vsao Journal Nr. 6 - Dezember 2022
Licht - Von Zellen, Käfern und Szenen Politik - Arztberuf unter Druck Immunsuppressiva - Möglichkeiten und Grenzen bei Tumoren Rheumatologie - Management der Gicht
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Perspektiven<br />
Aktuelles aus der Immunologie:<br />
Immuntherapie zur Behandlung von Sarkomen<br />
Neue Therapien<br />
und ihre Grenzen<br />
Die neueren Formen der Immuntherapie gelten als vielversprechende<br />
Waffe im Kampf gegen einzelne Tumorarten. Was die Sarkome angeht,<br />
ist der Erfolg momentan trotz intensiver Forschung noch eher bescheiden.<br />
Selbst wenn derzeit nur eine Minderheit der Sarkompatienten<br />
von der Immuntherapie profitieren kann, sollte das nicht davon abhalten,<br />
in diese Richtung weiterzugehen.<br />
Dr. med. Armelle Dufresne MD PhD, Centre Leon Berard Lyon<br />
Die Entwicklung der Immuntherapie,<br />
darunter Immuncheckpoint-Inhibitoren<br />
(ICI),<br />
die PD1/PD-L1 und CTLA-4<br />
blockieren, und die adoptiven Zelltherapien,<br />
haben völlig neue Möglichkeiten in<br />
der Krebsbehandlung geschaffen, die eine<br />
erstaunliche Aktivität bei zahlreichen soliden<br />
und hämatologischen Malignomen<br />
aufweisen. Sarkome, eine seltene und heterogene<br />
Gruppe von über 150 verschiedenen<br />
Knochen- und Weichteilkrebsarten,<br />
gelten seit langem als sensitiv gegenüber<br />
Immunerkennung. In diesem Zusammenhang<br />
wurden in den letzten fünf Jahren<br />
zahlreiche klinische Studien durchgeführt,<br />
um die Wirksamkeit der Immuntherapie<br />
bei Weichteilsarkomen und Knochensarkomen<br />
zu erforschen. Die ersten<br />
klinischen Studien, in denen ICI als Mono-<br />
oder Kombinationstherapie bei nicht<br />
ausgewählten Sarkomen bewertet wurden,<br />
waren mit Gesamtansprechraten von<br />
10 bis 20 Prozent enttäuschend. Die pivotale<br />
Phase-2-Studie mit Pembrolizumab<br />
bei Knochen- und Weichteilsarkomen<br />
zeigte ein Ansprechen bei 4 von 10 Patienten<br />
mit einem plenomorphen undifferenzierten<br />
Sarkom und bei 2 von 10 Patienten<br />
mit einem entdifferenzierten Liposarkom.<br />
Eine minimale Aktivität wurde bei<br />
Synovialosarkomen, Leiomyosarkomen<br />
und Knochensarkomen beobachtet. Kurz<br />
darauf bestätigte eine Phase-II-Studie, in<br />
der Nivolumab mit einer Kombination<br />
aus Ipilimumab und Nivolumab verglichen<br />
wurde, die niedrigen Ansprechraten<br />
mit Nivolumab allein. Allerdings erreichten<br />
6 von 38 Patienten, die mit der Kombination<br />
aus Ipilimumab und Nivolumab<br />
behandelt wurden, ein objektives Ansprechen,<br />
dies jedoch auf Kosten einer höheren<br />
Toxizität. Diese bescheidene Wirksamkeit<br />
lässt sich dadurch erklären, dass<br />
die meisten Sarkome eine geringe Immuninfiltration<br />
und eine geringe oder durch<br />
Translokationen verursachte Tumormutationslast<br />
aufweisen, was das Vorhandensein<br />
von Neoantigenen, die für die<br />
Aktivierung der Immunantworten nützlich<br />
sind, einschränken kann.<br />
Um dieses Hindernis zu umgehen, fokussiert<br />
sich die aktuelle klinische Forschung<br />
auf drei verschiedene strategische<br />
Ausrichtungen:<br />
Kombination von Therapien<br />
Mehrere klinische Studien evaluieren die<br />
Kombination von ICI mit anderen Krebstherapien.<br />
Es geht darum, die Produktion<br />
von Neoantigenen durch Krebsbehandlungen,<br />
die einen sogenannten «immunogenen»<br />
Zelltod auslösen, zu stimulieren.<br />
Als Beispiele seien hier Chemotherapien<br />
(Anthrazykline, wirksam für Sarkome),<br />
Strahlentherapie, Tyrosinkinaseinhibitoren<br />
erwähnt. Letztere haben häufig eine<br />
antiangiogene Wirkung und sind in der<br />
Lage, die Mikroumgebung des Tumors zu<br />
verändern, was auch die Wirksamkeit der<br />
Immuntherapie steigern kann. Derzeit<br />
laufen mehrere Kombinationsstudien. Einige<br />
davon in der neoadjuvanten Phase<br />
der Sarkombehandlung: Durch die biologische<br />
Analyse von Operationspräparaten,<br />
die diesen Behandlungen unterzogen<br />
wurden, kann man viel über die Mechanismen<br />
der Wirksamkeit und Resistenz<br />
gegenüber der Immuntherapie erfahren.<br />
Adoptive Zelltherapie<br />
Einer der grundlegenden Immunmechanismen,<br />
der die Aktivität der Immuntherapie<br />
bei Sarkomen einschränkt, hängt<br />
mit dem Mangel an Neoantigenen oder<br />
deren geringer Erkennung durch das Immunsystem<br />
zusammen. Adoptive Zelltherapien<br />
versuchen diesen Schritt zu umgehen,<br />
indem nach der Verabreichung einer<br />
lymphodepletierenden Chemotherapie<br />
eine grosse Menge autologer T-Zellen injiziert<br />
wird, die aus dem Primärtumor oder<br />
aus dem peripheren Blut des Patienten gewonnen<br />
wurden und spezifisch auf ein<br />
Tumorantigen abzielen. Zu den adoptiven<br />
Zellprodukten können T-Zell-Rezeptoren,<br />
chimäre Antigenrezeptor-T-Zelltherapien<br />
(CAR), tumorinfiltrierende Lymphozyten<br />
(TIL) und natürliche Killerzellen (NK) ge-<br />
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6/22 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>