Mitteilungsblatt Nürnberg-Katzwang/Worzeldorf/Kornburg - November 2022
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LESERBRIEF
Weil nicht sein kann, was nicht sein darf –
Die rücksichtslose Vernachlässigung der
Katzwanger Wohnbevölkerung
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Warum gibt es keine Auflagen zum Gesundheitsschutz der Katzwanger
Anwohner bei der geplanten Wechselstrom-Höchstspannungsleitung
„Juraleitung“?
Erwartungsgemäß hat die Bezirksregierung Ansbach im Rahmen
ihrer landesplanerischen Beurteilung des Raumordnungsverfahrens
den Vorschlag von TenneT akzeptiert, die Wechselstrom-
Höchstspannungsleitung „Juraleitung“ durch den dichtbesiedelten
Korridor in Katzwang mittels Erdverkabelung zu führen.
Es ist nicht zu verstehen, dass die Bezirksregierung entgegen
der expliziten Empfehlung des Bundesamtes für Strahlenschutz
handelt, aus Vorsorgegründen Höchstspannungsleitungen nicht
durch Wohngebiete zu führen. In dem Antrag von TenneT sind in
Katzwang keinerlei magnetfeldabschirmende Maßnahmen zum
Gesundheitsschutz der Anwohner vorgesehen, obwohl starke und
konsistente Hinweise für ein gesundheitliches Risiko durch Studien
des ECOLOG-Instituts beschrieben werden.
• Psychische Erkrankungen
• Neurodegenerative Erkrankungen
• Schädigung des Erbguts
• Krebserkrankungen
• Herzkreislauferkrankungen
• Störungen des Hormonsystems
Der gesundheitliche Schutz der Anwohner wird mit keinem Wort in
der landesplanerischen Beurteilung des Raumordnugsverfahrens
erwähnt.
Es gibt von der Bezirksregierung auch diesbezüglich keine Auflagen
(d.h. keine „Maßgaben“, sondern lediglich „Hinweise“) an TenneT,
das Magnetfeld abzuschirmen, obwohl bereits Technologien im
Einsatz sind, wie beispielsweise das Mantelrohrprinzip (siehe
Brakelmann/Jarass in: Erdkabel für den Netzausbau), die das auf
das Umfeld einwirkende Magnetfeld deutlich reduzieren. Das
Schutzgut Mensch spielt in dem Antrag von TenneT im Katzwanger
Erdverkabelungsabschnitt überhaupt keine Rolle. Es wird im
gesamten Abschnitt Katzwang nicht einmal erwähnt. Für TenneT
spielt das Magnetfeld keine Rolle, weil es in der Erde liegt und
nicht sichtbar ist. Das Magnetfeld eines nicht abgeschirmten 380
kV Erdkabels breitet sich nach allen Seiten 100 Meter aus (siehe in
dem 26. BImSchVVwV definierten „Einwirkungsbereich“). Deshalb
unsere Forderung eines Abstands von 100 Metern zu unseren Wohnhäusern
oder eine Abschirmung des Magnetfeldes beim Einsatz
konventioneller Erdkabel.
Wenn es beim Katzwang-Verlauf also bleiben sollte, dann NUR
mit zusätzlichen magnetfeldreduzierenden Maßnahmen, wie sie
entweder bereits in den Niederlanden von TenneT umgesetzt
wurden (Mantelrohrprinzip) oder wie sie derzeit in Deutschland
wirkungsvoll weiterentwickelt werden.
Für Oktober hat TenneT weitere Kernbohrungen an 30 verschiedenen
Stellen angekündigt.
Die ersten Bohrungen wurden auf der Südseite der Bestandsleitung
durchgeführt. Das bedeutet, dass die 380 kV Erdleitung noch
näher an die Häuser des Agnes-Gerlach-Rings und der Erlbachstraße
heranrücken würde. In der Erlbachstraße sind das sogar
nur 8-10 Meter. Das kann wegen des noch stärkeren Magnetfeldes
als bei der Bestandsleitung nicht akzeptiert werden. Wie will man
darüber hinaus Schäden an den Häusern durch die tiefbaulichen
Maßnahmen in unmittelbarer Wohnhausnähe ausschließen? Es
scheint der Fa.TenneT wichtiger zu sein, Vorkehrungen zum Schutz
der Fernwasserleitung Guggenmühle-Fürth zu treffen, als für den
November 2022
Gesundheitsschutz der betroffenen Anwohner zu sorgen. Die Angst,
dass durch die tiefbaulichen Maßnahmen die Fernwasserleitung
beeinträchtigt wird, scheint um ein Vielfaches größer zu sein, als
die der fahrlässigen potentiellen Schädigung der Gesundheit der
Anwohner und ihrer Häuser.
