfer & Startup Hub in der<br />
Abteilung Forschung und Transfer, sichtlich zufrieden.<br />
„Diese haben uns die Möglichkeit gegeben, mehr<br />
Transfergespräche mit Wissenschaftlern direkt<br />
zu führen sowie mehr Veranstaltungen zu<br />
organisieren, die für das Thema Gründungen<br />
sensibilisieren sollen.“ Das habe die<br />
Reichweite innerhalb der Universität noch einmal<br />
erhöht. Insbesondere wurden darüber mehr<br />
Wissenschaftler als früher angesprochen und zu einer<br />
Gründungsidee motiviert.<br />
UND SO IST WIEDER EIN BUNTES POTPOURRI an<br />
Gründungsideen zusammengekommen, das von nachhaltiger<br />
Kerzenproduktion über einen KI-basier ten Gesichtshautscanner,<br />
der eine Kombination aus auf die<br />
Haut abgestimmten Pflegeprodukten zusammenstellt,<br />
bis hin zum Möbelbau aus Pilzen und der Behandlung<br />
von Gelenkarthrose reicht.<br />
Eine gewisse Tendenz lässt sich dabei beobachten: In<br />
Göttingen haben sich in den letzten Jahren viele Player<br />
dafür engagiert, die Life Sciences in der<br />
Stadt zu stärken, und eine entsprechend<br />
tief gestaffelte Infrastruktur<br />
zur Gründungsförderung etabliert. „Wir merken,<br />
dass über diese Schiene und über die Universitätsmedizin<br />
schon mehr Teams aus dem medizinischen und<br />
biologischen Bereich kommen“, sagt Stefanie Pinkert,<br />
Gründungscoach an der Universität. „Eine sehr schöne<br />
Entwicklung dabei ist, dass Arbeitsgruppen, in denen bereits<br />
eine Ausgründung erfolgreich war, dafür gesorgt<br />
haben, dass auch Kollegen das Thema für sich entdeckt<br />
haben und zwei, drei Jahre später eine eigene Idee einreichten.“<br />
Insofern gibt es auch bereits ,Wiederholungstäter‘<br />
wie Arndt Schilling von der Universitätsmedizin,<br />
der bereits zum zweiten Mal mit einem Projekt dabei ist<br />
und damit wieder einen ersten Preis beim Lift-Off erhielt.<br />
DASS GRÜNDUNGEN ein spannendes Thema mit Potenzialen<br />
für die Zeit nach und jenseits der Uni sind, hat sich<br />
in Göttingen offenkundig schon recht gut rumgesprochen,<br />
auch wenn natürlich noch Luft nach oben ist, wie Martin<br />
Stammann betont. Denn manche Fakultäten hinken im<br />
Vergleich der Gründungsaktivitäten etwas hinterher.<br />
Doch wie es mit dem Lift-Off und der Gründungsförderung<br />
weitergeht, ist noch offen. Uni-Präsident Metin<br />
Tolan betonte zwar mehrfach, dass dieser Bereich ihm<br />
sehr wichtig sei, doch ein Teil der Mittel für die Gründungsunterstützung<br />
kommen aus Drittmitteln, die 2023<br />
auslaufen. Eine Anschlussfinanzierung ist noch nicht gesichert.<br />
Lift-Off 2023<br />
Demnächst startet die nächste Runde des<br />
Gründungswettbewerbs. Interessierte Teams<br />
können sich bereits informieren und anmelden<br />
unter: www.uni-goettingen.de/gruendung<br />
80 3 | <strong>2022</strong>
wissen<br />
Die Gewinner <strong>2022</strong><br />
DAS ZIEL: nachhaltige und gleichzeitig hochwertige<br />
Kerzen zu produzieren und das made in Germany.<br />
Die beiden Gründer Amy Peters und Maurice<br />
Jedlicka wollen die traditionelle Kerzenindustrie<br />
revolutionieren. Es beginnt bei der innovativen<br />
Gewinnung des Kerzenwachses. Herkömmliches<br />
Kerzenwachs besteht meist aus Paraffinen, Palmoder<br />
Sojaöl. Hierfür werden Erdölbohrungen durchgeführt,<br />
Regenwald für Monokulturen vernichtet<br />
und eigentliche Lebensmittel zweckentfremdet.<br />
1. Platz Gründungspotenzial<br />
Molly Suh<br />
Maurice Jedlicka und Amy Peters<br />
Das Wachs der Kerzen von Molly Suh wird hingegen<br />
aus der recycelten Biomasse von pflanzlichen Fetten<br />
gewonnen. Diese Fette haben bereits einen Lebenszyklus<br />
durchlebt und werden in einem ,Waschgang‘<br />
aufgewertet. Das heißt, am Anfang des Produktes<br />
steht Recycling, gefolgt von anschließendem<br />
Upcycling. Kombiniert mit dem natürlichen Duft<br />
von ätherischen Ölen.<br />
ARTHROPORE ermöglicht die Heilung des Knorpels<br />
durch die Rekonstruktion der komplizierten Mikrostruktur<br />
des Gelenks. Gegenwärtig gibt es noch<br />
keine Heilungsansätze für Gelenkarthrose, die<br />
Behandlungsstrategien beschränken sich auf Operationen<br />
zum vollständigen Gelenkersatz. Deutschland<br />
hat unter den OECD-Staaten die zweit- bzw.<br />
vierthöchste In zidenzrate für Hüfttotalendoprothesen<br />
(THR) und Knietotalendoprothesen (TKR),<br />
deren durchschnittliche Kosten sich auf 15.500 bis<br />
17.800 Euro pro Patient belaufen.<br />
1. Platz Wissenschaft<br />
ArthroPore<br />
Dr. Shahed Taheri und Prof. Dr. Arndt Schilling<br />
Nach den wissenschaftlichen Erkenntnissen der<br />
Teammitglieder Shahed Taheri und Arndt Schilling<br />
liegt die Ursache der Arthrose allerdings nicht, wie<br />
bisher angenommen, im Knorpel selbst, sondern in<br />
einer Veränderung der Mikrostruktur des Knochens,<br />
der dem Knorpel zugrunde liegt. ArthroPore kann die<br />
3D-Mikrostruktur des Knochens im Gelenk abbilden<br />
und damit personalisierte Implantate/Membranen<br />
herstellen, die das natürliche, gesunde Gewebe des<br />
Patienten nachahmen.<br />
3 |2023 81
wissen<br />
DAS TEAM hinter DirIGEN, bestehend aus Eric<br />
Schoger und Janek Fischer, bedient sich eines<br />
Verfahrens namens CRISPR, mit dem gezielt an<br />
der DNA gearbeitet werden kann. Das Verfahren<br />
ermöglicht es, gezielt Gene abzulesen und für<br />
therapeutische Anwendungen zu entwickeln, neue<br />
therapeutische Zielstrukturen zu identifizieren oder<br />
grundlagenwissenschaftliche Fragestellungen zu<br />
erarbeiten. Denn häufig sind Fehlfunktionen<br />
bestimmter Zellen auf das fehlerhafte Ablesen<br />
von DNA-Abschnitten zurückzuführen.<br />
Sonderpreis ,Life Science‘<br />
DirIGEN<br />
Dr. Eric Schoger und Janek Alfred Fischer<br />
Das DirIGEN-Team hat aus seiner mehr als fünfjährigen<br />
wissenschaftlichen Tätigkeit heraus eine<br />
Plattform zum Ablesen bestimmter Gene für Partner<br />
aus der pharmazeutischen und biotechnologischen<br />
Industrie entwickelt: ein CRISPR/Cas9-basiertes<br />
Verfahren zur Identifikation von gRNA-Molekülen,<br />
mit deren Hilfe präzise Gene angeschaltet werden<br />
können.<br />
DAS TEAM um Steffen Konnemann nutzt Agrar <br />
abfälle wie Getreidestroh und -spelze sowie<br />
Sägemehl, um Pilze zu ernähren. Das sich bildende<br />
Myzel-Fasergerüst erlaubt die Entwicklung diverser<br />
biologisch abbaubarer Produkte. Diese reichen von<br />
styroporähnlichem Verpackungsmaterial bis hin zu<br />
Möbelstücken. Alle Produkte könnten am Ende ihrer<br />
Nutzungsdauer ohne Bedenken auf dem heimischen<br />
Kompost entsorgt werden. Gleichzeitig<br />
werden keine neuen Ressourcen verbraucht, da<br />
Abfälle genutzt werden.<br />
Sonderpreis ,Zukunftsfähige Landnutzung‘ und Publikumspreis<br />
HyphaGrowth<br />
Hendrik Wever und Steffen Konnemann<br />
Der bisher noch nicht etablierte Werkstoff Pilzmyzel<br />
bietet neue haptische und optische Eigenschaften:<br />
Er ist formstabil, wasserabweisend und kann eine<br />
lederähnliche Oberfläche entwickeln. Jedes Produkt<br />
ist ein Unikat, da es organisch gewachsen ist. Im<br />
Gegensatz zu abbaubaren Produkten aus Maisstärke<br />
oder Hanf stellt die Pilzmyzel-Produktion keine<br />
Konkurrenz zur Nahrungserzeugung dar.<br />
82 3 | <strong>2022</strong>
PROFIL<br />
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Q3Labs – Ihr neuer digitaler<br />
Labor-Roboter<br />
Das Team (von li.) Herr Silin Zhao , Frau Gayatri<br />
und Dr. Giriprakash Chodisetti.<br />
Q3LABS entwickelt eine Online-Softwareanwendung<br />
zur Digitalisierung und Programmierung<br />
von Versuchsprotokollen, die in biologischen<br />
Forschungslabors verwendet werden. Sie umfasst<br />
offen zugängliche und laborspezifische<br />
Protokolle.<br />
Das Start-up-Team wurde im Lift-off-Wettbewerb<br />
2021 mit dem 2. Preis der Universität<br />
Göttingen ausgezeichnet und erhielt außerdem<br />
das N-Bank-Gründungsstipendium <strong>2022</strong>.<br />
PAPIERBASIERTE PROTOKOLLE ADÉ<br />
Durch die Programmierung der Versuchsprotokolle<br />
will Q3LABS die Forscher dabei unterstützen,<br />
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Zuverlässigkeit der Versuchsdaten zu erhöhen.<br />
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37077 Göttingen<br />
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84 3 |<strong>2022</strong>
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Das richtige Motiv<br />
Die Göttinger BWL-Studenten Michael Noack und Melvyn Wittwer vertreiben mit Inkster wasserfeste<br />
Zwei-Wochen-Tattoos – ihre Erfolgsgeschichte hingegen ist langfristig angelegt.<br />
TEXT RUBERT FABIG FOTOGRAFIE MARVIN CONTESSI<br />
LESEZEIT: 3 MINUTEN<br />
Darüber, wie sie sich kennengelernt haben,<br />
schmunzeln Melvyn Wittwer und Michael<br />
Noack nur. Stichwort: Orientierungsphase,<br />
die ersten Tage im Studentenleben. Sagen wir<br />
es so: Die Erinnerung ist verblichen. Womit wir beim<br />
eigentlichen Punkt wären. Verblichen wie ein Tattoo von<br />
Inkster. Der Marke, die die ehemaligen Betriebswirtschaftsstudenten<br />
der Georg-August-Universität Göttingen<br />
erst Anfang 2021 gegründet haben und die mittlerweile<br />
einen Umsatz von 400.000 Euro generiert. Monatlich,<br />
versteht sich.<br />
Während ihres Auslandssemesters 2018 im kalifornischen<br />
San Diego haben die beiden Surferboys im Modul<br />
,Business Plan & Development‘ die Aufgabe, eine Geschäftsidee<br />
zu entwickeln und den passenden Plan dazu<br />
zu erstellen. Zur gleichen Zeit überlegt Wittwer, sich ein<br />
Tattoo stechen zu lassen. Motiv? Unklar. „Ich dachte, es<br />
wäre cool, mal eines zur Probe zu tragen“, sagt er. Also<br />
recherchiert der 27-Jährige, was sich an temporärer Körperkunst<br />
finden lässt – und stößt auf die Jagua. Eine<br />
Frucht aus dem südamerikanischen Dschungel, deren<br />
tintenähnlicher Extrakt die erste Hautschicht färbt.<br />
ZURÜCK IN GÖTTINGEN, wo die Freunde bis 2020 noch<br />
studieren, analysieren sie, ob sich daraus ein Business erschaffen<br />
lässt, und kommen zu dem klaren Urteil: Ja. Und<br />
sie sollen recht behalten. Zunächst baut Noack nur<br />
einen Instagram-Kanal mit Inspirationsmotiven auf, der<br />
in kurzer Zeit auf 100.000 Abonnenten anwächst. Beim<br />
Lift-Off-Gründungswettbewerb 2020 der Universität<br />
räumen die beiden nur kurze Zeit später den zweiten<br />
Platz in der Kategorie Gründungspotenzial sowie den<br />
Publikumspreis ab.<br />
Einige Monate darauf gründen Wittwer und Noack –<br />
die übrigens jeweils zwei echte Tattoos haben – schließlich<br />
mithilfe eines Stipendiums der Universität, finanziert<br />
durch die NBank, eine GmbH, um Büroflächen zu bezahlen<br />
und Lebenshaltungskosten zu decken. Sie sparen<br />
nicht an den falschen Stellen. Eine Kosmetikzertifizierung<br />
– selten bei temporären Tattoos – liegt vor, eine<br />
Agentur berät das Duo beim Marketing.<br />
IM JUNI 2021 BEGINNT DER VERKAUF der ersten Produkte.<br />
Zunächst wird den Kunden eine Tube mit der<br />
Jagua-Tinte nebst Schablone geliefert. Der Umsatz in<br />
Monat eins: 10.000 Euro. „Das hat uns mächtig stolz<br />
gemacht“, sagt Noack. Die ersten 330 Motive dafür –<br />
zeichnen die beiden selbst. Nach nur zwei Monaten<br />
stellt Inkster – der Name leitet sich vom englischen<br />
Wort ,ink‘ für Tinte ab – den ersten Mitarbeiter ein,<br />
mittlerweile sind es acht, überwiegend Werksstudenten,<br />
darunter eine Designerin, die die Abziehbildchen entwirft.<br />
Abziehbildchen? Korrekt. Im April dieses Jahres<br />
wurde die Produktpalette weiterentwickelt, jetzt<br />
3 |<strong>2022</strong> 85
mensch<br />
Win Win Die über 300 Designs wurden in Zusammenarbeit mit Tattoo-Künstlern aus der ganzen Welt erstellt, die an jedem Verkauf<br />
mitverdienen. Neben ihnen wird auch die Umwelt unterstützt – durch eine kompostierbare Versandverpackung aus Graspapier.<br />
werden Abziehtattoos verkauft. „Die sind deutlich weniger<br />
fehleranfällig und so einfach wie Kindertattoos,<br />
nur in der Haut statt darauf“, erklärt Wittwer. Bis zu<br />
zwei Wochen halten die Kunstwerke, die zwischen drei<br />
mal drei und sechs mal zehn Zentimetern groß sind, bei<br />
guter Pflege. Inzwischen gibt es erste Kopierer der Idee,<br />
was die Unternehmer nicht besorgt, sondern auf ihrem<br />
Weg bestätigt.<br />
DEN GESCHÄFTS- UND LEBENSMITTELPUNKT haben<br />
die Gründer nach Hamburg verlegt. Eine persönliche<br />
Entscheidung mit beruflichen Vorteilen. „Hier sind wir<br />
ein Start-up unter vielen und profitieren von der lokalen<br />
Expertise“, sagt Wittwer. Das Unternehmen setzt ausschließlich<br />
auf Onlinehandel. „Leichter skalierbar.“ Die<br />
enorme Produktauswahl wäre im stationären Handel<br />
schwierig zu handhaben.<br />
Die Kunden kommen hauptsächlich aus dem deutschsprachigen<br />
Raum, sind in der Regel 35 Jahre und älter<br />
– und zu rund 75 Prozent weiblich. Daran orientieren<br />
sich auch die minimalistischen Motive. „Individualisierung<br />
ist ein großes Ding dieser Tage. Unsere Tattoos<br />
sind zum Accessoire zur Kleidung geworden. 30 Prozent<br />
der Käufer erwerben sie vor ihrem Urlaub, um sie dort<br />
zu tragen“, erläutert Noack. Bestseller sind Herzen aller<br />
Art sowie Schmetterlinge. „Das Herz ist ein emotionales<br />
Tattoo, was besonders den Frauen unserer Zielgruppe<br />
zu gefallen scheint“, so Wittwer mit strahlenden Augen.<br />
Eine Ausweitung des Geschäfts auf den europäischen<br />
Markt ist derzeit noch nicht geplant. „Die sprachliche<br />
Hürde, Logistik, Werbung, Customersupport und den<br />
Onlineshop aufzubauen, ist sehr groß“, sagt der<br />
26-jährige Noack.<br />
86 3 |<strong>2022</strong><br />
Die nächsten Ziele der jungen Firma sind stattdessen<br />
die kontinuierliche Erweiterung der Produktpalette, die<br />
Verbesserung des Designs sowie die Schärfung des Markenbildes.<br />
„Wir wollen Inkster hipper machen. Es wird<br />
viele Nachahmer geben. Wichtig ist, dass die Leute wissen,<br />
dass wir das Original sind. Wie bei Coca Cola und<br />
Pepsi“, sagt Wittwer. Und da der Verkauf häufig über die<br />
sozialen Medien, vornehmlich Instagram und Facebook,<br />
funktioniert, soll auch TikTok erschlossen werden. „Und<br />
Amazon wollen wir knacken“, schiebt der Gründer nach.<br />
Schwierigkeiten besaßen bislang Seltenheitswert. Ab<br />
und an gerät die Liquidität an ihre Grenzen. Aber das<br />
sind Luxusprobleme.<br />
Für Investoren sind der in Salzgitter geborene Wittwer<br />
und der in Husum aufgewachsene Noack zwar grundsätzlich<br />
offen, konnten bislang aber auch wunderbar<br />
durch den eigenen Cashflow organisch wachsen. Auch<br />
ein Verkauf des Unternehmens sei langfristig nicht ausgeschlossen.<br />
„Die Struktur ist so gebaut, dass ein Verkauf<br />
möglich wäre“, berichtet Wittwer. Allerdings schieben<br />
die beiden das noch auf die lange Bank. Zu viel<br />
Freude bereiten ihnen Arbeit und Zusammen arbeit.<br />
„Sollten wir einmal verkaufen und auf eine andere Geschäftsidee<br />
kommen, bietet es sich schon an, weiter als<br />
Duo zu arbeiten, weil wir uns bestens verstehen und unsere<br />
Stärken und Schwächen gut kennen“, erklärt Noack,<br />
der seine Expertise überwiegend im Marketing hat, während<br />
sich sein Partner primär um die Unternehmensführung<br />
kümmert.<br />
WAS DAS NICHT HEISSEN SOLL: dass die beiden gerade<br />
wieder in einer Orientierungsphase sind. Ihre Liebe für<br />
Inkster ist noch lange nicht verblichen. ƒ<br />
Wo gibt’s die Tattoos?<br />
www.inkster.eu
Ein Unternehmen, das den Mitarbeitenden gehört – genau das ist Arineo.<br />
