2023-1-5-oebm-der-osterreichische-baustoffmarkt - Lafarge ist nun HOLCIM - Auf zu neuen Ufern
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H A N D E L I N T E R V I E W<br />
Als größte Herausfor<strong>der</strong>ung sehe ich<br />
die hohen Kosten, insbeson<strong>der</strong>e bei<br />
Personal und Energie, die wir mit bestenfalls<br />
stagnierenden Umsätzen und<br />
schwindenden Spannen auffangen müssen.<br />
Gab es im vergangenen Jahr bzw. gibt<br />
es aktuell Produkte, bei denen <strong>der</strong><br />
Handel eine erhöhte Nachfrage feststellen<br />
konnte? In welchen Segmenten<br />
war <strong>der</strong> höchste Zuwachs <strong>zu</strong> verzeichnen?<br />
Im vergangenen Jahr wurden kurzfr<strong>ist</strong>ig<br />
erhöhte Nachfragen einerseits durch<br />
die Materialverknappung und an<strong>der</strong>erseits<br />
durch Ankündigungen von Preiserhöhungen<br />
ausgelöst. Es war schwierig<br />
diese Spitzen ab<strong>zu</strong>decken und hat uns<br />
Baustoffhändler an die Grenzen unserer<br />
Lagerlog<strong>ist</strong>ik geführt. Diese „Vorzieheffekte“<br />
sind meiner Einschät<strong>zu</strong>ng nach<br />
ein Grund dafür, dass Mengen im ersten<br />
Quartal <strong>2023</strong> fehlten.<br />
Tendenziell sind jetzt Produkte im Bereich<br />
<strong>der</strong> Sanierung stärker gefragt. Einen<br />
klaren Produkttrend kann ich persönlich<br />
jedoch noch nicht erkennen. Zudem hat<br />
sich die Nachfrage auf Grund <strong>der</strong> grundsätzlich<br />
guten Produktverfügbarkeit und<br />
<strong>der</strong> eher ruhigeren Preissituation normalisiert.<br />
Das vergangene Wirtschaftsjahr war<br />
infolge <strong>der</strong> Pandemie und durch den<br />
Krieg in <strong>der</strong> Ukraine von Materialmangel<br />
und Lieferengpässen, langen<br />
Lieferzeiten und rasanten und großteils<br />
unberechenbaren Preissteigerungen<br />
geprägt.<br />
Wie sehen Sie das für das laufende<br />
Jahr? Sind alle Produktsegmente lieferbar<br />
o<strong>der</strong> zeichnen sich in dem einen<br />
o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>em Bereich jetzt bereits<br />
wie<strong>der</strong> Engpässe ab?<br />
Die Warenverfügbarkeit hat sich meiner<br />
Einschät<strong>zu</strong>ng nach in allen Bereichen<br />
wie<strong>der</strong> normalisiert. Dies erleichtert<br />
es uns unsere Hauptaufgabe als<br />
Baustoffhändler – die regionale Verteilerfunktion<br />
aus unserem Lager – wahr<strong>zu</strong>nehmen.<br />
Allerdings gibt es in einigen Sortimenten<br />
die Entwicklung, dass auf Grund<br />
<strong>der</strong> sinkenden Nachfrage die Preise <strong>zu</strong>m<br />
Teil massiv gesenkt werden. Nach den<br />
unberechenbaren Preissteigerungen im<br />
vergangenen Jahr befürchte ich genauso<br />
unberechenbare Preissenkungen in diesem<br />
Jahr auf uns <strong>zu</strong>kommen.<br />
Laut (Bau)Wirtschaftsexperten wird<br />
<strong>2023</strong> das Jahr <strong>der</strong> Sanierung. Die<br />
Regierung hat mit dem Sanierungs-<br />
Scheck <strong>2023</strong>/24 die För<strong>der</strong>summen<br />
deutlich erhöht und auch die Bauindustrie<br />
rüstet sich bereits für eine<br />
steigende Nachfrage im Sanierungsbereich.<br />
Ist diese prognostizierte Trendwende<br />
bereits auch im Handel spürbar?<br />
Können Umsatzeinbrüche die durch<br />
die fehlende Nachfrage im Neubau<br />
durch Sanierung kompensiert werden?<br />
<strong>Auf</strong> Grund unserer Sortimentsschwerpunkte<br />
spüren wir in unserem Unternehmen<br />
den Trend hin <strong>zu</strong>r Sanierung<br />
bzw. <strong>zu</strong>r Erweiterung bestehen<strong>der</strong> Gebäude<br />
und Woh<strong>nun</strong>gen schon seit längerer<br />
Zeit. Fehlende le<strong>ist</strong>bare Grundstücke<br />
