Bildungspraxis 04/2022
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4/<strong>2022</strong> | November / Dezember / Januar | 19201 | Deutschland 6,80 € | Österreich 7,50 € | Schweiz 11 CHF<br />
www.bildungspraxis.de<br />
ALLES DRIN?<br />
WARUM DIE AEVO-PRÜFUNG EIN UPDATE BRAUCHT<br />
AUSBILDUNG<br />
Konzepte aus der<br />
Möbelbranche<br />
IM FOKUS<br />
Reform der Ausbilderqualifizierung<br />
WEITERBILDUNG<br />
Tipps für den<br />
Videochat
GemeinsamZukunftBilden<br />
BERUFLICHE BILDUNG<br />
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AUSBILDUNG WEITERBILDUNG HÖHERE BERUFSBILDUNG<br />
Eine Initiative der:<br />
der DIHK-Bildungs-gGmbH
EDITORIAL<br />
AUSBILDUNGSPERSONAL<br />
GUT VORBEREITEN<br />
Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />
Ausbilderinnen und Ausbilder<br />
nehmen in der dualen<br />
Ausbildung eine Schlüsselrolle<br />
ein. Sie planen und<br />
organisieren den Lernweg<br />
ihrer Azubis, sie unterstützen<br />
diese bei fachlichen<br />
und organisatorischen Fragen und koordinieren<br />
die Kooperation mit anderen<br />
Lernorten. Aus diesem Grund ist es<br />
richtig, dass die Ausbildereignungsverordnung<br />
AEVO neben der fachlichen<br />
und persönlichen auch die berufs- und<br />
arbeitspädagogische Eignung zur Voraussetzung<br />
für die Ausbildertätigkeit<br />
macht – und dass sie definiert, welche<br />
Kompetenzen diese Eignung ausmachen.<br />
Die Inhalte der Ausbilderqualifizierung<br />
auf Basis der AEVO müssen<br />
jedoch auf der Höhe der Zeit sein.<br />
Aktuelle Themen wie der digitale<br />
Wandel, die Heterogenität der Auszubildenden<br />
oder Nachhaltigkeit müssen<br />
darin eine wichtige Rolle spielen. Daher<br />
ist es gut, dass Politik, Arbeitnehmer<br />
und Arbeitgeber nun zusammen<br />
diskutieren, wie der Rahmenplan für<br />
die AEVO-Qualifizierungen angepasst<br />
werden muss, um Ausbilderinnen und<br />
Ausbildern Rüstzeug für die aktuellen<br />
Herausforderungen in der Ausbildungswelt<br />
mitzugeben.<br />
Eine bestandene AEVO-Prüfung<br />
wird nicht ausreichen, um als Ausbildender<br />
dauerhaft kompetent und<br />
fundiert vorbereitet zu bleiben. Um<br />
Kenntnisse aufzufrischen und neue<br />
Phänomene fachlich sicher für die<br />
Ausbildung nutzen zu können, ist<br />
lebenslanges Lernen nötig. Gefragt<br />
ist also sowohl die Bereitschaft zur<br />
Weiterbildung bei den Ausbilderinnen<br />
und Ausbildern – aber auch die<br />
Bereitschaft der Unternehmen, die<br />
dafür nötigen Freiräume und Mittel<br />
bereitzustellen.<br />
In der aktuellen Ausgabe von <strong>Bildungspraxis</strong><br />
werden wir daher die<br />
Ausbilderqualifizierung in den Fokus<br />
nehmen. Praktische Beispiele zeigen<br />
dabei, wie divers der berufliche und<br />
fachliche Hintergrund bei denen ist,<br />
die sich heute an einer Ausbilderqualifizierung<br />
beteiligen.<br />
Ich wünsche Ihnen eine<br />
anregende Lektüre, Ihr<br />
Prof. Dr. Wassilios E. Fthenakis<br />
Chefredakteur <strong>Bildungspraxis</strong><br />
Abbildung: © Sascha Kreklau<br />
›› BILDUNGSPRAXIS 4/<strong>2022</strong> | 1
INHALT<br />
Ausbildungskooperationen in der Möbelindustrie,<br />
ab Seite 16<br />
Vernetzte Lernsysteme und ihre Stärken,<br />
ab Seite 26<br />
Im Fokus<br />
Die Ausbildereignungsprüfung<br />
6 „Gute Ausbilderinnen und<br />
Ausbilder sind mit Geld nicht<br />
zu bezahlen“<br />
Neue Anforderungen an die AEVO<br />
10 Von der Fachkraft zum Ausbilder<br />
Drei Fachkräfte und ihr Weg zum<br />
Ausbilderschein<br />
Ausbildung<br />
16 Eine Bildungskette für<br />
Nischenbranchen<br />
Ein innovatives Konzept aus<br />
der Möbelindustrie<br />
20 Ausbildung News<br />
WEBCAM<br />
FÜRS DISTANZ-<br />
LERNEN<br />
GEWINNEN<br />
Seite 21<br />
Weiterbildung<br />
22 „Die Kamera muss an bleiben“<br />
Bildungsarbeit im Videochat<br />
26 Vernetzt lernen<br />
Das Potenzial adaptiver<br />
Lernmanagementsysteme<br />
30 Weiterbildung News<br />
32 Veranstaltungen <strong>2022</strong>/23<br />
DIE NÄCHSTE BILDUNGSPRAXIS ERSCHEINT IM FEBRUAR 2023.<br />
2 | ›› BILDUNGSPRAXIS – 4/<strong>2022</strong>
IMPRESSUM<br />
›› Herausgeber: Didacta Ausstellungs- und Verlagsgesellschaft mbH<br />
Rheinstraße 94 • 64295 Darmstadt<br />
AVR Agentur für Werbung und Produktion GmbH<br />
Arabellastraße 17 • 81925 München<br />
›› Chefredaktion: Prof. Dr. mult. Wassilios E. Fthenakis (verantwortlich)<br />
wassilios@fthenakis.de<br />
›› Verlag und AVR Agentur für Werbung und Produktion GmbH<br />
Redaktionsanschrift: Arabellastraße 17 • 81925 München<br />
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Silvia Gallus<br />
Thorsten Timmerarens<br />
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›› Marketing: Christoph Gülden<br />
›› Autorinnen und Autoren Michelle Jörgens<br />
dieser Ausgabe: Markus Kamann<br />
Julia Knopf<br />
Joachim Martin<br />
Marius Schönberger<br />
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›› Art Direction und Michaela Körner<br />
Bildredaktion:<br />
›› Grafik Design: Sabrina Gentner<br />
›› Composing: Udo Karohl<br />
›› Titelbild: © Foxstudio / Shutterstock.com<br />
›› Erscheinungsweise: 4 × jährlich<br />
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Hans-Georg-Weiss-Straße 7, 52156 Monschau<br />
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Schweiz 11 CHF<br />
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Beiträge freier Autoren geben nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion wieder.<br />
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Erfüllungsort und Gerichtsstand ist München. Nachdruck oder<br />
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© AVR GmbH <strong>2022</strong><br />
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IM FOKUS<br />
4 | ›› BILDUNGSPRAXIS – 4/<strong>2022</strong>
WAS MUSS<br />
ALLES REIN?<br />
Die Ausbildereignungsverordnung (AEVO)<br />
legt fest, dass Ausbilderinnen und Ausbilder<br />
eine Mindestqualifikation nachweisen müssen,<br />
um ausbilden zu dürfen. Doch nicht alle der<br />
vorgeschriebenen Inhalte sind noch zeitgemäß.<br />
Im <strong>Bildungspraxis</strong>-Fokusthema geht es darum,<br />
was sich daran ändern sollte.<br />
›› BILDUNGSPRAXIS 4/<strong>2022</strong> | 5
IM FOKUS<br />
„GUTE AUSBILDERINNEN<br />
UND AUSBILDER SIND MIT<br />
GELD NICHT ZU BEZAHLEN“<br />
Die Inhalte der Ausbildereignungsprüfungen werden sich ändern.<br />
Welche Aktualisierungen es braucht und warum motivierte Ausbildende für<br />
Betriebe so wichtig sind, erklärt Berufsbildungsfachmann Michael Härtel.<br />
Interview Vincent Hochhausen<br />
Abbildungen: © Ground Picture / Shutterstock.com; BIBB<br />
6 | ›› BILDUNGSPRAXIS – 4/<strong>2022</strong>
Dokumentenkameras<br />
für den Unterricht<br />
Im Interview<br />
MICHAEL HÄRTEL<br />
ist Leiter des Arbeitsbereiches Lehren und Lernen,<br />
Bildungspersonal beim Bundesinstitut für Berufsbildung<br />
in Bonn. Er ist an den Diskussionen zu den<br />
Änderungen am AEVO-Rahmenplan beteiligt.<br />
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Robust und leicht<br />
<strong>Bildungspraxis</strong>: Ist das, was angehende<br />
Ausbilderinnen und Ausbilder<br />
in den Ausbildereignungsprüfungen<br />
nachweisen müssen, noch zeitgemäß?<br />
Michael Härtel: An einigen Stellen gibt<br />
es Überarbeitungsbedarf. Das haben wir<br />
2021 in einer Kurzstudie festgestellt und<br />
auf Weisung der Politik wird das BIBB<br />
nun zusammen mit den Sozialpartnern<br />
im Rahmen von Sachverständigengesprächen<br />
über konkrete Änderungen am<br />
AEVO-Rahmenplan diskutieren.<br />
Diese Diskussionen sollen bis zum<br />
nächsten Sommer abgeschlossen sein<br />
und dem Hauptausschuss des BIBB<br />
vorgelegt werden.<br />
In welchen Bereichen werden<br />
Änderungen erfolgen?<br />
Das wird letztlich in den nun anstehenden<br />
Sachverständigengesprächen<br />
gemeinsam mit allen Beteiligten erarbeitet.<br />
Zur Diskussion dürften dabei<br />
unter anderem die Veränderungen<br />
