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INDUSTRIE<br />
Zwei inspirierende<br />
Tage in Annecy<br />
Rund 300 Führungskräfte aus der Outdoor-Industrie kamen im französischen Annecy zum achten<br />
EUROPEAN OUTDOOR SUMMIT zusammen – und diskutierten die größten Herausforderungen der Branche.<br />
Fotos: European Outdoor Group<br />
Prof. Jason Hickels Ideen für eine „Degrowth“-Strategie gehörten zu den meistdiskutierten<br />
unter den Delegierten beim European Outdoor Summit.<br />
Ein perfektes Ambiente bot Annecy in den<br />
französischen Alpen für den ersten European<br />
Outdoor Summit (EOS) seit 2019. Die<br />
Gründe der zweijährigen Pause sind bekannt,<br />
äußerst positiv gestimmt kamen in den<br />
Tagen des 6. und 7. Oktober rund 300 Führungskräfte<br />
der Outdoor-Branche aus ganz<br />
Europa und darüber hinaus im Hotel Imperial<br />
Palace, herrlich am Lac Annecy gelegen,<br />
zusammen. Die CSR- und Nachhaltigkeitsverantwortlichen<br />
waren stark vertreten, was<br />
die wichtigsten Themen der Präsentationen,<br />
Panels und Breakout-Sessions widerspiegelte,<br />
die da Programm der zwei Tage bildeten.<br />
Das übergreifende Motto lautete: Balance<br />
und Erfolg in der Unordnung finden.<br />
„Unordnung“ herrscht in vielerlei Hinsicht<br />
zurzeit auf der Welt. Der Wirtschaftsanthropologe,<br />
der unter anderem eine Professur an der<br />
Autonomen Universität Barcelona innehat,<br />
konfrontierte die Zuhörerschaft gleich mit einer<br />
herausfordernden Botschaft: Angesichts der<br />
bedrohlichen Entwicklungen von Klimawandel<br />
bis Ausbeutung der Ressourcen vertritt er<br />
das Konzept des Degrowth, also der Drosselung<br />
des Wachstums, das durch einen Fokus auf die<br />
Produktion dessen, was gut für den Menschen<br />
und die Gemeinschaft ist. „Weniger ist mehr“<br />
ist Hickels Credo, das sich gegen eine Ökonomie<br />
der bloßen Profitmaximierung richtet.<br />
Es folgte Jérôme Pero vom Verband der<br />
Europäischen Sportartikelindustrie (FESI). Er<br />
sprach über die aktuellen klima- und nachhaltigkeitspolitischen<br />
Pläne im Rahmen des<br />
European Green Deal, die sich direkt auf die<br />
Unternehmen auswirken würden. In der folgenden<br />
Breakout-Session zum Thema wurde<br />
offenbar, dass auch viele Outdoor-Unternehmen<br />
auf diese sich abzeichnende europäische<br />
Gesetzgebung mit ihren vielen Details<br />
nicht ausreichend vorbereitet sind.<br />
Von „Push“ zu „Pull“<br />
Als nächster Top-Speaker entwarf Leslie Holden<br />
von der Digital Fashion Group mit Beispielen<br />
diesbezüglich aktiver Unternehmen<br />
eine Vision einer zukünftigen Produktion, die<br />
auf Basis einer intelligent genutzten Digitalisierung<br />
die Möglichkeit bietet, on demand zu<br />
produzieren. Dieser Wechsel von einer „Push“<br />
zu einer „Pull“-Produktionsweise würde<br />
letztlich mit 3D-Modellen virtuell Produkte<br />
entwerfen und den Verbrauchern vorstellen.<br />
Im Idealfall würde dann erst nach Bestellung<br />
das reale Produkt gefertigt. Wahrlich eine<br />
Vision, deren Realität noch weit entfernt<br />
scheint, die aber extrem nachhaltig wäre,<br />
in Bezug auf Material- und damit Rohstoffsowie<br />
Energieverbrauch.<br />
In einer Diskussionsrunde am ersten Tag<br />
wurde auch ein Schlaglicht auf die Themen<br />
Diversität und Inklusion im Outdoor-<br />
Bereich geworfen. Moderiert vom britischen<br />
Journalisten Keme Nzerem, diskutierten<br />
Phil Young von Outsiders Project, einer britischen<br />
Plattform zur Förderung von Inklusion<br />
und Diversität, Julietta Qualizza von<br />
der französischen Charity-Organisation „en<br />
passant par la montagne“, die ausgegrenzten<br />
Einzelnen und Gruppen einen Zugang<br />
zu den Bergen und der Natur verschaffen<br />
will, sowie Lars Föll von Rucksackherstseller<br />
Gregory. Die drei erörterten etwa, welche<br />
Gruppen typischerweise und aus welchen<br />
Gründen bisher keinen Zugang zu Outdoor<br />
haben: bestimmte migrantische Communitys<br />
beispielsweise oder Menschen, die in<br />
sozialen Brennpunkten in Städten leben,<br />
oder auch Übergewichtige. Während es bei<br />
Letzteren unter anderem auch an mangelndem<br />
teils praktische und soziale Gründe<br />
oder auch solche, die in Kultur und Tradition<br />
verankert sind. Nach Überzeugung und<br />
auch der Erfahrung etwa von Young und<br />
Qualizza sind diese Menschen aber leicht<br />
für Aktivität in der Natur zu begeistern. Da<br />
gibt es viel zu tun.<br />
Rechtsfolgen des Klimawandels<br />
Am zweiten Tag stellte Rupert Stuart-<br />
Smith, ein Experte für Klimawissenschaft<br />
und Rechtsfragen im Zusammenhang mit<br />
dem Klimawandel und seinen Folgen, dar,<br />
welche juristisch relevanten Probleme auf<br />
Unternehmen zukommen könne oder wel-<br />
8 <strong>09</strong>/<strong>2022</strong> www.outdoormarkt.com