Wir arbeiten gemeinsam an unserem Erfolg und setzen dabei auf Selbstorganisation und<br />
Motivation Arineo mitzugestalten. Wir schaffen uns die besten Arbeitsbedingungen und<br />
tragen damit auch zum Erfolg unserer Kunden bei. Die Gewinne, die wir erzielen, bleiben<br />
im Unternehmen. Was wir gemeinsam erwirtschaften, investieren wir in die Weiterentwicklung<br />
unserer Kolleg:innen, unseres Unternehmens und unserer Technologien.<br />
Das klingt für dich nach einem spannenden Arbeitgeber?<br />
Dann schau bei unseren Jobangeboten, ob etwas Passendes für dich dabei ist<br />
oder bewirb dich initiativ. Viele unserer Stellen sind auch in Teilzeit möglich.<br />
Wir freuen uns auf dich als neue Kolleg:in!<br />
www.arineo.com/go/jobs
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Die Schaumbergs –<br />
zusammen stark<br />
Das Unternehmen Böning-Schaumberg hat die Zeit der Pandemie genutzt:<br />
für neue Wege mit einer prägnanten Dachmarke und einem Onlineversand für delikate Speisen.<br />
„Egal, ob für den<br />
Bundespräsidenten oder die<br />
Großmutter bei uns in<br />
Rittmarshausen um die Ecke,<br />
die kurzerhand Essen für ihr<br />
Enkelkind möchte – wir kochen<br />
wirklich für jeden gern.“<br />
ANJA BÖNING-SCHAUMBERG<br />
Sie schaffen den perfekten Rahmen für<br />
Dialog, Netzwerken, Kooperationen und<br />
vertragliche Bindungen in Wissenschaft,<br />
Wirtschaft, Sport, Politik, Gesellschaft und im<br />
Privaten: Anja Böning-Schaumberg und Frank<br />
Schaumberg gestalten Orte der Begegnung<br />
und des Miteinanders – bei hervorragendem<br />
Essen und Trinken und in einem dem Anlass<br />
entsprechenden Ambiente: von der frechen<br />
Gartenparty über die Hochzeit im Schloss bis<br />
zum Stiftungsdinner im Forum Wissen oder<br />
in der historischen Aula der Universität Göttingen.<br />
Durch die Umstände bedingt war in<br />
Zeiten der Pandemie kreative Gastlichkeit wenig<br />
gefragt, doch jetzt ist das Pendel zur Gegenseite<br />
ausgeschlagen, die Auftrags bücher<br />
sind voll und die Erwartungen der Kunden<br />
und Gäste so hoch wie nie.<br />
„DIE LETZTEN BEIDEN JAHRE waren für uns<br />
eine willkommene Zwangspause, die wir gut<br />
genutzt haben. Wir sind inzwischen nicht nur<br />
„total digital“ in der Welt und bis hin zu jedem<br />
Arbeitsplatz per Touchscreen verknüpft – wir<br />
haben vor allem über unsere Werte und unseren<br />
Anspruch nachgedacht und darüber,<br />
wie wir uns zukünftig aufstellen wollen“, sagt<br />
Frank Schaumberg. „2019 hatten wir über<br />
500 Aufträge, da hat man keine Sekunde freie<br />
Zeit, um neue Ideen zu entwickeln und aus<br />
zuprobieren. Das haben wir in den vergangenen<br />
zwei Jahren getan und zwar zu viert“, so<br />
seine Frau. Neben Anja Böning-Schaumberg<br />
und Frank Schaumberg, die sich seit 1996<br />
mit ihrem Unternehmen weit über die Region<br />
hinaus einen herausragenden Ruf erworben<br />
haben, sind das Gordon und Johann, die beiden<br />
Söhne. Sie waren schon immer „dabei“<br />
und wollen und sollen nun mit ihren Eltern<br />
gemeinsam die Zukunft der „Schaumbergs“<br />
aktiv gestalten.<br />
„SCHAUMBERGS“ heißt folgerichtig die neue<br />
Dachmarke, die neben Catering und Veranstaltungslogistik<br />
auch Frischgekochtes im<br />
Onlinehandel umfasst. Diesen erfolgreich in<br />
den Covid-Zeiten entwickelten Unternehmenszweig<br />
haben die Schaumbergs zusammen aufgebaut,<br />
die beiden Söhne sind hier Miteigner –<br />
quasi als Einstieg in die Zukunftsvision. Jeder<br />
hat auf seine Weise dazu beigetragen: Frank<br />
und Johann haben als Köche ihre ganze Professionalität<br />
in die Entwicklung, Zubereitung,<br />
Kühlung und Verpackung der genuss fertigen<br />
Köstlichkeiten gesteckt, Anja und Sohn Gordon<br />
den kaufmännischen Sachverstand und<br />
den Sinn für die Inszenierung eingebracht.<br />
Ob bayerisches Menü in rotweiß karierten<br />
Versandkartons oder ganze Weihnachts- und<br />
Firmenfeiern, die mit Eventcharakter online
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PROFIL<br />
FOTOS: CATERINGHAUS<br />
FOTO: MARCO BÜHL<br />
Starkes Team: Johann Schaumberg, Gordon Schaumberg, Anja Böning-Schaumberg und Frank Schaumberg (v.l.)<br />
stattfanden: Die Mitarbeiter*innen im Homeoffice<br />
konnten mit Anleitung aus der Schaumbergʼschen<br />
Küche per Livestream ihre Vanillesoße<br />
selbst zubereiten. Die Idee wurde weit<br />
über die Region hinaus bis hin nach Kopenhagen<br />
zum Renner und sicherte zudem den<br />
16 Mitarbeiter*innen in Rittmarshausen in<br />
schwierigen Zeiten ihren Arbeitsplatz.<br />
Die Erfolgsgeschichte gemeinsam weiterzuschreiben,<br />
das ist der Plan. „Wir sind ein<br />
starkes Team“, sagt Gordon Schaumberg.<br />
Und sein Bruder Johann fügt hinzu: „Stärker<br />
zusammen – das wussten wir schon immer,<br />
jetzt erst recht.“<br />
GORDON SCHAUMBERG, 26, schob zwischen<br />
Studium und geplantem Auslandsaufenthalt<br />
in Taiwan eine Ausbildung als<br />
Kaufmann für Büromanagement ein, die er inzwischen<br />
erfolgreich abgeschlossen hat. Er ist<br />
fit und bereit für die kaufmännische Leitung<br />
des Unternehmens, auch wenn er erst sein<br />
Studium abschließen will und bis dahin seine<br />
Mutter unterstützt.<br />
JOHANN, 24, wollte schon immer Koch werden.<br />
Nach der Ausbildung im Göttinger Apex,<br />
die er mit Auszeichnung abschloss, führte ihn<br />
sein Weg in das Zwei-Sterne-Gourmetrestaurant<br />
Söl’ring Hof nach Sylt, in dem ein ehemaliger<br />
Azubi der Schaumbergs inzwischen als<br />
Patron den Kochlöffel schwingt. „Jan-Philipp<br />
Berner ist total kochverrückt, und ich habe unglaublich<br />
viel gelernt“, so Johann Schaumberg.<br />
Wie immer schon geplant, zog es Johann in<br />
das Familienunternehmen zurück, allerdings<br />
etwas früher als gedacht, denn die nächste<br />
Generation der Schaumbergs, die mit seinem<br />
kleinen Sohn Karl nun Einzug hält, beflügelte<br />
die Rückkehr in die Heimat.<br />
„WIR LIEBEN, WAS WIR TUN“, da sind sich<br />
die vier Schaumbergs einig. Die Leidenschaft<br />
für das Kochen, die hohe Professionalität und<br />
die Fähigkeit, den perfekten Rahmen für Gastfreundschaft<br />
und menschliche Begegnun gen<br />
zu schaffen, nehmen sie immer wieder auch<br />
als Herausforderung an, neue Wege und<br />
kreative Lösungen zu suchen und zu finden.<br />
Das gilt für alle Kunden und alle Veranstaltungen,<br />
die sie betreuen: „Egal, ob für den<br />
Bundespräsidenten oder die Großmutter bei<br />
uns in Rittmarshausen um die Ecke, die kurzerhand<br />
Essen für ihr Enkelkind möchte – wir<br />
kochen wirklich für jeden gern“, sagt Anja<br />
Böning-Schaumberg. Das sind sie, die<br />
Schaumbergs.<br />
TEXT: SVEN GRÜNEWALD<br />
KONTAKT<br />
Cateringhaus Göttingen Böning-Schaumberg<br />
In der Klappe 3<br />
37130 Gleichen OT Rittmarshausen<br />
Tel. 05508 9998 60<br />
info@cateringhaus-goettingen.de<br />
www.schaumbergs.de<br />
www.cateringhaus-goettingen.de
mensch<br />
Dem Himmel so nah<br />
Rund um den Globus findet die vielschichtige Kunst des<br />
Göttingers Fintan Whelan zahlreiche Abnehmer.<br />
Mit seinen Werken taucht er ein in die Farben seiner<br />
irischen Heimat und bringt die Welt zum Leuchten.<br />
TEXT STEFANIE WASKE FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
90 3 | <strong>2022</strong>
mensch<br />
3 |<strong>2022</strong> 91
mensch<br />
92 3 | <strong>2022</strong><br />
H<br />
LESEZEIT: 8 MINUTEN<br />
ineinsinken, sich vertiefen ins Blau der Bilder. Eintauchen<br />
in glatte Flächen, in denen sich der Himmel zu spiegeln<br />
scheint. Doch lauern auch graue Strudel, schwarzblaue<br />
Untiefen, die einen hinabziehen können in einen<br />
raumlosen Ort. Und plötzlich, ja abrupt, endet das Blau<br />
mit einer scharfen Kante. Ab hier ist alles weiß, so rein,<br />
ohne jeglichen Makel. Die Welten des Malers Fintan<br />
Whelan bieten Ausflüge ins Unbekannte. Mag ihr Blau<br />
auch die Farbe des Himmels, des Meeres und der Ferne<br />
sein – sie sind etwas anderes. Haben ihre eigenen Geheimnisse.<br />
Die bewahrt der Maler sorgsam bedacht vor zu vielen<br />
neugierigen Blicken. Auch, wenn sich die Tür seines Ateliers<br />
in einer der schmalen Gassen Adelebsens öffnet.<br />
Mit gastfreundlichem Lächeln bittet er hinein, an einem<br />
schwülen und heißen Samstagnachmittag. Gewährt Einblick,<br />
wo diese ungewöhnlichen Bilder mit ihren Marmorierungen,<br />
Schlieren, Strudeln auf weißen Flächen<br />
entstehen.<br />
Das Fachwerkhaus von 1910 ist nicht sein neuer<br />
Wohnsitz oder gar ein Sommerhaus zum Vergnügen. „Es<br />
ist ein Haus für Kunst“, erzählt Fintan Whelan wenige<br />
Schritte nach dem Eintreten in den schmalen langen Flur.<br />
Mit seiner Frau Gabi und den zwei Töchtern wohnt er<br />
weiterhin im 20 Minuten entfernten Göttingen.
mensch<br />
3 |<strong>2022</strong> 93
mensch<br />
Deep Falls Above<br />
Symphony Of Nature<br />
Der 1967 in Dublin geborene Maler schlägt eine<br />
Hausführung vor. Bald zeigt sich, was er meint: Die kleinen<br />
Räume links und rechts des Flurs sind keine Wohnoder<br />
Schlafräume – sondern Magazine. Dort lehnt sich<br />
Keilrahmen an Keilrahmen, einige sind so groß wie ein<br />
Mann, andere handlich auf Armlänge, wieder andere<br />
rund wie eine Scheibe. Von manchen ist nur die cremefarbene<br />
Rückseite der Leinwand zu sehen. Ein wenig<br />
von ihren Farben lässt sich erhaschen, vom Blau, Violett-<br />
Rot und Grau.<br />
„PLATZ IST MIR WICHTIG“, sagt Whelan und steigt mit<br />
raschen Schritten die Treppe zum Obergeschoss hinauf.<br />
Das sei der Grund gewesen, das Atelier vor ein paar Jahren<br />
von Göttingen nach Adelebsen zu verlegen und das<br />
Haus zu kaufen. Auch das Obergeschoss mit seinen<br />
schmalen Zimmern dient nun seiner gegenstandslosen,<br />
abstrakten Kunst, beherbergt Holzlatten für Rahmen<br />
und Verpackungsmaterial. Selbst unter dem Dach in<br />
brütender Hitze wartet Material auf seinen Einsatz.<br />
Zurück im Erdgeschoss bleiben noch drei Räume, darunter<br />
die Küche. Durch einen schmalen Türrahmen öffnet<br />
sich der erste Atelierraum. Auf einem großen Tisch in<br />
der Raummitte liegt eine dicke, gepolsterte graue Tischdecke.<br />
Unter dem Tisch stehen wohlgeordnet Werkzeuge<br />
wie Spachtel, Pinsel und Lasuren. „Das ist der Packraum“,<br />
erklärt der Künstler. Hier werden die Bilder für<br />
den Transport in alle Welt vorbereitet. Teils, weil Sammler<br />
sie im Internet gesehen und selbst in Australien bestellt<br />
haben – bei seiner Agentur finden sich je nach Größe<br />
Bilder von 300 bis hin zu 12.000 Euro. Teils, weil sie<br />
für Ausstellungen und Kunstmessen auf Reisen gehen.<br />
Fintan Whelan hat bereits in vielen Ländern ausgestellt,<br />
vorwiegend in Irland, Großbritannien und Deutschland.<br />
In wenigen Wochen geht es wieder nach Los Angeles.<br />
Alles hat Whelan geordnet wie in einer Manufaktur,<br />
jeder Raum hat seine Aufgabe – vom Dachboden bis zur<br />
Terrasse. Auch seine Frau hilft mit, spannt Leinwände,<br />
fotografiert die fertigen Werke für die sozialen Medien.<br />
Einzig der kniehohe Hund Cachi mit schwarz-weiß ge-<br />
94 3 | <strong>2022</strong>
mensch<br />
locktem Fell hält sich nicht an Regeln. Vielleicht liegt es<br />
an seinem Straßenleben im spanischen Sevilla noch vor<br />
zwei Jahren. So vertreibt er denn die Stille rund um das<br />
Haus im Garten mit seinem kräftigen Bellen. Whelan<br />
verrät, dass der Rüde ab und an seinen Kopf auf die<br />
Leinwand am Boden legt. Und er muss dann zum Pinsel<br />
greifen und all die Flecken wieder ausbessern. Doch<br />
auch ohne Cachis Schnauzenabdruck erhalten die kleinen<br />
Formate im Packraum eine letzte aufwendige Korrektur,<br />
berichtet der Mittfünfziger: Jeden noch so kleinen<br />
Farbspritzer auf den weißen Flächen der Bilder tilgt<br />
Whelan mit einem feinen Pinsel.<br />
DOCH WIE ENTSTEHEN DIESE AUSSERGEWÖHNLICHEN<br />
Bilder? Wie kommt die Farbe auf die Leinwand, wie entstehen<br />
die wirbelnden Farben, die mit ihrer Leuchtkraft<br />
manchmal gar an Seidenstoffe erinnern? Das mag der<br />
Künstler nicht zeigen, nicht verraten. Zu viele wollten<br />
seine Technik imitieren, ihn erreichten regelmäßig Anfragen<br />
in diese Richtung. Auch Malkurse lehne er deshalb<br />
regelmäßig ab. Was daher im zweiten, hinteren Atelierraum<br />
geschieht, wissen einzig Eingeweihte, der<br />
Künstler und seine Frau. Der fremde Betrachter fühlt<br />
sich daher wie in einem Rätsel angekommen, inmitten<br />
eines lang gezogenen Raums mit großen Fenstern mit<br />
Blick auf die Burg Adelebsen.<br />
Auf dem Fußboden liegt eine große Kunststoffplane<br />
ausgebreitet, auf der schon einige blaue, schwarze und<br />
türkise Farbflecken zu sehen sind. Eine fast zwei mal<br />
zwei Meter große weiß grundierte Leinwand liegt darauf.<br />
Vier niedrige Füße erheben sie wenige Zentimeter vom<br />
Boden. Whelan muss dort hinunter, um mit seiner Arbeit<br />
zu beginnen. Tag für Tag, in der Regel immer an der<br />
Kante mit Blick auf die Tür zur Terrasse. So wirkt er<br />
sportlich in seinem dunkelblauen Poloshirt. Auf einem<br />
kleinen Tischchen stehen einige Pigmente, darunter für<br />
Kobaltblau, ein sattes Himmel blau. Whelan gesteht, er<br />
sei „wie verliebt in diese Farben“. Neben Blau sind die<br />
Erdtöne, Orange und Rot.<br />
EIN WENIG ZUR TECHNIK VERRÄT ER schließlich doch:<br />
Wichtig für die Leuchtkraft sei die Grundierung, die er<br />
mit einer Malerrolle auf die Leinwand bringt. Sie wird<br />
quasi versiegelt, sodass sich die später aufgebrachten<br />
Farben nicht mit dem Weiß mischen. Jeder, der einmal<br />
einen Tuschkasten hatte, ahnt warum: Farben mit<br />
3 |<strong>2022</strong> 95
mensch<br />
» Meine Sprache ist wie Musik –<br />
sie ist aus Licht, Farbe, Textur. «<br />
Viele Bilder verweilen daher in einem Zwischenstadium,<br />
hängen an den Atelierwänden, damit Whelan sie betrachten<br />
kann, oftmals gar eine halbe Stunde – um herauszufinden,<br />
wie er die Komposition verbessern kann.<br />
Seine Kunst sei daher keine schnelle Kunst. Nicht immer<br />
taucht er dabei in die Stille hinab. Auf dem Fensterbrett<br />
im Atelier liegen stapelweise CDs. Gerade ist es<br />
eine Mischung von Irish Folk, Marianne Faithfull, Leonard<br />
Cohen oder Tom Waits. Viele wollten seine Kunst<br />
verstehen, sagt Whelan und klingt ein wenig unzufrieden.<br />
Eine einfache Beschreibung, eine Übersetzung, würde<br />
das Geheimnis der Bilder zerstören. „Meine Sprache<br />
ist wie Musik – sie ist aus Licht, Farbe, Textur.“ Auf<br />
diese müsse sich der Betrachtende einlassen.<br />
Weiß gemischt werden heller, pastelliger, matter. Das<br />
wäre der Leuchtkraft der Farben daher abträglich.<br />
Zweifellos werden die Pigmente mit verschiedenen<br />
Flüssigkeiten, Emulsionen aufgelöst. Zu Beginn gleicht<br />
jedes Bild einem kurzen Experiment, so Whelan, wenn<br />
die Farbe auf die Fläche trifft. Dann aber greift er ein,<br />
bewegt die Leinwand hin und her, gestaltet. „Viel Konzentration<br />
ist nötig“, sagt der Künstler. Bei den riesigen<br />
Formaten nutzt er eine Montageplattform, die wie ein<br />
ungefähr auf zwei Meter verlängerter Tritt aus Metall<br />
aussieht. Auf einem der Fotos seiner Webseite lässt sich<br />
erahnen, wie Whelan mit dieser arbeitet: Er liegt mit<br />
dem Bauch auf der Plattform und tupft mit einem Tuch<br />
überschüssige Farbe von der Bildmitte auf.<br />
VIER BIS FÜNF FARBEN KOMMEN SCHICHT für Schicht<br />
hinzu. Während eine trocknet, widmet sich der Künstler<br />