stehen, die durch die zunehmende<br />
Digitalisierung, den sich beschleunigenden<br />
Klimawandel oder auch<br />
die Heterogenität, also die Verschiedenheit<br />
der Auszubildenden in der<br />
täglichen Ausbildungspraxis zu berücksichtigen<br />
sind.<br />
Waren Jugendliche in der Ausbildung<br />
nicht schon immer verschieden?<br />
Klar, es gab schon immer leistungsstärkere<br />
und -schwächere Auszubildende.<br />
Aber inzwischen gibt es auch<br />
Die Ausbildereignungsverordnung<br />
AEVO regelt,<br />
welche Kenntnisse<br />
Ausbilderinnen und<br />
Ausbilder in der dualen<br />
Ausbildung haben<br />
müssen. Der AEVO<br />
Rahmenplan regelt,<br />
welche Inhalte in den<br />
Ausbildereignungsprüfungen<br />
abgefragt und in<br />
den Vorbereitungskursen<br />
vermittelt werden<br />
müssen. Dieser Rahmenplan<br />
wurde zuletzt<br />
2009 aktualisiert.<br />
Der Hauptausschuss<br />
ist das wichtigste Organ<br />
des Bundesinstituts für<br />
Berufsbildung (BIBB)<br />
und berät die Politik<br />
in Fragen, die die Berufsbildung<br />
betreffen.<br />
Er setzt sich aus je acht<br />
Vertretern des Bundes,<br />
der Länder sowie der<br />
Arbeitgeber- und der<br />
Arbeitnehmerseite zusammen.<br />
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IM FOKUS<br />
Ausbilden darf in Deutschland<br />
nur, wer dafür die<br />
nötigen fachlichen und<br />
berufs- und arbeitspädagogischen<br />
Kenntnisse mitbringt.<br />
Ausbilder/-innen<br />
weisen diese pädagogischen<br />
Kenntnisse über die<br />
schriftliche und praktische<br />
Ausbildereignungsprüfung<br />
nach.<br />
mehr Studienabbrecher/-innen, die<br />
sich für eine Ausbildung entscheiden.<br />
Diese haben oft andere Ansprüche als<br />
Auszubildende mit zum Beispiel mittlerer<br />
Reife oder Hauptschulabschluss.<br />
Zudem absolvieren immer mehr<br />
Jugendliche mit Migrations- oder<br />
Fluchthintergrund Ausbildungen. Da<br />
spielen neben der Sprachförderung<br />
und der sozialen Integration auch<br />
Fragen wie der Aufenthaltsstatus<br />
oder die Anerkennung von eventuell<br />
bereits bestehenden Bildungsabschlüssen<br />
eine Rolle.<br />
Viele Ausbilderinnen und Ausbilder<br />
fühlen sich hier alleingelassen. Deswegen<br />
ist es so wichtig, dass die Ausbildung<br />
für Ausbilder/-innen all diese<br />
Herausforderungen widerspiegelt.<br />
Können diese Themen mit der<br />
AEVO-Ausbilderqualifizierung<br />
ausreichend abgedeckt werden?<br />
Die Ausbildereignungsprüfungen müssen<br />
sicherstellen, dass eine Basiskompetenz<br />
da ist, mit der die Ausbilderinnen<br />
und Ausbilder arbeiten und auf der sie<br />
aufbauen können. Trotzdem muss es<br />
auch darüber hinaus weitergehende Angebote<br />
und Hilfestellungen geben, die sie<br />
in Anspruch nehmen können, um ihre<br />
Kompetenzen auszuweiten.<br />
Welche zum Beispiel?<br />
Vor Kurzem zum Beispiel ist unser<br />
Weiterbildungskonzept MIKA gestartet,<br />
das steht für Medien- und IT-<br />
Kompetenz für Ausbildungspersonal.<br />
In zwölfwöchigen Kursen werden dabei<br />
von eigens dafür zertifizierten Trainerinnen<br />
und Trainern Grundkenntnisse<br />
der Medienbildung vermittelt. Uns ist<br />
dieses Thema sehr wichtig, denn kompetenter<br />
und reflektierter Einsatz von<br />
modernen Medien ist heutzutage eine<br />
der zentralen Voraussetzungen für gute<br />
und zukunftsfähige Ausbildung.<br />
Inwiefern?<br />
Es geht darum, dass Ausbilderinnen<br />
und Ausbilder all die Möglichkeiten<br />
digitaler Medien kompetent nutzen<br />
können. Nehmen wir zum Beispiel die<br />
Erstellung eines kurzen Erklärvideos:<br />
Als Ausbilderin oder Ausbilder muss<br />
man sich vorher das angestrebte<br />
Lernziel klarmachen und ein sinnvolles<br />
Script oder Storyboard erstellen.<br />
Wie lang soll es sein? Spricht eine<br />
Person vor der Kamera oder aus<br />
dem Off? Und wer eignet sich dafür?<br />
Und natürlich muss gute Bild- und<br />
Tonqualität sichergestellt sein – für<br />
Ausbildungspersonal, das zum ersten<br />
Mal Videos erstellen möchte, ist das<br />
oft nicht selbstverständlich.<br />
Warum braucht es überhaupt<br />
eine einheitliche Ausbilderqualifizierung?<br />
Unternehmen könnten<br />
doch selbst dafür sorgen, dass ihre<br />
Ausbilderinnen und Ausbilder<br />
gut vorbereitet sind?<br />
Dieses Experiment hat man 2003<br />
gewagt, als die AEVO ausgesetzt<br />
wurde. Mit dem Ergebnis, dass kleinere<br />
und mittlere Unternehmen feststellten,<br />
dass die Ausbildungsqualität<br />
sank. Daher wurde die AEVO novelliert<br />
und im Jahr 2009 wiedereingeführt,<br />
und seitdem sind die Zahlen<br />
der abgelegten Ausbilderprüfungen<br />
deutlich gestiegen. Es braucht einfach<br />
eine vergleichbare methodische<br />
und didaktische Basis, an der sich<br />
Ausbildende und Betriebe orientieren<br />
können, damit Ausbildung<br />
funktioniert.<br />
Wie stellt man sicher, dass die<br />
Fachkräfte bei den AEVO-Kursen<br />
etwas für ihre Ausbildungspraxis<br />
mitnehmen, statt nur für die<br />
Prüfung zu pauken?<br />
Das hängt von der Motivation ab.<br />
Oft sind es gerade Mitarbeitende,<br />
die sich fachlich sicher fühlen und<br />
eine Affinität dazu verspüren, anderen<br />
etwas beizubringen oder sie<br />
zu unterstützen, die sich im Betrieb<br />
melden, um die AEVO-Prüfung zu<br />
machen. Hier ist jedem Betrieb nur<br />
zu raten, solchen Mitarbeiterinnen<br />
8 | ›› BILDUNGSPRAXIS – 4/<strong>2022</strong>
und Mitarbeitern diese Möglichkeit<br />
auch einzuräumen. Wenn Mitarbeitende<br />
zum Ausbilderschein gedrängt<br />
werden, ist das eine denkbar schlechte<br />
Ausgangssituation. Zudem kann ich<br />
nur raten, zur Vorbereitung die Kurse<br />
mit den vorgesehenen 115 Stunden zu<br />
belegen, statt auf stundenmäßig kurze<br />
Intensivkurse auszuweichen. Das ist<br />
zwar aufwändiger, aber gute Ausbilderinnen<br />
und Ausbilder, die kompetent<br />
sind, sich professionalisieren und die<br />
andere motivieren können, sind mit<br />
Geld nicht zu bezahlen.<br />
Was halten Sie von dem Vorschlag,<br />
Zulassungsvoraussetzungen für die<br />
AEVO-Prüfungen einzuführen oder<br />
Auffrischungskurse vorzuschreiben?<br />
In unserer Kurzstudie<br />
wurden Zulassungsvoraussetzungen<br />
mehrheitlich abgelehnt, Auffrischungskurse<br />
waren dagegen<br />
erwünscht. Allerdings nicht verpflichtend,<br />
sondern auf freiwilliger Basis.<br />
Das halte ich auch für sinnvoll, denn<br />
es liegt in der Verantwortung der<br />
Betriebe, darauf zu achten, dass ihr<br />
Ausbildungs personal auf der Höhe der<br />
Zeit ist.<br />
Für die 2021 erschienene<br />
„Kurzstudie zur<br />
Prüfung des Evaluierungsbedarfs<br />
der AEVO“<br />
wurden 3855 Ausbilder/-<br />
innen, Prüfende,<br />
Ausbildungsleiter/-innen<br />
und Personalverantwortliche<br />
dazu befragt,<br />
in welchen Bereichen<br />
sie Änderungsbedarf bei<br />
der AEVO wahrnehmen.<br />
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IM FOKUS<br />
VON DER FACHKRAFT<br />
ZUM AUSBILDER<br />
Jedes Jahr legen 80 000 Menschen die Ausbildereignungsprüfung ab.<br />
Um zu erfahren, was diese Fachkräfte motiviert, wie sie sich vorbereiten und ob<br />
sie sich durch die Prüfungsphase gut für die Ausbildertätigkeit gerüstet fühlen, hat<br />
<strong>Bildungspraxis</strong> drei von ihnen auf ihrem Weg zum Ausbilderschein begleitet.<br />
Text und Interviews Vincent Hochhausen<br />
Die Kandidatinnen und Kandidaten:<br />
Florian Garbe, 31 Jahre alt,<br />
ist Rechenzentrumstechniker<br />
beim Cloudanbieter German<br />
Edge Cloud im hessischen<br />
Eschborn. Bevor er 2020 als<br />
Quereinsteiger ohne Ausbildung<br />
zu seinem jetzigen<br />
Arbeitgeber kam, hatte er<br />
zehn Jahre lang im Handwerk gearbeitet und bei<br />
Kunden Anschlüsse und IT-Systeme eingerichtet.<br />
Rene Lamoth, 31 Jahre alt, ist<br />
Fachinformatiker beim hessischen<br />
Softwareunternehmen<br />
Docuvita in Liederbach. Mit<br />
seiner eigenen Ausbildung<br />
