Leichtathletik INFORMationen 02/2023

in Führung, bis noch ein Trio an ihr vorbeizog – wobei die Britin
Jazmin Sawyers im fünften Versuch erstmals in ihrer Karriere
7 m weit sprang und damit eine neue Weltjahresbestleistung
aufstellte.
Europas Superstars in Topform
Über 400 m gewannen die Favoriten Femke Bol und Karsten
Warholm wie erwartet, doch während Femke Bol souverän ihr
Rennen als Europameisterin beendete (in 49,85 s, ihrer dritten
Zeit unter 50 s in dieser Hallen-Saison), hatte 400-m-Hürden-
Weltrekordler Karsten Warholm auf der Zielgeraden Schwierigkeiten
und konnte sich nur durch einen Zielsprung und
anschließenden Sturz vor dem starken Belgier Julien Watrin ins
Ziel retten.
Etwas überraschend war hingegen, wie souverän der norwegische
Olympiasieger Jakob Ingebrigtsen sowohl über 1.500 m als
auch über 3.000 m gewann – und damit (im Alter von 22 Jahren)
bereits seine Europameistertitel Nummer 10 und 11 im Aktivenbereich
holte! Ingebrigtsen hatte noch im Frühjahr mit erheblichen
Verletzungsproblemen zu kämpfen und musste u. a.
krankheitsbedingt ein geplantes Trainingslager absagen. Dessen
ungeachtet stellte er bei seinem zweiten Titelgewinn am
Schlusstag über 3.000 m sogar einen norwegischen Rekord auf.
Weitere Höhepunkte in der Ataköy Arena
Laut und emotional wurde es in der Halle beim Dreisprung der
Frauen. Die 22-jährige Türkin Tugba Danismaz sprang bereits
im ersten Versuch vor heimischem Publikum mit 14,31 m türkischen
Rekord und holte die Goldmedaille – die einzige Medaille
der Gastgeber bei diesen Titelkämpfen.
Über 60 m der Männer gewann nicht der haushohe Favorit,
Olympiasieger und Hallen-Weltmeister Lamont Marcel
Jacobs (ITA), sondern sein Landsmann Samuele Ceccarelli, der
ihn schon bei den italienischen Hallenmeisterschaften überraschend
geschlagen hatte. Ceccarelli, der vor dieser Saison nur
eine Bestzeit von 6,72 s über 60 m aufzuweisen hatte, steigerte
sich von Wettkampf zu Wettkampf, bevor er im Halbfinale 6,47 s
lief und diese Zeit im Finale mit 6,48 s bestätigte. Jacobs wurde
mit 6,50 s in Saisonbestzeit Zweiter.
Im Mittelstreckenlauf der Frauen dominierten wie erwartet
die britischen Ausnahmeläuferinnen Laura Muir und Keely
Hodgkinson. Laura Muir verteidigte ihren Titel über 1.500 m
in europäischer Jahresbestzeit von 4:03,40 min und sicherte
sich damit ihren fünften Europameistertitel in der Halle, während
die erst 21-jährige Keely Hodgkinson ihren Titel von
Torun über 800 m ungefährdet in 1:58,66 min verteidigte. Eine
bemerkenswerte Leistung erbrachte Majtie Kolberg aus Ahrweiler,
die sowohl im Vorlauf (2:01,94 min) als auch im Halbfinale
(2:01,49 min) persönliche Hallenbestzeit lief und mit dem Finaleinzug
belohnt wurde.
Wilma Murto, die Tochter von Sari Murto, der Vorsitzenden
des mit uns befreundeten finnischen Fan-Clubs „Supporters of
Finland“, verbesserte den eigenen Landesrekord im Stabhochsprung
gleich zweimal und wurde – wie in München 2022 – nun
auch in der Halle Europameisterin.
Im Weitsprung der Männer sicherte sich Olympiasieger Miltiádis
Tentóglou (GRE) den Titel mit 8,30 m und avancierte zum ersten
Weitspringer, der drei Hallen-EM-Titel in Folge gewinnen
konnte.
Enttäuschungen nach starkem Auftakt
Nachdem es am ersten Wettkampftag gleich vier deutsche
Medaillen für das deutsche Team gegeben hatte (Doppelsieg
über 3.000 m der Frauen, Silbermedaille für Sara Gambetta im
Kugelstoßen und Bronze für Max Heß im Dreisprung), waren
die Erwartungen für weitere Erfolge hoch – doch bei den vier
Medaillen sollte es leider bleiben …
Besonders enttäuschend der letzte Wettkampftag, an dem
die Deutschen mit vier vierten Plätzen mehrfach nur hauchdünn
an einer Medaille vorbeischrammten: Tobias Potye (Hochsprung
Männer), Manuel Eitel (Siebenkampf), Torben Blech
(nomen est omen) im Stabhochsprung und Malaika Mihambo
im Weitsprung.
Mit nur 4 Medaillen erzielte das deutsche Team das schlechteste
Ergebnis seit 2007, landete jedoch dank der Goldmedaille
von Hanna Klein im Medaillenspiegel auf dem 10. Platz (2021
belegte Deutschland in Torun mit 6 Medaillen nur den 16. Platz:
0/2/4 = 6).
Kulturelle Höhepunkte Istanbuls
Neben dem Besuch der Wettkämpfe in der Ataköy-Arena blieb
für die 20 mitgereisten FREUNDE-Fans noch genügend Zeit, die
kulturellen Höhepunkte Istanbuls zu erkunden. So wurde im
Rahmen verschiedener Halbtagestouren – teilweise geführt,
teilweise „auf eigene Faust“ – auch der Hagia Sophia, der Blauen
Moschee, dem Taksim-Platz oder dem Galata-Turm ein ausführlicher
Besuch abgestattet.
Auch von den Repressionen des autoritären Erdogan-Regimes,
die etliche FREUNDE-Mitglieder von einer Reise abgehalten
hatten, war nichts zu bemerken. Allerdings war die überproportionale
Polizeipräsenz, vor allem im Stadtzentrum, nicht
zu übersehen. Auch die Kontrollen am Flughafen waren deutlich
strenger als in Deutschland gewohnt.
Die nächsten Halleneuropameisterschaften finden vom 6. bis
9. März in Apeldoorn/NL statt. 2024 werden die Hallenweltmeisterschaften
in Glasgow/GB ausgetragen (1. bis 3. März).
Text und Foto: Wilfried Walter
7 Leichtathletik INFORMationen