Chor im Gespräch FOLGE 41
Chor im Gespräch (c) Walter Dohr - alle Rechte vorbehalten; Vervielfältigung oder auszugsweise Wiedergabe nur nach Autorisierung des Autors gestattet
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1 CHOR IM GESPRÄCH<br />
CHOR IM GESPRÄCH<br />
Troisdorfer Singschule (Foto: privat)<br />
<strong>41</strong>. Folge (2024)
2 CHOR IM GESPRÄCH<br />
VORWORT<br />
Diese Betrachtung soll ein Bekenntnis zum hiesigen<br />
<strong>Chor</strong>gesang sein, der nicht nur die Menschen <strong>im</strong>mer<br />
wieder erfreut, sondern auch ein Stück gelebte He<strong>im</strong>at<br />
ist. Das zeigt nicht nur die Tradition der Chöre<br />
und <strong>Chor</strong>gemeinschaften, sondern auch die vielfältigen<br />
Aktivitäten, die sich zwangs-läufig aus dem <strong>Chor</strong>und<br />
Vereinsleben ergeben. Das gilt für die zahlreichen<br />
Auftritte, Konzerte und anderweitigen Veranstaltungen.<br />
Es ist ein offenes Gehe<strong>im</strong>nis, dass das Singen<br />
auch den Sängerinnen und Sängern viel Spaß bereitet.<br />
Dass das Singen zudem eine gesellige und soziale<br />
Komponente hat, müsste eigentlich allen Menschen<br />
bekannt sein! Darum liegt es eigentlich auf der Hand,<br />
dass man sich für dieses Metier wirklich interessieren<br />
sollte. Das ganze Umfeld soll deshalb einmal intensiv<br />
betrachtet und auch denen nähergebracht werden,<br />
die sich eigentlich dessen nicht so bewusst sind. Außer-dem<br />
hat es für den Verfasser den weiteren Grund,<br />
dass sich damit für ihn ein stiller Wunsch erfüllt. Es<br />
ist für ihn interessant, das vielfältige Geschehen zu<br />
erleben und zu dokumentieren. Nicht nur der hiesige<br />
<strong>Chor</strong>gesang erlebt eine Zeit, in der die Sängerinnen<br />
und Sänger nachhaltig beweisen können und müssen,<br />
was ihnen das musikalische Erbe wert ist, das es zu<br />
bewahren gilt. Wir sollten uns nicht nur bei Jubiläumsfeiern<br />
daran erinnern. Doch ist leichter gesagt als<br />
getan. Denn es verlangt einen ausgeprägten Gemeinsinn<br />
und die überzeugte Freude am Singen!<br />
Walter Dohr<br />
INHALTSVERZEICHNIS<br />
03 Musikalische Symbiose<br />
04 Der Ton macht die Musik<br />
05 Meisterchor zu Gast<br />
06 Be<strong>im</strong> Reger-<strong>Chor</strong>fest<br />
07 Mitsingkonzert <strong>im</strong> Vorgebirge<br />
08 Auf zu neuen Ufern<br />
09 Eine besondere Auszeichnung<br />
10 Singen ist Herzenssache<br />
11 Anglikanische <strong>Chor</strong>musik<br />
12 Herzblut und Leidenschaft<br />
13 Lobpreis <strong>im</strong> Bröltal<br />
14 Begeisterndes Konzert<br />
15 Ausdrucksvolles Werk in der Philharmonie<br />
16 Aus der <strong>Chor</strong>szene<br />
18 Aus dem Siebengebirge<br />
19 Gelungenes Konzert in der Philharmonie<br />
20 Wunderschöner Lobgesang<br />
21 Nacht und Stürme werden Licht<br />
24 Voller Klanglichkeit<br />
25 Singen macht Freude<br />
26 Unsterbliches Messias-Oratorium<br />
27 Stilistische Vielfalt<br />
28 Der Sommer allenthalben<br />
29 Die Bedeutung des Singens<br />
30 Alles fliesst<br />
32 Zum Gedenken an eine Katstrophe<br />
33 Aus dem Archiv<br />
34 Konzertreise an die Ostsee<br />
37 Eine echte Wunderwaffe<br />
40 St<strong>im</strong>mliche Präsenz in Übersee<br />
<strong>41</strong><br />
42<br />
„<br />
Die Musik ist unendlich,<br />
sie ist aber auch allmächtig.<br />
Sie ist auch alles das, was und wie ein Geist ist.<br />
Solange irgendein Wesen existieren wird,<br />
so lange wird auch Musik bestehen,<br />
so lange wird sie auch Wunder wirken.<br />
Robert Musil<br />
*<br />
IMPRESSUM<br />
Autor und Herausgeber: Walter Dohr<br />
Assistenz: Josef Göbel und Udo Füsser<br />
Webmaster: Erik Breidenbach<br />
Redaktion: walterdohr@musik-kompendium.de
3 CHOR IM GESPRÄCH<br />
MUSIKALISCHE SYMBIOSE<br />
Foto: privat<br />
In der schmucken Dorfkirche in Niederkassel-Rheidt,<br />
die dem hl. Dionysus geweiht ist, gab die renommierte<br />
Kartäuserkantorei ein beeindruckendes Konzert<br />
mit jüdischen Gesängen und ausgesuchter<br />
geistlicher <strong>Chor</strong>musik. Das war ein für die Kirchenbesucher<br />
zur Passionszeit ein einmaliges Erlebnis,<br />
zumal sich die vom souveränen <strong>Chor</strong>dirigenten Paul<br />
Krämer bereitwillig durch die sehr anspruchsvollen<br />
Partituren führen ließen. Die Kantorei genießt einen<br />
außerordentlich guten Ruf. In Rheidt konnte man hören<br />
und spüren, warum das so ist. Die ambitionierten<br />
Sängerinnen und Sänger zeigten eine nicht alltägliche<br />
st<strong>im</strong>mliche Präsenz und ein ungewöhnliches St<strong>im</strong>m-<br />
und Stilgefühl, so dass die Kirchenbesucher wahrlich<br />
bis zum letzten Ton gefesselt waren. <strong>Chor</strong>sänger Markus<br />
Schwering hatte <strong>im</strong> Programmwort auf die Leidensgeschichte<br />
des jüdischen Volkes hingewiesen.<br />
Das betonte die Kantorei mit Klezmer- und Zwölftonmusik<br />
(„Shma Israel“ aus Arnold Schönbergs „Ein<br />
Überlebender aus Warschau“) sowie einigen romantisierenden<br />
jüdischen Kirchengesängen. Es war erstaunlich,<br />
wie die inspirierten Singst<strong>im</strong>men mit diesen<br />