bei einem großen Konzern ist<br />
er rückblickend nicht zufrieden:<br />
„Ich habe in der Ausbildungszeit<br />
keine produktive Zeile Code gesehen.“<br />
Maren Selzer, 31 Jahre alt,<br />
ist stellvertretende Leiterin<br />
der Personalabteilung beim<br />
hessischen Reiseveranstalter<br />
Trendtours. Sie selbst hat<br />
keine Ausbildung gemacht,<br />
sondern studiert. Sie findet es<br />
sinnvoll, wenn in Personalabteilungen<br />
Menschen mit Ausbilderschein arbeiten,<br />
selbst wenn sie nicht persönlich Azubis ausbilden.<br />
Abbildungen: © Dusan Petkovic / Shutterstock.com; privat; Studioline Wiesbaden; docuvita<br />
10 | ›› BILDUNGSPRAXIS – 4/<strong>2022</strong>
Vor Beginn: die Motivation<br />
Jeder Betrieb, der in Deutschland dual ausbildet, muss<br />
über mindestens einen Ausbilder oder eine Ausbilderin<br />
verfügen. Laut der Ausbildereignungsverordnung (AEVO),<br />
müssen diese Fachkräfte nachweisen, dass sie über die<br />
nötigen berufs- und arbeitspädagogischen Qualifikationen<br />
für ihre Aufgabe verfügen. Dieser Nachweis erfolgt über<br />
die sogenannte AEVO- oder Ausbildereignungsprüfung.<br />
Vor der Coronapandemie bestanden jährlich rund 90 000<br />
Fachkräfte diese Ausbildereignungsprüfung. Im darauffolgenden<br />
Jahr, im ersten Coronajahr, ging diese Zahl auf 76<br />
446 zurück. Die Durchfallquote lag 2020 bei acht Prozent.<br />
Diese geringe Quote liegt daran, dass die meisten Prüflinge<br />
Vorbereitungskurse für die AEVO-Prüfung belegen. So wie<br />
Florian Garbe, Rene Lamoth und Maren Selzer, die im August<br />
<strong>2022</strong> an einem Online-Intensivkurs bei der Ausbilder-<br />
Akademie im hessischen Friedrichsdorf teilnahmen.<br />
Florian Garbe: „Als ich 2020 zu meinem jetzigen Arbeitgeber<br />
kam, ist zusammen mit mir ein vielversprechender<br />
Praktikant aus meinem bisherigen Betrieb gewechselt.<br />
Ich habe dann das Thema Ausbildung bei uns intern<br />
gepusht. Mein Chef fand die Idee gut, selbst Nachwuchs<br />
auszubilden, und seit vergangenem Oktober absolviert der<br />
damalige Praktikant bei uns eine Ausbildung zum Fachinformatiker<br />
für Systemintegration. Zuerst habe ich mich<br />
zusammen mit einem Kollegen, der bereits einen Ausbilderschein<br />
hatte, um die Ausbildung gekümmert. Dieser ist<br />
nun aus dem Unternehmen ausgeschieden, also brauchen<br />
wir jemanden mit Ausbilderschein an unserem Standort.“<br />
Maren Selzer: „Unser Unternehmen hat 170 Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter. Wir bilden Tourismuskaufleute<br />
mit Schwerpunkt Reiseveranstaltung aus, und mittlerweile<br />
auch Kaufleute für Büromanagement. Außerdem bieten<br />
wir duale Studiengänge im Bereich Marketing/Tourismus<br />
an. Unser Anspruch ist, dass ich als für die Auszubildenden<br />
verantwortliche Personalreferentin Kenntnisse<br />
in den rechtlichen und fachlichen Anforderungen einer<br />
Ausbildung vorweisen kann, um eine optimale Ausbildung<br />
zu gewährleisten. Vor allem, weil wir mittlerweile zehn<br />
Auszubildende haben und ich diese übergreifend betreue.<br />
Außerdem ergeben sich für mich dadurch auch neue Perspektiven,<br />
da für manche Weiterbildungen ein Ausbilderschein<br />
Voraussetzung ist.“<br />
Rene Lamoth: „Unser Hauptprodukt ist ein selbstentwickeltes<br />
Dokumentmanagementsystem vor allem für<br />
kleinere und mittlere Unternehmen. Wir haben ein<br />
starkes Partnernetzwerk, das für uns den Vertrieb, sowie<br />
technischen Direktsupport übernimmt. Durch die Komplexität<br />
des Produktes dauert die Einarbeitungszeit für<br />
neue Mitarbeiter bei uns bis zu einem Jahr. Das war ein<br />
Grund, warum wir seit Beginn des neuen Ausbildungsjahres<br />
einen Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung<br />
ausbilden. Viele wichtige Ausbildungsinhalte können<br />
wir anhand unserer Software und unseres Netzwerkes<br />
aufzeigen, das neue Mitarbeiter ja ohnehin kennenlernen<br />
müssen. Mir hat es schon immer Spaß gemacht, anderen<br />
etwas beizubringen, daher habe ich mich für die Prüfung<br />
freiwillig gemeldet.“<br />
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IM FOKUS<br />
Die ersten Wochen: die Kurswahl<br />
Der derzeit geltende Rahmenplan der AEVO<br />
empfiehlt für die Lehrgänge, die auf die Ausbilderprüfung<br />
vorbereiten, eine Dauer von 115 Unterrichtsstunden.<br />
Auf dem Bildungsmarkt gibt es<br />
jedoch viele Kurse, die teils weniger zeitintensiv<br />
sind. Für einen solchen entscheiden sich auch Lamoth,<br />
Selzer und Garbe: Ihr Online-Intensivkurs<br />
findet an fünf Tagen ganztätig statt, dauert also rund<br />
40 Stunden. Warum haben sie sich für dieses Format<br />
entschieden?<br />
Rene Lamoth: „Mir hat der Ansprechpartner bei<br />
der IHK den Kurs empfohlen. Ich habe nicht den<br />
Anspruch, nach dem Kurs alles perfekt zu beherrschen,<br />
was es über die Ausbildertätigkeit zu wissen<br />
gibt. Ich sehe es als stetige, langfristige Aufgabe, auf<br />
dem neuesten Stand zu bleiben, was die rechtlichen<br />
Vorgaben und zeitgemäße Ausbildungsmethoden<br />
angeht. Von dem Kurs verspreche ich mir eine solide<br />
Grundlage, auf der ich dann weiter aufbauen<br />
kann.“<br />
Maren Selzer: „Ich finde das Online-Format praktischer<br />
als Präsenzkurse, weil ich dann den Rest des<br />
Tages flexibler planen kann.“<br />
Florian Garbe: „Ich habe bewusst einen Online-<br />
Kurs gewählt. Als ITler arbeite ich ja ohnehin am<br />
liebsten remote. Da kann ich mir eine schöne Wohlfühlatmosphäre<br />
schaffen. Am ersten Tag war ich<br />
aber schon etwas baff, dass es so viele Inhalte sind.“<br />
Im Kurs: Rechtsfragen und Gesetze<br />
Grob die Hälfte der Inhalte, die in der AEVO-Prüfung<br />
abgefragt werden, sind gesetzliche Regelungen zur Ausbildung,<br />
etwa was Arbeitszeiten, betriebliche Mitbestimmung<br />
oder den Ausbildungsvertrag angeht. Diese Themen<br />
stehen am dritten und vierten Tag des Kurses an, dies<br />
übernimmt die Dozentin Brigitte Sauter.<br />
Dozentin Brigitte Sauter: „Viele sind von der Arbeit mit<br />
Gesetzbüchern erst einmal eingeschüchtert. Wichtig ist es,<br />
im Kurs Schritt für Schritt vorzugehen, bestimmte Paragrafen<br />
gemeinsam intensiv zu lesen und das Wissen dafür<br />
zu entwickeln, welche Fragen wo geregelt sind.“<br />
Rene Lamoth: „Wenn es nicht erklärt wird, weiß man<br />
nicht mal, wo die rechtlichen Vorgaben überhaupt stehen.<br />
Anfangs fand ich die Inhalte schwer greifbar, aber ich habe<br />
im Kurs schnell einen Zugang dazu gefunden. Personaler,<br />
die an unserem Kurs teilnehmen oder teilgenommen<br />
haben, haben uns ein paar Tricks und Kniffe weitergeben<br />
können. Die haben alles so schnell gefunden, da hatte ich<br />
noch nicht mal das Inhaltsverzeichnis aufgeschlagen.“<br />
Maren Selzer: „Das Arbeitsrecht fand ich nicht schwieriger<br />
als die Pädagogik. Wenn man sich noch nie mit den<br />
Gesetzestexten beschäftigen musste, kann das am Anfang<br />
schwierig sein. Aber durch meine berufliche Tätigkeit<br />
hatte ich da schon Vorwissen.“<br />
Florian Garbe: „In die juristischen Themen muss man<br />
sich erst reindenken. Aber Probleme hatte ich damit nicht,<br />
es wurde auch alles verständlich erklärt.“<br />
Der Kurs startet<br />
Am Dienstag, den 9. August <strong>2022</strong>, beginnt der erste<br />
Kurstermin mit einer allgemeinen Vorstellungsrunde<br />
und einem Überblick über den Kursablauf: Die Dozentin<br />
der ersten beiden Tage, Lena Feldmann, behandelt vor<br />
allem pädagogische und methodische Fragen. Wie motiviert<br />
sie ihre Teilnehmer?<br />
Dozentin Lena Feldmann: „Oft sind die Teilnehmenden<br />
von sich aus sehr motiviert. Ihnen geht es vor allem darum,<br />
die Prüfung zu bestehen. Das ist auch verständlich.<br />
Dennoch versuche ich, auch Begeisterung für die Ausbildertätigkeit<br />
zu wecken. Formalitäten handeln wir ganz<br />
am Anfang ab, danach arbeite ich viel mit persönlichen<br />
Erfahrungen und konkreten Beispielen, alle kommen zu<br />
