12. März 2023
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<strong>12.</strong> MÄRZ <strong>2023</strong> www.grazer.at<br />
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Fachgruppenobmann der Immobilientreuhänder Gerald Gollenz im Gespräch über die Umstellung auf das sogenannte Bestellerprinzip.<br />
Die Kehrseite der Medaille<br />
Weniger Information und weniger Beratung für Mieter statt mehr Sicherheit.<br />
SHUTTERSTOCK, FISCHER<br />
Die Immobilienbranche ist<br />
wieder einmal in Aufruhr.<br />
Denn der Nationalrat hat<br />
vor gut einer Woche die Änderung<br />
des Maklergesetzes und<br />
damit auch die Umstellung auf<br />
das so genannte Bestellerprinzip<br />
beschlossen. Demnach darf der<br />
Immobilienmakler seine Aufwendungen<br />
ab 1. Juli nur noch mit der<br />
Auftraggeberseite verrechnen.<br />
Bislang haben sich Vermieter<br />
und Mieter das Honorar ja geteilt.<br />
Eine Entlastung und ein Vorteil<br />
für alle Mieter? Darüber haben<br />
wir mit Fachverbandsobmann Gerald<br />
Gollenz diskutiert, der gleichzeitig<br />
auch Fachgruppenobmann<br />
der Immobilientreuhänder in der<br />
Steiermark ist.<br />
Nun ist es also so weit, der Nationalrat<br />
hat das Bestellerprinzip beschlossen.<br />
Was halten Sie davon?<br />
Ist das für die Mieter nun tatsächlich<br />
ein Gewinn?<br />
G. Gollenz: Ganz und gar nicht.<br />
Denn bislang hat der Immobilienmakler<br />
ja sowohl vom Vermieter,<br />
als auch vom Mieter einen Teil<br />
seines Honorars erhalten. Das<br />
bedeutet, er war auch beiden Seiten<br />
in seiner Beratungstätigkeit<br />
gleichermaßen verpflichtet. Diese<br />
Ausgewogenheit fällt nun weg.<br />
Denn mit der Einführung des Bestellerprinzips<br />
können die Makler<br />
ihre umfassenden Informations-<br />
und Aufklärungsverpflichtungen<br />
gegenüber dem Mieter nicht mehr<br />
erfüllen. Die Position der Mieter<br />
wird also mit der Einführung des<br />
Bestellerprinzips geschwächt.<br />
Aber der Mieter kann ja sehr wohl<br />
auch in Zukunft noch einen Makler<br />
beauftragen, oder?<br />
G. Gollenz: Theoretisch schon,<br />
aber der Makler wird ihm dann<br />
keine Wohnungen anbieten, für<br />
die er von einem Vermieter bereits<br />
einen Vermarktungsauftrag<br />
hat. Und sie glauben ja nicht wirklich,<br />
dass ein Immobilienmakler<br />
für ein Honorar von bis zwei Monatsmieten<br />
die sprichwörtliche<br />
Nadel im Heuhaufen zu suchen<br />
beginnt und so lange den Markt<br />
durchpflügt, bis er für den Mieter<br />
eine passende Wohnung gefunden<br />
hat, die er noch gar nicht im<br />
Portfolio hat. Drei Mal dürfen Sie<br />
raten, für wen das Angebot ab Juli<br />
schrumpfen wird ...<br />
Aber die Politiker sagen, dass das<br />
Bestellerprinzip für alle Mieter ein<br />
Vorteil ist.<br />
G. Gollenz: Bringt es für Schüler<br />
Vorteile, wenn ich einem Lehrer<br />
verbiete, über Inhalte zu sprechen,<br />
die er schon kennt? Oder<br />
ist es ein Kundenvorteil, wenn<br />
der Bäcker nur Semmeln verkaufen<br />
darf, die er noch gar nicht gebacken<br />
hat? Die ganze Denkweise<br />
hinter dem Bestellerprinzip ist<br />
populistischer Schwachsinn!<br />
Aber man muss schon auch verstehen,<br />
dass man die Mieter ja<br />
entlasten will.<br />
G. Gollenz: Entlasten ja, aber<br />
doch nicht entmündigen. Ein<br />
Berufsverbot, das im Extremfall<br />
auch existenzgefährdend ist,<br />
kann doch nicht die Lösung für<br />
die Entlastung des Mietenmarktes<br />
sein. Nur weil mir in manchen<br />
Geschäften die Semmel nicht<br />
schmeckt, verbietet man doch<br />
auch nicht das gesamte Bäckereigewerbe!<br />
Erwarten Sie wirklich so dramatische<br />
Entwicklungen?<br />
G. Gollenz: Deutschland ist uns<br />
hier ja vorausgegangen und die<br />
Erfahrungen von dort zeigen,<br />
dass der Markt auch bei uns um<br />
30 bis 40 % zurückgehen könnte.<br />
Und was wird wohl passieren,<br />
wenn weniger Angebot für die<br />
Wohnungssuchenden am Markt<br />
ist? Richtig! Die Mieten werden<br />
aller Voraussicht nach steigen.<br />
Und dazu kommt noch, dass die<br />
Mieter in Zukunft als Laien dem<br />
Angebot professioneller Vermieter<br />
komplett ausgeliefert sind.<br />
Was kann man jetzt noch tun?<br />
G. Gollenz: Jetzt ist die Sache<br />
einmal gelaufen. Unsere Profis<br />
werden bis Ende Juni ihre Beratungstätigkeit<br />
noch im üblichen<br />
Umfang aufrechterhalten.<br />
Danach werden die Zeiten für<br />
Wohnungssuchende schwieriger<br />
und wahrscheinlich auch teurer.<br />
Denn sie werden sich rechtliche<br />
und fachliche Unterstützung von<br />
externer Seite zukaufen müssen,<br />
wenn sie einem professionellen<br />
Vermieter gegenübertreten. Und<br />
dann wird man hoffentlich erkennen,<br />
dass die Politik den nächsten<br />
Fehlgriff getätigt hat. Warten<br />
wir ab ...<br />
Fachgruppenobmann<br />
Gerald Gollenz kritisiert,<br />
dass das neue<br />
Bestellerprinzip die<br />
Wohnungssuchenden<br />
ab Juli massiv<br />
benachteiligt.