Blaues Bluat 3

REPORTAGE
REPORTAGE
PLAYOFFS
DIE FÜNFTE JAHRESZEIT
TEXT: SIMON KAZIANKA, FOTOS: PEPE KUESS, GERD EGGENBERGER
Es ist die Zeit, in der die Bärte besonders schön sprießen. Fulminante
Siege gehen Hand in Hand mit bitteren Niederlagen, und die brodelnde
Stimmung der vollgepackten Eishalle kann von einem Moment auf den
anderen in eine umheimliche Stille umschlagen, in der man eine Stecknadel
zu Boden fallen hört. Es ist Playoff-Zeit. Die wahrlich schönste Zeit im
Jahr. Eine Zeit, in der alles, wirklich alles dem Eishockey untergeordnet ist.
In den Playoffs habe ich außer
Eishockey eigentlich gar nichts
gemacht, naja schlafen und
viel mit dem Bus herumfahren
...,“ so beschreibt Gert Prohaska,
Villachs letzter Meister-Torhüter,
seine Erfahrungen. „Einige
nehmen immer denselben Weg
zur Eishalle oder hören nur den
einen Song. Andere färben sich
die Haare oder Bärte und wieder
andere reduzieren halt ihren Alkoholkonsum“,
bemerkt Prohaska
mit einem Augenzwinkern.
„Als Trainer, musst du deine
Spieler lieben … aber sie dürfen
dich nicht lieben …“
Der letzte VSV-Meistermacher
Greg Holst ging mit seinen Stars
hart ins Gericht. „Hast du heute
überhaupt gespielt, was zum
Teufel machst du da draußen?“
Adressat eines Holst’schen Wutausbruchs
in einer Drittelpause
war Mike Stewart. Mit 830 Strafminuten
in 382 Ligaspielen wahrlich
kein Kind von Traurigkeit. In
der Kabine herrschte Totenstille.
„Die restlichen zwei Drittel spielte
Mike wie ausgewechselt, und
die Mannschaft drehte das Spiel
noch. Als wir Jahre später über
diesen Vorfall sprachen, wusste
Mike, dass ihn das nur zusätzlich
gepusht hatte.“
Greg Holst, in 61 Playoff-Spielen
auf der Trainerbank des VSV, betont,
dass in den Playoffs auch
die Leichtigkeit und der Spaß nie
verloren gehen dürfen. Zu Beginn
des Trainings habe er immer alle
aufs Eis geschickt und 10 gegen
10 spielen lassen.
„Nach 15 Minuten musste ich
laut reinpfeifen, die Jungs hätten
die gesamte Eiszeit weiter gespielt
wie kleine Kinder am Teich.
Einmal hab ich zu Roland Kaspitz
gesagt: Soll ich vielleicht einen
zweiten Puck reinwerfen, damit
die anderen auch mitspielen
können … so scheibenverliebt
war er.“
Goldtorschütze Daniel Bousquet
mit dem letzten Meistertrainer
Greg Holst und Publikumsliebling
„Iron“ Mike Stewart.
INFO
2023
DIE ICE-PLAYOFFS 2023
In der aktuellen Saison
wurden die Viertelfinal-
Paarungen zum bereits
elften Mal in einem Playoff-
Pick festgelegt. Sowohl das
Viertelfinale, das Halbfinale
und das Finale werden im
Modus „best-of-7“ ausgespielt.
Jene Mannschaft, die als
erste vier Siege erringt, ist
eine Runde weiter.
Im Halbfinale trifft das
bestplatzierte Team auf jene
noch im Bewerb befindliche
Mannschaft, mit dem
schlechtesten Ranking nach
dem Grunddurchgang.
Der Liga-Champion 2023 steht
spätestens mit 23. April fest.
The playoffs - separate the men
from the boys.
In einer Playoff-Serie kann es
schnell gehen, und die Saison
ist plötzlich nach vier Spielen
Geschichte. „Wer nicht bereit ist,
sich in die Schüsse zu werfen,
ist fehl am Platz. In den Playoffs
gibt es keine Ausreden“, meint
Greg Holst.
Unbändiger Siegeswille als
Grundvoraussetzung, und es wird
trotz Verletzungen gespielt …
Wie etwa Herbie Hohenberger,
der beim 6:2-Sieg in Finale #5 im
Jahr 2006 gegen Salzburg das
Match trotz Verletzung noch zu
Ende spielte. Diagnose nach dem
Spiel: Knöchelbruch.
