Magazin NEXT 12 2022 145
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<strong>12</strong>‘22 Lifestyle<br />
DAS MAGAZIN FÜR DIE REGION<br />
MÜSSEN<br />
SPIELEENTWICKLER<br />
NICHT UNGLAUBLICH<br />
KREATIV SEIN?<br />
Folge 2 der Serie rund um die Entwicklung von games<br />
Die Frage „Muss man da nicht unglaublich kreativ<br />
sein?“, kennt Dr. Johannes Mattmann von Andarion Games<br />
aus Mainz, den wir für die nächsten Ausgaben bei<br />
seiner Arbeit als Spieleentwickler begleiten, nur zu gut.<br />
„Ganz oft, wenn ich mit neuen Leuten ins Gespräch<br />
komme und erzähle, dass ich ein Spielestudio gegründet<br />
habe, ist das die erste Frage.“, verrät er uns. Also:<br />
Muss man wirklich unglaublich kreativ sein dafür? Wir<br />
sind mit ihm dieser Frage einmal nachgegangen.<br />
Sicherlich ist Kreativität wichtig, aber man kann diese Fähigkeit<br />
auch trainieren. Immerhin kann man in diesem Job nicht<br />
warten, bis einem der entscheidende Einfall kommt. Spieledesigner<br />
müssen sich folglich an kreative Ideen herantasten.<br />
Dazu gibt es Mittel wie Design Thinking, um den Prozess zu<br />
unterstützen. Doch die Empfehlung des Firmengründers ist<br />
noch einfacher: Selbst spielerisch sein und denken, mit offenen<br />
Augen durch die Welt gehen und auch Alltägliches hinterfragen.<br />
Bei Andarion Games gibt es nicht den obligatorischen<br />
Kicker, wie in anderen Startups, aber dafür Jonglierbälle,<br />
Plüschfiguren und Poster anderer Spiele, um sich inspirieren<br />
zu lassen. Herr Mattmann unterscheidet dabei für seine Produkte<br />
zwischen drei Prinzipien, um Spielideen zu entwickeln:<br />
Die Variation von etwas Bestehendem, die Rekombination<br />
bekannter Elemente und komplett neue Ideen. Alle Varianten<br />
hat Andarion Games getestet:<br />
Andarion Games’ erster Prototyp Shopping Baby ist die Rekombination<br />
bestehender Elemente zu einem neuartigen<br />
Erlebnis. Der Spieler übernimmt in dem kleinen Titel die Rolle<br />
eines Elternteils, das mit einem Kleinkind im Supermarkt einkaufen<br />
geht. Eine Situation, in die sich vor allem Frauen zwischen<br />
30 und 40 Jahren hineinversetzen können, so verraten<br />
es die Download-Statistiken. Der Spieler muss mit dem Finger<br />
Produkte von einem eingeblendeten Einkaufszettel aus den<br />
Regalen in den Wagen hineinziehen. Gleichzeitig räumt das<br />
Kind den Wagen leer oder legt unerwünschte Gegenstände<br />
hinein. „Die Idee ist mir beim Spazierengehen gekommen“,<br />
so Herr Mattmann. Entwickelt wurde das Spiel zunächst im<br />
Rahmen eines Game Jams, bei dem in kürzester Zeit alle<br />
beteiligten Gruppen kleine Spiele entwickeln und dann für<br />
andere zum Anspielen online stellen. Dabei gibt es immer<br />
ein Motto oder eine Aufgabe. In diesem Fall war das Ziel, ein<br />
Spiel aus der Egoperspektive zu entwickeln, also aus der Sicht<br />
des Spielers. Die kreative Leistung bestand vor allem darin, ein<br />
bestehendes Konzept – einen Runner, wie man ihn etwa von<br />
Subway Surfer kennt – in die Egoperspektive zu transportieren<br />
und eine „Story“ darum zu bauen. “Das Spiel wurde zwar<br />
kein Erfolg, war aber die Grundlage für die erste Zusammenarbeit<br />
mit einem professionellen Publisher aus England für<br />
unser junges Unternehmen.”, erklärt uns Herr Mattmann.<br />
Ein späterer Prototyp von Andarion Games Run for Likes<br />
greift ein erfolgreiches Spielekonzept auf und führt eine neue<br />
Wendung ein. Vorbild war Money Run 3D, ein Erfolgstitel aus<br />
dem Jahr 2021, in dem der Spieler Geld verdient, während<br />
er über einen Laufsteg läuft und Geldbündel einsammelt.<br />
Dabei muss er möglichst vermeiden, an Gauner zu geraten,<br />
die ihm das Geld wieder abnehmen. Daraus entstand das<br />
Game Run for Likes, in dem der Spieler in die Rolle einer jungen<br />
Frau schlüpft, die Content Creatorin werden möchte und<br />
Likes und Herzchen sammelt. Schlechte Emojis, Shitstorms<br />
und Youtube-Beef sind tabu, ein Selfie mit einem bekannten<br />
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