WBG_JB_2022_Einzelseiten
Jahresbericht 2022 von Wohnbaugenossenschaften Zürich
Jahresbericht 2022 von Wohnbaugenossenschaften Zürich
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
DAS MASS<br />
ALLER DINGE?<br />
In den Nuller-Jahren, aber auch in den 40erund<br />
70er-Jahren des letzten Jahrhunderts<br />
mussten aus akuter Wohnungsnot – etwas<br />
vereinfacht formuliert – einfach schnell<br />
mehr Wohnungen her. Mehr Wohnraum war<br />
das Mass aller Dinge und die Kriterien, wie<br />
und womit gebaut werden soll, mussten sich<br />
diesem grossen Ziel und dem Materialmangel<br />
unterordnen. Lärmschutz oder Treibhaus -<br />
gas-Emissionen waren noch kein Thema. Doch<br />
mit der Zeit gewinnt man neue Erkenntnisse.<br />
Diese gilt es einzuordnen.<br />
Das folgende Beispiel zeigt, wie sich neue Erkenntnisse<br />
erst ihren Weg ins Bewusstsein bahnen müssen,<br />
bevor wir ihre Tragweite richtig einordnen und<br />
dementsprechend handeln können: Asbest wurde<br />
während Jahrzehnten bedenkenlos beim Wohnungsbau<br />
verwendet. Erst seit 1989 – nachdem<br />
die Gefahr von freiwerdendem Asbest zweifelsfrei<br />
belegt werden konnte – gilt schweizweit ein Verbot.<br />
Das bereits verbaute Material ist heute noch<br />
eine Hypothek, vor allem in Gebäuden aus den<br />
1950er- und 1970er-Jahren, und sorgt regelmässig<br />
für aufwendige und teure Sanierungen.<br />
Jedes neue Kriterium stellt den bestehenden<br />
Kriterienkatalog in Frage<br />
Ganz ähnlich verhält es sich heute bei der Diskussion<br />
um die graue Energie. Diese wird bei Umbauoder<br />
Ersatzneubauvorhaben nach und nach in die<br />
Überlegungen einbezogen und beeinflusst unser<br />
Handeln. Und vor allem wirft diese Diskussion<br />
jene Fragen auf, denen alle bereits bekannten<br />
Kriterien zuvor schon standhalten mussten: Wie<br />
wird graue Energie – vor allem dort, wo sie eingespart<br />
wird – berechnet? Und wie sind die<br />
graue Energie bzw. die Treibhausgas-Emissionen<br />
angesichts einer drohenden Klimakrise gegenüber<br />
den anderen Kriterien zu gewichten? So<br />
stellt dieser Aspekt wie jedes neue Kriterium die<br />
bereits bestehenden wieder in Frage, zumindest<br />
bezüglich ihrer Gewichtung.<br />
Dabei ist die Definition des grauen Energiewerts<br />
für sich genommen gewissermassen das Mass aller<br />
Dinge: Berechnet wird nämlich der Energieaufwand,<br />
der zur Herstellung einer Ware inklusive der<br />
Förderung seiner Rohstoffe, deren Verarbeitung,<br />
Transport und Lagerung, des Verkaufs bis hin zur<br />
Entsorgung benötigt wird – bei Wohnungen also<br />
alles ausser deren Betrieb. Und dennoch ist die<br />
graue Energie nur ein Kriterium unter vielen, welche<br />
die Wohnbaugenossenschaften beim Erhalt<br />
oder bei der Erstellung von Wohnraum berücksichtigen<br />
müssen.<br />
14