Gesängen umgingen. Max<strong>im</strong>ilian Stössel vertiefte dieses<br />
besondere Genre mit einer eindringlichen jüdischen<br />
Rezitation und verknüpfte diese mit Texten der<br />
in Auschwitz ermordeten Etty Hillesum. Aber auch für<br />
die achtst<strong>im</strong>migen Psalm-Motetten op. 78 von Felix<br />
Mendelssohn-Bartholdy (überzeugend von Tenor Felix<br />
Laepple interpretiert) gebührt ein besonderes Lob!<br />
Das gilt ebenfalls für die seltenen Cruxifixus-Vertonungen<br />
von Friedrich Kiel (1821-1885) und Antonio<br />
Lotti (1667-1740) wie auch das orthodoxe „Pater noster“<br />
von Igor Strawinski. Den facetten- und nuancenreichen<br />
<strong>Chor</strong>gesang bereicherte das Klezmer-Trio<br />
„Kless“, das die Kirchenbesucher zuerst staunen und<br />
danach recht kräftig applaudieren ließ. Die Klarinettistin<br />
Theresa Frick <strong>im</strong>itierte gekonnt und verblüffend<br />
die spitzen Schreie und Klagerufe n „Der Du Frieden<br />
schaffst“. Das Trio, Theresa Frick, Tobias Juchem (Gitarre)<br />
und Wolfgang Ruland (Kontrabass) präsentierten<br />
mit der Kantorei das volksliedhafte „Awinu Malkenu“.<br />
Eine interessante und recht aufschlussreiche<br />
Symbiose zwei Musikkulturen, die sich in diesem besonderen<br />
Konzert begegnet sind! Walter Dohr
4 CHOR IM GESPRÄCH<br />
DIE MACHT DER TÖNE<br />
vom guten Ton die Runde. Eine weitere rhetorische<br />
Verknüpfung lässt sich zum Singen und Musizieren<br />
deutung zu. Natürlich gehören zum Singen auch weitere<br />
Stil- und Ausdrucksmittel wie die dynamische<br />
Foto: privat<br />
A Cappella <strong>Chor</strong> „BonnVoice“<br />
Den Ausspruch „Der Ton macht die Musik!“ hört man<br />
<strong>im</strong>mer wieder. Oft meint man damit, dass man <strong>im</strong><br />
Miteinander auf einen guten und gepflegten Umgang<br />
achten sollte. Aber auch bei der Mode macht das Wort<br />
herstellen. Auch da macht der Ton selbstredend die<br />
Musik! In beiden Kategorien muss man tunlichst auf<br />
den richtigen Ton achten und sich dabei <strong>im</strong>mer bewusst<br />
sein, dass Ton sitzen muss und jeder Ton seine<br />
originäre Bedeutung hat! Daher kommt der St<strong>im</strong>mund<br />
Tongebung be<strong>im</strong> Singen eine entscheidende Be-<br />
Gestaltung, die Rhythmik, die Diktion, die St<strong>im</strong>mund<br />
Vokalfärbung, die St<strong>im</strong>mführung und die Phrasierung.<br />
Doch die richtigen Töne locker zu treffen und zu<br />
gestalten, ist allen Chören ins Rollenbuch geschrieben.<br />
Einer der Chöre, der das wirklich beherrscht, ist<br />
„BonnVoice“ unter der Leitung von Tono Wissing!
5 CHOR IM GESPRÄCH<br />
MEISTERCHOR ZU GAST<br />
dem sich außerdem der Vokalchor „Voice Boys“ aus<br />
dem oberbergischen Bergneustadt unter der Leitung<br />
Gefilde entführen! Dem Kreis der auftretenden Chöre<br />
gehörte auch der Kinderchor der GGS Ruppichteroth<br />
Foto: privat<br />
Die engagierten Sänger des traditionellen MGV Marienberghausen<br />
(Oberbergischer Kreis) erstritten <strong>im</strong><br />
Jahre 2019 bereits den vierten Meisterchortitel des<br />
<strong>Chor</strong>Verbandes NRW in Morsbach. Unter der bewährten<br />
Leitung von Konrad Ossig erreichte man eine ausgezeichnete<br />
Benotung und stellte damit einmal mehr<br />
ganz nachdrücklich unter Beweis, dass man den <strong>Chor</strong>gesang<br />
liebt. Das zeigte man auch be<strong>im</strong> beliebten<br />
Frühlingsfest des MGV „Sangeslust“ Winterscheid in<br />
der Begegnungsstätte in Eichholz (Bröltal). <strong>Chor</strong>vorsitzender<br />
Rolf Siebigteroth und seine Mannen waren<br />
gut beraten, dieses <strong>Chor</strong>ensemble zu präsentieren,<br />
von Ralf Z<strong>im</strong>mermann zugesellte. Diese musikalischen<br />
Gäste boten dem begeisterten Publikum mit<br />
heiteren Liedsätzen, die bis zu kölschen Tön reichten.<br />
Die Vokalisten sind vor Jahren aus dem „Voice-Projekt“<br />
in Bergneustadt entstanden und habe sich wie<br />
der besagte Meisterchor einen sehr guten Ruf erworben.<br />
Lebhaften Beifall konnten ebenfalls die Sängerinnen<br />
des Frauenchores „La Bella Musica“ unter Joséphine<br />
Pilars de Pilar und die von Ulrich Stommel gemeinsam<br />
dirigierten Kirchenchöre Winterscheid und<br />
Schönenberg. die die Palette des <strong>Chor</strong>gesanges bereicherten.<br />
Das Publikum identifizierte sich mit dem<br />
Liedgut und ließ sich gerne in die unterschiedlichen<br />
unter der Leitung von Kristina Zelder an. Mit dem Singen<br />
kann man bekanntlich nicht früh genug anfangen.<br />
Auch Ulrich Stommel rückte mit den Ruppichterother<br />
Akkordeonisten „Haste Töne“ ebenfalls in den musikalischen<br />
Fokus. Zuletzt soll der MGV „Sangeslust“<br />
Winterscheid benannt werden, der sich unter Ulrich<br />
Stommel zu einem respektablen Männerchor entwickelt<br />
hat und den <strong>Chor</strong>gesang auf vorbildliche Weise<br />
in der Gemeinde Ruppichteroth prägt. So erhielten<br />
beispielsweise der pointierte <strong>Chor</strong>satz „Hochzeit der<br />
Frösche“ und der mit dem Akkordeonorchester gestaltete<br />
Ohrwurm „Drink doch ene met“ zurecht reichlich<br />
Beifall.