Ein weiteres Problem stellt die Untertunnelung des Rhein-Main-
Donau-Kanals dar.
Die Bezirksregierung fordert, dass ein tiefbauliches Risiko für die
Dammkonstruktion ausgeschlossen wird. Kann man ein solches
Risiko überhaupt ausschließen? Eigentlich nur wenn man die
Untertunnelung unterlässt. Auch dafür gibt es Optionen.
Das Risiko eines Dammbruchs ist durch die tiefbauliche Maßnahme
nicht auszuschließen. Die Erinnerung an den Dammbruch im Jahr
1979 ist in Katzwang noch wach. Die Ausgangssituation ist nahezu
die gleiche wie beim Dammbruch 1979, nur 1000 Meter weiter
nördlich. Aber es handelt sich nicht „nur “ um 250 000 m³ Wasser,
sondern um 2 Mio. m³ . Dann steht nicht nur Neu-Katzwang unter
Wasser, sondern auch Reichelsdorf und Eibach. TenneT bildet sich
ein, das verantworten zu können?
Unabhängig von den nach wie vor für TenneT nicht abzuschätzenden
Baurisiken und der ungelösten Magnetfelddisposition
für die Anwohner sind da noch die Kosten des Bauvorhabens
anzusprechen.
Zwei Verfahren stehen derzeit für die Juraleitung am Katzwang-
Engpass zur Diskussion. Der „einfachere“ Rohrvortrieb oder eine
Untertunnelung nach dem Schildvortriebverfahren (vergleichbar
einem U-Bahn-Schacht). Fachkundige Quellen aus der Baubranche
kalkulieren mit dem Kostenfaktor 12 beim Rohrvortrieb und 25 beim
Schildvortrieb im Vergleich zur konventionellen Kabelverlegung
im Graben. Im Vergleich zu einer Freileitung verschlechtert sich lt.
Brakelmann/Jarass bei Erdverkabelung das Kostenverhältnis trotz
Berücksichtigung von Übertragungsverlusten bei Freileitungen
zusätzlich um den Faktor 2,86. Der reine Investitionskostenfaktor
beträgt sogar 6,15. D.h. beim Katzwang-Engpass muss bei einem
erwarteten Schildvortrieb mit 25 x 2,86, also gut 70-mal höheren
Kosten als bei einem vergleichbaren Freileitungsabschnitt kalkuliert
werden. Ist das noch angemessen und verhältnismäßig bzw.
„energiewirtschaftlich“?
Wer wird das bezahlen? Der Stromkunde mit dem Netzentgelt,
bestimmt aber nicht Tennet! Können wir uns so kostspielige
Experimente mit ungewissem Ausgang in Zukunft überhaupt noch
leisten? Wer übernimmt die Verantwortung für diese Kosten? Wer
übernimmt die Verantwortung für die Risiken?
Welche Partei ist am ehesten in der Lage strategisch zu denken
und zu handeln, um wohnbevölkerungs- und umweltkompatible
als auch wirtschaftliche Lösungen zur Energieversorgung zu finden?
Wir hoffen, dass es Bundes-, Landes- und Kommunalpolitiker gibt,
die sich nicht länger scheuen, sich in diese schwierige Materie
einzuarbeiten und nicht einfach wegschauen, weil nicht sein kann,
was nicht sein darf. Katzwang braucht eine würdige politische
Vertretung und konkrete Unterstützung in der Problemlösung für
dessen Anwohner.
Berlin, München, Nürnberg – Quo vadis?
Bürgerinitiative Katzwang, Mitglied der BI-Allianz P53
Kurt Oberholz