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STARK!STROM#32

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Strom!Streit<br />

Von Stefan Mair<br />

Torheit<br />

schützt vor Strafe nicht<br />

Ja, hier kommt ein wahres „Monster“<br />

von einem Text oder feiner ausgedrückt: unser Leitartikel.<br />

In vielen Publikationen üblich – jetzt auch bei Stark!Strom –<br />

Stefan, leg los:<br />

Kann man die Kunst<br />

vom Künstler trennen?<br />

Der US-Rapper Kanye West, der sich neuerdings<br />

schlichtweg Ye nennt, macht momentan mehr<br />

durch negative Schlagzeilen als durch seine Musik<br />

von sich reden. Adidas hat aufgrund von ihm getätigter,<br />

antisemitischer Aussagen kürzlich einen<br />

1,5 Milliarden Dollar schweren Werbedeal mit dem<br />

Musiker aufgekündigt. Einige Wochen später setzte<br />

Ye in einem Podcast mit dem rechtsextremen<br />

Verschwörungstheoretiker Alex Jones dann einen<br />

drauf und erklärte seine Liebe für Adolf Hitler und<br />

die Nazis. Seither geht auf Reddit ein ein Jahr alter<br />

Post viral, in dem scherzhaft suggeriert wurde, dass es<br />

in dem Song „Niggas in Paris“ um Hitlers Einmarsch<br />

1940 in Frankreich geht. Zahlreiche User hinterfragen<br />

nun, ob da nicht doch ein Fünkchen Wahrheit dahintersteckt.<br />

Ein perfektes Beispiel dafür, wie Kunst und<br />

Künstler miteinander verschmelzen können. Viele<br />

Fans fragen sich nun, ob man seine Musik tatsächlich<br />

noch ohne schlechtes Gewissen konsumieren kann.<br />

Kategorie: Politik und Rassismus<br />

Wir schreiben das Jahr 2016, es ist Dimebash. Pantera-<br />

Sänger Phil Anselmo beendet einen Auftritt sichtlich<br />

volltrunken mit erhobener rechter Hand und brüllt<br />

„White Power“. Ein Video dieser Geste geht viral, seine<br />

Musikerkollegen äußern sich in Interviews oder<br />

Reaction-Videos schockiert. In einer ersten Reaktion<br />

behauptete Anselmo, es habe sich um einen Backstage-<br />

Weißwein-Inside-Joke gehandelt, der missverstanden<br />

wurde. In einem (doch etwas selbstgefällig wirkenden)<br />

Video von Robb Flynn behauptet dieser, er hätte<br />

Backstage nicht eine Flasche Weißwein gesehen und<br />

hält das für eine dämliche Ausrede. Flynn sollte recht<br />

behalten, Anselmo entschuldigt sich kurz darauf für<br />

die dämliche Aktion und bietet seiner Band Down sogar<br />

an, dass er seinen Posten freimacht. 2022 angekommen,<br />

hat man das Gefühl, dass der Dimebash nie<br />

passiert wäre. Er ist nach wie vor der Sänger von Down,<br />

Pantera gibt eine Tribute-Reunion-Tour und eröffnet in<br />

den Staaten sogar für Metallica. Warum ist Anselmo mit<br />

einer Aktion durchgekommen, die in Zeiten von Cancel<br />

Culture eigentlich zu einer Verbannung auf Lebzeiten<br />

hätte führen müssen? So dumm, bescheuert, pietätlos<br />

und ekelhaft seine Aktion war, für mich war es eine<br />

b’soffene Gschicht. Viele von uns werden das Gefühl<br />

kennen, wie es ist, wenn man im Vollrausch etwas sagt<br />

oder tut, das man nüchtern nie im Leben gesagt oder<br />

getan hätte. Ob man Anselmo diese Aktion durchgehen<br />

lässt, muss jeder Fan selbst entscheiden - Ich habe ihm<br />

jedoch vergeben und genieße die Musik Panteras wieder<br />

in vollen Zügen.<br />

Die eingangs gestellte Frage ist wie so oft eine, auf die<br />

es keine klare Antwort gibt. Zu unterschiedlich sind<br />

die Verfehlungen, die von Künstlern begangen werden<br />

können. Zu unterschiedlich und Facettenreich<br />

die Toleranzschwellen der Fans, die sich manchmal<br />

entscheiden müssen, welche Dinge sie ihren<br />

Idolen verzeihen und welche so fundamental gegen<br />

den eigenen ethnischen Kompass sprechen, dass<br />

man manch einen Interpreten nur aus der eigenen<br />

CD/Vinyl-Sammlung oder Spotify-Playlist verbannen<br />

kann. Ich habe mir deshalb 3 verschiedene Heikler wird es für mich bei Michale Graves. Der<br />

Kategorien herausgepickt, nach denen ich dahingehend<br />

unterscheide, innerhalb derer ich teilweise und Famous Monsters zu hören ist, machte in den letz-<br />

Ex-Misfits-Sänger, der auf den Alben American Psycho<br />

sogar noch einmal Abstufungen treffen muss und ten Jahren sehr durch sein Engagement für die rechtsextreme<br />

Proud Boys-Bewegung auf sich aufmerksam.<br />

erkläre, welche Künstler ich trotz Verfehlungen weiterhin<br />

genieße und welche nicht.<br />

Bereits in den frühen 2000ern beteiligte er sich als Autor<br />

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