6 CHOR IM GESPRÄCH<br />
BEIM REGER-CHORFEST<br />
Auszüge aus dessen Programm und konnte wiederum<br />
völlig überzeugen. Als einer von drei Chören durfte<br />
man <strong>im</strong><br />
Jahre 2016 in Sondershausen/Thüringen das Abschlusskonzert<br />
des renommierten Max-Reger-<strong>Chor</strong>festes<br />
gestalten, das der Verband deutscher Konzertchöre<br />
ausgerichtet hatte. Das Konzert war der gelungene<br />
Abschluss eines schönen Wochenendes in der<br />
Landesmusikakademie Thüringen. Man hatte Stücke<br />
von Reger und Rheinberger <strong>im</strong> Gepäck und konzertierte<br />
mit den „Hallenser Madrigalisten“ und dem „Regerchor<br />
Braunschweig“ und nahm viele Kontakte und<br />
Eindrücke mit zurück in die Domstadt.<br />
Fotos: privat<br />
Im Jahre 2019 waren der Bonner Kammerchor<br />
„Constant“ und Dirigentin Astrid Mohr zu Gast in der<br />
Stiftskirche in Stuttgart. Dort traten die engagierten<br />
Sängerinnen und Sänger bei der „Stunde der Kirchenmusik“,<br />
einer renommierten Konzertreihe, bei der<br />
Chöre aus Deutschland und dem Ausland geistliche<br />
Werke zu Gehör bringen. Das Programm enthielt<br />
Werke von Tomkins, Mendelssohn, Britten, Messiaen,<br />
Barber und Pärt. Höhepunkt waren die „Tenebrae<br />
Responsories“ des schottischen zeitgenössischen<br />
Komponisten James MacMillan. Nach dem bravourösen<br />
Auftritt folgte ein geselliges Wochenende <strong>im</strong><br />
Stuttgarter Raum mit einem weiteren gut besuchten<br />
Konzert in der 900 Jahre alten Martinskirche in<br />
Neckartailfingen, die mit ihrem ländlichen Charme<br />
eine tolle Atmosphäre bot. Be<strong>im</strong> Konzert in der evangelischen<br />
Kirche in Gaisburg sang der Kammerchor
7 CHOR IM GESPRÄCH<br />
MITSINGKONZERT<br />
Der Gospelchor „<strong>Chor</strong>ios“ der evangelischen Kirchengemeinde<br />
Vorgebirge begeisterte <strong>im</strong> Jahre 2017 in<br />
der evangelischen Markuskirche in Bornhe<strong>im</strong>-Hemmerich<br />
mit einem Mitsingkonzert für Jung und Alt.<br />
Zum vielfältigen Repertoire des ambitionierten<br />
Gospelchores gehören bekannte Songs von Coldplay<br />
und Nena, aber auch Gospelgesänge, Rock- und Popsongs<br />
und moderne Kirchenmusik. Zuerst flüsternd,<br />
dann <strong>im</strong>mer lauter werdend, betraten 30 engagierte<br />
Sängerinnen und Sänger den Kirchenraum, um danach<br />
das südafrikanische Lied „Revival“ anzust<strong>im</strong>men.<br />
Unter der bewährten Leitung von Marie-Susann<br />
Rothschild präsentierte man ein Mitsingkonzert für<br />
Jung und Alt, das sich aus lauter Lieblingsstücken von<br />
<strong>Chor</strong> und Publikum zusammensetzte. Musikalisch unterstützt<br />
von Jakob Heine am Klavier und <strong>Chor</strong>mitglied<br />
Rolf Paulsen, überzeugte das abwechslungsreiche<br />
Programm bis zur allerletzten Minute! Die Dirigentin<br />
hatte selbst die Moderation übernommen, wobei<br />
sie <strong>im</strong>mer wieder eine kleine Geschichte zur Herkunft<br />
und Besonderheit der Songs erzählte. Außer<br />
den Spirituals „Go Down Moses“ und „Amen“ präsentierte<br />
„<strong>Chor</strong>ios“ auch eher Unbekanntes wie „In the<br />
last days“ und „Lord forgive us this day“. Zudem befanden<br />
sich unter den zwei Dutzend (!) <strong>Chor</strong>stücke<br />
und <strong>Chor</strong>arrangements wie „Viva la Vida“ von Coldplay<br />
und Nena mit dem Hit „Leuchtturm“ aus dem<br />
Jahre 1983. Den Schlusspunkt setzte das Pop-Medley<br />
„Disco survive“, was die Zuhörer mit viel Beifall<br />
Foto: privat<br />
quittierte. Die <strong>Chor</strong>leiterin freute sich über die Gemeindebesucher<br />
und besonders Frankfurt/Main, Koblenz<br />
und Köln. Speziell waren die ungewöhnlichen<br />
Gospelchor „<strong>Chor</strong>ios“ Bornhe<strong>im</strong>-Hemmerich<br />
<strong>Chor</strong>eografien zu den Stücken. Für Marie-Susann Rothschild<br />
war es großartig und fast unglaublich, was der<br />
Gospelchor letztlich auf die Bühne gebracht hatte!