anderen Werken. Was auch sinnvoll sei, entstehen sie<br />
doch oftmals in Serien, wie aktuell zu sehen im Palazzo<br />
Bembo während der Biennale di Venezia. Dort hängen<br />
acht Leinwände von zwei mal anderthalb Metern, alle in<br />
Blau-Türkis-Tönen in der Ausstellung. In ihnen stecken<br />
ein halbes Jahr Arbeit, verrät Whelan. 15 bis 16 Bilder<br />
hätten es hingegen nicht nach Italien geschafft.<br />
Ob er auch einige Werke nicht abschließe, aufgebe?<br />
Whelan bejaht, schließlich müsse er mit dem Bild zufrieden<br />
sein – da mache er keine Kompromisse. Keines gelänge<br />
aus seiner Sicht komplett, immer sei es mehr eine Annäherung<br />
an die Perfektion. Verzweifeln lasse ihn das<br />
nicht. „Ich sage mir, das nächste Mal wird es besser.“<br />
DER WEG ZU DIESEM GANZ EIGENEN künstlerischen<br />
Ausdruck begann vor über zwanzig Jahren in Spanien.<br />
Nach seinem Kunststudium in Dublin arbeitete Whelan<br />
ein paar Jahre in einem Verlag. Mit der Zeit fühlte sich<br />
das für ihn immer mehr nach Enge, Routine an. Er zog<br />
ins spanische Granada, mietete ein altes Haus in den<br />
Bergen in einem Ort mit 500 Einwohnern und begann<br />
wieder zu malen. Das Licht, die Stille und der Platz hätten<br />
ihm den Neuanfang ermöglicht. Nach sechs Jahren<br />
habe er dann seine erste Einzelausstellung in Spanien<br />
gezeigt. Vielleicht spielte auch die Liebe eine Rolle: Mit<br />
Gabi, die es als Biologin bei der Max-Planck-Gesellschaft<br />
zunächst nach Hannover, 2006 dann nach Göttingen<br />
verschlug, beschloss er, eine Familie zu gründen.<br />
Dieser und der Kunst gehören seitdem sein Leben.<br />
Was sich im Laufe der Jahre gewandelt habe in seinen<br />
Bildern? Whelan überlegt. Er konzentriere sich auf wenige<br />
Farben, früher seien seine Werke bunter gewesen. Aktuell<br />
sind sie fast nur blau, grau, violett und sandfarben,<br />
teils finden sich silberne Details. Die Bilder tragen Namen<br />
wie ,Zirkel der Gefühle‘, ,Himmelsfigurationen‘<br />
oder ,reisendes Licht‘. Er würde seinen Stil als organisch<br />
beschreiben, mit Wachstum und Bewegung.<br />
UND WARUM GERADE DAS BLAU wie das Wasser? Das<br />
lasse ihn an seine Heimat denken, sagt Whelan und<br />
lächelt: „Es erinnert mich an meine Kindheit in Irland,<br />
wo der Himmel ständig wechselte.“ Dazu komme Wasser<br />
nach dem Regen, wenn alles nass sei. Nicht nur das<br />
Meer habe dieses tiefe Blau. In der kommenden Woche<br />
werde er all dieses nach zwei Jahren Pandemie wiedersehen.<br />
Blau kann schließlich auch die Farbe der Ferne<br />
und der Sehnsucht sein. ƒ<br />
96 3 | <strong>2022</strong>
mensch<br />
Ton in Ton Fintan Whelan auf der Palazzo Bembo während der Biennale in Venedig – ein echter Ritterschlag für einen Künstler, dabei zu sein.<br />
Aktuelle Ausstellung in Göttingen<br />
Im Dezember ist Fintan Whelan in einer Einzelausstellung<br />
in Göttingen zu sehen. Vom 9. bis 11. Dezember werden<br />
seine Bilder im Holbornschen Haus, Rote Straße 34,<br />
gezeigt. Eröffnung ist am 9.12. um 18 Uhr.<br />
Mehr zu Fintan Whelan<br />
fintanwhelan.com<br />
instagram.com/fintan_whelan<br />
3 |<strong>2022</strong> 97
mensch<br />
Fit an der Platte<br />
Lukas Bank ist ein begnadeter Koch. Er tischt<br />
Prominenten auf und kredenzt in den besten<br />
Restaurants der Welt. Nun betreibt der<br />
Eichsfelder die Eventkitchen – und bringt damit<br />
hochklassige Gastronomie nach Göttingen.<br />
TEXT RUPERT FABIG<br />
FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
98 3 |<strong>2022</strong>
mensch<br />
3 |<strong>2022</strong> 99
mensch<br />
Wahrscheinlichkeit noch nie auch nur annähernd so gut<br />
bekocht wurde. Keine Übertreibung, für die an dieser<br />
Stelle Gelder geflossen sind. Bank ist schlicht ein genialer<br />
Kochkünstler, einer der besten, die Deutschland zu bieten<br />
hat. Zugeben würde er das selbst niemals. Dafür ist<br />
er viel zu zurückhaltend.<br />
„Am Ende des Abends überglückliche<br />
Gäste zu haben, macht süchtig.“<br />
LESEZEIT: 8 MINUTEN<br />
Wer sich zufällig in die Eventkitchen<br />
by Lukas Bank an der<br />
Kurzen Straße in Göttingen<br />
verirrt, wird auf einen sympathischen,<br />
wenngleich – er mag<br />
es verzeihen – auch durchaus<br />
etwas unscheinbaren Mann<br />
treffen. Auf „Lukas aus Kirchgandern“, wie er sich<br />
selbst freundlich vorstellt. 32 Jahre, gepflegtes Äußeres,<br />
wache Augen hinter der Brille, angenehmer Eichsfelder<br />
Akzent.<br />
Wer mit Lukas Bank ins Gespräch kommt, dürfte<br />
schon hellhöriger werden und den Eindruck erhalten,<br />
dass hier ein Koch am Werk ist, der sein Handwerk beherrscht.<br />
Vor allem aber beherrscht er die Kunst des<br />
Understatements.<br />
Denn wer sich schließlich von Bank bekochen lässt,<br />
wird unweigerlich feststellen, dass er soeben mit hoher<br />
ABER ERSTMAL KURZ DURCHATMEN, die Köstlichkeiten<br />
verdauen und die Zutaten aufzählen, die die Eventkitchen<br />
zum Genusstempel machen.<br />
Also: Es war einmal der kleine Lukas, der Pilot werden<br />
wollte, aber „zu schlecht in der Schule war“. Da seinem<br />
Vater aufgefallen war, dass sich der Sohn ständig in der<br />
Küche herumtreibt, legte er ihm ein Praktikum in der<br />
Hölle für lukullische Genüsse nahe: in der Kantine einer<br />
Jugendherberge. Bank hielt stand. Mehr noch, es gefiel<br />
ihm, weswegen ein Praktikum im Friedländer Landhaus<br />
Biewald folgte. Hier wiederum muss der heranwachsende<br />
Lukas erstmals Eindruck hinterlassen haben, denn<br />
ihm wurde unmittelbar eine Ausbildung angeboten. „Da<br />
bin ich erstmals mit dem Fine Dining in Kontakt gekommen“,<br />
erzählt Bank. Und anschließend schaute er bis<br />
heute nie wieder in den Rückspiegel – außer vielleicht in<br />
den seiner heißgeliebten Motocross-Maschine, aber das<br />
ist eine andere Geschichte.<br />
Von hier an nimmt sein Berufsleben einen rasanten<br />
Verlauf. Bank „rutscht in die Sterne-Schiene“, wie er<br />
sagt. Er kocht in Kitzbühel bei Simon Taxacher im<br />
zweitbesten Restaurant des Landes, im Sissi-Schloss in<br />
Salzburg, einigen der Topadressen Deutschlands, kommt<br />
in Kontakt mit Prominenten, für die er als Privatkoch<br />
auftischt. Beispiele gefällig? Zu seinen Fans zählen<br />
Ex-Formel-1-Pilot David Coulthard, Oligarch Roman<br />
Abramowitsch und Fußballweltmeister Mario Götze,<br />
dessen Hochzeitsmenü Bank zauberte. Auch gut betuchte<br />
Unternehmer buchen den bodenständigen Eichsfelder<br />
regelmäßig. Wer ein bisschen recherchiert, wird herausfinden,<br />
dass sich damit erstaunliche Tagessätze erzielen<br />
lassen. Doch darum geht es Bank nicht primär. Seine<br />
Motivation: „Am Ende des Abends überglückliche Gäste<br />
zu haben, macht süchtig.“<br />
Dabei ist er sich stets treu geblieben. Setzt Profit nie<br />
vor Professionalität, verfiel, durchaus branchenunüblich,<br />
nicht dem Alkohol, was seine sportliche Statur belegt,<br />
und verließ einst auch ein Spitzenrestaurant, „weil ich<br />
den Umgangston für unangebracht hielt“.<br />
DER ZEIT ALS PRIVATKOCH ging unter anderem noch<br />
ein Aufenthalt in Vancouver voraus – muss man erwähnen,<br />
dass es in einem der besten Restaurants Kanadas<br />
war? –, bevor Bank spontan nach Sydney ging. „Eigentlich<br />
wollte ich denen in Australien was zeigen – stattdes-<br />
100 3 | <strong>2022</strong>
mensch<br />
sen habe ich praktisch das Kochen dort nochmal neu<br />
erlernt“, erzählt der 32-Jährige. „Wir kochen in Deutschland<br />
viel zu kompliziert, dabei gibt es so viele einfache<br />
Gerichte und Restaurantkonzepte. Verglichen damit<br />
sind wir totale Hinterwäldler.“<br />
Das Neuerlernen, den richtigen Mix aus allen Einflüssen<br />
zu finden, endet bei Bank nie. „Ich schaue regelmäßig<br />
bei Kollegen über die Schulter, um fit an der Platte<br />
zu bleiben.“ Momentan fokussiert er sich darauf, seine<br />
Skills bei asiatischem Essen – also echtem, nicht dem<br />
hierzulande häufig servierten China-Fresstempel-Menü<br />
– zu schleifen. „Geile Ramen und eine authentische Pho<br />
fallen nicht vom Himmel“, sagt Bank. Er wird Monate<br />
daran arbeiten. Und er liebt das. Die Herausforderung.<br />
Wenn ein Gast beispielsweise ein marokkanisches Menü<br />
wünscht. „Ihm dann ein besonderes Erlebnis rüberzubringen,<br />
macht wirklich Spaß.“<br />
WAS BANK, DER SEINEN STIL ALS „jung, wild und modern“<br />
bezeichnet, selbst nicht mag, kommt ihm nicht auf<br />
den Teller. Stichwörter: Sahne, Mayo, Frittiertes – „das<br />
Einmaleins des schlechten Kochens“. Als eine Art ,Signature<br />
Dish‘ hat sich derzeit das sardische Hartweizengericht<br />
Fregola Sarda etabliert, Wagyu-Fleisch verarbeitet<br />
er ebenfalls mit Vorliebe. Er kocht stets mit möglichst<br />
vielen regionalen und vor allem extrem frischen Zutaten<br />
– wie den Kirschtomaten aus seinem eigenen Garten.<br />
Fisch beispielsweise bezieht der Gourmet – persönliche<br />
Lieblingsspeise: Sushi – vom Feinkosthändler Costa<br />
Nova, der den Fang zunächst auf Wurmbefall röntgt<br />
und anschließend bei minus 72 Grad Cel sius schockfrostet.<br />
Frisch blieb auch Bank trotz aller Reisestrapazen als<br />
Privatkoch. Doch die Familie zog ihn vor einiger Zeit<br />
zurück in die alte Heimat nach Kirchgandern. Das hat<br />
nicht nur den Vorteil, dass sein inzwischen einjähriger<br />
Sohn Aaron feinste Speisen mit in den Kindergarten<br />
nimmt und Bank am heimischen Herd „Schadensbegrenzung“<br />
betreiben kann, sondern auch, dass Göttingen<br />
um eine kulinarische Attraktion reicher ist. Privatkoch<br />
ist er nebenher noch immer. Der Fokus liegt auf der<br />
Eventkitchen.<br />
Ein Vorgeschmack auf die Eventkitchen – von flambiertem Sockey Lachs (l.)<br />
über geschmorte Ochsenbacke (o.) bis hin zum Schokoladenparfait in<br />
Banks persönlicher ,Black Forrest Edition‘ (u.) mit Ganage, Biskuit,<br />
Kirschgel und -sorbet, serviert in Stonehead-Figuren aus dem 3D-Drucker.<br />
GEMEINSAM MIT EINEM HERSTELLER von hochwertigen<br />
Holztischen und seiner Mutter – die mit home by<br />
ASA passenderweise ein Geschäft für Küchenkeramik<br />
und -porzellan betreibt – teilt sich Lukas Bank seit November<br />
vergangenen Jahres die Räumlichkeiten in der<br />
Göttinger Innenstadt und den Kundenkreis. Die Zielgruppe<br />
ist vielfältig. Vorstandsfeiern von Unternehmen,<br />
private Ehrentage, Kunden, die für ihr Geschmackserlebnis<br />
nicht extra nach Kopenhagen fliegen möchten.<br />
3 |<strong>2022</strong> 101
mensch<br />
Essen als Event Im ungewöhlichen Ambiente der Eventkitchen von Lukas Bank stehen die Gäste wahlweise selbst mit am Herd,<br />
können sich aber vom Spitzenkoch auch einfach nur verwöhnen lassen.<br />
Überwiegend und am liebsten kocht Bank einfach nur<br />
selbst für seine Gäste, achtet penibel auf Sauberkeit, die<br />
kunstvolle Anrichtung der Gerichte und Wahl der Teller.<br />
Andere Möglichkeit: In einem Kochkurs light, bei dem<br />
rund 70 Prozent der Speisen vorbereitet sind, können<br />
sich die Teilnehmer selbst beteiligen. Zudem werden<br />
auch klassische Kochkurse angeboten, in denen man alles<br />
von der Pike auf lernt.<br />
AB ACHT PERSONEN und 120 Euro pro Kopf ist man<br />
im Rennen. Geboten werden mindestens drei Gänge, ein<br />
Apéro, Brot mit Dips, die Getränke gibt es inklusive. Die<br />
Auswahl des Menüs wird individuell mit jedem, der zumeist<br />
offenen und kultivierten Kunden ein bis zwei Wochen<br />
vorab besprochen. Wer möchte, erhält ein herausragendes<br />
Schokoladenparfait, die ,Schwarzwald-Edition‘,<br />
mit Ganage, Biskuit, Kirschgel und -sorbet serviert in<br />
Stonehead-Figuren aus dem 3D-Drucker. Besonders<br />
häufig werde die sogenannte gefakte Ananas gewünscht.<br />
Das Dessert ist so ziemlich das Einzige, das nur vorgetäuscht<br />
ist in Banks Küche. Einen Stern könnte er vermutlich<br />
spielerisch erkochen. „Aber einerseits fehlt mir<br />
dafür der Service in meinem Privatrestaurant, andererseits<br />
ist das nicht mein Ziel“, sagt Bank. „Ich möchte<br />
mir nicht den Druck machen, sondern so frei kochen,<br />
wie ich Lust habe.“ Eine Lust, die zu spüren ist und die<br />
durchaus süchtig macht. ƒ<br />
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Firmengebäude in Heilbad Heiligenstadt<br />
Geschäftsführer: Markus Liese, Steven Hartmann<br />
Sonnenschutz von Lichtblick<br />
Die Lichtblick Sonnenschutzsysteme GmbH hat ihr neues Firmengebäude bezogen. Das Heiligenstädter Unternehmen baut<br />
damit die heimische Produktion von Sicht- und Sonnenschutzsystemen aus und stärkt seine Präsenz in Südniedersachsen.<br />
Sein Unternehmen hatte Markus Liese<br />
2010 in Thalwenden gegründet. Zunächst<br />
lag der Fokus auf dem reinen<br />
Onlinehandel mit Sicht- und Sonnenschutzsystemen<br />
verschiedener Hersteller, doch 2013<br />
kam mit Lichtblick-Original auch die erste eigene<br />
Marke hinzu, unter der Rollos, Plissees,<br />
Vorhänge und Fensterfolien vermarktet wurden.<br />
„Schon meine Eltern haben 1978 begonnen,<br />
Sonnenschutzprodukte zu fertigen“, sagt<br />
Liese. „Von daher habe ich inzwischen über<br />
40 Jahre Erfahrung mit dem Thema.“ Diese<br />
Erfahrungen flossen auch in die eigenen Produkte<br />
ein.<br />
MIT LICHTBLICK-ORIGINAL haben wir den<br />
Grundstein für unsere Sonnenschutzprodukte<br />
gelegt. Diese Submarke ist gedacht, um<br />
hochwertige und zeitlose Produkte für möglichst<br />
viele Typen von Wohnungen, Fenstern<br />
und Anforderungen zu ermöglichen.<br />
Und weil es im Sonnenschutz nicht das<br />
eine Produkt gibt, das für alle passt, haben wir<br />
mit zunehmender Erfahrung unterschiedliche<br />
Submarken entwickelt, die vom klassischen<br />
Rollo bis zum maßgeschneiderten Sonnenschutzsystem<br />
für den professionellen Einsatz<br />
alle Bedürfnisse abdecken.<br />
MIT LICHTBLICK-KREATIV kam 2015 eine weitere<br />
Marke hinzu. Bei Lichtblick-Kreativ kann der<br />
Kunde die Rollos, Plissees oder Fenster folien<br />
bedrucken lassen, sei es mit eigenen Motiven<br />
wie dem Firmenlogo oder mit einer der 1.200<br />
verschiedenen Grafiken aus unserem Angebot.<br />
„Wir bedrucken und bauen dann den gewünschten<br />
Sonnenschutz bei uns im Haus“, so Liese.<br />
Zuletzt wurde die Marke LICHTBLICK-OBJEKT<br />
ins Leben gerufen. „Da sind wir im direkten<br />
Kundengeschäft unterwegs, denn hier nehmen<br />
Beratung und Service eine viel wichtigere<br />
Rolle ein“, so Liese. „Wir fahren mit Mustern<br />
zu den Kunden raus, sei es auf die Baustelle,<br />
zum Privathaus oder in die Geschäftsstelle,<br />
und machen vor Ort das Aufmaß. Wir übernehmen<br />
ebenfalls die Montage.“ Es sind nicht<br />
nur Privatkunden, sondern auch viele Unternehmen,<br />
die Lichtblick ausstattet, vom Fitnessstudio<br />
über die Arztpraxis bis zum Hotel.<br />
Durch den Neubau direkt an der A38 existiert<br />
nun die Möglichkeit, im Innenbereich<br />
einem Ausstellungsraum und auf dem Außengelände<br />
einen großen Showroom zu installieren,<br />
in denen sich Kunden verschiedene<br />
Lösungen anschauen können. Bisher bedient<br />
Lichtblick mit seinen zwanzig Mitarbeitern<br />
schon bis in den Göttinger Raum hinein Kunden<br />
– doch hier wollen Markus Liese und Steven<br />
Hartmann, zweiter Geschäftsführer des<br />
Unternehmens, künftig noch präsenter werden.<br />
DER NEUBAU BIETET auch den nötigen<br />
Raum, weiter zu wachsen: „An unserem alten<br />
Standort waren die Kapazitäten begrenzt, und<br />
wir haben einen großen Teil unserer Produktion<br />
an Lieferanten ausgelagert“, so Markus Liese.<br />
„Jetzt können wir unsere eigene Produktion<br />
entsprechend erweitern.“ Auch die Themen<br />
