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GSa161-Feb23_Frieden gestalten

Frieden gestalten - miteinander leben und lernen

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Praxis: <strong>Frieden</strong>serziehung<br />

welchen Absichten ausgewählt hat und<br />

verarbeitet“ (Irion 2016, 18). Ob sich die<br />

Auswirkungen medialer Inhalte in negativer,<br />

positiver oder neutraler Weise<br />

manifestieren, wird somit von verschiedenen<br />

Faktoren beeinflusst (vgl. ebd.,<br />

Kunczik & Zipfel 2004, 290) und sollte<br />

nicht, wie es in gesellschaftlichen Debatten<br />

häufig geschieht, nur negativ bewertet<br />

werden.<br />

Cybergewalt: Die Folgen von Cybergewalt<br />

können vor allem für die Opfer<br />

gravierend sein. Laut der Cyberlife-III-<br />

Studie haben ein Viertel der von Cybermobbing<br />

Geschädigten Suizidgedanken<br />

(Beitzinger et al. 2020, 110 f.). Darüber<br />

hinaus können Suchtkrankheiten und<br />

dauerhafte Belastung als häufige Folgeerscheinung<br />

auftreten (vgl. ebd.). In<br />

Deutschland sind laut Beitzinger et al.<br />

(2020, 9) zwei Millionen Kinder und Jugendliche<br />

von Cyberviktimisierung betroffen.<br />

Laut Elternaussagen sei auch<br />

schon jedes zehnte Kind in der Grundschule<br />

Opfer von Cybermobbing geworden<br />

(vgl. ebd., 15). Verschiedene Studien<br />

haben gezeigt, dass die Auftretenshäufigkeit<br />

von Cybermobbing um das Alter<br />

von 14 Jahren ihren Höhepunkt erreicht<br />

und wieder rückläufig wird (vgl.<br />

Schultze-Krumbholz et al. 2014, 65). Ein<br />

weiterer Aspekt von Cybergewalt ist das<br />

sogenannte Cybergrooming. Dieser Begriff<br />

beschreibt unterschiedliche Handlungen,<br />

die – unter Zuhilfenahme digitaler<br />

Kommunikationsmedien – sexuelle<br />

Belästigung und/oder Missbrauch vorbereiten.<br />

Knapp ein Drittel der Kinder und<br />

Jugendlichen haben bereits Erfahrungen<br />

in diesem Bereich gemacht (vgl. Beitzinger<br />

et al. 2020, 59; Suter et al. 2018, 54).<br />

Dabei steigt die Häufigkeit der Erfahrung<br />

mit zunehmendem Alter. Ebenso<br />

sind Mädchen deutlich häufiger betroffen<br />

als Jungen (Suter et al. 2018, 54).<br />

Mediennutzung von Kindern<br />

Eine geänderte Mediennutzung findet<br />

sich auch mit Blick auf das Grundschulalter.<br />

Klassische Medien wie z. B. das<br />

Fernsehen liegen zwar immer noch ganz<br />

hoch im Kurs, allerdings spielen internetgestützte<br />

Medien zunehmend eine<br />

zentrale Rolle in der mediengebundenen<br />

Freizeitgestaltung der Kinder (MPFS<br />

2000 bis MPFS 2020). Gerade im<br />

Bereich der selbstbestimmten Mediennutzung<br />

sind das Smartphone/Handy<br />

und das Surfen im Internet zu nennen.<br />

Der Zugang zu gewalthaltigen Inhalten<br />

war noch nie so einfach und die mögliche<br />

Angriffsfläche für verletzendes<br />

Verhalten noch nie so groß. In Bezug auf<br />

den Kindermedienschutz ist die strittige<br />

Frage, ob Kinder der Primarstufe im<br />

schulischen Kontext überhaupt mit digitalen<br />

Medien und deren Möglichkeiten<br />

konfrontiert werden sollten, aus lebensweltlicher<br />

Perspektive überhaupt nicht<br />

mehr zu stellen, da sie bereits Bestandteil<br />

des alltäglichen Lebens sind (vgl.<br />