Wort. Hilfreich ist auch, dass man die didaktischen Methoden,<br />
die man beibringt, selbst vorlebt. Wichtig sind<br />
zum Beispiel Gruppenarbeiten, in denen die Teilnehmer<br />
gemeinsam Aufgaben bearbeiten.“<br />
Florian Garbe: „Die Arbeit in Kleingruppen gefiel mir<br />
gut. Und dass viel interagiert wurde. Ich lerne am besten,<br />
wenn ich mich mit anderen austausche und darüber diskutiere.<br />
Dann bleibt der Inhalt hängen.“<br />
Maren Selzer: „Ich hatte den Eindruck, dass die meisten<br />
Teilnehmer schon daran gewöhnt waren, über Videochat<br />
zu kommunizieren. Das hat die Arbeit vereinfacht.“<br />
Abbildungen: © JARIRIYAWAT / Shutterstock.com<br />
12 | ›› BILDUNGSPRAXIS – 4/<strong>2022</strong>
Nach dem Kurs: die schriftliche Prüfung<br />
Die AEVO-Prüfung ist gegliedert in einen schriftlichen und einen praktischen Teil an zwei<br />
unterschiedlichen Tagen. Der letzte Kurstermin für die hier vorgestellten Kandidaten ist am<br />
24. August. Am 6. September findet an der IHK Frankfurt die schriftliche Prüfung statt.<br />
Florian Garbe: „Am letzten Kurstermin hatten wir Übungsfragebögen bekommen. Die waren<br />
hilfreich, aber es kamen natürlich nicht dieselben Fragen in der Prüfung vor. Wenn man<br />
zur Prüfung geht, klären sie einen zunächst darüber auf, was man machen darf und was nicht,<br />
und fragen, ob man gesundheitlich in der Lage ist, die Prüfung abzulegen. Dann bekamen wir<br />
den DIN A4-Bogen mit den 80 Fragen. Normalerweise wird der schriftliche Teil am Computer<br />
abgelegt, aber es gab einen Cyberangriff auf die IHK, sodass wir auf Papier schreiben<br />
mussten. Es sind Multiple-Choice-Fragen zum Ankreuzen. Viele denken, solche Fragen seien<br />
leicht, aber sie waren durchaus komplex gestellt, sodass man genau lesen und gut nachdenken<br />
musste. Die Prüfung war auf 180 Minuten angesetzt, aber ich war nach der Hälfte der Zeit<br />
schon fertig.“<br />
Rene Lamoth: „Ich habe mich gut vorbereitet gefühlt. Ich wollte die volle Punktzahl schaffen,<br />
auch wenn die Dozentinnen meinten, dass fast wie nie vorkommt. Ich glaube aber, dass man<br />
das nach dem Intensivkurs durchaus schaffen kann.“<br />
Maren Selzer: „Die Prüfung verlief gut, auch zeitlich, obwohl ich mir wesentlich mehr Zeit<br />
genommen habe, als zu Hause mit den Übungsbögen. Zwei oder drei Fragen behandelten das<br />
Thema Schadensersatz. Dieses Thema hatten wir im Kurs nicht bearbeitet. Ansonsten war ich<br />
aber gut vorbereitet. Es war auch nett, einige andere Kursteilnehmer bei der Prüfung das erste<br />
Mal in Echt zu sehen.“<br />
›› BILDUNGSPRAXIS 4/<strong>2022</strong> | 13
IM FOKUS<br />
Der letzte Schritt:<br />
Die praktische Prüfung<br />
Nach der Prüfung erhalten die drei<br />
Kandidaten ihre Ergebnisse: bestanden.<br />
Nun steht die praktische Prüfung<br />
an. Dabei präsentiert man vor<br />
dem Prüfungsausschuss eine Ausbildungssituation,<br />
die man zuvor vorbereitet<br />
hat, anschließend befragen<br />
die Prüfer/-innen die Prüflinge dazu<br />
in einem Fachgespräch. Nach einer<br />
kurzen Beratungspause erhalten sie<br />
das Ergebnis.<br />
Rene Lamoth: „Es ist gut gelaufen.<br />
Die Prüfer haben ein paar Fehler angemerkt,<br />
zum Beispiel dass ich dem<br />
Azubi keinen klaren Bearbeitungszeitraum<br />
für seine Aufgabe genannt<br />
habe. Das hätte ich eigentlich nach<br />
dem Kurs vermeiden können.“<br />
Florian Garbe: „Für die Präsentation<br />
hatte ich unseren Azubi<br />
mitgebracht, manche nehmen auch<br />
Verwandte mit. Wichtig ist, dass<br />
man sich im Vorfeld gut überlegt,<br />
warum man eine bestimmte Methode<br />
gewählt hat und dass man die<br />
pädagogischen Fachbegriffe für das<br />
Gespräch gut beherrscht. Die Prüfer<br />
waren zufrieden, ich habe bestanden.“<br />
Maren Selzer: „Mein Termin steht<br />
erst noch an. Ich bereite momentan<br />
die Präsentation mit unserer Auszubildenden<br />
vor. Ich habe eine Situation<br />
gewählt, in der ich sie in einem<br />
Lehrgespräch anhand eines Formulars<br />
dazu unterweise, wie eine Betriebsratsanhörung<br />
abläuft. Ich bin<br />
optimistisch, dass alles gut läuft.“<br />
Was bleibt nach der Prüfung?<br />
Haben sie die AEVO-Prüfung einmal<br />
bestanden, gibt es für die rund 627 000<br />
Ausbilderinnen und Ausbilder in<br />
Deutschland keine Verpflichtung, ihre<br />
berufspädagogischen Kompetenzen noch<br />
einmal nachzuweisen oder auszubauen.<br />
Fühlen sich Lamoth, Garbe und Selzer gut<br />
vorbereitet auf ihre Aufgabe?<br />
Maren Selzer: „Ich habe Wissen aus den<br />
Kursen mitnehmen können, das ich im<br />
Berufsalltag sicher umsetzen kann. In Gesprächen<br />
mit unseren Azubis überlege ich<br />
nun doch nochmal, welche Methode sich<br />
am besten eignet oder wie wir die Ausbildung<br />
noch spannender gestalten können.“<br />
Florian Garbe: „Ich fand den Prozess<br />
bereichernd. Neben der formalen Qualifikation<br />
weiß ich jetzt, was meine<br />
Pflichten gegenüber dem Auszubildenden<br />
sind und wie ich ihn am besten<br />
beim Lernen unterstütze. Viele Dinge,<br />
die wir besprochen haben, werde ich bei<br />
unserem aktuellen Azubi nicht brauchen,<br />
denn der ist sehr selbstständig<br />
und fachlich fit. Aber man weiß ja nie<br />
– und bei zukünftigen Azubis könnte<br />
es auch anders sein. Ich fühle mich auf<br />
jeden Fall gut vorbereitet.“<br />
Rene Lamoth: „Der Kurs und die Prüfung<br />
alleine reichen nicht aus, um ein<br />
guter Ausbilder zu sein. Aber sie sind<br />
eine gute Grundlage. Ich weiß, welche<br />
Aspekte wichtig sind, wenn ich die<br />
Ausbildung plane, und habe einen Eindruck<br />
davon, welche pädagogischen<br />
Möglichkeiten es gibt. In meinem Beruf<br />
als Fachinformatiker muss man nicht<br />
jede einzelne Programmiersprache können<br />
– aber man muss verstehen, wie sie<br />
funktionieren und sich mit ihnen auseinandersetzen<br />
können, wenn es nötig ist.<br />
So sehe ich die Ausbildertätigkeit auch:<br />
Man muss nicht immer alles im Vorfeld<br />
wissen, aber man muss in der Lage sein,<br />
in Ausbildungssituationen kompetent zu<br />
handeln, und offen dafür sein, sich neue<br />
Dinge anzueignen.“<br />
■<br />
14 | ›› BILDUNGSPRAXIS – 4/<strong>2022</strong>
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AUSBILDUNG<br />
EINE BILDUNGSKETTE<br />
FÜR NISCHENBRANCHEN<br />
Nischenberufe tun sich schwer bei der Nachwuchsgewinnung.<br />
Ein Beispiel aus der Holz- und Möbelindustrie zeigt, wie flexible Karrierewege<br />
und eine moderne Ausbildungsumgebung dieses Problem lösen können.<br />
Fachkräftemangel gibt es in vielen<br />
Branchen. Doch die Möglichkeiten,<br />
mit dem Problem umzugehen, sind<br />
nicht für alle Unternehmen gleich. Branchen<br />
wie die Metall- oder Elektroindustrie haben<br />
Gastbeitrag Joachim Martin, Markus Kamann<br />
sechs bis zehn Berufsbilder im Angebot,<br />
für die sich jugendliche Nachwuchskräfte<br />
entscheiden können. Sie können zwischen<br />
dem betrieblichen Support der örtlichen IHK<br />
oder der Handwerkskammer wählen und<br />
haben fast in jedem Landkreis eine berufliche<br />
Schule mit passendem Bildungsgang.<br />
Abbildungen: gpdm; © Monkey Business Images / Shutterstock.com<br />
16 | ›› BILDUNGSPRAXIS – 4/<strong>2022</strong>
Doch was ist mit den Branchen, die den<br />
Schülerinnen und Schülern weniger<br />
Berufsbilder bieten können? Wenn die<br />
Berufskollegs nicht zeitnah und unkompliziert<br />
mit dem öffentlichen Nahverkehr erreichbar<br />
sind? In diesen Branchen sieht die<br />
Realität der Nachwuchsgewinnung anders<br />
aus. Die Bewerberlage in der jeweiligen<br />
Region ist eng. Dazu kommt, dass Bemühungen<br />
zur Berufsorientierung von Schulen,<br />
Kommunen und Landkreisen häufig<br />
entweder ausbleiben oder unprofessionell<br />
sind. Eine Besonderheit für spezialisierte<br />
Unternehmen ist zudem, dass sie innerhalb<br />
einer Wertschöpfungskette Tiefenqualität<br />
haben. Das bedeutet, dass ihre Spezialisierung<br />