8 CHOR IM GESPRÄCH<br />
AUF ZU NEUEN UFERN<br />
Karsten Rentzsch freut, der das Dirigat vor den Sommerferien<br />
2023 sehr gerne übernommen hat. Er habe<br />
Verantwortung in den Händen von Rentzsch. Für die<br />
Sängerinnen und Sänger ist das Ganze sozusagen ein<br />
„Music of Mine“ (Leitung: Sebastián Rdriguez)<br />
Der Musical - und Popchor „Music of Mine“ (MGV „Eintracht“<br />
Stossdorf) und <strong>Chor</strong>leiter Sebastián Rodriguez<br />
haben sich einvernehmlich und freundschaftlich voneinander<br />
verabschiedet. Das starke berufliche Engagement<br />
des Dirigenten als Konzertpianist machten<br />
eine kontinuierliche <strong>Chor</strong>arbeit nach mehr als einjähriger<br />
Zusammenarbeit <strong>im</strong>mer schwieriger. Seine ausgeprägte<br />
Musikalität und sein menschlich-respektvoller<br />
Umgang werden die Sängerinnen und Sänger gewiss<br />
nicht vergessen! Trotz der überraschenden Trennung<br />
gibt es keinen Stillstand bei „Music of Mine“. So<br />
berichtet der Vorstand, der sich über die Zusage von<br />
freundschaftliche Kontakte zum <strong>Chor</strong>, den er mitgegründet<br />
habe, erzählt der 34-jährige neue <strong>Chor</strong>leiter.<br />
Der MGV „Eintracht“ Stossdorf, dem „Music of Mine“<br />
angegliedert ist, hat Rentzsch <strong>im</strong> Jahre 2008 als <strong>Chor</strong>leiter<br />
für den Männerchor verpflichtet, der inzwischen<br />
unter dem Namen „Die Hennefer SIEGfoniker“ firmiert.<br />
Gemeinsam mit dem Vorstand unter dem Vorsitz<br />
von Peter Pütz ist den Sängern längst eine Neuausrichtung<br />
gelungen. Im Jahre 2009 hat sich der<br />
MGV „Eintracht“ Stoßdorf sich weiter zukunftsorientiert<br />
ausgerichtet und mit Rentzsch die Gründung des<br />
Musical- u. Popchores „Music of Mine“ in die Wege geleitet.<br />
Von 2009 bis 2015 lag die musikalische<br />
Bielsteiner Männerchor (Leitung: Karsten Rentzsch)<br />
„Déjà-vu-Erlebnis“. Be<strong>im</strong> <strong>Chor</strong>fest des MGV „Eintracht“<br />
Stossdorf <strong>im</strong> Mai 2023 trat Rodriguez letztmalig<br />
als <strong>Chor</strong>leiter <strong>im</strong> Stossdorfer Bürgerhaus auf.<br />
*<br />
Wo man singet, lass dich ruhig nieder,<br />
ohne Furcht, was man <strong>im</strong> Lande glaubt!<br />
Wo man singet, wird kein Mensch beraubt.<br />
Bösewichter haben keine Lieder.<br />
Johann Gottfried Seume
9 CHOR IM GESPRÄCH<br />
HARDTBERG-MEDAILLE<br />
Die verdiente Ehrung, die die Sängerinnen und Sänger<br />
des Gesangvereins „Liederkranz“ Bonn-Lengsdorf<br />
(linksrheinische Gemeinde Wachtberg) <strong>im</strong> Jahre 2108<br />
erfahren durfte, hatte leider einen ganz bitteren Beigeschmack.<br />
Denn Ende des Jahre 2018 löste sich der<br />
Gesangverein auf. Doch zunächst stand <strong>im</strong> Jahre<br />
2018 die Auszeichnung mit der „Hardtberg-Medaille“<br />
<strong>im</strong> eigentlichen Fokus. Bezirksbürgermeisterin Petra<br />
Thorand überreichte die Urkunde zur Hardtberg-Medaille<br />
an den <strong>Chor</strong>vorsitzenden Dieter Joest. Be<strong>im</strong> traditionellen<br />
Jahresempfang für die Hardtberger Vereine<br />
erhielt dieser nämlich die Hardtberg-Medaille.<br />
Die Freude wurde jedoch getrübt, als bekannt wurde,<br />
dass der Gesangverein sich auflöse. Die begehrte<br />
Auszeichnung hatte der „Liederkranz“ eigentlich<br />
schon lange verdient für die engagierte und vorbildliche<br />
Pflege des traditionellen Liedguts. Im Jahre hat<br />
man nun die Auszeichnung erhalten, wenn es auch<br />
die letzte Möglichkeit dafür war, da der „Liederkranz“<br />
aufgehört zu existieren, da schlichtweg der Nachwuchs<br />
ausgeblieben ist und der Altersdurchschnitt<br />
das Singen <strong>im</strong>mer schwieriger machte! Mit der Hardtberg-Medaille<br />
wird generell be<strong>im</strong> jährlichen be<strong>im</strong> Rathaus-Empfang.<br />
das ehrenamtliche Engagement der<br />
Hardtberger Vereine gewürdigt. Der „Liederkranz“,<br />
der <strong>im</strong> Jahre 2002 aus der Fusion des MGV Lengsdorf<br />
(gegründet <strong>im</strong> Jahre 1862) und des Quartettvereins<br />
„Liederkranz“ Lengsdorf (gegründet <strong>im</strong> Jahre 1872)<br />
hervorgegangen ist, hat sich um den <strong>Chor</strong>gesang<br />
Foto: privat<br />
verdient gemacht und in den Jahren von 2006 bis<br />
2012 Karnevalsveranstaltungen und die Kirmes organisiert<br />
und sich auch am Bau des Bürger- und Vereinshauses<br />
beteiligt. Die Vertreter der Festausschüsse<br />
Lengsdorf und Duisdorf, des Festausschusses<br />
Brüser Berg sowie die Bezirksbürgermeisterin Petra<br />
Thorand drückten bei der Gratulation zur „Hardtberg-<br />
Medaille“ ihr tiefes Bedauern aus. Sie dankte den<br />
vorne: 3.v.l. Bezirksbürgermeisterin Petra Thorand<br />
Ortsvereinen für den Einsatz, die Vorbildfunktion und<br />
die Integrationsbemühungen von ausländischen Mitbürgern<br />
und Neubürgern in Hardtberg. Es wäre keineswegs<br />
selbstverständlich, dass man so viel Freizeit<br />
opfern würde. Daher würde sie sich dafür einsetzen,<br />
dass die Mittel für die Vereine nicht gestrichen werden.<br />
Das hörten die Vereine in der Vorgebirgs-Gemeinde<br />
Wachtberg gewiss gerne!
10 CHOR IM GESPRÄCH<br />
HERZENSSACHE<br />
Fotos: privat<br />
Singen ist bekanntlich eine Herzenssache. Das gilt für<br />
diejenigen, die singen wie auch für die, die sich am<br />
Gesang ergötzen und wortwörtlich die Seele baumeln<br />
lassen! Die „Swingphonie“ (<strong>Chor</strong>gemeinschaft „Germania“<br />
Siegburg) hat sich das <strong>im</strong> Jahre 2015 auf die<br />
Fahne geschrieben. Musikdirektor FDB Stefan Wurm<br />
tut alles, damit die musikalische Losung aufgeht und<br />
mit viel Freude umgesetzt wird. Die engagierten Sängerinnen<br />
und Sänger beweisen bei den Konzerten und<br />
<strong>Chor</strong>auftritten <strong>im</strong>mer wieder, dass sie mit dem <strong>Chor</strong>gesang<br />
identifizieren. Das drückt sich in der Zust<strong>im</strong>mung<br />
des begeisterten Publikums in und um Siegburg<br />
in ganz besonderer Weise aus! Wenn es die „Swingphonie“<br />
nicht gäbe, müsste man sie ins Leben rufen.<br />
Doch das ist <strong>im</strong> Jahre 2015 unter der Mitwirkung des<br />
<strong>Chor</strong>vorsitzenden Hans-Josef Bargon, seiner Vertreterin<br />
Angela Recino, des <strong>Chor</strong>sängers Uwe Rösgen<br />
und Stefan Wurm längst geschehen!