Nachhaltigkeit und Smart Home in Kombination<br />
mit Sicht- und Sonnenschutz wird Lichtblick<br />
künftig stärker berücksichtigen, da die<br />
Kundennachfrage in diese Richtung geht.<br />
KONTAKT<br />
Lichtblick Sonnenschutzsysteme GmbH<br />
Dr.-Gerhard-Müller-Str. 2<br />
37308 Heilbad Heiligenstadt<br />
Tel. 03606 502 33-0<br />
info@lichtblick-net.de<br />
lichtblick-net.de
PROFIL<br />
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FOTOS: OTTOBOCK<br />
Tradition trifft Moderne Das in Duderstadt verwurzelte Familienunternehmen Ottobock gestaltet zukunftsweisende Produkte weltweit.<br />
Innovationen für mehr Lebensqualität<br />
Seit über 100 Jahren setzt Ottobock mit innovativen Produkten Standards – und sorgt mit der<br />
Erschließung neuer Geschäftsfelder für spannende Jobperspektiven.<br />
Als das Unternehmen 1919 von Otto<br />
Bock in Berlin gegründet wurde,<br />
handel te es sich aus heutiger Sicht<br />
um ein waschechtes Start-up. Diesen Spirit<br />
hat sich Ottobock erhalten – und entwickelt<br />
heute mit mehr als 9.000 Mitarbeitenden<br />
in fast 60 Ländern biomechanische und orthopädische<br />
Hochtechnologie ganz nah am<br />
Menschen. Von der bionischen Handprothese<br />
bis hin zum mikroprozessorgesteuerten<br />
Kniegelenk: Die Produkte von Ottobock verschieben<br />
Grenzen des Machbaren und helfen<br />
Menschen, ihre Bewegungsfreiheit zu bewahren<br />
oder zurückzugewinnen.<br />
Die Zukunft im Blick<br />
Neben den Produktbereichen Prothetik, Orthetik<br />
und Rollstühle forscht Ottobock seit 2012<br />
auch an innovativen Lösungen, um Arbeitsplätze<br />
in Industrie, Logistik und Handwerk ergonomischer<br />
zu gestalten. Ziel von ‚Ottobock Bionic<br />
Exoskeletons‘ ist, Menschen mit körperlich anspruchsvollen<br />
Tätigkeiten, wie beispielsweise<br />
Überkopfarbeit, zu entlasten und gesündere<br />
Arbeitsbedingungen zu schaffen. Der Bereich<br />
bietet eine breite Palette von Exoskeletten und<br />
Lösungen zur Unterstützung unterschiedlicher<br />
Körperpartien wie Rücken, Schulter, Arme,<br />
Handgelenke oder Finger.<br />
„Fachkräftemangel und eine alternde Belegschaft<br />
führen zu einem erhöhten Bedarf an<br />
Lösungen, die es Menschen ermöglichen,<br />
ihrer Arbeit gesundheitsschonend und langfristig<br />
nachzugehen. Auch die zunehmende<br />
Bedeutung von Arbeitssicherheit und ein Bewusstsein<br />
für Folgekosten tragen zum dynamischen<br />
Wachstum des Marktes bei“, sagt<br />
Dr. Sönke Rössing, CEO von Ottobock Bionic<br />
Exoskeletons.<br />
2021 erweiterte Ottobock mit dem ‚Exopulse<br />
Mollii Suit‘ auch im Bereich NeuroMobility<br />
sein Portfolio. Der Neuromodulationsanzug<br />
löst verkrampfte Muskeln, die oft Folgen<br />
spastischer Lähmungen und anderer neurologischer<br />
Bewegungsstörungen sind, mit<br />
elektrischen Impulsen. So kann zum Beispiel<br />
die Studentin Louisa, die an MS erkrankt ist<br />
und seit dem 25. Lebensjahr auf Rollstuhl und<br />
Rollator angewiesen war, wieder unbeschwert<br />
gehen.<br />
Der Mensch im Mittelpunkt<br />
Der Mut, neue Wege zu gehen, ist ein ebenso<br />
wichtiger Wachstumstreiber wie die Menschen,<br />
die mit ihren Ideen und ihrem Engagement<br />
hinter unseren Produkten und Dienstleistungen<br />
stehen: Sie halten die Ottobock Welt mit<br />
Erfindergeist und Spielfreude in Bewegung.<br />
Daraus ergeben sich vielfältige Jobperspektiven<br />
und internationale Entwicklungsfelder,<br />
die im Team stets erweitert und ausgebaut<br />
werden sollen.<br />
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Ottobock SE & Co. KGaA<br />
Max-Näder-Str. 15<br />
37115 Duderstadt<br />
jobs@ottobock.de<br />
www.ottobock.com/karriere
mensch<br />
Die letzte Meile<br />
Felix Dossmann hat mit Grünfuchs Logistik in Göttingen eine Lösung für die Paketzustellung bis zur<br />
Haustür entwickelt – und leistet damit einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen den zunehmenden<br />
Lieferverkehr. Ein Konzept, das als Franchise bereits in weiteren Städten ankommt.<br />
TEXT SVEN GRÜNEWALD FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
LESEZEIT: 5 MINUTEN<br />
Der Logistik-Stau passiert vor der Haustür:<br />
Wenn sich hier den Tag über die verschiedenen<br />
Paketdiensttransporter die Klinke in die<br />
Hand geben, wird das Problem ersichtlich.<br />
Noch schwieriger ist die Situation in der Fußgängerzone,<br />
die eigentlich nur in einem kleinen Zeitfenster von Lieferwagen<br />
befahren werden darf – ein Fenster, das aber<br />
bei Weitem nicht mehr ausreicht.<br />
Es ist das Problem der ,letzten Meile‘ – ein Fachbegriff<br />
aus der Logistik, der den Verkehrs- und Organisationsaufwand<br />
beschreibt, der im Lieferverkehr auf dem Weg<br />
vom lokalen Distributionszentrum bis zur Anlieferung<br />
anfällt. Hier entstehen zudem die meisten Fahrt- und<br />
Personalkosten. Nach Lösungen für die letzte Meile<br />
wird schon lange gesucht – derjenige, der eine davon<br />
gefunden hat, heißt Felix Dossmann. Seine <strong>2022</strong> gegründete<br />
Grünfuchs Logistik GmbH ist seit diesem Sommer<br />
unterwegs – und das für alle Kunden sichtbar.<br />
DOSSMANN BLICKT AUF reichhaltige Unternehmensund<br />
Gründungserfahrung zurück. Der gebürtige Iserlohner<br />
bekam das quasi mit in die Wiege gelegt: Sein Vater<br />
hatte bereits eine Softwarefirma im Bereich Druck und<br />
Verpackung gegründet, in der Felix Dossmann schon<br />
früh mitgearbeitet hat. „Ich hatte mir allerdings geschworen,<br />
selbst nie Unternehmer zu werden“, erzählt<br />
Dossmann und lacht herzlich auf. Dass es doch anders<br />
kam, passierte nebenbei.<br />
Während des Studiums in Göttingen arbeitete er am<br />
Wirtschaftsinformatik-Lehrstuhl und bekam darüber einen<br />
Praktikumsplatz bei Bertelsmann. Dort war Dossmann unter<br />
anderem für New Media Development bei einem Bertelsmann-Start-up<br />
zuständig und wurde dafür als Chief<br />
Technical Officer nach New York geschickt. „Ich war damals<br />
22. Das war alles sehr spannend, aber ich habe mich<br />
dann doch dagegen entschieden, bei dem Start-up zu bleiben.<br />
Ich wollte mich lieber selbstständig machen.“<br />
106 3 | <strong>2022</strong>
mensch<br />
3 |<strong>2022</strong> 107
mensch<br />
Daraus resultierte die Gründung der DFF Solutions,<br />
die das Ziel verfolgte, das Papier im Auslieferungsprozess<br />
abzuschaffen. Die Idee zündete und hatte Erfolg,<br />
große Kunden wie die Metro und zahlreiche große Lebensmitteldiscounter<br />
nutzten das System – bis heute.<br />
„Aus Göttingen heraus wurden wir der Marktführer im<br />
Lebensmittelbereich für dieses System“, erklärt Dossmann.<br />
Am Ende hatte die Firma rund 40 Mitarbeiter.<br />
„Doch die Konzepte kamen weiterhin nur von mir.“ Es<br />
war absehbar, dass es mit einem deutlich professionelleren<br />
Personalmanagement weitergehen musste – also entweder<br />
mit einem Partner oder mit einer veränderten<br />
Rolle für ihn selbst. „Ich habe damals festgestellt, dass<br />
ich in großen Unternehmen einfach nicht so gut funktioniere,<br />
und habe deswegen die Firma verkauft.“ Er blieb<br />
noch einige Zeit danach als Director of Operations im<br />
Unternehmen, verließ es aber 2018 endgültig – mit einem<br />
Wettbewerbsverbot in der Logistik für die kommenden<br />
zwei Jahre.<br />
„Ich durfte zwar nicht in der Logistik tätig sein, aber<br />
Gedanken über entsprechende Konzepte durfte ich mir<br />
natürlich machen“, erzählt Dossmann. Zunächst begleitete<br />
er als Berater andere Unternehmen unter anderem<br />
bei der Prozessdigitalisierung und -analyse, bis er 2021<br />
zusammen mit einer Geschäftspartnerin die boldly GmbH<br />
gründete – ein Unternehmen, das gezielt Start-ups scoutet,<br />
fördert und in sie investiert. Den Namen hatte sich<br />
Star-Trek-Fan Dossmann vom Leitspruch der Serie geliehen:<br />
to boldly go, where no one has gone before – mutig<br />
dorthin zu gehen, wo noch niemand zuvor war.<br />
DAS STECKENPFERD LOGISTIK hat Dossmann allerdings<br />
nicht losgelassen. „Man muss nur aus dem Fenster<br />
gucken und sieht jeden Tag die ganzen Paketdienste vorfahren.<br />
Zwei Jahre habe ich letztlich an der Idee getüftelt,<br />
wie man diesen ganzen Aufwand reduzieren kann.“<br />
Er stimmte sich mit ProCity ab, ein interfraktioneller<br />
Ratsantrag ebnete den Weg. Herausgekommen ist der<br />
Grün fuchs, der inzwischen im Gewerbegebiet von Elliehausen<br />
direkt an der A7 seine erste Sortieranlage für Pakete<br />
in Betrieb genommen hat: den SmartCity Microhub.<br />
Die Idee ist von simpler Eleganz: Im Idealfall liefern<br />
alle großen Paketdienste – DHL, dpd, Hermes etc. – die<br />
Sendungen an das Verteillager des Grünfuchs. Dort werden<br />
die Pakete entsprechend sortiert, am Ende in kleine<br />
Lastenräder eingeladen und dann ausgeliefert. Im Ergebnis<br />
reduziert sich der Gesamtaufwand für die Paketzustellung<br />
erheblich: Derzeit beträgt die tägliche Fahrstrecke<br />
der Paketdienste durchschnittlich 3.500 Kilometer –<br />
allein in Göttingen.<br />
Durch den Grünfuchs-Ansatz kann diese Wegstrecke<br />
um bis zu 67 Prozent reduziert werden, die Fahrzeit pro<br />
Ausliefertour halbiert sich und damit verringert sich auch<br />
die Größe der benötigten Zustellflotte. Daraus resultieren<br />
Konditionen, die es für Paketdienste attraktiv machen,<br />
für die letzte Meile auf Grünfuchs zurückzugreifen. Entsprechend<br />
laufen derzeit viele Gespräche. Dossmann geht<br />
derzeit davon aus, dass der Göttinger im Stadtgebiet ab<br />
<strong>Herbst</strong> eine deutliche Reduktion der Zustellfahrzeuge sehen<br />
wird – und die grün-weißen Lastenräder dafür sichtbar<br />
in Erscheinung treten werden.<br />
108 3 | <strong>2022</strong>
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mensch<br />
» Wir sind letztlich so etwas wie ein mobiler Paketshop. «<br />
NOCH EINE WEITERE DIENSTLEISTUNG wird Grünfuchs<br />
anbieten, die von keinem der Paketdienstleister in<br />
dieser Form angeboten werden kann: Same day oder<br />
Next day delivery für den Einzelhandel der Stadt –<br />
Grünfuchs wird zum Abhol- und Lieferdienst für den<br />
lokalen Handel. Im Advent 2021 wurde das Prinzip<br />
schon in Kooperation mit dem Innenstadt-Einzelhandel<br />
angeboten und hat damit beim Kunden für Erstaunen<br />
gesorgt. In der Innenstadt an der Johanniskirche ist eine<br />
erste Annahmestelle für Pakete eröffnet worden. Der<br />
Kunde kann seine Einkäufe hier abgeben, die ihm später<br />
zugestellt werden – oder er lässt die Waren vom Geschäft<br />
selbst über den Grünfuchs nach Hause liefern.<br />
Zudem wird der Grünfuchs auch Retouren und Pakete<br />
entgegennehmen. „Wir sind letztlich so etwas wie ein<br />
mobiler Paketshop“, sagt Felix Dossmann.<br />
Und noch ein Angebot für den lokalen Einzelhandel<br />
schwebt dem Unternehmer vor. Die Halle in Elliehausen<br />
ist 5.500 Quadratmeter groß, nur ein winziger Teil, etwa<br />
250 Quadratmeter, werden für die Sortieranlage für die<br />
Pakete benötigt. „Einzelhändler brauchen verständlicherweise<br />
ein Lager, aber muss das bei denen im Gebäude ein<br />
ganzes Stockwerk einnehmen? Kleinere Händler könnten<br />
ihre Flächen besser nutzen, indem sie das Lager auslagern<br />
und trotzdem am selben Tag lieferfähig bleiben.“ Konkret<br />
kann beim Schuhhändler ein Modell anprobiert werden,<br />
wird jedoch eine andere Farbe gewünscht, liefert der<br />
Grünfuchs das entsprechende Modell in der richtigen<br />
Größe. Auch für Händler, die neu in den Onlinehandel<br />
einsteigen wollen, wäre das eine Option.<br />
IM HERZEN DES GESCHÄFTSMODELLS schlägt neben<br />
einer leistungsfähigen KI-Infrastruktur und den logistischen<br />
wie ökologischen Vorteilen noch ein sozialer: Bei<br />
seinem Personal will Dossmann gezielt Menschen gewinnen,<br />
„die beruflich nicht so viel Glück hatten und<br />
denen wir eine Chance bieten können“, denn das Radfahren<br />
benötigt keine großen Qualifizierungen. Die Einbindung<br />
in die Weiterentwicklung der Unternehmensprozesse<br />
soll für jeden Mitarbeiter genauso gelten wie<br />
Weiterentwicklungsmöglichkeiten. „Wer sich bei uns<br />
langfristig verpflichtet, kann eine Qualifikation als Anlagentechniker,<br />
Fahrradmechaniker bis hin zum Lkw-<br />
Fahrer durchlaufen.“<br />
Und weil die Räder ohnehin den ganzen Tag in der<br />
gesamten Stadt unterwegs sind, eignen sie sich auch als<br />
mobile Plattform für die Umweltdatengewinnung: Es<br />
werden unter anderem Lärm, Luftqualität sowie Erschütterungen<br />
und damit Informationen über Straßenschäden<br />
registriert und der Stadt zur Verfügung gestellt.<br />
DER GRÜNFUCHS-ANSATZ soll dabei nicht auf Göttingen<br />
beschränkt bleiben, sondern als Franchise-System<br />
auch andernorts verfügbar werden. Das Interesse für<br />
das deutschlandweite Letzte-Meile-Problem ist da: In<br />
Magdeburg und Leipzig wird das Konzept bereits eingesetzt.<br />
ƒ<br />
Warum Grünfuchs?<br />
Der Grünfuchs ist eine Figur, die Felix<br />
Dossmann mit seinen Töchtern für ihr selbst<br />
entwickeltes Spiel ,Pampomime‘ erfunden<br />
haben. Weil der Fuchs als schlaues Tier gilt und<br />
die Farbe Grün Ressourcenschonung und lokale<br />
Lieferanten symbolisieren soll, schlug eine Mitgesellschafterin<br />
Dossmanns das Tier dann als<br />
Logo und Namengeber für das neue Unternehmen<br />
vor, weil er auch gut für intelligente Nachhaltigkeit<br />
stehen kann. Von dem Ansatz überzeugt,<br />
gaben auch Dossmanns Töchter ihr O.K.<br />
Der logistische Albtraum Paketzustellung<br />
In einer mittelgroßen deutschen Stadt werden<br />
pro Tag rund 15.000 Pakete von verschiedenen<br />
Zustellern gleichzeitig ausgeliefert. Dabei werden<br />
etwa 3.500 Kilometer verfahren, 140 Fahrzeuge<br />
sind dafür im Einsatz. 8.000 Stopps für die<br />
Paketzustellung werden eingelegt. 1,86 Pakete<br />
werden pro Stopp ausgeliefert, ein Lieferfahrzeug<br />
fasst rund 130 Pakete, das ergibt 70 Stopps<br />
pro Tour, eine Tour dauert sieben Stunden.<br />
Was der Grünfuchs leisten kann: Bei einer gebündelten<br />
Zustellung von 15.000 Paketen pro<br />
Tag sind es vier Pakete pro Stopp, damit 3.800<br />
Stopps und 1.600 verfahrene Kilometer.<br />
110 3 | <strong>2022</strong>
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Volksheimstätte eG bleibt ihrem Erfolg treu<br />
Vertreterversammlung am 27.06.<strong>2022</strong><br />
Die Genossenschaftsvertreter wurden vom<br />
Vorstand und Aufsichtsrat der Volksheimstätte<br />
umfassend über das Geschäftsjahr 2021 informiert.<br />
Sie entlasteten einstimmig den Vorstand<br />
und den Aufsichtsrat, und Annegret Engelhard,<br />
Rainer Bolli und Stefan Buddenbohm<br />
wurden im Aufsichtsrat erneut bestätigt.<br />
Mit einem Jahresüberschuss in Höhe von<br />
2,7 Millionen Euro und einem Anstieg der Bilanzsumme<br />
von 92,8 Millionen Euro im Jahr<br />
2020 auf 97,3 Millionen Euro im Geschäftsjahr<br />
2021 legte die Volksheimstätte erneut<br />
das beste Ergebnis in ihrer Unternehmensgeschichte<br />
vor. „Auch die erneut beschlossene<br />
Vier-Prozent-Verzinsung auf die ersten bis<br />
dritten Genossenschaftsanteile belegt unsere<br />
stabile Geschäftsentwicklung“, so Vorstandsmitglied<br />
Thorsten May anlässlich der Vertreterversammlung.<br />
Neubauprojekt Weserstraße 51 a<br />
auf dem Leineberg<br />
Auf dem Göttinger Leineberg errichtet die<br />
Wohnungsbaugenossenschaft ein Mehrfamilienhaus<br />
mit 18 modernen Zweizimmerwohnungen<br />
auf vier Etagen. Nach dem Abriss der<br />
Garagen auf dem Baugrundstück im Februar<br />