ungewöhnliches Wissen und ungewöhnliche<br />
Kompetenzen mit sich bringt<br />
und erfordert. So muss zum Beispiel ein<br />
Mitarbeiter in der Serienmöbelproduktion<br />
komplexe Kantenleimanlagen oder schnell<br />
verfahrende CNC-Fräszentren bedienen.<br />
Unternehmen in solchen Branchen können<br />
den Mitarbeitern besondere Karrierewege<br />
bieten. Eine regionale Koordinierung kann<br />
den talentierten jungen Menschen die regionalen<br />
Bildungsketten, also die möglichen<br />
Qualifizierungs- und Bildungsabfolgen,<br />
aufzeigen.<br />
JOACHIM MARTIN<br />
leitet seit 13 Jahren die Berufsakademie<br />
Melle mit ihren dualen<br />
und praxisintegrierten Studiengängen.<br />
Martin ist Initiator und<br />
Mitentwickler des Modells 2+3=4<br />
für die Holz- und Möbelbranche.<br />
MARKUS KAMANN<br />
ist Vorstand der Lehrfabrik<br />
Möbelindustrie und Initiator<br />
von Ausbildungs- und Berufsbildungsnetzwerken.<br />
©istockphoto.com/ nd3000<br />
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AUSBILDUNG<br />
Das 2+3=4-Modell: Teilnehmer Lukas berichtet<br />
„Nach meinem Abitur habe ich meinen Karriereweg<br />
im Modell 2+3=4 der Berufsakademie<br />
Melle begonnen. Meine auf zwei Jahre verkürzte<br />
Ausbildung habe ich erfolgreich mit der Gesellenprüfung<br />
zum Tischler abgeschlossen. Der Bau<br />
des Gesellenstückes hat mich ermuntert, zwei<br />
Gesellenjahre anzuschließen, um meine praktischen<br />
Kenntnisse und Fertigkeiten zu vertiefen.<br />
Danach kam ich zurück an die Berufsakademie<br />
und habe mich mit Inhalten der Meistervorbereitungslehrgänge<br />
und dem Studium zum<br />
Bachelor of Engineering auseinandergesetzt.<br />
Nach zwei Studienjahren im dualen und praxisintegrierten<br />
Studium an der Berufsakademie in<br />
Melle halte ich nun meine Bachelor-Urkunde in<br />
den Händen. Heute arbeite ich im Bereich der<br />
Konstruktion und Arbeitsvorbereitung in einem<br />
Unternehmen der Zulieferindustrie.“<br />
Die Uni ist nicht der einzige Weg<br />
Eine Herausforderung ist zudem, dass<br />
mittlerweile mehr als 60 Prozent der Schülerinnen<br />
und Schüler die Schule mit einer<br />
Hochschulzugangsberechtigung verlassen.<br />
Schulabgängerinnen und Schulabgänger<br />
mit Hochschulzugangsberechtigung wollen<br />
die Perspektive, dass sie früher oder später<br />
einen Hochschulabschluss erlangen werden.<br />
Der Drang, nach der Schule in die rein akademische<br />
Ausbildung zu wechseln, ist geprägt<br />
durch das Elternhaus, die Schule und<br />
das soziale Umfeld. Wenn Jugendliche sich<br />
ausschließlich auf ihre Interessen, Neigungen,<br />
Lerntypus, Leistungsbereitschaft und<br />
Leistungsvermögen fokussieren könnten,<br />
sähe das möglicherweise anders aus. Daher<br />
brauchen Nischenbranchen aussichtsreiche<br />
und flexible Karrierewege, die die Schulabgängerinnen<br />
und Schulabgänger gehen können.<br />
Gefragt sind durchgängige Aus- und<br />
Weiterbildungsmodelle, die Jugendlichen<br />
Perspektiven bieten, aber ihnen auch individuelle<br />
Freiräume für die Gestaltung und<br />
Entwicklung des privaten Umfeldes lassen.<br />
Flexible Karrierewege in der<br />
Holz- und Möbelbranche<br />
In der Holz- und Möbelbranche hat sich<br />
im „Möbelbecken“ Ostwestfalen-Lippe<br />
und im südlichen Niedersachsen seit einem<br />
Jahr ein solches Modell etabliert. Eine<br />
Kooperation aus dem Wilhelm-Normann-<br />
Berufskolleg Herford, der Lehrfabrik Möbelindustrie<br />
in Löhne, die Teil des dortigen<br />
BANG Ausbildungsnetzwerkes ist, und der<br />
Berufsakademie Melle hat hier ein flexibles,<br />
modular aufgebautes Bildungsmodell<br />
erarbeitet, das in den kommenden Jahren<br />
deutlich erweitert und ausgebaut werden<br />
soll. Mittelfristig will das Netzwerk einen<br />
überregionalen Bildungscampus schaffen,<br />
der seinen Teilnehmenden Bildungsangebote<br />
bietet, die berufliche und akademische<br />
Bildung verbinden und somit eine<br />
vollständige, funktionierende Verzahnung<br />
von nicht-akademischer und akademischer<br />
Bildungskette schaffen.<br />
Zwei Routen zum Holzprofi<br />
Für Schulabgänger/-innen gibt es zwei<br />
Wege, in das Bildungsprogramm einzusteigen:<br />
zum einen mit einer dualen<br />
Erstausbildung als Tischler, Schreiner oder<br />
Holzmechaniker bei einem der Unternehmen<br />
des Ausbildungsnetzwerkes. Neben<br />
dem betrieblichen und schulischen Teil<br />
der Ausbildung lernen die Azubis technisch<br />
anspruchsvolle Lerninhalte in der<br />
Lehrfabrik Möbelindustrie in Löhne, die<br />
von dem örtlichen Ausbildungsnetzwerk<br />
betrieben und finanziert wird. Dort lernen<br />
die Jugendlichen zum Beispiel die Konstruktion<br />
von Möbeln hinsichtlich ihrer<br />
Serientauglichkeit oder das Vermessen von<br />
Teilprodukten mit optischen Sensortischen.<br />
Mit Abschluss der dualen Erstausbildung<br />
ist die Basis für die weitere Bildungskette<br />
gelegt. Ein zweiter Weg besteht durch das<br />
Modell „2+3=4“, das die Berufsakademie<br />
Melle zusammen mit Partnerbetrieben<br />
ins Leben gerufen hat. Es richtet sich an<br />
Schulabgänger/-innen mit Abitur oder<br />
Fachhochschulreife und verbindet eine<br />
berufliche Erstausbildung zum Tischler<br />
oder Holzmechaniker mit dem dualen,<br />
praxisintegrierten Studium zum Bachelor<br />
of Engineering. Das zweite Ausbildungsjahr<br />
und das erste Studienjahr sind dabei<br />
identisch. So erhalten die Teilnehmenden<br />
durch dieses Modell innerhalb von vier<br />
Jahren zwei Abschlüsse – daher der Name<br />
2+3=4. Ob reguläre Auszubildende oder<br />
Teilnehmende am 2+3=4-Programm: Im<br />
18 | ›› BILDUNGSPRAXIS – 4/<strong>2022</strong>
Sinne des lebenslangen Lernens besuchen<br />
alle Teilnehmenden Weiterbildungsmodule,<br />
die sie je nach Umfang und Ausprägung<br />
zum Bachelor Professional – vormalig<br />
Industriemeister –, zum Ingenieur oder<br />
auch zu beiden Abschlüssen führen können.<br />
Die Fachkräfte gehen ihren individuellen<br />
Weg, in der von ihnen gewünschten<br />
Zeit. „Schnelle Wege – in fünf Jahren drei<br />
Abschlüsse – sind genauso denkbar wie<br />
Karrierewege, die durch Gesellen- und<br />
Meisterjahre, Elternzeit und individuelle<br />
Lernpausen der Lebensrealität der Generation<br />
Y und Z gerecht werden“, sagt<br />
Thorsten Gösling, Geschäftsführer des<br />
Unternehmens pronorm Einbauküchen aus<br />
Vlotho, das Teil des Netzwerkes ist.<br />
Um junge Fachkräfte für diesen Weg zu<br />
gewinnen, müssen die Ausbildungsverantwortlichen<br />
in den Betrieben die Jugendlichen<br />
frühzeitig ansprechen. Um ein System<br />
zu schaffen, das achtsam und auf die Bedürfnisse<br />
und die Mentalität der neuen Generation<br />
zugeschnitten ist, müssen alle Beteiligten<br />
zusammenarbeiten – das wird auch bei den<br />
Jugendlichen ankommen.<br />
■<br />
Im Überblick:<br />
» In spezialisierten Branchen wie<br />
der Holz- und Möbelindustrie ist<br />
es besonders wichtig, Jugendlichen<br />
flexible Karrierewege zu bieten.<br />
» Ein Netzwerk aus Ausbildungsunternehmen<br />
und Bildungseinrichtungen<br />
hat dafür ein<br />
Bildungs konzept entwickelt.<br />
» Kern sind flexible Weiterbildungsangebote<br />
sowie die Möglichkeit,<br />
mehrere Abschlüsse in kurzer Zeit<br />
zu erwerben.<br />
Das Portal für Bildungsinformation<br />
bildungsklick informiert Sie aktuell und umfassend mit News, Hintergrund berichten,<br />
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AUSBILDUNG<br />
News<br />
AUSBILDUNGS<br />
BERUFE MIT<br />
STEIGENDER<br />
NACHFRAGE<br />
Medienkompetenz<br />
für Ausbilder/-innen<br />
Trotz sinkender Ausbildungszahlen<br />
ist in einigen<br />
Berufen die Nachfrage nach<br />
Ausbildungsplätzen seit<br />
2016 gestiegen. So stieg sie<br />
im Beruf Führer/-innen von<br />
Erdbewegungsmaschinen<br />
um 67 Prozent, für Zweiradtechnik<br />
um 43 Prozent<br />
und für Tiefbauberufe um<br />
42 Prozent. Das ist das Ergebnis<br />
einer Untersuchung<br />