11 CHOR IM GESPRÄCH<br />
ANGLIKANISCHE MUSIK<br />
Der neue Kirchenmusiker und Nachfolger des langjährigen<br />
Kantors Adolf Fichter an der Siegburger Servatiuskirche,<br />
Guido Harzen, bescherte der Servatius-Gemeinde<br />
<strong>im</strong> Jahre 2018 ein wunderschönes und sinnfälliges<br />
Musikerlebnis. Es lohnt sich allemal einen<br />
Blick in die musikalische Liturgie der anglikanischen<br />
Kirche zu werfen! So hat sich in den Gemeinden an<br />
Rhein und Sieg wie auch <strong>im</strong> Bergischen Land die Tradition<br />
des „Evensongs“ eingebürgert und bereitet den<br />
hiesigen Chören und Besuchern an Rhein und Sieg<br />
Fotos: privat<br />
mittlerweile ein innerliches Vergnügen. Das bereitete<br />
auch das „Festival of nine lessons and carols“ den Besuchern<br />
in der Servatiuskirche. Bei diesem traditionellen<br />
Singen (am bekanntesten ist das Festival in der<br />
King´s Chapel in Cambridge, das seit dem Jahre 1928<br />
<strong>im</strong> britischen BBC-Hörfunk ausgestrahlt wird) werden<br />
abwechselnd neun Bibelstellen und neun Weihnachtslieder<br />
vorgetragen, wobei außer einem <strong>Chor</strong> auch die<br />
Gemeinde mitsingt. An seiner bisherigen Wirkungsstätte<br />
in Neuss führte Guido Harzen seit einigen Jahren<br />
mit seinen Chören regelmäßig Konzerte mit ausgesuchten<br />
Werken auf und hat damit die Besucher<br />
<strong>im</strong>mer wieder erfreut. Aus Neuss war der „Further<br />
Kammerchor“ an die Sieg gereist und präsentierte mit<br />
st<strong>im</strong>mlicher Geschmeidigkeit unter der Leitung von<br />
Guido Harzen wertbeständige Carols und moderne<br />
Neuvertonungen englischer Weihnachtslieder.
12 CHOR IM GESPRÄCH<br />
HERZBLUT IST VONNÖTEN<br />
Es ist ein offenes Gehe<strong>im</strong>nis, dass das Singen das Gemüt<br />
beschwingt und die Seele labt. Außerdem wird <strong>im</strong><br />
Kreise Gleichgesinnter die Gemeinsamkeit <strong>im</strong>mer<br />
wieder gefördert und gelebt! Doch um den Geist und<br />
das Herz zu beflügeln sowie die Seele zum Schwingen<br />
zu bringen, bedarf es nachdrücklich einer sorgfältigen<br />
und gezielten <strong>Chor</strong>arbeit. Das verlangt von den Sängerinnen<br />
und Sängern Disziplin, Akribie, Beharrlichkeit,<br />
Herzblut und Leidenschaft. Der A Cappella <strong>Chor</strong><br />
„KlangFarben“ Eitorf zeigte auf vorbildliche Weise das<br />
be<strong>im</strong> <strong>Chor</strong>fest zum 150-jährigen Jubiläum des „Eitorfer<br />
Gesangvereins“ <strong>im</strong> Theater am Park in Eitorf unter<br />
der künstlerischen Leitung von Ruslan Aliyev!<br />
Zum Singen<br />
Fotos: privat
13 CHOR IM GESPRÄCH<br />
LOBPREIS IM BRÖLTAL<br />
hat. Dort probt das Dirigenten-Ehepaar Judith und<br />
Niko Schlenker, die bereits den Gospelchor „River of<br />
werden. Die <strong>Chor</strong>mitglieder rekrutieren sich aus Ruppichteroth<br />
und der Umgebung.<br />
Fotos: privat<br />
In der Bröltal-Gemeinde Ruppichteroth existiert seit<br />
dem Jahre 2019 der Gospelchor „Ruppi<strong>Chor</strong>“ Ruppichteroth,<br />
der sein Quartier <strong>im</strong> evangelischen Gemeindehaus<br />
"Die Arche" in Ruppichteroth bezogen<br />
Joy“ in Hennef betreuen. Die Sängerinnen und Sängern<br />
beschäftigen sich intensiv mit Soulmusik sowie<br />
Gospelgesängen und Worship Songs (Lobpreislieder)<br />
und neuen geistlichen Liedern, die <strong>im</strong> Gottesdienst in<br />
der evangelischen Kirche in Ruppichteroth aufgeführt
14 CHOR IM GESPRÄCH<br />
BEGEISTERNDES KONZERT<br />
Das begeisternde Konzert des Bonner Kammerchores<br />
„Collegium Cantandi“ <strong>im</strong> Jahre 2019 in der evangelischen<br />
Bonner Pauluskirche wurde von Lichterspiel,<br />
Synthesizerklänge, Orgelmusik und <strong>Chor</strong>gesang auf<br />
besondere künstlerische Weise best<strong>im</strong>mt, bei dem<br />
wirklich alles bis ins Detail ausgetüftelt war. Das int<strong>im</strong>e<br />
optische Bild prägten dabei leuchtende Kerzen<br />
an der Kirchenwand und ein heller Bildschirm. Bevor<br />
das eigentliche Konzert seinen Verlauf nahm, hörte<br />
man in der Dunkelheit nur die St<strong>im</strong>men der Besucher.<br />
Allmählich verbreitete sich eine spirituelle und mystische<br />
Atmosphäre, die gewollt war. Das meditative<br />
Konzert, dessen allerersten Töne auf Orgel und Synthesizer<br />
erklangen, wurde vom bunten Farbpalette<br />
des bunten und illuminierenden Lichterspiel sowie<br />
dem Einzug der 30 ambitionierten Sängerinnen und<br />
Sänger Kammerchores st<strong>im</strong>mungsvoll akzentuiert!<br />
Heinz Walter Florin, renommierter und gebürtiger<br />
Bonner Musiker und Dirigent von „Collegium Cantandi“<br />
und die dänische Opernsängerin Lisa Tjalve<br />
hatten gemeinsam die Idee zu dieser wirkungsvollen<br />
und nicht alltäglichen Aufführung. Vorstandmitglied<br />
und <strong>Chor</strong>sänger Walter Löffler meinte dazu, dass sich<br />
beide gedacht haben, dass sich so eine Beziehung von<br />
der Welt zum Überirdischen ergeben könne. Eine<br />
glänzende Inspiration! Man sollte sich auf seine eigenen<br />
Gefühle verlassen und von diesen leiten lassen,<br />
war eine weitere Intention! Musikalisch bewegte sich<br />
der Kammerchor zwischen weltlicher und sakraler<br />
Foto: privat<br />
<strong>Chor</strong>musik, die irischen und englischen Liedern endete.<br />
So hörte man beispielsweise das unsterbliche<br />
„Ave verum" von Mozart, das beglückende "O fortuna"<br />
von Orff, die beseelte "Morgenst<strong>im</strong>mung" von<br />
Grieg, das innige "Ave Maria" von Schubert und das<br />
bewegende "Amazing grace". Die sehr sorgfältig intonierten<br />
<strong>Chor</strong>stücke entführten in verschiedene Gefühlswelten,<br />
während das Lichterspiel wechselte und<br />
so die jeweilige St<strong>im</strong>mung betonte. Der Kammerchor<br />
postierte sich um, wobei die vorzügliche Gesangssolistin<br />
ebenfalls in der Kirche <strong>im</strong>mer wieder neu positionierte.<br />
Außer den von Orgel und Synthesizer begleiteten<br />
Liedern gab es a-cappella-Stücke, Werke für<br />
Männer- und Frauenst<strong>im</strong>men, ein Orgelsolo und eindrucksvolle<br />
Sololieder. Man belohnte alle Akteure mit<br />
stehendem Applaus und Bravo-Rufen, die sich redlich<br />
verdient hatten.