haben aus meiner Sicht schon vor<br />
den Krisenjahren die Notwendigkeit dafür<br />
aufgezeigt.<br />
Ich denke nicht, dass die Umsatzeinbrüche<br />
im Neubau vollständig durch<br />
die Sanierung aufgefangen werden können.<br />
Ich denke aber auch nicht, dass das<br />
unbedingt notwendig <strong>ist</strong>, da im Sanierungsbereich<br />
tendenziell bessere Erträge<br />
erwirtschaftet werden können. Vorausset<strong>zu</strong>ng<br />
dafür <strong>ist</strong> allerdings, dass das nötige<br />
Knowhow verfügbar <strong>ist</strong>.<br />
Große Kooperationen sprechen davon,<br />
dass das Jahr <strong>2023</strong> noch, durch<br />
die relativ gute <strong>Auf</strong>tragslage des Gewerbes,<br />
halbwegs gute Erträge bringen<br />
wird. Für 2024 geht man von<br />
massiven Einbrüchen aus. Wie sehen<br />
Sie das?<br />
Für <strong>2023</strong> schließe ich mich dieser Einschät<strong>zu</strong>ng<br />
an. Die Auslastung des Gewerbes<br />
<strong>ist</strong> in Ord<strong>nun</strong>g. Früher – das<br />
heißt, vor <strong>der</strong> Pandemie – hätten wir<br />
gesagt, sie <strong>ist</strong> sogar sehr gut. Bei den<br />
Erträgen gehe ich allerdings davon aus,<br />
dass diese unter Druck geraten werden.<br />
Ich glaube nicht daran, dass 2024 so<br />
dramatisch werden wird. Ja, die Rahmenbedingungen<br />
sind schwierig und wir<br />
leben in Zeiten mit vielen Krisen und<br />
Unsicherheiten. Darauf müssen wir uns<br />
vorbereiten. Den „Kopf in den Sand stecken“<br />
<strong>ist</strong> aber für mich keine Lösung.<br />
Ich lasse mir meinen Optimismus nicht<br />
von düsteren Prognosen und Medienberichten<br />
nehmen und glaube daran,<br />
dass wir mit innovativen Lösungen und<br />
einem starken Team auch diese Krise<br />
me<strong>ist</strong>ern werden.<br />
Ein Dauerthema quer durch alle Sparten<br />
und Bereiche <strong>ist</strong> <strong>der</strong> Fachkräfteund<br />
Mitarbeitermangel: Wie sehen Sie<br />
die nahe Zukunft für den Handel? Ist<br />
<strong>der</strong> Baustoffhandel attraktiv genug,<br />
um ausreichend neue Mitarbeiter,<br />
Lehrlinge o<strong>der</strong> auch Quereinsteiger<br />
<strong>zu</strong> lukrieren? Was tut die Standesvertretung<br />
bzw. <strong>der</strong> Handel selbst, um<br />
hier langfr<strong>ist</strong>ig nicht auf <strong>der</strong> Strecke<br />
<strong>zu</strong> bleiben?<br />
Der Arbeitskräftemangel <strong>ist</strong> ein allgegenwärtiges<br />
Thema über alle Branchen<br />
hinweg. In Vorarlberg kommt erschwerend<br />
da<strong>zu</strong>, dass auf Grund des höheren<br />
Gehaltsniveaus viele Arbeitskräfte als<br />
Grenzgänger in die benachbarte Schweiz<br />
o<strong>der</strong> nach Lichtenstein abwan<strong>der</strong>n.<br />
Ich denke, dass <strong>der</strong> Baustoffhandel<br />
sehr wohl attraktiv für Lehrlinge,<br />
junge Mitarbeiter:innen und<br />
Quereinsteiger:innen wäre. Wäre deshalb,<br />
weil ich <strong>der</strong> Mei<strong>nun</strong>g bin, dass<br />
wir unser Image als attraktiver Arbeitgeber<br />
verbessern müssen. Viele wissen<br />
ganz einfach nicht, was <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>ne<br />
Baustoffhandel <strong>zu</strong> bieten hat. An diesem<br />
Thema arbeiten wir aktuell intensiv in<br />
<strong>der</strong> Fachgruppe <strong>der</strong> Wirtschaftskammer.<br />
Gibt es von Seiten <strong>der</strong> WK Vorarlberg<br />
eine engere Zusammenarbeit mit dem<br />
VBÖ? Wenn ja, wie sieht die aus? Was<br />
sind Schwerpunktthemen, wo kann<br />
man sich gegenseitig unterstützen?<br />
Die Fachgruppe unterstützt die Initiative<br />
„Pro Bauen“ des VBÖ mit einem<br />
finanziellen Beitrag. Davon abgesehen<br />
gibt es aktuell keine engere Zusammenarbeit.<br />
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