Harder, i. D.).<br />

Kindermedienschutz<br />

Welche Möglichkeiten gibt es, die Kinder<br />

dabei zu unterstützen, mit Gewalt<br />

in und durch Medien umgehen zu können?<br />

Dazu bietet sich für die Grundschule<br />

ein Konzept mit drei Säulen an,<br />

die die Kinder darauf vorbereiten sollen,<br />

aktuelle und zukünftige mediengestützte<br />

Situationen bewältigen zu können –<br />

Medienkompetenz, Resilienzbildung und<br />

bewahrpädagogische Maßnahmen (vgl.<br />

Harder, i. D.).<br />

In Bezug auf Gewalt und Medien geht<br />

es bei der Entwicklung der Medienkompetenz<br />

vor allem um die kritische Auseinandersetzung<br />

mit den potenziellen<br />

Risiken für die Kinder. Da diese in den<br />

meisten Fällen über die aktuelle lebensweltliche<br />

Situation der Kinder hinausgehen,<br />

besteht das Ziel in einer Sensibilisierung<br />

für die Gefahren.<br />

Resilienz kann als „positive Anpassung,<br />

die sich angesichts negativer Erfahrungen<br />

manifestiert hat“, definiert<br />

werden (Masten & Gewirtz 2006, 22).<br />

Das bedeutet, die Risiken als Möglichkeit<br />

zur Persönlichkeitsstärkung wahrzunehmen.<br />

Es hat sich gezeigt, dass Präventionsmaßnahmen<br />

eine wirkungsvolle<br />

Methode dafür darstellen können.<br />

Um die Kinder nicht ungefiltert der<br />

Medienwelt auszusetzen, sind zwei wichtige<br />

Handlungsfelder zu nennen: die Frage<br />

nach den Inhalten (Was sollten/dürfen<br />

Kinder medial konsumieren?) und<br />

die Frage nach der Dauer, mit der mediale<br />

Inhalte konsumiert werden. Eine<br />

Orientierung bei der Frage nach der Eignung<br />

von medialen Inhalten für Kinder<br />

bestimmter Altersgruppen ermöglicht<br />

die gesetzliche Alterskennzeichnung FSK<br />

und USK. Für die Mediennutzungsdauer<br />

bietet die Bundeszentrale für gesundheitliche<br />

Aufklärung folgende Regeln als<br />

Orientierung an:<br />

● Kinder im Alter von 0 bis 3 Jahren:<br />

keine Bildschirmmedien nutzen<br />

● Kinder im Alter von 3 bis 6 Jahren:<br />

höchstens 30 Minuten täglich<br />

● Kinder im Alter von 6 bis 10 Jahren:<br />

höchstens 45 bis 60 Minuten täglich<br />

Diese Zeitangaben stehen allerdings in<br />

deutlicher Diskrepanz zur Realität, denn<br />

nach der KIM-Studie 2020 betragt die Mediennutzungsdauer<br />

der 6- bis 10-Jährigen<br />

133–240 Minuten am Tag. Dabei sollten<br />

Erwachsene möglichst oft an den Aktivitäten<br />

der Kinder teilnehmen oder zumindest<br />

mit ihnen über ihre Erfahrungen sprechen.<br />

Fazit<br />

Das Thema Medien und Gewalt lässt<br />

sich im schulischen Kontext nicht<br />

einfach beantworten. Die Herausforderungen<br />

dabei liegen zum einen in<br />

den unterschiedlichen Voraussetzungen<br />

und Veranlagungen der einzelnen Kinder<br />

und zum anderen darin, dass große<br />

Teile außerhalb des Wirkungsbereiches<br />

und Auftrages der Schule liegen. Dennoch<br />

kann und sollte die Schule durch<br />

die Förderung von Medienkompetenzen<br />

ihren Beitrag auf diesem Feld leisten. <br />

Literaturangaben zum Artikel können<br />

Sie von unserer Website herunterladen:<br />

https://t1p.de/<strong>GSa161</strong>-Lit<br />

30<br />

GS aktuell 161 • Februar 2023

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