15 CHOR IM GESPRÄCH<br />
AUSDRUCKSVOLLES WERK<br />
Publikum vor vielen Jahren ein bis dato ungekanntes<br />
vokalsymphonisches Werk von viel dramatischer<br />
das außerordentlich präsente „Vokalensemble am<br />
Kölner Dom“ (Foto) ganz sorgfältig abgest<strong>im</strong>mt. Die<br />
Foto: privat<br />
Im Jahre 2019 dirigierte der Kölner Generalmusikdirektor<br />
Francois-Xavier Roth in der völlig ausverkauften<br />
Kölner Philharmonie die Johannes-Passion von Johann<br />
Sebastian Bach. Die Matthäus-Passion sowie die<br />
mit viel Verve aufgeführte Johannes-Passion sind die<br />
einzigen authentischen Passionen des unsterblichen<br />
Leipziger Thomaskantors, der als schaffensfroher<br />
Komponist und Kirchenmusiker in die Musikgeschichte<br />
eingegangen ist. Die Johannes-Passion ist<br />
erstmalig an Karfreitag in der Leipziger Nikolaikirche<br />
uraufgeführt worden. Mit der beeindruckenden und<br />
fesselnden Komposition hörte das sächsische<br />
Wucht. Mit diesem gewaltigen musikalischen Paukenschlag<br />
führte sich der barocke Großmeister mehr oder<br />
weniger in Leipzig ein, nachdem er ein Jahr zuvor<br />
dorthin umgesiedelt war. Der Dirigent hatte sein Orchester<br />
reduziert, um die klangliche und ausdrucksstarke<br />
Balance zwischen <strong>Chor</strong>, Solisten und den Musiker<br />
sicherzustellen, was ihm auch vorbildlich gelang.<br />
Das vorzüglich agierende Orchester selbst war<br />
an einigen Stellen durch Alte-Musik-Instrumentalisten<br />
wie Lautenist und Gambisten auf sinnvolle und<br />
sinnfällige Weise ergänzt worden, während die sehr<br />
dezidiert musizierenden Holzbläser vor den Streicher<br />
platziert waren. Somit war das Orchester bestens auf<br />
Einstudierung der „Johannes-Passion“ hatte Kapellmeister<br />
Prof. Eberhard Metternich vorgenommen.<br />
Man muss be<strong>im</strong> Hören stets das biblische Geschehen<br />
vor dem geistigen Auge haben! Tenorsänger Matthias<br />
Klink verkörperte die Rolle des Evangelisten sehr nuanciert<br />
und ausdrucksbetont. Der profunde Basssänger<br />
Tareq Nazmi beherrschte den demütig-würdevollen<br />
Solopart des Jesus mit vorbildlichem Duktus. Auch<br />
die anderen Gesangssolisten Sarah Aristidou (Alt),<br />
Benjamin Bruns (Tenor) und Michael Nagl (Bass)<br />
wussten sich st<strong>im</strong>mlich in die biblischen Geschehnisse<br />
um das Leiden des Heilands einzubringen.
