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Interview<br />
mit EBZ-Professor Viktor Grinewitschus<br />
„Ärmel<br />
hoch und<br />
an die<br />
Arbeit“<br />
magazin: Professor Grinewitschus, in Ihrem Fachbeitrag in<br />
dieser Ausgabe machen Sie sich stark für mehr Digitalisierung<br />
in Gebäuden, um die Energieeffizienz zu verbessern.<br />
Nun gilt die Wohnungswirtschaft nicht gerade als digitalaffin.<br />
Werden Ihre Ratschläge buchstäblich verpuffen?<br />
Viktor Grinewitschus: Die Wohnungswirtschaft ist kein homogenes<br />
Gebilde, die Unternehmen sind ja recht unterschiedlich aufgestellt.<br />
Wir beraten bereits Wohnungsbauunternehmen, wie sich<br />
die Digitalisierung zur Steigerung der Energieeffizienz nutzen lässt.<br />
Die Bandbreite reicht von den ganz Großen der Branche bis hin zu<br />
kleineren kommunalen Unternehmen. Letztendlich ist die Digitalisierung<br />
Chefsache, nur wenn der Vorstand für dieses Werkzeug<br />
offen ist, machen Gespräche über Maßnahmen Sinn.<br />
magazin: Wie reagieren Mieter auf die Maßnahmen, die Sie<br />
so vorschlagen?<br />
Grinewitschus: Heute haben Mieter aufgrund der aktuellen Entwicklungen<br />
Sorge, die Heizkostenabrechnung im nächsten Jahr<br />
nicht bezahlen zu können; das ist ein sehr reales Problem. Insofern<br />
sehen wir ein großes Interesse an schnell umsetzbaren Tipps. Ob<br />
uns Hinweise zum energiesparenden Duschen wirklich weiterbringen,<br />
daran habe ich meine Zweifel. Zu klein ist das Potenzial, zu<br />
individuell das Verhalten. Um Heizkosten zu senken, bauen viele<br />
Mieter auf eigene Kosten smarte Thermostate ein. Allerdings<br />
sind das in der Regel die Haushalte mit den geringen Verbräuchen,<br />
die sich mit dem energieeffizienten Heizen sowieso schon<br />
gut auskennen. Sorgen machen uns die Haushalte mit einem bis<br />
zu 2,5-fachen des Durchschnittsverbrauches. Meist ist ihnen der<br />
Zusammenhang zwischen dem eigenen Verhalten und der Höhe<br />
des Wärmeverbrauchs unklar. Für diese Haushalte brauchen wir<br />
geeignete Maßnahmen.<br />
Deutschland<br />
701,96 Mt<br />
Großbritannien<br />
369,88 Mt<br />
Europa<br />
5 450 Mt<br />
Italien<br />
337,09 Mt<br />
Russland<br />
1 680 Mt<br />
Saudi Arabien<br />
582,15 Mt<br />
Türkei<br />
405,13 Mt<br />
magazin: Krieg in der Ukraine, zu wenig Gas aus Russland,<br />
und die kalte Jahreszeit steht vor der Tür. Wie sehen Ihre Erwartungen<br />
für die nächsten Monate aus?<br />
Grinewitschus: Deutschland belegt in Europa bei den CO 2<br />
-Emissionen<br />
pro Kopf den Platz 2 (7,75 t CO 2<br />
pro Person in 2019). Es<br />
fällt mir schwer zu glauben, dass da keine 15 Prozent Einsparungen<br />
drin sind, ohne dass Menschen in ihren Wohnungen frieren.<br />
Wir sollten uns diesbezüglich nicht selbst verzwergen, viele Technologien<br />
stehen uns zur Verfügung und warten im Grunde genommen<br />
auf ihren Einsatz. Bei unseren Projekten fällt uns immer<br />
wieder auf, wie weit wir bei den Gebäuden von einem wirklich<br />
energieeffizienten Betrieb entfernt sind. Mein Appell: Ärmel hoch<br />
und an die Arbeit!<br />
magazin: Energiesparen ist quasi ein Muss. Die Wohnungswirtschaft<br />
versucht es seit Wochen mit Appellen und dreht<br />
schon mal ein wenig am Temperaturregler. Haben Sie noch<br />
Tipps für Mieter und Vermieter auf Lager?<br />
Grinewitschus: Vermieter sollten nicht mehr Heizleistung zur<br />
Verfügung stellen als es dem aktuellen Bedarf entspricht. Also:<br />
Deutlich runter mit den Temperaturniveaus! Wichtig: Heizungskeller<br />
abschließen und nicht bei Beschwerden sofort alle Knöpfe am<br />
Wärmeerzeuger auf Anschlag drehen lassen. Änderungen der Einstellungen<br />
dokumentieren und begründen lassen. Hier ist Feintuning<br />
angesagt! Mut zur Nachtabsenkung! Und ganz wichtig: Eine<br />
unterjährige Verbrauchsinformation erstellen, mit der Mieter etwas<br />
anfangen können. Mietern mit hohen Verbräuchen empfehle<br />
ich, das eigene Heizverhalten kritisch zu hinterfragen. Oft sind es<br />
nicht (nur) die Raumtemperaturen, sondern das Lüftungsverhalten.<br />
Kurzes Stoßlüften ist absolut notwendig, Dauerkipplüften die<br />
pure Energieverschwendung.<br />
magazin: Danke, Herr Grinewitschus, für das Gespräch, Ihr<br />
gelungenes Projekt und den interessanten Fachbeitrag. h<br />
Iran<br />
779,53 Mt