des Instituts der Deutschen<br />
Wirtschaft. Seit 2016 sei die<br />
Nachfrage in 77 Berufen gestiegen<br />
und in 169 Berufen<br />
gesunken.<br />
Ende September ist die berufsbegleitende Qualifizierungsmaßnahme<br />
MIKA, Medien- und IT-Kompetenz für Ausbildungspersonal,<br />
gestartet, die vom Bundesinstitut für berufliche Bildung BIBB<br />
erarbeitet wurde. Die MIKA-Weiterbildung umfasst 60 Stunden,<br />
die als zwölfwöchiges Blended-Learning-Format durchgeführt<br />
werden. Mehr Informationen zu Ablauf und Inhalten auf:<br />
» www.foraus.de/mika<br />
Berufsschullehrerverband<br />
fordert mehr<br />
Freiheiten<br />
Der Berufsschullehrerverband fordert größere<br />
Handlungsspielräume für Berufsschulen, um<br />
zum Beispiel Präsenz- und Fernunterricht je<br />
nach Pandemielage flexibel umzusetzen. Das<br />
betonen die beiden Vorsitzenden Pankraz<br />
Männlein und Sven Mohr in einem Rundschreiben<br />
zum Start des Ausbildungsjahres.<br />
Beim Pandemiemanagement müsse der Gesundheitsschutz<br />
oberste Priorität haben und<br />
Maßnahmen müssten sich nach der Situation<br />
im Einzugsgebiet der Schulen richten.<br />
» www.bvlb.de<br />
Abbildungen: © The KonG, fizkes / Shutterstock.com<br />
20 | ›› BILDUNGSPRAXIS – 4/<strong>2022</strong>
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einer leistungsfähigen Kamera mit robustem Stativ und<br />
passendem Kabel. Damit ist es Lehrkräften möglich, eine<br />
Teilhabe am Unterrichts geschehen auch außerhalb des Klassenzimmers<br />
störungsfrei, sicher und verlässlich anzubieten.<br />
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Die Gewinner werden von uns benachrichtigt. Der Gewinn<br />
wird nicht bar ausgezahlt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />
Mitarbeiter der AVR und Gewinnservices sind von der<br />
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sind in der Contentplattform abrufbar!<br />
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der Aus- und Weiterbildung<br />
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Ideen und Konzepten<br />
mit. Bildungs praxis stellt<br />
Beispiele dafür vor.<br />
„DIE KAMERA MUSS AN BLEIBEN“<br />
Niko Fostiropoulos ist Experte für Remote Teaching und den Einsatz<br />
von Videokonferenztools. Im Interview erklärt er, wie Lernen und<br />
Arbeiten per Videochat reibungslos funktioniert.<br />
Interview Vincent Hochhausen<br />
Abbildungen: © fizkes / Shutterstock.com; alfatraining Bildungszentrum GmbH<br />
22 | ›› BILDUNGSPRAXIS – 4/<strong>2022</strong>
Im Interview<br />
NIKO FOSTIROPOULOS<br />
ist Geschäftsführer des 2005 gegründeten<br />
Weiterbildungsanbieters „alfatraining“. Seit<br />
2010 führt das Unternehmen alle Kurse und<br />
Lehrgänge remote über das eigens entwickelte<br />
Videokonferenztool „alfaview“ durch.<br />
<strong>Bildungspraxis</strong>: Seit der Coronapandemie<br />
sind Videokonferenzen in<br />
Schulen und Betrieben Alltag. Was<br />
sind typische Fehler, die Mitarbeitende<br />
dabei machen?<br />
Niko Fostiropoulos: Während der<br />
Konferenz die Kamera auszuschalten.<br />
Natürlich ist die Versuchung groß,<br />
wenn man gerade kurz etwas anderes<br />
erledigen will. Aber jeder schwarze<br />
Bildschirm in einer Videokonferenz<br />
oder einem Online-Seminar senkt die<br />
Qualität. Unser Tool arbeitet deswegen<br />
nach dem Prinzip „I see you, you see<br />
me“, also „Wenn ich dich sehe, siehst<br />
du auch mich“. Das motiviert dazu, die<br />
Kamera anzulassen.<br />
eduApps:<br />
DAS NEUE MUST-HAVE<br />
FÜR LEHRKRÄFTE<br />
Das neue Portal eduApps bietet eine<br />
Übersicht über digitale Angebote für die<br />
Schule und den Unterricht. Alle Schulformen<br />
und Fächer eingeschlossen.<br />
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Mit eduApps PLUS können<br />
Sie digitale Angebote auch<br />
direkt nutzen.<br />
So oft und wann immer Sie<br />
wollen, zu Hause oder im<br />
Klassenzimmer.<br />
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Hilfreiche<br />
Lehr- und<br />
Lern-Apps für<br />
Lehrkräfte<br />
Warum ist das so wichtig?<br />
Weil Bildung und Kommunikation vom<br />
persönlichen Kontakt, von Mimik und<br />
Gestik und der direkten Interaktion<br />
leben. Lehrkräfte und Trainer können<br />
fast alle Inhalte, die sie in Präsenzseminaren<br />
vermitteln, mindestens ebenso<br />
gut in einer Videokonferenz übermitteln.<br />
Aber das funktioniert nur, wenn<br />
man interagiert, aufeinander reagiert<br />
und eine Atmosphäre der Nähe schafft.<br />
Geht bei Videokonferenzen nicht<br />
trotzdem etwas verloren?<br />
Nein, im Gegenteil: Wir bekommen<br />
oft die Rückmeldung, dass Teilnehmende<br />
konzentrierter lernen oder arbeiten<br />
als im Präsenzseminar oder im
WEITERBILDUNG<br />
Büro. Weil sie sich in einem Umfeld<br />
befinden, in dem sie sich wohlfühlen<br />
und nicht abgelenkt werden, aber<br />
gleichzeitig auch den direkten, anregenden<br />
Kontakt zu anderen haben.<br />
Ein Grund, warum manche Nutzer<br />
die Kamera ausstellen, ist, dass ihre<br />
Internetverbindung schlecht ist.<br />
Wie löst man dieses Problem?<br />
Man sollte Anwendungen nutzen, die<br />
sich als App auf den Rechner installieren<br />
lassen, statt browserbasierte<br />
Anbieter. Denn ein Browser hat nicht<br />
die Leistungsfähigkeit, die man für eine<br />
zuverlässige Verbindung in guter Qualität<br />
braucht. Ich hoffe außerdem, dass<br />
der Gesetzgeber wie angekündigt flächendeckend<br />
ordentliches Internet bereitstellen<br />
wird. Die Stabilität war einer<br />
der Gründe, warum wir überhaupt ein<br />
eigenes Videokonferenztool entwickelt<br />
haben. Abgesehen davon sollte man<br />
aber auch darauf achten, dass das Tool,<br />
welches man nutzt, alle Datenschutzregeln<br />
erfüllt.<br />
Wie kann Bildungspersonal online genauso<br />
gute Lernerlebnisse schaffen wie<br />
im direkten Kontakt?<br />
Die Herangehensweise soll genauso wie<br />
beim Präsenzunterricht sein. Das fängt<br />
damit an, dass man sich zum Beispiel<br />
nicht nachlässiger kleidet als man es im<br />
Face-to Face-Kontext tun würde. Es ist<br />
hilfreich, eine gute Kamera zu haben,<br />
denn die Teilnehmer sollen einen gut<br />
wahrnehmen. Nähe zu schaffen ist bei<br />
Videokonferenzen sogar leichter, denn<br />
niemand sitzt in der letzten Reihe.<br />
Beim Blickkontakt muss man sich<br />
allerdings umstellen und direkt in die<br />
Kamera gucken. Von Fernsehmoderatoren<br />
kann man sich solche und andere<br />
kleinen Tricks abschauen.<br />
Neben Fernlernen hat auch das<br />
Arbeiten von zu Hause an Wichtigkeit<br />
gewonnen. Wie gestaltet man Homeoffice<br />
so, dass es funktioniert?<br />
Wir müssen für das Arbeiten von zu<br />
Hause eine Methodik schaffen, die<br />
Menschen zusammenführt, und nicht<br />
vereinsamen lässt. Der Kontakt untereinander<br />
darf nicht verloren gehen.<br />
Wie setzen Sie das in Ihrer Firma um?<br />
Bei uns im Unternehmen sind wir immer<br />
in unserem Videokonferenztool und<br />
haben unsere Kameras an. Wenn ich mit<br />
anderen in einem Team arbeite, kann<br />
ich sie sehen oder den virtuellen Raum<br />
wechseln, um mich mit jemand anderem<br />
zu besprechen – wie in einem echten<br />
Bürogebäude auch. Das hat nichts mit<br />
Überwachung zu tun, sondern mit Interaktion<br />
und Gemeinschaft. Man sitzt nicht<br />
als Einzelkämpfer zu Hause, sondern<br />
kollaboriert aktiv mit anderen.<br />
■<br />
Die wichtigsten Tipps für Besprechungen<br />
und Lernen per<br />
Video<br />
» Stabilität des Internets gewährleisten:<br />
Tools nutzen, die man als App<br />
auf dem Rechner installieren kann.<br />
» Kamera anlassen: Mimik und Gestik aller<br />
Teilnehmenden sind wichtige Signale,<br />
auf die man nicht verzichten<br />
kann.<br />
» Direkte Interaktion: in die Kamera<br />
schauen statt auf den Bildschirm,<br />
direkt auf andere reagieren, statt<br />
mit Emojis oder dem Handhebe-Icon.<br />
Nutzung von Videokonferenztools<br />
und Arbeiten im Homeoffice<br />