16 CHOR IM GESPRÄCH<br />
AUS DER CHORSZENE<br />
Als <strong>im</strong> Jahre 2022 die zweite Welle der Corona-Pandemie<br />
durch die deutsche <strong>Chor</strong>szene fegte, führte<br />
Mischa Kreiskott ein <strong>Gespräch</strong> Veronika Petzold (Geschäftsführerin<br />
des Deutschen <strong>Chor</strong>verbandes).<br />
*<br />
Frau Petzold, wie sieht es aus in der deutschen<br />
<strong>Chor</strong>szene?<br />
Veronika Petzold: Auf jeden Fall haben viele Chöre in<br />
diesem Jahr endlich wieder richtig loslegen können.<br />
Viele Konzerte werden gegeben, viele Chöre sind wieder<br />
mit Lust und Freude dabei. Auch wir hatten mit<br />
dem deutschen <strong>Chor</strong>fest in Leipzig einen sehr fulminanten<br />
Auftakt für diese <strong>Chor</strong>saison. Selbstverständlich<br />
sind die Chöre sehr bewusst <strong>im</strong> Umgang miteinander,<br />
denn die Pandemie ist nach wie vor ein wichtiges<br />
Thema. Sie hat viele Chöre insofern getroffen,<br />
dass die Mitglieder <strong>im</strong>mer noch ängstlich sind oder<br />
auch verloren gegangen sind. Wir beobachten nicht,<br />
dass sich die Chöre in Mengen aufgelöst haben, sondern<br />
dass weniger Menschen in den Chören singen.<br />
Insofern ist die Hoffnung allerorten zu spüren, dass<br />
wir damit langsam ein gutes Handling entwickeln und<br />
vor allem die Lust, gerade in der Sommerphase viele<br />
Konzerte zu geben. Wir haben von unseren Hörerinnen<br />
und Hörern die unterschiedlichsten Rückmeldungen<br />
bekommen. Das geht von: "Wir haben einfach<br />
unseren privaten <strong>Chor</strong> gegründet und auch in den<br />
Lockdowns gemacht, was wir wollen" - bis hin zu: "Ich<br />
bin nur noch bei den Chören gewesen, bei denen ich<br />
dachte, dass diese wirklich verantwortungsvoll sind."<br />
*<br />
Diese Kompromisse auszuhandeln ist doch <strong>im</strong>mer<br />
wieder schwer, oder?<br />
Petzold: Richtig. Aber es ist nun mal eine Situation,<br />
die nicht nur die Chöre, sondern unser gesamtes<br />
Foto: privat<br />
Leben seit einigen Jahren prägt. Unsere Arbeit hat<br />
sich in den letzten Jahren vielfach daraufhin orientiert,<br />
wie man sich jetzt verantwortungsvoll verhalten<br />
soll, wie man sich und die anderen schützen und<br />
trotzdem Musik machen kann. Der erste Winter mit<br />
den vielen digitalen Proben hat viele Menschen nicht<br />
befriedigen können, weil das etwas völlig anderes ist<br />
und viele auch den Zugang zu diesen digitalen Instrumenten<br />
gar nicht haben. Für die ist das Singen in allererster<br />
Linie ein großes Gemeinschaftserlebnis.<br />
*<br />
Gerade ist in Sachen Singen wieder vieles erlaubt<br />
– doch der Mitgliederschwund in vielen<br />
Chören bleibt beträchtlich.<br />
Petzold: Ja, unsere Chöre sind sehr unterschiedlich<br />
unterwegs. Vor allem <strong>im</strong> Seniorenbereich beobachten<br />
wir noch Ängste und Vorsicht, was ja auch an vielen<br />
Stellen berechtigt ist. Aber es gründen sich sogar<br />
neue Chöre, gerade jetzt, wo man es nicht unbedingt<br />
erwarten würde. Die <strong>Chor</strong>landschaft wird sich wieder<br />
aufrappeln, weil dieses Kulturgut, diese Beschäftigung<br />
miteinander, dieses soziale Interagieren über<br />
eine sehr schöne Sache wie das Singen, nicht so einfach<br />
abzulegen ist. Wer das einmal <strong>im</strong> Herzen gehabt<br />
hat, der will da auch wieder hin zurück. Da bin ich<br />
sehr opt<strong>im</strong>istisch.<br />
*<br />
Die Chöre haben weniger Mitglieder, und ich<br />
habe gehört, dass es am schwierigsten bei Kinder-<br />
und Jugendchören aussieht. Was ist da<br />
passiert?
17 CHOR IM GESPRÄCH<br />
Petzold: Da haben wir nicht nur den Einfluss der <strong>Chor</strong>vereine<br />
- der Deutsche <strong>Chor</strong>verband vertritt ja vor allem<br />
die vereinsorientierten Chöre in Deutschland.<br />
Sondern bei den Kinder- und Jugendchören hängt<br />
ganz viel auch mit den Schulen zusammen. Da hat<br />
über längere Zeiträume der Musikunterricht vielerorts<br />
nicht stattgefunden. Ganze Jahrgänge sind in dieser<br />
Zeit gar nicht musikalisiert worden, und das hat natürlich<br />
Auswirkungen. Es ist wissenschaftlich erwiesen,<br />
dass man den Weg in Chöre eigentlich bis zum<br />
18. Geburtstag findet, und wenn da zwei ganze Jahrgänge<br />
ausfallen, wird das eine Langzeitwirkung zeigen,<br />
die wir jetzt noch gar nicht ermessen können.<br />
Natürlich gab es gerade bei den Kinder- und Jugendchören,<br />
die darauf angewiesen sind, dass die Eltern<br />
die Kinder zur Probe bringen, wo also noch viel mehr<br />
Logistik dranhängt als bei einem Erwachsenenchor,<br />
ganz viele Einschnitte durch die Pandemie. Aber vor<br />
allem war es das Herunterfahren des Musikunterrichts:<br />
In vielen Bundesländern hatten wir Gesangsverbote<br />
in Schulen - das hatte bei den Kinder- und<br />
Jugendchören die stärksten Auswirkungen. Da sind<br />
wir auch gefordert, jetzt Aufbauarbeit zu leisten: Die<br />
kleinen Bäume müssen wieder gepflanzt werden, damit<br />
das nachwachsen kann, was uns leider verloren<br />
gegangen ist.<br />
*<br />
Was müsste da jetzt passieren?<br />
Petzold: Das, was wir eigentlich schon seit langer Zeit<br />
fordern: dass Musik wieder ein fester Bestandteil in<br />
den Schulen wird - und zwar nicht nur <strong>im</strong> hörenden<br />
Sinne, sondern vor allem <strong>im</strong> produzierenden. Kinder<br />
und Jugendliche zum Musizieren, zum Singen zu führen,<br />
ist eine ganz wichtige Aufgabe, die das Bildungssystem<br />
leider Gottes über Jahrzehnte nicht mehr zur<br />
Befriedigung aller erfüllt. Stattdessen hat es da schon<br />
einen Abbau gegeben, und der zeigt jetzt doppelte<br />
und dreifache Negativwirkungen, wenn wir auch noch<br />
in solcher Pandemie-Situation den Musikunterricht<br />
zurückfahren. Singen ist etwas ganz Grundständiges<br />
in uns Menschen, gerade dieses gemeinsame Erlebnis.<br />
Das fördert Gesundheit - andererseits möchten<br />
sich Menschen nicht anstecken.<br />
Foto: privat<br />
*<br />
Wie kann man diesen Balanceakt schaffen?<br />
Petzold: Grundsätzlich ist das Singen eine sehr gesunde<br />
Veranstaltung. Gerade <strong>im</strong> Kontext mit Long-<br />
Covid-Therapien wird das Singen <strong>im</strong>mer stärker wieder<br />
in den Blick genommen. Atmung, Lungenvolumen<br />
und so weiter sind kausale Einschränkungen, die aus<br />
diesem Krankheitsbild erwachsen sind, die man aber<br />
mit allen Eigenschaften des Körpereinsatzes, die be<strong>im</strong><br />
Singen gefordert sind, positiv beeinflussen kann. Aber<br />
vor allem wissen wir aus Studien, dass kontinuierliches<br />
Singen die Vorbeugung für Erkältungskrankheiten,<br />
positiv beeinflusst. Das, was in den letzten Jahren<br />
krank gemacht hat, ist das Virus und nicht das<br />
Singen. Aber wir müssen uns vorsehen: Wir müssen<br />
be<strong>im</strong> Singen Hygienekonzepte und Abstände einhalten.<br />
Wir müssen darauf achten, dass die Raumluft regelmäßig<br />
gereinigt wird. Und wenn man das alles beherzigt,<br />
dann haben wir es ganz gut <strong>im</strong> Griff. Be<strong>im</strong><br />
<strong>Chor</strong>fest <strong>im</strong> Mai waren wir mit 350 Chören in Leipzig<br />
dabei, und es hat keine einzige Infektionswelle gegeben.<br />
Da bewahrheitet sich, dass ein gutes Hygienekonzept<br />
seine Wirkung zeigt.