<strong>2022</strong> konnte direkt mit den Erdarbeiten für<br />
das Fundament begonnen werden. Aktuell<br />
liegen die Bauarbeiten voll im Zeitplan. Lieferengpässe<br />
wurden nicht verzeichnet, der<br />
planmäßigen Fertigstellung des Gebäudes im<br />
Frühjahr 2023 dürfte nichts entgegenstehen.<br />
Großsanierung Friedrich-Ebert-Straße<br />
in Weende<br />
Seit April <strong>2022</strong> laufen die Arbeiten zur Großsanierung<br />
in den Häusern 58–60. Neue Balkone,<br />
neue Gebäudehülle, neue Heizung, neue<br />
Kanäle und Versorgungs stränge bedeuten für<br />
die dort lebenden Mieter der Volksheimstätte<br />
eine Herausforderung der besonderen Art.<br />
Da auch in den Wohnungen selbst durch Badund<br />
Kücheneinbau kein Stein auf dem anderen<br />
bleibt, sorgt die Genossenschaft dafür,<br />
dass die Mieter auf Wunsch für die anstrengendste<br />
Zeit der Sanierung in Ferienwohnungen<br />
untergebracht werden. „Die Belastungen<br />
der Mieter durch die Kernsanierung sind sehr<br />
hoch. Doch alle ziehen mit, und dafür sind wir<br />
sehr dankbar!“, sagt Heike Klankwarth, Vorstandsvorsitzende<br />
der Volksheimstätte, und<br />
kommentiert damit die aktuelle Situation auf<br />
der Weender Großbaustelle.<br />
KONTAKT<br />
Volksheimstätte eG<br />
Wohnungsbaugenossenschaft<br />
Kasseler Landstraße 89<br />
37081 Göttingen<br />
Tel. 0551 37077-0<br />
vh@volksheimstaette.de<br />
volksheimstaette.de
leben<br />
Das Biest<br />
Der Unternehmer und überzeugte Fan erneuerbarer Energien<br />
Ingo Stephan testet den neuesten Hybrid-Ferrari.<br />
TEXT & VIDEO CHRISTIAN VOGELBEIN<br />
FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
114 3 |<strong>2022</strong>
leben<br />
3 |<strong>2022</strong> 115
leben<br />
LESEZEIT: 6 MINUTEN<br />
Für Ferrari war es eine Premiere, als<br />
sie Anfang des Jahres einen Sechszylinder<br />
in eines ihrer Autos verpflanzt<br />
haben. Und während die<br />
eingefleischten Ti fosi – also Ferrari-Fans<br />
– wahlweise einen Rosenkranz<br />
beten oder ihren Acht- bis<br />
Zwölfzylinder streicheln, haben die<br />
Auto- und Motorenbauer aus dem<br />
Süden Italiens direkt noch einen Elektromotor dazugesteckt.<br />
Das Ergebnis heißt Ferrari 296 GTB, ist ein waschechter<br />
Hybrid – und ein echter Ferrari? Diese Frage<br />
soll heute Ingo Stephan für <strong>faktor</strong> beantworten. Der<br />
Geschäftsführer von 1Komma5° Göttingen, einem Kompetenzzentrum<br />
für Gebäudetechnik auf der Göttinger<br />
Siekhöhe, setzt seit Jahren auf Strom und die Energiewende.<br />
Mit Erfolg. Wer sonst sollte also Ferraris ersten<br />
V6-Elektro flitzer testen?<br />
Bereits der Weg zum Autohaus in Hannover – die<br />
Moll Sportwagen Hannover GmbH, einer der wenigen<br />
Ferrari-Händler in Deutschland – läuft stilecht ab, denn<br />
wir reisen von Göttingen mit Stephans Elektro-Audi in<br />
die Landeshauptstadt. Bei einer kurzen Ladepause auf<br />
halber Strecke sprechen wir über Idealismus im Handwerk,<br />
den Wunsch, die Welt zu retten, und den Traum<br />
jedes Jungen, einmal Ferrari zu fahren. Alle diese Dinge,<br />
da ist sich Ingo Stephan sicher, werden uns irgendwann<br />
gelingen. Zumindest Letzteres – die Fahrt im Ferrari – ist<br />
nur noch ein paar Kilometer entfernt.<br />
FOTOVOLTAIK, WÄRMEPUMPEN, ELEKTROMOBILITÄT.<br />
Stephan und die 1Komma5° GmbH reiten das Thema<br />
der Zeit. Die Auftragsbücher sind voll, das Unternehmen,<br />
ehemals Bode & Stephan, wächst. Anfang des Jahres<br />
kam der Namenswechsel, hinter dem so viel mehr steckt.<br />
„Wir sind jetzt Teil der Holding und damit sehr viel<br />
schlagkräftiger“, sagt der Gründer. Wir sind auf der A7<br />
in Richtung Hannover, den E-Audi fährt Stephan jetzt<br />
seit rund drei Jahren. Aus Überzeugung. „Und weil ich<br />
weiß, dass Elektroautos die besseren Autos sind.“ Durch<br />
den Namenswechsel werde auch deutlich, wie viel Idealismus<br />
in allem steckt, was er, sein Geschäftspartner<br />
Alexander Pape und die rund 80 Mitarbeitenden so vorhaben.<br />
Es braucht die Energiewende, das haben die vergangenen<br />
Monate gezeigt. Von Göttingen aus bringt<br />
1Komma5° diesen Change in die privaten Haushalte.<br />
„Wir arbeiten derzeit an 20 Objekten gleichzeitig“, sagt<br />
Stephan. Strom vom Dach, Wärme aus der Erde, Energie<br />
für das Auto. Was so einfach klingt, füllt bei vielen<br />
Handwerksbetrieben aktuell die Auftrags bücher über<br />
Monate und Jahre.<br />
Doch bei aller Sinnhaftigkeit, aller Vernunft und allen<br />
Wünschen für eine nachhaltige Zukunft: Mobilität ist<br />
auch Leidenschaft. Das wird spätestens klar, als der<br />
E-Audi das große Ferrari-Logo in Hannover passiert<br />
und eine Steckdose sucht. Unser Auto für den Tag, ein<br />
tiefschwarzer Ferrari 296 GTB (*Verbrauchswerte siehe<br />
Kasten Seite 118), wartet bereits unter der hoch stehenden<br />
Sonne. Erstmals hat Ferrari hier einen Sechszylindermotor<br />
gebaut. Normalerweise setzen die Sportwagen<br />
auf acht Zylinder oder in großen GT-Modellen<br />
sogar auf zwölf Zylinder. Das ist nicht nur eine Entscheidung<br />
der Ingenieure, sondern auch eine Haltung,<br />
die sich bei den Fans bis ins Mark verankert hat. Mit<br />
dem Mini-Motor beginnen diese zu zweifeln, zu fragen:<br />
Ist das überhaupt noch ein Ferrari?<br />
Die Antwort ist einfacher, als es sich der Purist vielleicht<br />
wünscht: ja, der Ferrari 296 GTB. Denn gemeinsam<br />
mit dem Elektromotor krallen sich 830 PS über die<br />
Hinterachse in den Asphalt. Aufgrund der speziellen<br />
Bauweise klingt der Sechszylinder auch größer, als er eigentlich<br />
ist. Fast doppelt so groß, wünschen sich zumindest<br />
die Ingenieure – und haben am Ende recht. Das<br />
macht unterm Strich mächtig Dampf, wie ein wilder<br />
Tiger beißt und brüllt es hinter dem Fahrersitz.<br />
MIT VORSICHT UND RESPEKT traut sich der rechte Fuß<br />
von Ingo Stephan heran, die Bestie zu zähmen. „Es<br />
braucht nur einen kleinen Tipper“, sagt der Unternehmer<br />
mit weit aufgerissenen Augen begeistert. Dann<br />
schaltet die Automatik wie bestellt um drei Gänge herunter,<br />
das ganze Auto meldet: Ich bin bereit. Lass uns<br />
loslegen. Und genau das passiert dann auch. Das blaue<br />
Autobahnschild salutiert und gibt die Spur frei.<br />
Der GTB ist ein kompakter und leichter Sportwagen,<br />
das Leergewicht von 1,4 Tonnen lässt die 830 PS schnell<br />
hinter sich. Auch ab 300 kennt der Ferrari nur eine Richtung.<br />
Nach 2,9 Sekunden war die 100 geknackt. „Mit<br />
Autofahren hat das wenig zu tun“, resümiert Stephan<br />
nach der ersten Stunde. „Das ist ein Biest.“ Aber ein wunderschönes.<br />
„Und sicher fühlt es sich auch an. Die Straßenlage<br />
ist brachial.“ Die Angst, einen Fehler zu machen,<br />
nimmt zumindest das Wissen um die dicke Bremsanlage,<br />
mit Scheiben so groß wie bei anderen Autos die Räder.<br />
Fast 400.000 Euro kostet dieses hybride Abenteuer aus<br />
Maranello. Wartezeit: rund anderthalb Jahre.<br />
Mittlerweile parkt der Edelsportwagen vor der<br />
1Komma5°-Firmenzentrale in Göttingen. Mitarbeiter<br />
kommen aus dem Gebäude, machen Fotos, freuen sich:<br />
„Endlich ist der neue Dienstwagen da.“ Ein Ferrari ist<br />
kein Auto. Ein Ferrari ist eine Erscheinung, ein Ereignis.<br />
Ein Abenteuer.<br />
116 3 | <strong>2022</strong>
leben<br />
»Mit Autofahren hat das wenig zu tun, das ist ein Biest.«<br />
3 |<strong>2022</strong> 117
leben<br />
Bevor wir wieder losgefahren sind, führt Ingo Stephan<br />
noch durch sein Büro. Oder besser: seinen Probe raum.<br />
Denn neben dem Schreibtisch steht ein komplettes Schlagzeug.<br />
„Ja, wir haben eine Band, und manchmal proben<br />
wir hier“, sagt Stephan eher zurückhaltend. „Letze Woche,<br />
da hatten wir aber einen Auftritt hier im Foyer, für<br />
Freunde und Kollegen.“ Seine Frau singt, Kumpels besetzen<br />
Bass und Gitarre. Gespielt wird, was gefällt und<br />
wem es gefällt. Dazu Bier, Brause und Fleisch vom Grill.<br />
Der GTB ist beinahe wie so ein Konzert. Ein bisschen<br />
drüber, unerwartet – aber mit Bier und Brause.<br />
„Es braucht ein Umdenken“, sagt Stephan zurück am<br />
Steuer und meint die Haltung der Menschen zum Thema<br />
Energie. Strom kommt in Zukunft nicht einfach aus der<br />
Steckdose, ist nicht mehr binär: an, aus. Die Energieversorgung<br />
der Zukunft ist schlau, ist vernetzt und kommuniziert<br />
mit dem Verbraucher. „Das kann sie schon jetzt“,<br />
sagt der Göttinger Unternehmer.<br />
Intelligente Systeme erkennen Zeiten, in denen mehr<br />
Strom gebraucht als produziert wird – oder andersherum<br />
– und leitet zwischengespeicherte Energie wie in einem<br />
Netzwerk hin und her. Von Haus zu Haus, Stadt zu<br />
Stadt oder Land zu Land. „Nur so kann es funktionieren.<br />
Smart.“<br />
Dann klappt es auch mit der Elektromobilität: schnelles<br />
Laden, intelligentes Reisen. Die erneute Pause auf der<br />
A7 bietet Entschleunigung und Zeit, um weiteren Gedanken<br />
nachzugehen. Zum Beispiel darüber, was ein<br />
Ferrari mit Elektromotor in den Köpfen und Herzen der<br />
Menschen macht, die ernsthaft an die Elektromobilität<br />
glauben. Und mit denen, die sie verspotten. „Ich denke<br />
schon, dass das auffällt. Aber mit gerade einmal 25 Kilometern<br />
elektrischer Reichweite muss man den Ferrari als<br />
Elektroauto nicht ernst nehmen“, sagt Ingo Stephan. Es<br />
zeige aber auch, dass selbst Sportwagenhersteller die<br />
Vorteile in der Elektromobilität erkennen. Auch, wenn<br />
diese andere Schwerpunkte setzen.<br />
ES IST WAHR, sagt der 54-Jährige, dass die ersten guten<br />
Elektroautos eher etwas für den erweiterten Geldbeutel<br />
sind. „Aber das war immer schon so mit neuer Technologie.“<br />
Für die überzeugten E-Mobilität-Gegner ist diese<br />
Aussage aber wohl genauso polarisierend, wie sie für<br />
die eingefleischten Ferrari-Fans ernüchternd ist. „Der<br />
Mensch ist eben ein Gewohnheitstier“, sagt Stephan und<br />
zieht damit sein heutiges Fazit zurück in Hannover. Es<br />
brauche erst einen Kick wie 830 PS auf der Hinterachse<br />
oder die nächste Nebenkostenabrechnung, um wirklich<br />
inspiriert zu werden und etwas ändern zu wollen. Gut<br />
also, dass es dann in jedem Fall eine Lösung gibt: etwas<br />
Fotovoltaik aufs Dach oder einen Ferrari in der Garage.<br />
Zumindest Letzteres sei für Ingo Stephan aktuell allerdings<br />
keine Option. Doch wer weiß – vielleicht irgendwann<br />
einmal ... Auch die Kollegen würden den neuen<br />
Dienstwagen sicher mehr als begrüßen. Bis dahin bleibt es<br />
aber das, was es sein soll: ein automobiler Traum. ƒ<br />
Zum Auto<br />
Modell:<br />
Motor:<br />
Leistung:<br />
Höchstgeschwindigkeit:<br />
Beschleunigung:<br />
*Verbrauch (kombiniert)<br />
Kraftstoff:<br />
Strom:<br />
CO 2 -Emissionen<br />
(kombiniert):<br />
Listenpreis:<br />
Zur Person<br />
Ferrari 296 GTB<br />
Hybrid, V6 Turbo,<br />
Elektromotor<br />
Verbrenner 663 PS,<br />
Elektromotor 167 PS,<br />
kombiniert 830 PS<br />
>330 km/h<br />
3,3 sek. von 0 auf 100 km/h<br />
7,4 l/100 km<br />
13,8 kWh/100 km<br />
169 g/km<br />
Baujahr: 1968<br />
Geburtsort:<br />
Ausbildung:<br />
Aktuelle Stelle:<br />
Familienstand:<br />
Erstes Auto:<br />
Aktuelles Auto:<br />
ab ca. 270.000 Euro<br />
Freiburg<br />
Ausbildung zum Elektriker<br />
(Wolfsburg), dann Zivildienst<br />
in Göttingen, seit 2003<br />
selbstständig<br />
Geschäftsführer bei<br />
1Komma5° GmbH<br />
verheiratet, zwei Kinder<br />
Golf 2, amerikanische<br />
Ausführung<br />
Audi E-Tron<br />
Lust auf einen rasanten Eindruck vom<br />
Ferrari 296 GTB? Dann schauen Sie<br />
Unternehmer Ingo Stephan doch bei<br />
der Probefahrt über die Schulter –<br />
in unserem <strong>faktor</strong>-Digital-Video unter:<br />
www.<strong>faktor</strong>-magazin.de/<strong>faktor</strong>-video<br />
118 3 | <strong>2022</strong>
E-Mobilität geht<br />
mit uns!<br />
Auch Sie sind<br />
jetzt e-mobil?<br />
Wir sorgen schon<br />
jetzt mit über<br />
100 Ladepunkten<br />
in Göttingen für<br />
die öffentliche<br />
Infrastruktur.<br />
pos-marken.de
leben<br />
Werte für die Ewigkeit<br />
Das Gemeinwohl in der Region fördern – das hat sich die Sparkasse Göttingen zum Ziel gesetzt.<br />
Auf dem Stiftungsportal Südniedersachsen können sich potenzielle Stifter und Interessierte informieren<br />
und gemeinsam Gutes tun.<br />
TEXT STEFAN LIEBIG ILLUSTRATIONEN STOCK.ADOBE.COM/ ANNETT SEIDLER<br />
LESEZEIT: 3 MINUTEN<br />
Der Blick ins Weltgeschehen lässt einen in<br />
die sen Tagen immer wieder verzweifeln: Kriege,<br />
Gewalt, Naturkatastrophen, Klimawandel …<br />
Viele wollen dabei helfen, einen kleinen oder auch einen<br />
größeren Beitrag zu einer etwas besseren Zukunft beizusteuern.<br />
Das kann zum einen durch Spenden realisiert<br />
werden oder aber sogar durch die Gründung einer eigenen<br />
Stiftung. Beides ist nicht ganz einfach. Denn wer<br />
spenden möchte, weiß nicht sofort, wem er sein Geld<br />
anvertrauen sollte, um es möglichst den eigenen Absichten<br />
entsprechend zielführend einzusetzen. Und wer eine<br />
Stiftung gründen möchte, muss sich erst einmal mit den<br />
entsprechenden Gesetzen und Rahmenbedingungen vertraut<br />
machen und anschließend Unterstützer finden.<br />
„An dieser Stelle setzt der Servicegedanke des Stiftungsportals<br />
Südniedersachsen an“, sagt Thomas Häntzsch,<br />
geprüfter Generationenberater und zertifizierter Financial<br />
Consultant der Sparkassen-Finanzgruppe. Als langjähriger<br />
Mitarbeiter der Sparkasse Göttingen kümmert<br />
er sich – integriert in der Abteilung Private Banking –<br />
beispielsweise um die Beratung von Unternehmern, die<br />
eine Familien- oder Unternehmensstiftung einrichten<br />
möchten. Erste Informationen über Vorsorgeregelungen,<br />
die Gestaltung eines Testaments oder über Nachlassabwicklung<br />
und Testamentsvollstreckung gibt es auf<br />
dem Portal. Alles Weitere kann dann in einem persönlichen<br />
Gespräch vertieft werden. Mit einer ganzheitlichen<br />
Heran gehensweise berät Häntzsch die Interessenten.<br />
120 3 | <strong>2022</strong>
leben<br />
Er spricht – wenn erforderlich oder empfehlenswert –<br />
auch mit deren Rechtsbeiständen oder Steuerberatern.<br />
So kann er die sinnvollste Umsetzung für das beabsichtigte<br />
gesellschaftliche Engagement herausfiltern: „Wichtig<br />
ist, dass es dabei gar nicht unbedingt um eine große<br />
Geldsumme gehen muss – oft reicht schon ein kleinerer<br />
Betrag aus, um eine Stiftung zu gründen oder eine Zustiftung<br />
zu veranlassen.“<br />
FÜR ALLE, die sich vor der eigenen Entscheidung zunächst<br />
über bereits aktive Organisationen informieren<br />
möchten, gibt es auf dem Stiftungsportal Südniedersachsen<br />
ein Register mit Kurzpräsentationen und Ansprechpartnern<br />
von über 30 aktiven regionalen Stiftungen. „In<br />
Gesprächen stelle ich oft fest, dass den Menschen in der<br />
Region viele Stiftungen kaum bekannt sind“, erzählt<br />
Häntzsch. „Dabei sind es neben den großen und bekannten<br />
Stiftungen von Vereinen wie dem ASC Göttingen<br />
oder der Heinz-Sielmann-Stiftung gerade die vielen<br />
kleinen und jungen Stiftungen, die für die Aufrechterhaltung<br />
ihres Engagements auch auf Zustiftungen oder<br />
Spenden angewiesen sind.“ Das Stiftungsportal Südniedersachsen<br />
setzt genau da an und hilft, kleinere Stiftungen<br />
besser sichtbar zu machen und sie mit potenziellen<br />
Unterstützern zu vernetzen – wie beispielsweise die<br />
Initia tive HioB/Edelgard-Löffelbein-Stiftung oder die<br />
Stiftung Vielfalt der Kulturen, die neu auf dem Portal<br />
vertreten sind.<br />
