STARK!STROM#32

Stark!e Männer
Wrestling ist Action im Ring. Aber nicht nur das. Ein wichtiger Teil des Sports-Entertainments sind
Kommentatoren und Ringsprecher. Sie erklären uns die Geschichte, die im Ring erzählt wird, und
unterstützen mit ihren Ankündigungen die Dramaturgie der Auseinandersetzung. Ihre Stimmen
verleihen dem Ringgeschehen Würze.
Die Stimmen des Wrestlings
Einer der ersten, der im deutschsprachigen Fernsehen
Wrestling kommentierte, war Carsten Schaefer.
Er arbeitete 1988 für die Sportredaktion des Senders
Tele 5, als eines Tages der Chefredakteur reinkam und
fragte: „Wir haben da dieses Catchen. Wer will das machen?“
Im Gegensatz zu seinen Kollegen war Schaefer
Feuer und Flamme.
Schaefer sah seine Rolle nie als die eines klassischen
Sportkommentators: „Du bist Teil der Show. Du bist
das Bindeglied zwischen der Promotion und den Zuschauern“.
Der Kommentar transportiert die Storyline.
Der Tonfall und die Wortwahl tragen zum Character-Building
des Wrestlers bei. Anders als bei vielen
Sportarten darf der Kommentator im Wrestling keine
längeren Pausen machen „Zehn bis 15 Sekunden sind
bereits zu viel“, erklärt Schaefer.
Präsenz zeigen, lautet Salvas Credo, das er durch abgestimmte
Kleidung (Schuhe und Hemd stets gleichfarbig)
umsetzt. Acht Anzüge, 40 bis 50 Hemden und
zehn Paar Schuhe umfasst seine Garderobe. Seine
Körpergröße von nur 163 cm spielt ihm in die Karten,
weil er Wrestler neben ihm noch hünenhafter
erscheinen lässt. Den Ritterschlag als Ringsprecher
erhielt er von der Wrestling-Legende Tony St. Clair,
der ihm attestierte: „Du hast das Mundwerk und die
Größe eines Ringsprechers.“
Ähnlich wie sein Kollege Salva wurde EWA-Ringsprecher
Robb Steamhammer ebenfalls nie gefragt, ob er
den Job übernehmen möchte. Eigentlich wollte er Interviews
mache, als er 1993 zu einer Show der WWS in
München anreiste. Promoter The Hustler hängte ihm
aber kurzerhand die Aufgabe des Ringsprechers um.
Keine Widerrede und Schluss der Debatte, lautete die
Arbeitsanweisung des Hustlers. Mit mächtigem Bammel
kletterte Steamhammer in den Ring und debütierte
erfolgreich vor 5000 Zusehern in der Münchner
Rudi-Sedlmayer-Halle.
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Alle Fotos © King of Pics Alex Singer
Ganz wichtig für Schaefer: Es gibt keinen starken oder
schwachen Kämpfer im Ring. „Der eine ist gut, der
andere aber ist supergut.“ Denn wer sich gegen eine
Niete durchsetzt, dessen Sieg hat kein Gewicht, was
wiederum den Charakter des Wrestlers schwächt. Die
kreative Distanz macht die gute Moderation aus: „Du
musst natürlich Fan sein, darfst aber nicht zu sehr
Fan sein.“ Die Erzählung des Matches muss neutral
verklickert werden.
Ohne gefragt worden zu sein, kam Ringsprecher Salvatore
„Salva“ Cofone zu seinem Job. Der Ruhrpott-Italiener
erhielt im Juni 2015 einen Anruf vom befreundeten
Wrestler Murat Kaan. „Ich habe dich als Ringsprecher
für die nächste CUW-Show empfohlen“, lautete Kaans
Ansage. Salva äußerte Zweifel, die jedoch zu spät kamen.
„Du bist auch schon gebucht“, schallte es durchs Telefon.
Salva, der sein flinkes Mundwerk durch berufliche Aktivität
im Vertrieb fit hält, bastelte sich Kärtchen und
begann vor dem Spiegel zu üben, bis die Erkenntnis
in ihm reifte: „Nee, das brauch‘ ich alles nicht!“ Anstatt
eingeübte Floskeln zu reproduzieren, wollte er beim
Sprung ins kalte Wasser einfach so sein, wie er ist. Hochnervös
meisterte er sein Debut bei der CUW mit Bravour
und verlässt sich seitdem auf sein Stehgreif-Talent.
„Catcher sind eitel, wenn es ums Gewicht geht“, weiß
der Mann, der bei der EWA stets im roten Sakko den
Dienst versieht. Vor der Show sucht er daher den Kontakt
zu den Athleten, um sicherzugehen, wie diese
angekündigt werden wollen. Falsche Aussprache des
Namens oder unkorrekte Bezeichnung der Herkunft
sind Fettnäpfchen, die manche Wrestling-Mimose
erzürnen. Alles scheinbar nur Nebensächlichkeiten,
aber selbst ein Ringsprecher will keinen Stunk mit
einem Wrestler provozieren.
Auch Steamhammer ist kein Freund strikter Textvorgaben.
„Wer den Text wortwörtlich aufschreibt, ist
Sklave seiner eigenen Eselsbrücke“. Das geht dann
nicht gut, wenn etwas nicht nach Plan läuft. Der erfahrene
Mundwerkathlet erinnert sich an eine Schrecksekunde
beim 1998er-Event in der Lugner City. Ein
aufgebrachter Zuseher ging damals auf den Wrestler
Dirty Harry mit einem Messer los. Nachdem glücklicherweise
dabei niemand zu Schaden gekommen war,
entkrampfte Steamhammer die angespannte Situation:
„All jene, die Gotham-City und Entenhausen auf
der Landkarte suchen, bitte ich die Sache hier nicht so
ernst zu nehmen“, lautete der spontane Sager damals.
Mit ihren Stimmen schenken uns Kommentatoren
und Ringsprecher gemeinsam mit den Wrestlern eine
unterhaltsame Zeit. Denken wir vielleicht daran beim
nächsten Event und spenden jenen, die uns mit ihren
Worten begeistern, einen Extra-Applaus.
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Bild1: Kommentatoren-Legende Carsten Schaefer als General Manager im Ring der UKWA
Bild2: Ringsprecher Salva trifft den guten Ton in Wort und Farbe bei der PWÖ
Bild3: Robb Steamhammer hat das Sagen im Ring der EWA
Ronny Raab-Bauki
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