Laut dem Statistischen Bundesamt führten<br />
94 Prozent der großen Unternehmen in<br />
Deutschland 2020 mehr Videokonferenzen<br />
durch als 2019. Für die Studie „New Work<br />
Reloaded“ befragte das Trendence Institut<br />
im September 2021 außerdem 5400<br />
Arbeitnehmer in Deutschland zu ihren Arbeitsbedingungen.<br />
Ein Ergebnis: 48 Prozent<br />
wünschen sich die Möglichkeit, öfter<br />
im Homeoffice zu arbeiten. Gleichzeitig<br />
gaben aber auch 43 Prozent an, beim Arbeiten<br />
zu Hause den Austausch mit den<br />
Kolleginnen und Kollegen zu vermissen.<br />
24 | ›› BILDUNGSPRAXIS – 4/<strong>2022</strong>
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WEITERBILDUNG<br />
VERNETZT LERNEN<br />
Viele Unternehmen setzen vernetzte Lernsysteme zur Aus- und Weiterbildung ein.<br />
Ein Vorteil dieser Systeme: Sie passen sich an den Lernenden an.<br />
Gastbeitrag Julia Knopf, Michelle Jörgens, Marius Schönberger<br />
Die Arbeit wird digital, Tätigkeiten,<br />
Arbeitsvorgänge und<br />
Anforderungen verändern<br />
sich dadurch. Deswegen ist die Vermittlung<br />
von Wissen und Kompetenzen wichtig. In<br />
Unternehmen können computergestützte<br />
Lernsysteme Mitarbeitende zeitgleich und<br />
ortsunabhängig mit Wissen und Informationen<br />
versorgen.<br />
Charakteristiken vernetzter<br />
Lernsysteme<br />
Vernetzte Lernsysteme sind serverbasierte<br />
Systeme zur Wissensvermittlung. Sie beinhalten<br />
organisierte interaktive Lernangebote,<br />
wie beispielsweise interaktive Quizze<br />
oder Memoryspiele, und kommunikative<br />
Komponenten, etwa Video- und Chatfunktionen.<br />
In vernetzten Lernsystemen<br />
nutzen die Lernenden individualisierte<br />
Lernangebote. Dies ermöglicht eine passgenaue<br />
Differenzierung der Lernpfade. Diese<br />
JULIA KNOPF<br />
ist Professorin für Fachdidaktik Deutsch<br />
Primarstufe und leitet das Forschungsinstitut<br />
Bildung Digital an der Universität<br />
des Saarlandes. Sie ist Gründungspartnerin<br />
der Didactic Innovations und Mitglied im<br />
Vorstand des Didacta Verbands.<br />
MICHELLE JÖRGENS<br />
ist wissenschaftliche Mitarbeiterin<br />
am Forschungsinstitut Bildung Digital<br />
an der Universität des Saarlandes.<br />
MARIUS SCHÖNBERGER<br />
ist Geschäftsführer am Forschungsinstitut<br />
Bildung Digital an der<br />
Universität des Saarlandes.<br />
Abbildungen: © Anton Watman / Shutterstock.com; Uni Saarland<br />
26 | ›› BILDUNGSPRAXIS – 4/<strong>2022</strong>
Lerninhalte sind entweder vom Lehrenden<br />
zuvor speziell ausgewählt worden oder<br />
das System passt die Lerninhalte automatisch<br />
auf den Lernstand der Nutzenden<br />
an. Vernetzte Lernsysteme sind zeit- und<br />
ortsunabhängig, die Lernenden können sie<br />
also während oder außerhalb des Unterrichts<br />
nutzen. Die Vernetzung innerhalb<br />
von Lernsystemen schafft eine Alltagsnähe,<br />
die sich positiv auf die Lernmotivation<br />
auswirkt. Zudem kann unter Beisein einer<br />
geschulten anleitenden Person die Medienkompetenz<br />
der Lernenden ausgebaut<br />
werden, was positiven Einfluss auf das<br />
generelle Nutzungsverhalten der digitalen<br />
Medien haben kann.<br />
Vernetzte Lernsysteme<br />
in der Praxis<br />
Wie kann das in der Praxis aussehen? Ein<br />
fiktives Beispiel: Auf Wunsch ihres Arbeitgebers<br />
absolvieren die Auszubildenden<br />
Alexandra und Christian einen Kurs in<br />
einem Lernsystem, der sich mit Social-<br />
Media-Marketing beschäftigt. Vor dem<br />
Kursstart geben beide an, wie sie am besten<br />
lernen können. Nachdem sie ein Video zu<br />
ersten Lerninhalten auf der Lernplattform<br />
angesehen haben, absolvieren sie verschiedene<br />
interaktive Übungsaufgaben, um<br />
das Gelernte anzuwenden. Auf Basis der<br />
Ergebnisse präsentiert ihnen das System<br />
neue Lerninhalte und Übungen, die nicht<br />
unbedingt für beide gleich sind:<br />
Das Lernsystem hat Alexandras und Christians<br />
Angaben zu ihren Lernvorlieben<br />
ausgewertet und geschlussfolgert, dass<br />
Alexandra eher eine visuelle Lernerin ist,<br />
die am besten mit Grafiken, Bildern oder<br />
Videos zurechtkommt. Dementsprechend<br />
werden die Lerninhalte für sie eher visuell<br />
aufbereitet. Christian ist aus Sicht des<br />
Lernsystems ein kommunikativer Lerner,<br />
der am besten lernt, wenn er regelmäßig<br />
mit anderen Lernenden interagieren und<br />
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WEITERBILDUNG<br />
kommunizieren kann.<br />
Die Lerninhalte werden<br />
für ihn somit häufiger in<br />
Form von interaktiven<br />
Frage-Antwort-Spielen<br />
aufbereitet und das System<br />
wendet sich öfter mit Vorschlägen<br />
an ihn. Zudem<br />
erfasst das Lernsystem<br />
über den gesamten Kursverlauf<br />
die Lerndaten von<br />
Alexandra und Christian<br />
und vergleicht diese mit<br />
den Ergebnissen anderer<br />
Lernenden. So erkennt das<br />
System, dass Alexandra bei<br />
der Lerneinheit deutlich<br />
besser abgeschnitten hat<br />
als Christian. Außerdem<br />
bringt das Lernsystem<br />
beide in Kontakt mit<br />
weiteren Lernenden, die<br />
ähnliche Lernfortschritte<br />
bei dem Kurs haben, damit sie sich untereinander<br />
austauschen können.<br />
Intuitiv, zugänglich, fehlerfrei<br />
Gegenwärtig befinden sich am Markt verschiedene<br />
Lernsysteme, die sich in ihrer<br />
Qualität unterscheiden. Deswegen ist es<br />
sinnvoll, bei der Entwicklung neuer und<br />
der Weiterentwicklung bereits bestehender<br />
Lernsysteme Erfolgskriterien zu berücksichtigen.<br />
Anforderungen für erfolgreiche vernetzte<br />
Lernsysteme können in zwei Gruppen unterteilt<br />
werden. Einerseits müssen vernetzte<br />
Lernsysteme Kriterien der Usability, also<br />
der Nutzerfreundlichkeit, erfüllen, anderseits<br />
die der Didaktik. Bei der Usability<br />
wird zwischen Zugänglichkeit und Bedienbarkeit<br />
unterschieden. Die Zugänglichkeit<br />
zielt auf die Verfügbarkeit der technischen<br />
Komponenten und Inhalte ab. Die Bedienbarkeit<br />
umfasst beispielsweise die intuitive<br />
Navigation. Zudem muss das Lernsystem<br />
einem logischen Aufbau folgen und zuverlässig<br />
und fehlerfrei funktionieren. Auch<br />
bedeutsam sind fehlerfreie Rechtschreibung<br />
und Grammatik, da sich Fehler in<br />
diesen Bereichen negativ auf die Nutzerfreundlichkeit<br />
und den Gesamteindruck<br />
auswirken können.<br />
Ein Vorteil von vernetzten Lernsystemen: Sie sind orts- und zeitunabhängig nutzbar.<br />
Wichtige Rolle der Lehrenden<br />
Erfolgreiche vernetzte Lernsysteme zeichnen<br />
sich durch ihre didaktische Konzeption<br />
aus. Hierzu zählt die Kompetenz- oder<br />
auch die Lernzielorientierung. Dabei<br />
müssen Lernansatz und die angestrebten<br />
Kompetenzen und Lernziele zusammenpassen.<br />
Verantwortlich dafür ist die<br />
Lehrkraft beziehungsweise die Person,<br />
die den Lernprozess betreut. Ebenfalls<br />
bedeutsam ist der progressive Aufbau der<br />
Lerninhalte und -einheiten: Deren Abfolge<br />
sollte sich vom Einfachen zum Schweren<br />
oder auch vom Allgemeinen zum Spezifischen<br />
entwickeln. Ein solcher progressiver<br />
Aufbau kann durch eine Strukturierung<br />
der Lerneinheiten begünstigt werden. Sie<br />
beginnt zum Beispiel mit einem Einstieg<br />
in das Thema, etwa mit einem passenden<br />
Zitat. Daran anknüpfen kann eine Erarbeitungsphase,<br />
in der die lernende Person<br />
sich beispielsweise anhand eines Videos die<br />
Lerninhalte eigenständig erarbeitet. Eine<br />
Lerneinheit kann mit einer Vertiefung abgeschlossen<br />
werden. Zur Vertiefung kann<br />
eine Reflexion der Lerninhalte etwa durch<br />
eine schriftliche Stellungnahme erfolgen.<br />
Im Sinne des progressiven Aufbaus sollte<br />
die jeweils nächste Lerneinheit entweder<br />
schwerer sein als die Vorherige, oder spezifischer<br />
werden und tiefer in das Thema<br />
Abbildungen: © Prostock-studio / Shutterstock.com<br />
28 | ›› BILDUNGSPRAXIS – 4/<strong>2022</strong>