Hier gibt es neben dem Register auch einen Überblick<br />
über das, was Stiftungen inhaltlich und rechtlich ausmacht<br />
und voneinander unterscheidet. Zudem sind Infos<br />
über Gesetzesänderungen, Neugründungen und aktuelle<br />
Veranstaltungen der Stiftungen in der Region abrufbar,<br />
Spendenmöglichkeiten werden in vielen Fällen genannt,<br />
und auch alles Wichtige zum Thema Nachlass ist detailliert<br />
und übersichtlich zusammengefasst.<br />
Hier geht's zum Stiftungsportal Südniedersachsen:<br />
www.stiftungsportal-suedniedersachsen.de<br />
Kontakt<br />
Sparkasse Göttingen<br />
Private Banking<br />
Thomas Häntzsch<br />
Tel. 0551 4053028<br />
thomas.haentzsch@spk-goettingen.de<br />
„DEN ANSTOSS FÜR DAS PORTAL lieferte eine Veranstaltung,<br />
auf der der Wunsch geäußert wurde, die regionalen<br />
Stiftungen in Form eines neuen digitalen Angebots<br />
vorzustellen“, erläutert Häntzsch. Denn es sei wirklich<br />
nicht leicht, sich in diesem komplexen Thema zurechtzufinden,<br />
so der erfahrene Berater: Die Zahl der rechtsfähigen<br />
Stiftungen in Deutschland steigt stetig. Allein im<br />
Jahr 2021 entstanden 863 neue Stiftungen, insgesamt<br />
sind es inzwischen über 24.600. Eine Zahl, die eher abschreckt<br />
als einlädt. Was natürlich schade ist, denn letztlich<br />
geht es jeder einzelnen Stiftung darum, zu helfen.<br />
Ohne sie wäre Deutschland nicht nur gesellschaftlich<br />
und finanziell, sondern vor allem auch kulturell ärmer.<br />
Häntzsch resümiert: „Stiftungen geben Impulse, stärken<br />
das Miteinander in unserer Gesellschaft mit ihrer Orientierung<br />
am Gemeinwohl, fördern den gesellschaftlichen<br />
Wandel und nehmen sich Zukunftsfragen an. Sie schaffen<br />
Werte für die Ewigkeit.“ ƒ<br />
3 |<strong>2022</strong> 121
leben<br />
Die Köpfe öffnen<br />
122 3 | <strong>2022</strong>
leben<br />
Der Literaturherbst und das Literarische Zentrum haben eine neue Heimat:<br />
das Literaturhaus Göttingen. <strong>faktor</strong> trifft die beiden neuen Bewohner und<br />
den privaten Sponsor Joachim Kreuzburg zum Interview. Gemeinsam gehen<br />
Anja Johannsen und Johannes-Peter Herberhold mit dem Sartorius-Chef<br />
und Literaturfan der Frage nach, warum Lesen unser Leben reicher<br />
macht und Häuser eine Seele brauchen.<br />
INTERVIEW ANJA DANISEWITSCH<br />
FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
Im Mai dieses Jahres öffnet das Literaturhaus Göttingen in der<br />
Nikolaistraße seine schwere alte Holztür, um die Besucher in<br />
seinen frisch sanierten Räumen zu begrüßen. Vor mehr als sechs<br />
Jahren hatte der Geschäftsführer des Göttinger Literaturherbstes,<br />
Johannes-Peter Herberhold, die Idee, aus dem damals leer<br />
stehenden Haus einen Dreh- und Angelpunkt der Literatur zu<br />
machen. Die Lage in unmittelbarer Nähe zum Kunstquartier,<br />
die Größe – alles passte.<br />
In Anja Johannsen, Geschäftsführerin des Literarischen<br />
Zentrums Göttingen, fand er eine Mitstreiterin, die sofort<br />
begeistert und mit von der Partie war. 2019 begann die<br />
Planungsphase.Während das Literarische Zentrum ein<br />
ganzjähriges Programm hat, ist der Göttinger Literaturherbst<br />
ein Festival mit rund zwei Wochen vollem Programm an<br />
unterschiedlichen Spielorten. Jetzt sind beide Institutionen<br />
unter einem Dach vereint und können noch enger als bisher<br />
zusammenarbeiten.<br />
Ermöglicht hat dies unter anderem der Sartorius-Vorstandsvorsitzende<br />
Joachim Kreuzburg, der mit Geld aus seiner<br />
eigenen Tasche und Know-How entscheidend dazu beiträgt,<br />
das Literaturhaus mit Leben zu füllen.<br />
3 |<strong>2022</strong> 123
leben<br />
„Lesen vergrößert die eigene Welt.<br />
Man erlebt dabei Geschichten,<br />
die man sonst eben nicht<br />
erleben würde. Und das empfinde<br />
ich als sehr bereichernd.“<br />
JOACHIM KREUZBURG<br />
Seit einem halben Jahr ist das Literaturhaus nun geöffnet.<br />
Das Literarische Zentrum hat dort erste Veranstaltungen<br />
durchgeführt, der Literaturherbst findet demnächst statt.<br />
Würden Sie sagen, das Haus hat bereits eine Seele?<br />
Johannes-Peter Herberhold: Das Haus hat auf jeden Fall<br />
bereits eine Seele! Mir ist aufgefallen, dass ich an diesem<br />
Haus früher immer vorbeigelaufen bin, all die Jahre. Der<br />
Haupteingang war zugemauert. Die Fenster von innen<br />
verblindet. Man hat es gar nicht wahrgenommen, dieses<br />
Haus. Wenn ich heute dort langgehe, dann denke ich:<br />
Das ist eigentlich ,das‘ Ankerhaus in diesem Straßenzug.<br />
Das wird sich zum schlagenden Herzen des Literaturherbstes<br />
entwickeln.<br />
Anja Johannsen: Die Rede des deutsch-bosnischen Schriftstellers<br />
Saša Stanišić, dem wir bei der Eröffnungsveranstaltung<br />
alle zu Füßen lagen, hatte genau das zum Thema:<br />
Was für eine Seele hat so ein Haus? Oder bildlich<br />
gesprochen: Welche Musik spielt eigentlich in solch<br />
einem Haus? Und überhaupt in Literaturhäusern? Es<br />
ging dabei vor allem um die Vielstimmigkeit der Musik,<br />
die erklingen soll. Ich glaube, das lösen wir jetzt schon<br />
ein. Wenn man dieses Haus betritt, ist gleich klar: Hier<br />
passiert etwas Tolles.<br />
Joachim Kreuzburg: Ich hatte während der gesamten Entstehungsgeschichte<br />
des Umbaus den Eindruck, dass ganz<br />
viele Menschen mit großer Freude mitgemacht haben.<br />
Sie beide natürlich, aber auch alle am Bau Beteiligten.<br />
124 3 | <strong>2022</strong>
„Der Haupteingang war<br />
zugemauert. Die Fenster von<br />
innen verblindet. Man hat es gar<br />
nicht wahrgenommen, dieses<br />
Haus. Wenn ich heute dort langgehe,<br />
dann denke ich: Das ist<br />
eigentlich ,das‘ Ankerhaus in<br />
diesem Straßenzug. Das wird sich<br />
zum schlagenden Herzen des<br />
Literaturherbstes entwickeln“.<br />
JOHANNES-PETER HERBERHOLD<br />
leben<br />
„Es ging dabei vor allem um die<br />
Vielstimmigkeit der Musik,<br />
die erklingen soll. Ich glaube,<br />
das lösen wir jetzt schon ein.<br />
Wenn man dieses Haus betritt,<br />
ist gleich klar: Hier passiert<br />
etwas Tolles.“<br />
ANJA JOHANNSEN<br />
3 |<strong>2022</strong> 125
leben<br />
126 3 | <strong>2022</strong>
leben<br />
Ich glaube, man spürt, mit wie viel Herzblut und Hingabe<br />
an diesem Projekt gearbeitet wurde.<br />
Johannsen: Aber es wäre alles gar nicht gegangen ohne<br />
Sie, Herr Kreuzburg. Der Verbindung zwischen Ihnen und<br />
Johannes-Peter Herberhold ist es zu verdanken, dass es<br />
überhaupt zu dieser Kooperation hat kommen können.<br />
Wie kam es denn zu dieser Kooperation?<br />
Kreuzburg: Mit dem neu eröffneten Literaturhaus entstand<br />
eine räumliche Nähe zum Kunsthaus – dem zentralen<br />
Punkt des Göttinger Kunstquartiers –, bei dem Sartorius<br />
großer Unterstützer ist. Dort ermöglichen wir aktuell<br />
freien Eintritt für alle. Das ist ein ganz wichtiger Anreiz,<br />
Menschen dazu zu bewegen, hineinzugehen und die<br />
Kunst zu erleben. Und dann ist Sartorius als Unternehmen<br />
natürlich auch seit vielen Jahren Partner des Literaturherbstes.<br />
Herberhold: Seit 18 Jahren, um genau zu sein.<br />
Kreuzburg: Und das aus großer Überzeugung und mit viel<br />
Begeisterung. Im Falle des Literaturhauses habe ich mich<br />
allerdings privat engagiert.<br />
Wie genau sieht Ihr privates Engagement aus?<br />
Kreuzburg: Ich habe wesentliche Teile des Umbaus aus<br />
eigener Tasche finanziert.<br />
Durch ihre persönliche Unterstützung setzen Sie ein<br />
Zeichen. Welche Rolle spielt Literatur in Ihrem Leben?<br />
Kreuzburg: Ich lese seit frühester Jugend und das sehr<br />
gern und reichlich. Lesen vergrößert die eigene Welt.<br />
Man erlebt dabei Geschichten, die man sonst eben nicht<br />
erleben würde. Und das empfinde ich als sehr bereichernd.<br />
Verbinden Sie mit Ihrem Engagement<br />
irgendwelche Hoffnungen?<br />
Kreuzburg: Hoffnung ... [überlegt] Es ist interessant, dass<br />
Sie das so herum fragen. Ich habe mir die Frage so nie<br />
gestellt. Als mir Herr Herberhold die Idee vorstellte und<br />
fragte, ob ich das Projekt unterstützen möchte, war ich<br />
einfach davon begeistert, und ich bin überzeugt, dass<br />
das Literaturhaus ganz wunderbar funktionieren und<br />
vielen Menschen Freude machen wird.<br />
Man erzählt, Sie waren im Frühjahr <strong>2022</strong> oft morgens<br />
schon um halb sieben auf der Baustelle, um nach dem<br />
Rechten zu sehen?<br />
Kreuzburg: [lacht] Ich war jetzt nicht täglich auf der Baustelle,<br />
aber schon involviert. Vor allem in der Planungsphase,<br />
weil es mir sehr wichtig war, dass wir das Bestmögliche<br />
aus den baulichen Gegebenheiten herausholen<br />
konnten. Die eigentliche Arbeit hat dann aber natürlich<br />
ein kompetentes Kernteam mit ganz hervorragenden<br />
3 |<strong>2022</strong> 127
leben<br />
Experten geleistet. Die muss man machen lassen und<br />
sollte nicht im Weg herumstehen.<br />
Wie sieht Ihre weitere Teilhabe am Literaturhaus aus?<br />
Johannsen: [lacht] Es gibt da so eine Ecke im Haus, die<br />
könnte die ‚Kreuzburg-Ecke‘ werden. Sie haben immer<br />
wieder gesagt: „Genau da werde ich dann immer sitzen<br />
…, den Arm so lässig auf die Brüstung …“ Ich denke<br />
jedes Mal an Sie, wenn ich an dieser Ecke vorbeigehe.<br />
Kreuzburg: Okay. [lacht] Dann werde ich mich da wohl<br />
tatsächlich ab jetzt hinsetzen.<br />
Ich freue mich einfach auf die kommenden Veranstaltungen<br />
– auf das Programm des Literarischen Zentrums<br />
und des Literaturherbstes. Leider bin ich geschäftlich<br />
viel unterwegs und kann nicht so häufig dabei sein, wie<br />
ich das gern würde. Das habe ich während der Pandemie<br />
tatsächlich genossen: Der Literaturherbst hatte 2020<br />
und 2021 seine Veranstaltungen durchgeführt, bevor der<br />
jeweils nächste Lockdown kam, und gleichzeitig konnte<br />
man nicht viel reisen. Als Folge konnte ich in den letzten<br />
beiden Jahren an mehr Veranstaltungen teilnehmen als<br />
zuvor.<br />
Nach drei Jahren von der Konzeptphase bis zur<br />
Eröffnung ist es nun geschafft. In diesem Jahr wird<br />
der Literaturherbst endlich in den eigenen Räumen<br />
stattfinden. Wie fühlt sich das für Sie an, Herr Herberhold?<br />
Herberhold: Allein das. In seinem eigenen Haus die Pressekonferenz<br />
für diese Veranstaltung machen zu können!<br />
Und dann ist da auch das Festivalbüro. Das heißt, vorn<br />
am Eingang können sich die Leute schon einmal die<br />
Bücher ansehen, die besprochen werden. Sie können<br />
Tickets kaufen. Und wir haben endlich auch ein eigenes<br />
Festivalzentrum, wo das Apex-Team während der Laufzeit<br />
des Literaturherbstes eine Pop-up-Kneipe machen<br />
wird. Das hat sich die Apex-Küchenchefin Jacqueline<br />
Amirfallah schon lange gewünscht. Dort kann man sich<br />
informieren, abends einfach mal vorbeikommen und mit<br />
Künstlern zusammensitzen, eine Kleinigkeit essen und<br />
trinken.<br />
Und das alles unter einem Dach – das Literaturhaus<br />
als Zentrum eines Literaturfestivals. Die Johanniskirche,<br />
das Alte Rathaus, die Paulinerkirche, das Deutschen<br />
Theater – all diese wunderbaren Spielorte, an denen weitere<br />
tolle Lesungen stattfinden werden, sind fußläufig<br />
um uns herum. Ich bin so gespannt auf das, was da entsteht.<br />
Toll.<br />
Johannsen: Das macht so einen Unterschied. Obwohl<br />
wir als Literarisches Zentrum nur eine Straße weitergerückt<br />
sind. Einfach dieser enorme Zugewinn an Sichtbarkeit<br />
und die Tatsache, dass man Laufpublikum haben<br />
kann.<br />
Kreuzburg: Ich glaube, es gibt in Göttingen wahnsinnig<br />
viele Literaturfans. Und Fans sind ja das Beste, was man<br />
sich wünschen kann. Das sind Leute, die nicht nur kommen,<br />
weil sie es ,irgendwie‘ interessant finden, sondern<br />
die wirklich sagen: Das ist mein Ding. Entsprechend ist<br />
die Stimmung, und darauf freue ich mich!<br />
Und natürlich auch darauf, dass es hoffentlich gelingt,<br />
die Dinge in der Innenstadt noch ein bisschen besser<br />
miteinander zu verweben. Der Garten des Kunsthauses<br />
ist ein sehr schöner, fast meditativer Ort. Es wäre sehr<br />
bereichernd, das Literaturhaus mit diesem Garten zu<br />
verbinden.<br />
128 3 | <strong>2022</strong>
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Moderne Medizin braucht Neugier, Forschergene, Teamgeist.<br />
Wo viele denken, kommt viel heraus.<br />
Universitäre Medizin in Göttingen ist innovativ.<br />
Hightech-Medizin, modernste Labore, genaueste Bildgebung,<br />
internationale Forschungsverbünde.<br />
Und Menschen, die das alles können.<br />
Dafür sind wir da.<br />
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leben<br />
Wo Sie gerade das Kunsthaus nochmal ansprechen –<br />
das Projekt wurde im Vorfeld ja immer wieder durchaus heftig<br />
und kontrovers diskutiert. Um das Literaturhaus, das ja<br />
auch zum Kunstquartier gehört, gab es weniger<br />
öffentliche Debatten. Woran lag das?<br />
Kreuzburg: Ein Umbau innerhalb eines Gebäudes ist natürlich<br />
weniger auffällig als ein Neubau. Man bekommt<br />
wirklich erst mit, was darin Neues geschaffen wurde,<br />
wenn die Tore aufgehen.<br />
Herberhold: Die Kritik entzündet sich doch häufig an öffentlichen<br />
Geldern, die dann im Vorfeld meistens zu<br />
knapp geplant worden sind. Wir hatten zwar große Unterstützung<br />
von Oberbürgermeister Köhler und jetzt<br />
auch von Oberbürgermeisterin Broistedt – und überhaupt<br />
hat die Stadt vieles möglich gemacht. Doch wir<br />
hatten Sponsoren, finanzieren das Haus vor allem über<br />
die hereinkommenden Mieten – denn der Saal des Literaturhauses<br />
kann für Feiern, Empfänge oder Konferenzen<br />
angemietet werden – und die Personalstellen gab es<br />
alle vorher schon.<br />
Johannsen: Das bedeutet, es fließt natürlich städtisches<br />
Geld in die Institutionen, aber eben kein Cent mehr als<br />
zuvor. Wer sollte sich also darüber aufregen?<br />
Außer einem radikalen Literaturgegner.<br />
Und die gibt es?<br />
jetzt diskutieren, bestehen nicht erst seit gestern. Heute<br />
sitzen sie bei Markus Lanz, aber vorgestern waren die<br />
im Literaturherbst in Göttingen, weil sie sich vorvorgestern<br />
schon Gedanken über diese Themen gemacht haben.<br />
Kreuzburg: Ich möchte jetzt an sich nicht breit darauf eingehen,<br />
ob und wie weit die Gesellschaft zersplittert oder<br />
sich sogar Fronten bilden. Denn es ist wichtig, die vielen<br />
Beispiele zu sehen, wo das nicht so ist und Menschen<br />
gemeinsam großartige Dinge erreichen. Aber tatsächlich<br />
gibt es viel zu häufig ein unglaubliches Maß an Intoleranz<br />
– und jedes einzelne Mal ist eines zu viel. Wenn Intoleranz<br />
in Ignoranz mündet, dann wäre es noch halbwegs<br />
erträglich. Aber nach meinem Empfinden mündet<br />
es heute in noch viel höherem Maß als noch vor 20 oder<br />
30 Jahren in Gegnerschaft, Anfeindungen und Hass.<br />
Und da kann sich tatsächlich diese Horizonterweiterung<br />
durch Lesen positiv auswirken. Man liest etwas<br />
über den Alltag von Menschen, die ganz anders leben –<br />
dieses teilweise Eintauchen oder sich Auseinandersetzen<br />
kann dazu beitragen, neu und anders auf Dinge zu blicken<br />
und anders damit umzugehen. Insofern würde ich<br />
das schon so sehen, dass in diesen Zeiten Literatur und<br />
auch andere Kunstformen eine immens wichtige Rolle<br />
spielen können.<br />
Ein schönes Schlusswort, danke dafür –<br />
und vielen Dank Ihnen allen für das Gespräch.<br />
Herberhold: Nein, das ist ja das Schöne an der Literatur.<br />
Kreuzburg: Es gibt höchstens Ignoranz.<br />
Ignoranz ist ein passendes Stichwort: Wir haben Krieg. Wir<br />