Playoff-Mentalität zeigte auch
der ehemalige Bürgermeister
Helmut Manzenreiter. Im entscheidenden
Spiel 6 der Finalserie
wurde er kurz vor dem Ende
der regulären Spielzeit von einem
Puck im Gesicht getroffen. In
der Pause zur Overtime, mit ein
paar Nähten ärztlich versorgt,
war er schnell wieder auf seinem
Platz und feierte, nach Danny
Bousquets GWG in Overtime, den
bislang letzten VSV-Meistertitel
mit 5000 frenetischen Fans.
KURZE PLAYOFF-HISTORIE
In der NHL wird der Liga-
Champ seit über 100 Jahren
in einem Playoff-Format ermittelt.
Die österreichische
Eishockeyliga versuchte sich
erstmals in der Saison 1973/74
am nordamerikanischen Vorbild.
In den folgenden 15 Jahren
wechselten sich dann Playoff-
Formate mit Meisterrunden und
anderen Modi ab. So spielte der
VSV seine erste Playoff-Serie in
der Saison 1985/86 gegen die
VEU Feldkirch. Das erste Playoff-
Spiel in der Villacher Eishockey-
Geschichte ging zuhause mit 3:5
verloren. In der „Best of 3“-Serie
unterlag der VSV mit 0:2.
Endgültig verankert wurde das
Playoff-Format dann mit der
Saison 1989/90. Seither kürt
die heimische Liga ihren Meister
durchgehend in einer Postseason.
Ein Blick auf die Playoff-
Geschichte zeigt, dass der VSV
in den Playoffs seit jeher eine
tragende Rolle spielt.
In den ersten 18 Saisonen (von
1989/90 bis 2006/07) standen
die Villacher immer mindestens
im Halbfinale (5 Mal) oder Finale
(13 Mal) und feierten ganze fünf
Meistertitel.
In bester Erinnerung bleiben die
Finalerfolge gegen die hochdekorierte
Truppe des EC Graz Anfang
der 90er-Jahre. Gleich zweimal
in Folge besiegte der VSV die
Grazer Elefanten im Finale und
feierte 1992 unter Trainer Bart
Crashley und 1993 unter Ron
Kennedy gleich zwei Meistertitel.
In der Zeitspanne von 1998/99
bis 2006/07 schaffte es der VSV
in 8 von 9 Saisonen ins Finale
und holte in dieser Ära drei
Meistertitel.
Unvergessen der entscheidende
9:3 Kantersieg in Finalspiel#6 in
Klagenfurt 1999 sowie der Finalerfolg
2002 gegen Linz (beide
mit Trainer Ron Kennedy) als
auch der letzte Meistertitel der
Vereinsgeschichte 2006 unter
Trainer Greg Holst gegen das
Star-Ensemble aus Salzburg.
Bis zur Saison 2011/12 qualifizierte
sich der VSV über 22 Jahre
in Serie für die Playoffs – das ist
noch immer Ligarekord!
In der aktuellen Spielzeit wird
zum 34. Mal durchgehend Playoff-Eishockey
in Österreich
gespielt. Der VSV schaffte es
seither ganze 30 Mal in die Postseason.
Neben 2011/12 gab es in
Villach nur noch in den Saisonen
2016/17, 2017/18 und 2018/19
kein Playoff-Hockey zu sehen.
Nach dem KAC (328) bestritt
der VSV (240) die zweitmeisten
Playoff-Spiele in der heimischen
Eishockeygeschichte.
DIE EWIGE VSV PLAYOFF-STATISTIK
53 Playoff-Serien | 28 Siege (52,8 %) | 25 Niederlagen
240 Spiele | 126 Siege (52,5 %) | 114 Niederlagen
Shutout-Spiele in den Playoffs:
Bisher 11 Shutout-Spiele
Letztes Shutout am 15.03.2016 in
Halbfinale#2 VSV-RBS 2:0 (Torhüter
J.P. Lamoureux)
Höchster VSV-Sieg in den Playoffs:
VSV – Zell am See 9:1 am
06.03.2001 VF#3
Höchste VSV- Niederlage in
den Playoffs: KAC - VSV 8:2 am
03.04.2001 | Finale #5
Trefferreichstes VSV-Spiel in den
Playoffs: VSV – EC Graz 11:5 im
Finale#1 1991/92
INFO
PLAYOFF-SERIE MIT DEN
MEISTEN TOREN DER
LIGAGESCHICHTE
In der Viertelfinal-Serie
2021/22 zwischen VSV und
Ljubljana wurden insgesamt 61
Tore erzielt. Es ist die Playoff-
Serie mit den meisten Toren in
der gesamten Ligageschichte.
Der 8:6 Heimsieg des VSV am
18.03.2022 war zudem auch
das trefferreichste Spiel der
Playoffs seit Liganeugründung
2000/01.
18 DAS MAGAZIN DES EC iDM VSV
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