eintauchen. Abwechselnde Sozialformen<br />
wie Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeiten<br />
können die Motivation der Lernenden steigern.<br />
Zudem sind die Individualisierung<br />
und die Differenzierung wichtig. Vernetzte<br />
Lernsysteme bieten daher die Möglichkeit<br />
der Skalierbarkeit, also die Möglichkeit der<br />
individualisierten manuellen Auswahl von<br />
Angeboten durch die dozierende Person.<br />
Ziele und Nutzen<br />
Unternehmen verfolgen mit dem Einsatz<br />
vernetzter Lernsysteme das Ziel, die Effizienz<br />
und die Qualität der beruflichen<br />
Weiterbildungsmaßnahmen sowohl für<br />
die Lernenden als auch das Unternehmen<br />
zu steigern. Zudem sind arbeitsplatznahe<br />
Lernformen, beispielsweise die Nutzung<br />
von Lernsystemen, gegenüber traditionellen<br />
Weiterbildungsmaßnahmen wie Seminaren<br />
oder Lehrgängen praxisnaher, zeitsparender,<br />
motivierender und kostengünstiger. ■<br />
Im Überblick:<br />
» Vernetzte Lernsysteme sind<br />
Systeme zur Wissensvermittlung,<br />
die interaktive<br />
Lernangebote sowie Kommunikationsfunktionen<br />
beinhalten.<br />
» Ein wichtiges Plus solcher<br />
Systeme ist, dass sie Art und<br />
Schwierigkeiten autonom an<br />
Lerntyp, Lernfortschritt und<br />
Vorwissen der Lernenden<br />
anpassen können.<br />
» So sind individualisierte<br />
Lernpfade für jeden Nutzer<br />
möglich, während dem Ausbildungspersonal<br />
Raum für Organisation<br />
und individuelle<br />
Beratung gegeben wird.<br />
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WEITERBILDUNG<br />
News<br />
Corona bremst<br />
Fortbildung<br />
BERUFSANERKENNUNG<br />
MEIST FRISTGERECHT<br />
59 Prozent der Anträge auf Anerkennung eines<br />
ausländischen Berufsabschlusses in nichtreglementierten<br />
Ausbildungsberufen werden<br />
innerhalb von drei Monaten bearbeitet. Das sind<br />
17 Prozentpunkte mehr als 2017. Zu diesem Ergebnis<br />
kommt eine Untersuchung des Bundesinstituts<br />
für Berufsbildung<br />
BIBB. Wichtigster Grund<br />
für ein Überschreiten<br />
dieser Frist sei laut der<br />
Studie, dass Antragsteller<br />
zusätzliche Unterlagen<br />
einreichen müssten. Die<br />
Studie ist verfügbar auf:<br />
Bei 29 Prozent der Erwerbstätigen, die 2021<br />
an keiner Weiterbildung teilgenommen haben,<br />
war die Coronapandemie der Grund dafür.<br />
Das ergab eine repräsentative Befragung der<br />
Kreditanstalt für Wiederaufbau KfW. Zudem<br />
gaben 41 Prozent der Befragten, die eine Weiterbildung<br />
in Anspruch genommen haben, an,<br />
den Umfang ihrer Fortbildungstätigkeit wegen<br />
Corona reduziert zu haben.<br />
» www.kfw.de/Über-die-KfW/KfW-Research<br />
Mehr als 77 Prozent der<br />
deutschen Unternehmen haben<br />
ihren Beschäftigten im Jahr<br />
2020 Maßnahmen zur Weiterbildung<br />
und Qualifizierung angeboten.<br />
Das teilt das Statistische<br />
Bundesamt im August mit.<br />
Politik verlängert<br />
Weiterbildungsinitiative<br />
Die Bundesregierung wird die<br />
Nationale Weiterbildungsstrategie<br />
NWS fortsetzen. Das Arbeitsund<br />
das Bildungsministerium,<br />
die gemeinsam für die Strategie<br />
verantwortlich sind, haben dazu<br />
neue Initiativen und Maßnahmen<br />
vorgestellt. Unter anderem soll<br />
2024 eine Nationale Online-<br />
Weiterbildungsplattform ans<br />
Netz gehen.<br />
» www.bmas.de<br />
Abbildungen: © Audio und werbung, SFIO CRACHO / Shutterstock.com<br />
30 | ›› BILDUNGSPRAXIS – 4/<strong>2022</strong>
Ausbilder/-innen fit machen<br />
Fachkräfte für morgen sichern<br />
Das neue Komplettprogramm für die<br />
Ausbildung der Ausbilder/-innen:<br />
✓ NEU: Onlinekurs MAKE it! Medien in der Ausbildung kreativ einsetzen<br />
✓ Onlinekurs und betreuter Lehrgang zur AEVO<br />
✓ Lehrgang Lernprozessbegleiter/-in für alle, die top ausbilden wollen<br />
✓ Aufstiegsfortbildung zum Berufsabschluss „Aus- und<br />
Weiterbildungspädagoge/-in“ bzw. „Berufspädagoge/-in“<br />
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Wir beraten Sie – attraktive Firmenangebote<br />
Telefon: +49 7531 5801-140<br />
Mehr Informationen finden Sie unter:<br />
christiani.de/akademie<br />
Folgen Sie uns:
WEITERBILDUNG<br />
VERANSTALTUNGEN <strong>2022</strong>/23<br />
Kongresse und Tagungen für die berufliche Aus- und Weiterbildung<br />
Anzeige<br />
Tagung zum<br />
Berufsorientierungs -<br />
programm<br />
Für wen? Alle, die mit Berufsorientierung<br />
zu tun haben<br />
Wo? Berlin und online<br />
5. 6. & 6. 7.<br />
SEPTEMBER DEZEMBER <strong>2022</strong><br />
In Diskussionsrunden und Fachvorträgen mit Persönlichkeiten<br />
aus Politik, Bildung und Wissenschaft<br />
können Besucherinnen und Besucher der Tagung<br />
Impulse für die Digitalisierung der Berufsorientierung<br />
erhalten und sich miteinander austauschen. Die<br />
Tagung ist kostenlos und findet hybrid statt – Teilnehmer<br />
können die Veranstaltungen also auch von zu<br />
Hause aus mitverfolgen.<br />
» www.berufsorientierungsprogramm.de/bop/<br />
shareddocs/meldungen/BOP-Tagung-<strong>2022</strong>.html<br />
Chance 2023<br />
Für wen? Schüler, Umschüler,<br />
Studenten, Absolventen,<br />
Weiterbildungsinteressierte,<br />
Auszubildende und Jobsuchende<br />
Wo? Gießen<br />
Unter dem Motto „Zukunft selbst gestalten“ findet<br />
Ende Januar die Chance statt, die größte Messe für<br />
Beruf und Karriere in Mittelhessen. Unternehmen und<br />
Institutionen informieren dort über Aus- und Weiterbildung,<br />
Studium, Berufsorientierung und Jobs.<br />
Der Eintritt kostet vier Euro, registrierte Schulklassen<br />
zahlen 1 Euro pro Schüler. Geöffnet ist<br />
die Messe am Freitag von 9 bis 16 Uhr<br />
und am Samstag von 10 bis 17 Uhr.<br />
» www.chance-giessen.de<br />
27. & 28.<br />
JANUAR 2023<br />
didacta Bildungsmesse<br />
2023<br />
Für wen? Alle Akteurinnen und<br />
Akteure aus der beruflichen Bildung<br />
und allen anderen Bildungsbereichen<br />
Wo? Stuttgart<br />
2023 findet Europas größte Bildungsmesse in Stuttgart<br />
statt. Hunderte Aussteller werden ihre Produkte<br />
und Dienstleistungen präsentieren. Zudem wird es auf<br />
den didacta-Themenforen ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm<br />
geben. Berufsbildungsprofis können<br />
sich dabei vor allem auf das Forum Berufliche Bildung<br />
und das Forum myQ konzentrieren.<br />
» www.messe-stuttgart.de/didacta<br />
7. bis 11.<br />
MÄRZ 2023<br />
Hochschultage<br />
Berufliche Bildung 2023<br />
Für wen? Forschende der<br />
Berufsbildung und Akteure aus der<br />
Berufsbildungspraxis<br />
Wo? Bamberg<br />
Bei den Hochschultagen Berufliche Bildung der<br />
Universität Bamberg wird es um Fachkräftesicherung<br />
und zukunftsweisende Qualifizierung gehen.<br />
Dabei wird es Fachtagungen und Workshops<br />
geben. Schirmherr der Veranstaltung ist der bayerische<br />
Kultusminister Michael Piazolo.<br />
» www.uni-bamberg.de/wipaed-htbb2023<br />
20. bis 22.<br />
MÄRZ 2023<br />
32 | ›› BILDUNGSPRAXIS – 4/<strong>2022</strong>
BILDUNG BRAUCHT EIN MITEINANDER.<br />
DER DIDACTA VERBAND – EIN STARKES NETZWERK.<br />
Für mehr Zusammenhalt und eine lebendige Demokratie:<br />
Damit sich diese nachhaltig entwickelt, knüpfen wir<br />
ein starkes Bildungsnetzwerk, das Perspektiven eröffnet.<br />
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Zugriff auf alle digitalen Lerninhalte zu einem festen Preis<br />
plus<br />
Digital aus- und weiterbilden<br />
Tabellen- und<br />
Fachbücher<br />
E-Learnings<br />
Betriebliche<br />
Lehrgänge<br />
Projektarbeiten<br />
Versuchsanleitungen<br />
✓ Per Webzugriff Zugang von überall<br />
und zu jeder Zeit<br />
✓ Planbare jährliche Kosten<br />
✓ Alles enthalten, was Sie und Ihre<br />
Lernenden benötigen<br />
✓ Immer die neusten Auflagen und<br />
Versionen<br />
✓ Schnittstelle zu bereits vorhandenem<br />
Lernmanagementsystem möglich<br />
Mehr Informationen finden Sie unter:<br />
christiani.de/c-learning-plus<br />
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