haben Pandemie. Würden Sie sagen, dass sich<br />
die Aufgabe von Literatur verändert?<br />
Johannsen: Das hat Saša Stanišić in seiner Eröffnungsrede<br />
eigentlich alles schon vorweggenommen. Er hat erklärt,<br />
inwiefern das, was wir so tun, immer notwendiger<br />
wird. Je schlimmer das ist, was viele erleben müssen,<br />
desto wichtiger ist es, dass es Räume gibt, in denen gesprochen,<br />
gesungen und musiziert werden kann. In denen<br />
man sich begegnen kann. Dabei muss jedoch nicht<br />
immer nur Harmonie produziert werden. Es sollte auch<br />
Abende und Tagesveranstaltungen geben, wo man irritiert<br />
oder nachdenklich nach Hause geht. Hauptsache,<br />
es gerät irgendetwas in Bewegung. Meiner Auffassung<br />
nach ist das die Hauptaufgabe von einer Kulturinstitution:<br />
die Köpfe zu öffnen.<br />
Herberhold: Belletristik ist natürlich auch immer ein Spiegel<br />
dessen, was so passiert, gesellschaftlich. Es ist ein<br />
offenes Spielfeld. Wie Herr Kreuzburg vorhin sagte:<br />
Man liest etwas, und es folgt die persönliche Bewusstseinserweiterung.<br />
Für das Literaturhaus kann ich sagen:<br />
Erklär-Literatur gehört bei uns ganz viel dazu, ebenso<br />
wie Sachbücher. Wenn Sie heute im TV anschauen, wer<br />
da alles als Experte oder Expertin auftaucht … Die waren<br />
alle schon einmalbei uns. Denn die Probleme, die sie<br />
Literaturherbst <strong>2022</strong><br />
vom 22.10. – 6.11.<strong>2022</strong><br />
Was liegt dieses Jahr an?<br />
Der 31. Göttinger Literaturherbst gibt in diesem Jahr<br />
wieder alles: 71 Veranstaltungen an 28 Spielorten in<br />
16 Tagen.<br />
Was ist neu?<br />
Der Literaturherbst eröffnet im neuen Literaturhaus in<br />
der Nikolaistraße sein eigenes Festivalzentrum, das<br />
während der gesamten Zeit für Besucher geöffnet ist.<br />
Was bleibt?<br />
Bewährt hat sich das ON-AIR-Ticket, mit dem<br />
Literaturinteressierte neben den Live-Veranstaltungen<br />
rund 60 Lesungen im Stream miterleben können.<br />
Das Programm ist wieder mit nationalen und internationalen<br />
Größen der Literaturszene besetzt, vom<br />
Sachbuch über Belletristik bis hin zu Comedy.<br />
Weitere Info unter:<br />
www.literaturherbst.com<br />
130 3 | <strong>2022</strong>
Direkte<br />
Verteilung in über<br />
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150 Jahre Trinkwasser-<br />
versorgung in Göttingen<br />
Trinkwasser ist für den Menschen das wohl wichtigste Lebensmittel. Die Göttinger Stadtwerke feiern<br />
in diesem Jahr den Beginn der städtischen Trinkwasserversorgung vor 150 Jahren.<br />
„Trinkwasser ist unser wichtigstes<br />
Lebensmittel und durch nichts zu<br />
ersetzen. Deshalb hat die Wasserversorgung<br />
als öffentliche Aufgabe<br />
diese immense Bedeutung. Die<br />
Stadtwerke kommen dieser verantwortungsvollen<br />
Daseinsvorsorge<br />
nun schon seit über 150 Jahren<br />
nach. Dafür gebührt ihnen<br />
unser aller Dank, und das ist wirklich<br />
ein guter Grund zu feiern.“<br />
Die Geschichte der Göttinger Trinkwasserversorgung<br />
beginnt vor 150<br />
Jahren. 1872 beschließt der Rat der<br />
Stadt Göttingen den Bau einer Wasserleitung<br />
zwischen der Reinsquelle und den Brunnen in<br />
der Innenstadt. Die Reinsquelle wie auch die<br />
Reinsrinne sind heute zwar nicht mehr in die<br />
städtische Trinkwasserversorgung eingebunden,<br />
stellen aber Relikte der ersten öffentlichen<br />
Wasserversorgung in Göttingen dar.<br />
Fünf Jahre danach beginnt die Verlegung der<br />
ersten Wasser-Hausanschlüsse. 1892 kauft<br />
die Stadt dann das Gelände an der Stegemühle<br />
von der Gemeinde Geismar. Im selben Jahr<br />
wird dort der erste Brunnen in Betrieb genommen.<br />
1899 wird die Wassergewinnung auf<br />
diesem Gelände ausgebaut. Die Springmühle<br />
in Grone geht 1932 in das Eigentum der Stadt<br />
über und wird sieben Jahre später erschlossen.<br />
1948 erleben die Menschen eine erste<br />
Wasserknappheit – nach dem Krieg wächst die<br />
Bevölkerung, sprunghaft entstehen Gewerbeund<br />
Industriebetriebe, und eine anhaltende<br />
Trockenheit lässt den Grundwasserspiegel<br />
bedrohlich absinken. In einem Vierjahresplan<br />
der Stadtverwaltung werden die im Krieg zum<br />
Teil beschädigten Anlagen erneuert, die Maschinen-<br />
und Elektroanlagen ausgetauscht<br />
sowie eine Schnellfilteranlage zur Aufbereitung<br />
des Leinewassers gebaut. Ein Jahr später<br />
schließt die Stadt mit dem Land Niedersachsen<br />
einen Nutzungsvertrag der Rasequelle in<br />
Weende ab.<br />
TROTZ DES STAGNIERENDEN WASSER-<br />
VERBRAUCHS in den 1970er-Jahren kann<br />
der Bedarf der Bevölkerung aus den städtischen<br />
Wassergewinnungsanlagen in Geismar,<br />
Grone und Weende langfristig nicht mehr<br />
gedeckt werden. Nach zahlreichen Untersuchungen<br />
und Anstrengungen, nahe Göttingen<br />
ein neues Wasseraufkommen ausfindig zu<br />
PETRA BROISTEDT<br />
OBERBÜRGERMEISTERIN
PROFIL<br />
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Stadtwerke-Mitarbeitende aus dem Geschäftsbereich Wasserversorgung<br />
machen, beschließt das Land Niedersachsen<br />
schließlich den Anschluss der Stadt an die<br />
Fernversorgung aus dem Harz. 1978 wird das<br />
Abkommen mit den Harzwasserwerken besiegelt.<br />
Ab dem 1. Januar 1980 fließen jährlich<br />
ca. 8 Millionen Kubikmeter Wasser über eine<br />
40 Kilometer lange Leitung aus der Sösetalsperre<br />
bis zur Übernahmestation der Stadtwerke<br />
oberhalb des Weendesprings.<br />
DIE WACHSENDE INDUSTRIALISIERUNG<br />
und weitere Entstehung von Gewerbegebieten<br />
sowie die Belastung der Gewässer durch die<br />
landwirtschaftliche Nutzung haben zunehmend<br />
Anforderungen an den Wasser- und Umweltschutz<br />
für die Wasserförderung aus den<br />
Eigenanlagen zur Folge. Man beschließt die Einrichtung<br />
von Wasserschutzzonen um die Wassergewinnungsanlagen<br />
herum, die verhindern<br />
sollen, dass Rückstände u. a. von Klärschlamm<br />
und Gülle in das Grundwasser gelangen, aus<br />
dem das Trinkwasser gewonnen wird. So entstehen<br />
1985 die Wasserschutz zone um die<br />
Springmühle und fünf Jahre später um die anderen<br />
beiden Gewinnungsgebiete. Der Einfluss<br />
auf die Versorgung der Göttinger Bevölkerung<br />
mit Harzwasser wächst im November 1996, als<br />
das Land Niedersachsen die Harzwasserwerke<br />
an ein Abnehmerkonsortium verkauft, zu<br />
dem fortan mit 6 Prozent auch die Stadtwerke<br />
gehören. Bis heute besteht das Göttinger Trinkwasser<br />
aus einem Anteil von 20 Prozent aus<br />
den Eigengewinnungsanlagen – 60 Prozent<br />
davon kommen aus dem Wasserwerk in Grone,<br />
25 Prozent aus der Stegemühle in Geismar<br />
und 15 Prozent aus der Gewinnungsanlage am<br />
Weendespring. In den Mischstationen im Stadtgebiet<br />
werden Harz- und Eigenwasser über ein<br />
aufwendiges Verfahren miteinander vermischt.<br />
Über ein fast 500 Kilometer langes Leitungsnetz<br />
gelangt das Mischwasser in die Haushalte.<br />
Die Stadtwerke schöpfen die Kapazität der Eigengewinnungsanlagen<br />
nicht aus und könnten<br />
bei Ausfall der Versorgung aus dem Harz die<br />
Stadt für einen begrenzten Zeitraum komplett<br />
mit Eigenwasser versorgen.<br />
Mehr als 600 Proben jährlich aus dem<br />
Wassernetz gewährleisten die hohe Qualität<br />
des Göttinger Trinkwassers. Anfang der<br />
1990er Jahre wird am Mühlengraben das erste<br />
Wasserkraftwerk in Betrieb genommen.<br />
DIE MODERNE WASSERVERSORGUNG in<br />
Göttingen hat sich stark gewandelt. Für die<br />
Stadtwerke Göttingen hat die Erhaltung der<br />
hohen Wasserqualität oberste Priorität. Nicht<br />
zuletzt deshalb setzen die Stadtwerke auf viele<br />
Faktoren, um das Trinkwasser umfassend<br />
zu schützen. Wassersparprogramme, die<br />
Ausweisung großflächiger Wasserschutzgebiete<br />
rund um die Brunnenfelder und etwa<br />
ihre beratende Rolle für die Landwirte in der<br />
Kooperation Trinkwasserschutz Obere Leine<br />
sowie ständige Kontrollen der Wasserqualität<br />
sind nur einige Punkte, um dieses Ziel zu erreichen.<br />
Das Göttinger Trinkwasser zeichnet<br />
sich durch seinen hohen Mineralstoffgehalt<br />
sowie einen geringen Anteil an Kalk aus, denn<br />
das Wasser aus dem Harz ist Oberflächenoder<br />
auch Niederschlagswasser und somit<br />
besonders weich. Es entspricht nicht nur allen<br />
gesetzlichen Vorgaben der Deutschen<br />
Trinkwasserverordnung, seine überragende<br />
Qualität hat ihm auch laut eines Artikels in<br />
der Wirtschaftswoche aus 2014, der die Ergebnisse<br />
eines Trinkwassertests des Verbrauchermagazins<br />
Öko-Test in 69 deutschen Städten<br />
zusammenfasst, Platz 1 beschert. Oberbürgermeisterin<br />
Petra Broistedt betont: „Trinkwasser<br />
ist unser wichtigstes Lebensmittel und durch<br />
nichts zu ersetzen. Deshalb hat die Wasserversorgung<br />
als öffentliche Aufgabe diese immense<br />
Bedeutung. Die Stadtwerke kommen<br />
dieser verantwortungsvollen Daseins vorsorge<br />
nun schon seit über 150 Jahren nach. Dafür<br />
gebührt ihnen unser aller Dank, und das ist<br />
wirklich ein guter Grund zu feiern.“<br />
KONTAKT<br />
Stadtwerke Göttingen AG<br />
Hildebrandstraße 1<br />
37081 Göttingen<br />
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Dr. Christian Fricke-Neef<br />
FOTO: ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
Unterstützung in der Stressfalle<br />
Das Asklepios Fachklinikum Tiefenbrunn in Rosdorf hat ein neues dreigliedriges Unterstützungsangebot<br />
entworfen, das sich insbesondere an Selbstständige und Führungskräfte richtet.<br />
Die letzten Jahre und noch einmal verstärkt<br />
die Pandemie haben für Selbstständige<br />
und Führungskräfte einen<br />
Trend beschleunigt: Die Belastung mit Stress<br />
hat deutlich zugenommen. Zum einen sind da<br />
die Beschäftigten aus der Generation Y (die in<br />
den 1980er- bis in die Mitte der 1990er-Jahre<br />
Geborenen), die höhere Ansprüche an die<br />
Arbeitsumgebung stellen, weil für sie die<br />
Work Life-Balance eine größere Rolle spielt.<br />
Für Führungskräfte bedeutet das anspruchsvollere<br />
Führungsaufgaben und eine veränderte<br />
Vorbildrolle. Zum anderen haben viele<br />
Arbeitsprozesse durch die Pandemie eine Verdichtung<br />
erfahren. Stress ist die Folge.<br />
„DAS HAT VIELE FÜHRUNGSKRÄFTE an ihre<br />
Grenze gebracht“, sagt Dr. Christian Fricke-Neef,<br />
Ärztlicher Direktor am Asklepios Fachklinikum<br />
Tiefenbrunn in Rosdorf, und beschreibt damit<br />
die Erfahrung, die er bei seinen Patient:innen<br />
gerade auch in der Corona-Zeit gemacht hat.<br />
„Stetig sich ändernde gesetzliche Rahmenbedingungen,<br />
Existenzsorgen und wirtschaftliche<br />
Zwänge haben bei Vielen gleichsam das<br />
Fass der noch bewältigbaren Herausforderungen<br />
zum Überlaufen gebracht.“ Hilfreich ist<br />
dabei, dass die Akzeptanz und Entstigmatisierung<br />
von psychotherapeutischer Hilfe heute<br />
bedeutend größer als noch vor zehn oder 20<br />
Jahren ist. „Ich erlebe auch bei Unternehmen<br />
ein Umdenken, sodass sie dahingehend in bewährte<br />
Mitarbeiter investieren.“<br />
ENTSPRECHEND HAT DAS ASKLEPIOS<br />
FACHKLINIKUM sein Angebot in der Privatklinik<br />
deutlich ausgebaut und neu konzipiert. 31<br />
Betten für den stationären Aufenthalt stehen<br />
dort inzwischen zur Verfügung, aber auch eine<br />
teilstationäre Betreuung ist möglich. Hinzu<br />
kommt die Notfallambulanz, über die kurzfristig<br />
erste Gespräche und Unterstützung zu<br />
bekommen sind. „Unser Angebot richtet sich<br />
vor allem an Privatversicherte, die es im Vergleich<br />
zu Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung<br />
noch schwerer haben, überhaupt<br />
einen Therapieplatz zu bekommen“, so<br />
Fricke-Neef.<br />
Mit dem neuen dreigliedrigen Angebot<br />
deckt Asklepios alles von wenigen Sitzungen<br />
über Kurzzeitkriseninterventionen bis zum<br />
längerfristigen vollstationären Aufenthalt ab.<br />
Mit diesem Angebot will sich die Privat klinik<br />
auch insbesondere an die Region richten.<br />
Denn schließlich gebe es eine Reihe von Menschen,<br />
die aufgrund der Familiensituation<br />
eben gerne ein solches Angebot in der Nähe<br />
hätten, so Fricke-Neef.<br />
ZUR VERFÜGUNG STEHT EIN differenziertes<br />
Therapieangebot: von klassischer<br />
Gesprächstherapie bis unter anderem zur<br />
Ergo-Gestaltungstherapie, Musiktherapie oder<br />
physikalischen Therapien. Die Privatklinik<br />
selbst befindet sich idyllisch gelegen in einem<br />
Neubau auf dem historischen Klinikumsgelände<br />
mit weitläufiger Parkanlage und altem<br />
Baumbestand und Bachlauf.<br />
KONTAKT<br />
Asklepios Fachklinikum Tiefenbrunn<br />
Dr. Christian Fricke-Neef<br />
Ärztlicher Direktor<br />
Tel. 0551 5005-210<br />
c.fricke@asklepios.com<br />
www.asklepios.com/tiefenbrunn<br />
TEXT: SVEN GRÜNEWALD
leben<br />
136 3 |<strong>2022</strong>
leben<br />
Die Erde bebt<br />
Der Ursprung der Geophysik steckt in einem Göttinger Bunker. Seit über 100 Jahren liefert die<br />
Wiechert’sche Erd beben warte am Hainberg exakte Daten, wenn die Welt erschüttert wird.<br />
TEXT & VIDEO CHRISTIAN VOGELBEIN FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
3 |<strong>2022</strong> 137
leben<br />
Schwere Masse, zärtliche Nadel<br />
Mit dieser tonnenschweren Kugel<br />
wurden früher Erdbeben erzeugt. Noch<br />
heute ist sie Teil der Führungen und wird aus<br />
mehreren Metern Höhe fallen gelassen.<br />
Die Bewegung der gigantischen Masse wird über<br />
Hebel so weit vergrößert, dass eine Nadel im<br />
Inneren des Bunkers sich ein paar Millimeter auf<br />
präparierem Rußpapier bewegen kann – und so<br />
winzigste Boden bewegungen aufzeichnet (r.).<br />
Wenn sich die Erde bewegt oder der Wind auf<br />
den Berg drückt, dann sehen sie es als Erste:<br />
Geophysiker in aller Herren Länder betrachten mit<br />
hochsensiblen Instrumenten die Welt.<br />
Dieser besondere Blick fand seine Anfänge vor über<br />
100 Jahren in Göttingen. Noch heute lassen sich die<br />
raffinierten und tonnenschweren Maschinen in der<br />
Wiechert’schen Erdbebenwarte in einem Bunker am<br />
Hainberg bestaunen. Der dazugehörige Verein<br />
kümmert sich um den Erhalt – und rettete vor<br />
17 Jahren diese Erinnerung vor der Zerstörung.<br />
Mit einem seiner Gründer, Wolfgang Brunk,<br />
entdeckt <strong>faktor</strong> die letzten Geheimnisse,<br />
die der Bunker für sich behält.<br />
LESEZEIT: 6 MINUTEN<br />
Die Erde bebt. Für einen Augenblick,<br />
eine Sekunde, breiten<br />
sich Druckwellen, die für<br />
den Menschen kaum zu spüren<br />
sind, durch den Boden<br />
aus. Vier Tonnen Eisen fielen<br />
gerade aus gut 15 Metern<br />
Höhe auf einen Quadratmeter<br />
Hainberg. Die geschmiedete<br />
Kugel hatte einst Ludger Mintrop bauen und<br />
erstmals fallen lassen, um Erdbeben zu simulieren. Bis<br />
dahin nutzten er und sein Lehrer, Emil Wiechert, dazu<br />
Dynamit. Mehr als 100 Jahre ist es nun her, dass<br />
die ersten Seismografen das Fallen der Kugel aufzeichneten.<br />
Diese Apparaturen, fast 20 Tonnen schwer und augenscheinlich<br />
unverwüstlich, sind zugleich so filigran<br />
konstruiert und sensibel, dass sie auch die winzigsten Bodenbewegungen<br />
registrieren und mittels einer millimetergroßen<br />
Nadel auf ein Stück berußtes Papier zeichnen.<br />
WER SICH DIE MUSEUMSSEISMOGRAFEN ansehen<br />
möchte, muss vier Türen durchlaufen. Der kleine Raum<br />
mit den dicken Wänden ist an den Berghang gebaut. Es<br />
riecht nach Öl, nach Holz, Ruß und Zeitgeschichte.<br />
Das orangenfarbene Licht der Lampen trifft auf dunkle<br />
Holzkästen mit welligen Glasscheiben und grauem<br />
138 3 | <strong>2022</strong>
leben<br />
3 |<strong>2022</strong> 139
leben<br />
» Hier ist viel Übung und Fingerspitzengefühl gefragt.<br />
Mittlerweile kommen sogar Künstler zu uns,<br />
um sich den Prozess anzuschauen. «<br />
Beton. Drei große mannshohe Apparate stehen in dem<br />
engen Zimmer, einer schwerer und wuchtiger als der andere,<br />
gefüllt mit Eisenplatten, Steinen und Zahnrädern.<br />
„Was hier steht, ist schon ziemlich genial“, sagt Wolfgang<br />
Brunk schwärmend. Der Geschäftsführer des Göttinger<br />
Messtechnik-Unternehmens VisiCon ist ehrenamtlicher<br />
Vorsitzender des Vereins, der sich seit Jahren leidenschaftlich<br />
um die Erinnerung der Warte und die angrenzenden<br />
Gebäude, die vier Tonnen schwere Kugel und<br />
den Ursprung der Geophysik kümmert. „Diese riesigen<br />
Gewichte balancieren hier millimetergenau. Wahnsinn“,<br />
sagt Brunk. Das ist tatsächlich beeindruckend, denn viel<br />
bewegt sich hier für das bloße Auge nicht. Eine winzige<br />
Nadel kratzt eine Linie auf ein mit Ruß bedecktes Blatt.<br />
Tag für Tag, seit mehr als 100 Jahren.<br />
DAMIT SIE DAS IMMER NOCH TUT, gibt es seit 2005<br />
den Verein, der Gelände und Einrichtung der Uni zunächst<br />
abgekauft hat und seitdem die Anlagen wie ein<br />
Museum betreibt. 2004 wollte die Uni die historischen<br />
Anlagen abstoßen und die Geräte entsorgen. Noch heute<br />
bebt Brunks Stimme, wenn er davon erzählt. Empört, erschüttert,<br />
wütend waren er und seine Mitstreitenden damals<br />
gewesen. Mit Geduld und Fingerspitzengefühl gelang<br />
es ihnen aber, Anlage und Gelände zu übernehmen.<br />
Seitdem sind über 100.000 Euro in den Betrieb und die<br />
Instandsetzung geflossen. Finanziert ausschließlich aus<br />
Spenden. Im Gegenzug bieten Brunk und seine Mitstreitenden<br />
Führungen an und erklären leidenschaftlich die<br />
Geschichte und Funktion der Menschen und Maschinen,<br />
die an diesem Ort wirkten und wirken.<br />
Denn heute gehört die Wiechert’sche Erdbebenwarte<br />
zu den beliebtesten Ausflugszielen in Göttingen, für viele<br />
jedoch ist dies noch immer ein echter Geheimtipp. Der<br />
Verein bietet Führungen gegen Spenden an, informiert,<br />
erklärt, erinnert. Zackige Linien an den Wänden, aufgezeichnet<br />
auf Papier, zeugen von bemerkenswerten Erdbewegungen<br />
der vergangenen Jahre und Jahrzehnte. Sumatra<br />
2004, Chile 2010, Fukushima 2011. Beben, Tausende<br />
Kilometer entfernt, gemessen und aufgezeichnet<br />
mit hundertjährigen Maschinen in Göttingen. Daneben<br />
gibt es in Göttingen auch einen modernen Seismografen,<br />
der sekündlich Messwerte in die Welt schickt. Anders als<br />
die tonnenschweren Kolosse von Wiechert ist das heutige<br />
Messgerät deutlich kleiner. Auch ihn bekommen Besucher<br />
zu sehen, um zu verstehen, wie sich die Wissenschaft<br />
seit ihrer Geburt in Göttingen vor mehr als einhundert<br />
Jahren ent wickelt hat.<br />
DOCH WER ÜBER ETWAS ERZÄHLEN MÖCHTE, das so<br />
alt ist, muss es auch bewahren können. Mit großem Aufwand<br />
und finanziellen Mitteln kümmert sich der Verein<br />
um den Erhalt der Einrichtungen. Insbesondere aber um<br />
den Betrieb. Denn die drei historischen Messgeräte<br />
140 3 | <strong>2022</strong>
leben<br />
Feingefühl gefragt Das Papier muss vorab speziell in Handarbeit berußt werden (o.), damit die Nadel dort anschließend die feinen Bebenlinien<br />
einzeichnen kann. Das Rußpapier hält etwa einen Tag, bis es ,voll‘ beschrieben ist, wird dann speziell lackiert und für die Ewigkeit archiviert (u.).<br />
3 |<strong>2022</strong> 141
leben<br />
Zur Erdbebenwarte<br />
Die Wiechert’sche Erdbebenwarte Göttingen ist die<br />
erste und älteste Erdbebenwarte der Welt, die mit<br />
Seismografen ausgestattet wurde, welche wissenschaftlich<br />
auswertbare Seismogramme lieferten und<br />
noch immer in Funktion sind. Der Ort lebendiger<br />
Wissenschaftsgeschichte erfreut sich seit Jahren<br />
größter Beliebtheit – bei Besuchern aus der Region<br />
und von Übersee.<br />
Jeden ersten Sonntag im Monat ab 14 Uhr findet eine<br />
Führung durch die Gebäude und über das Gelände<br />
statt. Höhepunkt ist der Fall der vier Tonnen schweren<br />
Mintrop-Kugel. Die kostenfreien Führungen dauern in<br />
der Regel 1,5 bis 2 Stunden und sind auch individuell<br />
für Gruppen buchbar.<br />
Um Anmeldung wird gebeten.<br />
zeichnen seit ihrer Inbetriebnahme ununterbrochen<br />
Messdaten auf. Inzwischen zwar auch digital, um laut<br />
Brunk vergleichbare Daten zu haben, aber immer noch<br />
mit feiner Nadel auf einem berußten Stück Papier. Diese<br />
Papierbahnen müssen täglich ausgetauscht und anschließend<br />
aufwendig archiviert werden. Zuvor aber muss in<br />
Handarbeit genau die richtige Menge Ruß auf die Bahnen<br />
aufgebracht werden – und zwar so, dass das Papier<br />
dabei nicht verbrennt. „Hier ist viel Übung und Fingerspitzengefühl<br />
gefragt. Mittlerweile kommen sogar<br />
Künstler zu uns, um sich den Prozess anzuschauen“, sagt<br />
Brunk stolz. Die Technik selbst findet sonst praktisch<br />
nirgendwo mehr Anwendung.<br />
WIE ES MIT DEM VEREIN SELBST WEITERGEHT, ist<br />
mittlerweile wohl die größte Frage am Hainberg. Der<br />
69-Jährige ist einer von noch acht arbeitenden Aktiven,<br />
alle anderen sind mittlerweile Rentner. Nachwuchs gibt<br />
es nicht – dafür hatte sich aber offenbar die Universität<br />
um die vorherige Präsidentin Ulrike Beisiegel wieder für<br />
das Gelände und seine historische Bedeutung interessiert.<br />
„Das kann mit dem nächsten Präsidenten aber auch wieder<br />
anders aussehen“, sagt Brunk und winkt vorsichtig<br />
ab. Bis auf die Erinnerung daran, dass in Göttingen zum<br />
ersten Mal sichtbar wurde, wie die Erde bebt, bleibt<br />
dann nicht mehr viel übrig. Nur das Staunen und das<br />
Erinnern. Und das Beben, wenn beides zusammenkommt.<br />
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Herzberger Landstraße 180/182<br />
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im <strong>faktor</strong>-Digital-Video unter:<br />
www.<strong>faktor</strong>-magazin.de/<strong>faktor</strong>-video<br />
Übrigens: Mehr über den Geschäftsführer<br />
Wolfgang Brunk und sein Unternehmen VisiCon<br />
lesen Sie in dieser Ausgabe ab Seite 46.<br />
142 3 | <strong>2022</strong>
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PROFIL PROFIL<br />
Tradition und Moderne<br />
Die HKS Sicherheitsservice GmbH geht mit Anna-Lena Keilholz erfolgreich in die zweite Generation des<br />
Familienunternehmens.<br />
top-familienunternehmen<br />
„Traditionelle Werte wie<br />
Ehrlichkeit und dass<br />
man zu seinen Fehlern<br />
steht – ohne das wären<br />
wir heute nicht dort, wo<br />
wir stehen.“<br />
Anna-Lena Keilholz<br />
E<br />
ine Tradition entwickelt sich, wenn<br />
man unter anderem moralische Werte<br />
von Generation zu Generation weitergibt.<br />
Und wenn diese Werte für das Wachstum<br />
eines Unternehmens mit verantwortlich<br />
sind, umso mehr. Jedoch war der Vater<br />
zweier Töchter und Firmengründer Heiko S.<br />
Keilholz nicht sicher, ob sein 1995 gegründetes<br />
Unternehmen, die HKS Sicherheitsservice<br />
GmbH, tatsächlich in Familienhand<br />
bleiben würde. „Zum Glück stand für meine<br />
ältere Tochter Anna-Lena schon relativ früh<br />
fest, das sie die Firmennachfolge antreten<br />
möchte. Meine andere Tochter Marie-Luise<br />
entschied sich stattdessen für eine Banklaufbahn“,<br />
sagt der Familienvater durchaus<br />
zufrieden. Bis heute ist der 58-Jährige Geschäftsführer<br />
der Unternehmensgruppe HKS,<br />
die durch schne les Wachstum inzwischen<br />
ein umfassendes Angebot rund um Sicherheit<br />
zu bieten hat: Sicherheitsservice, Unternehmensberatung,<br />
Projektmanagement<br />
sowie eine Immobilien- und Verwaltungsgese<br />
lschaft, und 2009 kam durch eine Firmenübernahme<br />
die Technikerfahrung der<br />
Wendler Alarmanlagen GmbH hinzu. Seit<br />
Juli 2017 ist Anna-Lena Keilholz nun Geschäftsführerin<br />
des Firmenzweigs HKS Sicherheitsservice<br />
GmbH.<br />
Im Interview mit Vater und Tochter zeigt<br />
sich schne l, wie gut und umsichtig diese<br />
Entscheidung getro fen wurde. „Im Grunde<br />
bin ich mit dieser Firma aufgewachsen. Ich<br />
war bei der Gründung fünf Jahre alt und<br />
ging am Wochenende mit meinem Vater ins<br />
Büro, um Papiere zu schreddern“, erinnert<br />
sich Anna-Lena Keilholz. Sobald sie vo ljährig<br />
war, arbeitete sie auf Veranstaltungen<br />
und bei Überwachungen mit und verdiente<br />
auf diese Weise während ihres General-<br />
Management-Studiums ihr Geld. Doch allein<br />
mit Ferienjobs war es weder aus ihrer<br />
noch aus der Sicht ihres Vaters getan. Sie<br />
wo lten beide umsichtig die Nachfolge planen<br />
und nicht die Fehler vieler anderer Unternehmer<br />
vor ihnen wiederholen, indem<br />
der Senior nur scheinbar bereit ist, seinen<br />
Stuhl zu räumen. „Mir war es wichtig, dass<br />
Anna-Lena ihren eigenen Weg geht und ich<br />
mich aus ihren Entscheidungen heraushalte“,<br />
so Heiko S. Keilholz. Nicht immer hat es<br />
so reibungslos geklappt, aber Fehler gehören<br />
zum Leben, so sieht man es in diesem<br />
Unternehmen. Aber dann muss eben darüber<br />
gesprochen werden – dies sei ein wesentlicher<br />
Aspekt der Unternehmensführung,<br />
das betont auch die neue Geschäftsführerin:<br />
„Transparenz und Kommunikation<br />
mit den Angestelten und den Kunden<br />
gehören bei uns ganz selbstverständlich<br />
dazu. Traditionele Werte wie Ehrlichkeit<br />
und dass man zu seinen Fehlern steht –<br />
ohne das wären wir heute nicht dort, wo<br />
wir stehen“, sagt Keilholz Junior.<br />
Generationenübergreifende Unternehmensführung:<br />
Anna-Lena und Heiko S. Keilholz<br />
03| 2018 45<br />
Doppelseitiges Profil<br />
Logoplatzierung auf dem ausklappbaren Cover<br />
44 03| 2018<br />
PROFIL<br />
top-familienunternehmen<br />
Wohn- und Lebensqualität<br />
CUBUS GmbH & Co. KG, Unternehmer seit mehr als 40 Jahren erfolgreich im Immobilienmarkt.<br />
D<br />
ie CUBUS Conceptions-, Baubetreuungs-,<br />
Bauträger-Gese lschaft mbH<br />
& Co. KG gehört zu den füh renden<br />
Die schon erbauten Gebäude wurden kürzlich<br />
von der Stadt Göttingen mit der „grünen<br />
Hausnummer“, als besondere Leistung<br />
Unternehmen in der südniedersächsischen<br />
Immobilienbranche. Der Geschäftsführende<br />
Gese lschafter Klaus Schneider<br />
und sein Sohn Claus-Henrik Schneider,<br />
für den Klimaschutz, ausgezeichnet.<br />
Über aktuelle Herausforderungen …<br />
ste lvertretender Geschäftsführer und Prokurist,<br />
geben einen Einblick über ihr Geschäft,<br />
die aktue len Herausforderungen<br />
und die Unternehmensnachfolge.<br />
Es gibt deutschlandweit einen hohen Bedarf<br />
an Wohnraum: Die Menschen wo len<br />
Über CUBUS GmbH & Co. KG …<br />
zurück in die Zentren, kurze Wege zum Arbeitsplatz<br />
und die Angebote einer Großstadt<br />
zu Fuß oder per Fahrrad oder Stadtbus<br />
wahrnehmen können, sodass auch in<br />
,Plateau Grün‘ Passivhaus 2021<br />
Wir bewegen uns mit unseren Firmen seit<br />
mehr als 40 Jahren erfolgreich in strukturstarken<br />
und historisch gewachsenen Immobilienmärkten,<br />
dazu gehören neben<br />
der Stadt Göttingen Wohnungen in vernünftiger<br />
Lage und mit einem adäquaten<br />
Göttingen auch Frankfurt, Düsseldorf, Köln<br />
Baustandard quasi nicht verfügbar sind.<br />
und Bonn. Unsere jahrzehntelange Erfahrung<br />
setzen wir dabei für unsere Käufer<br />
E sind mehr Grundstücke notwendig, und<br />
die Verdichtung von Wohnraum ist gefragt.<br />
Die Kapazitäten im Handwerk aus dieser<br />
immer wieder in ein stress- und risikofreies<br />
Bauen um – Bauen und Kaufen so lte<br />
doch Spaß machen! Außerdem ist es immer<br />
wieder faszinierend, dass unsere Liebe<br />
zur Architektur, gepaart mit Qualität,<br />
Region sind ausgeschöpft, und entsprechend<br />
ist Bauen auf unserem hochwertigen,<br />
energetischen Niveau sehr teuer geworden.<br />
Abgesehen davon, dass der Staat<br />
seinerseits ein großer Preistreiber ist.<br />
Über Zukunft und Strategie …<br />
Kreativität und Know-how unseren Käufern<br />
so ein schönes Domizil beschert. Wir<br />
haben seit 1995 mehr als 300 Eigentumswohnungen<br />
in Göttingen gebaut, mit rund<br />
20.000 Quadratmetern Wohnfläche.<br />
Zunächst wo len wir unsere gewachsene,<br />
stets erfolgreiche Geschäftsphilosophie<br />
Parkwohnungen an den Schi lerwiesen<br />
Über das aktuelle Bauvorhaben …<br />
Ende dieses Jahres schließen wir unser<br />
weiter umsetzen. Dazu zählen ,Lage, Lage,<br />
Lage‘, eine ansprechende besondere Architektur,<br />
hoch attraktive Grundrisse, welche<br />
stets Unikate sein so lten, und eine<br />
über durchschnittliche Bauausstattung bei<br />
jüngstes Projekt ,Plateau Grün‘ Passivhaus<br />
2021 bereits zwei Jahre vor Zielfertigstellungstermin<br />
ab – mit einem Investitionsvolumen<br />
von mehr als 43 Mi lionen Euro.<br />
einem attraktiven Preis-Leistungs-Verhältnis.<br />
Den lokalen Schwerpunkt wollen<br />
wir weiterhin erhalten, die Stadt so lte<br />
42 03| 2018<br />
A le 135 Wohnungen sind bereits verkauft.<br />
aber weitere Flächen zur Bebauung zur<br />
Verfügung ste len, damit wir den aktue len<br />
Bedarf decken können. Hierzu zählt auch<br />
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Fax 0551 30983911<br />
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www.mehralseinmagazin.de<br />
Herausgeber<br />
Marco Böhme (V.i.S.d.P.)<br />
(boehme@<strong>faktor</strong>-magazin.de)<br />
Chefredaktion<br />
Elena Schrader<br />
(schrader@<strong>faktor</strong>-magazin.de)<br />
Autoren<br />
Anja Danisewitsch, Rupert Fabig, Sven Grünewald,<br />
Kim Henneking, Stefan Liebig, Christian Vogelbein,<br />
Stefanie Waske<br />
Art-Direktion & Layout<br />
Julia Braun<br />
Fotografie<br />
Alciro Theodoro da Silva, Marco Bühl<br />
Lektorat<br />
CoLibris - Lektoratsbüro<br />
Dr. Barbara Welzel<br />
Anzeigen<br />
Nicole Benseler, Alexander Schneider (Leitung Digitalvertrieb)<br />
Geschäftsführender Gesellschafter<br />
Marco Böhme<br />
Auflage<br />
11.000<br />
Druckerei<br />
Silber Druck oHG, Kassel<br />
Redaktions- und Anzeigenschluss der nächsten Ausgabe<br />
ist der 15. November <strong>2022</strong>.<br />
Wenn Sie den <strong>faktor</strong> zukünftig nicht mehr kostenfrei erhalten<br />
möchten, nehmen wir Sie aus dem Verteiler, und Sie bekommen<br />
keine Exemplare mehr. Schicken Sie uns dazu bitte eine Mail an:<br />
info@<strong>faktor</strong>-magazin.de<br />
Redaktionsbeirat<br />
Dr. Friedemann Baum, Prof. Dr. Uwe Fischer, Rainer Giese,<br />
Fritz Güntzler, Ines Dietze, Dr. Klaus Heinemann,<br />
Jürgen Hollstein, Jürgen Jenauer, Carsten Lohrengel,<br />
Lars Obermann, Thomas Richter, Ulrich G. Büchner,<br />
Mark C. Schneider, Prof. Dr. Matthias Schumann,<br />
Claudia Trepte, Dr. Marko Weinrich, Prof. Dr. Winfried Weber,<br />
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die männliche Form (generisches Maskulinum), z.B. ,der Journalist‘.<br />
Wir meinen immer alle Geschlechter im Sinne der Gleich behandlung.<br />
Die verkürzte Sprachform hat redaktionelle Gründe und ist wertfrei.<br />
<strong>faktor</strong>-Partner<br />
Audi Zentrum<br />
Göttingen<br />
dr. Bodenburg<br />
Zilian<br />
Werk<br />
Rechtsanwalts- und Notarkanzlei in Göttingen<br />
Netzwerkpartner<br />
InnovationsCluster<br />
it GÖTTINGEN<br />
3 |<strong>2022</strong> 145
146 3 |<strong>2022</strong>
WirWunder<br />
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