18 CHOR IM GESPRÄCH<br />
AUS DEM SIEBEBGEBIRGE<br />
Sänger, die bereits auf die anderen <strong>Chor</strong>mitglieder<br />
warteten. Wie der Chronist des <strong>Chor</strong>es berichtete,<br />
hatte das gemütliche Beisammen den Charakter einer<br />
Weinprobe hatte. Vor den Sommerferien hatte man<br />
zudem einmal mehr einen „Evensong“ in der Wallfahrtskirche<br />
St. Judas Thaddäus in Königswinter-Heisterbacherrott<br />
musikalisch gestaltet. Dieses aus der<br />
anglikanischen Kirche herrührende Abendlob hat auch<br />
<strong>im</strong> reizvollen Siebengebirge eine musikalisch-liturgische<br />
He<strong>im</strong>stätte gefunden! Dem Herrgott wird es gefallen.<br />
wie es auch den Singst<strong>im</strong>men und den Besuchern<br />
gefällt.<br />
Fotos: privat<br />
Auch <strong>im</strong> Jahre 2023 verbrachte der traditionsreiche<br />
Kirchenchor St. Joseph Königswinter Thomasberg,<br />
der seit vielen Jahren vom pensionierten Schulrektor<br />
Edgar Zens dirigiert wird, die letzte <strong>Chor</strong>probe vor<br />
den Sommerferien traditionsgemäß in gemütlicher<br />
Runde <strong>im</strong> Weinhaus „Lichtenberg“ in Königwinter-<br />
Oberdollendorf. Eine Wandergruppe des Kirchenchores<br />
war zu Fuß in den idyllischen Winzertort aufgebrochen<br />
und traf bei der Einkehr auf die Sängerinnen und
19 CHOR IM GESPRÄCH<br />
GELUNGENES KONZERT<br />
Schramma, ehemalige Polizeipräsidenten und Vertreter<br />
aus Politik und Verwaltung. Den Auftakt zum vor-<br />
barocker Feierlichkeit in den Konzertsaal. Auch mit<br />
Leonard Cohens „Hallelujah“ überzeugten die Sänger.<br />
Als musikalische Gäste präsentierte der Polizeichor<br />
außer der blutjungen Pianistin Alexandra Momot und<br />
den Kinderchor der Kölner Universität. Die Jungen<br />
und Mädchen <strong>im</strong> Alter von 8-16 Jahren intonierten<br />
Fotos: privat<br />
Im Jahre 2018 gab der „Kölner Polizeichor“ in der Kölner<br />
Philharmonie sein 30 Konzert (!) wobei weihnachtliche<br />
Klassik zu hören war. Seit mehr als 120<br />
Jahren bereichert der Polizeichor Köln das musikalische<br />
Leben in der bekannten Domstadt mit Männerchorgesang<br />
aller Genres. Zum gelungenen Konzert<br />
begrüßte Polizeipräsident Uwe Jacob zahlreiche Ehrengäste,<br />
darunter die Schirmherrin des <strong>Chor</strong>es, Baronin<br />
Oppenhe<strong>im</strong> sowie Ex-Oberbürgermeister Fritz<br />
weihnachtlichen Konzert gestalteten die 55 Tenöre<br />
und Bässe unter ihrem souveränen Leiter Eugen Momot<br />
mit sakralen und weltlichen, deutschen und internationalen<br />
<strong>Chor</strong>liedern und <strong>Chor</strong>arrangements. So<br />
konnte man „Liebe wird wahr“ von Pietro Mascagni<br />
und einfühlsam interpretierte Marienlieder von Franz<br />
Schubert, Charles Gounod und Giulio Caccini. Zuvor<br />
brachte das Landespolizeiorchester NRW unter der<br />
künstlerischen Leitung von Scott Lawton die prachtvolle<br />
Ouvertüre zu Händels „Feuerwerksmusik“ mit u<br />
unter der Leitung von Joach<strong>im</strong> Geibel weltliche Stücke<br />
aus Goethes berühmter Ballade „Der Erlkönig“ von Johann<br />
Friedrich Reichardt und das innige „Guten<br />
Abend, gute Nacht“ von Johannes Brahms. Der Kinderchor<br />
wurde anlässlich des 625. Jubiläums der Kölner<br />
<strong>im</strong> Jahre 2012 ins Leben gerufen. Seitdem absolvierten<br />
die Jungen und Mädchen Auftritte <strong>im</strong> Rahmen<br />
der Kölner Kinder-Universität, bei der langen <strong>Chor</strong>nacht<br />
in Köln und be<strong>im</strong> Sommerfest der Kölner Universität.<br />
Viele Bravorufe erhielt das Landespolizeiorchester<br />
NRW für das Musikstück „Sleigh Ride“ von<br />
Leroy Anderson.
20 CHOR IM GESPRÄCH<br />
Foto: privat<br />
SCHÖNER LOBGESANG<br />
Die <strong>Chor</strong>gemeinschaft St. Georg Seelscheid und der<br />
Kirchenchor „Cäcilia“ Bornhe<strong>im</strong>-Dersdorf haben Kirchenmusikerin<br />
Dorothea Jacob als gemeinsame <strong>Chor</strong>leiterin.<br />
Das führt hin und wieder zu gemeinsamen<br />
Kirchenkonzerten <strong>im</strong> Aggertal und <strong>im</strong> Vorgebirge. So<br />
auch <strong>im</strong> Jahre 2022, wo man in Dersdorf den 42.<br />
Psalm „Wie der Hirsch schreit“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy<br />
zu Gehör brachte. Der Komponist hat<br />
die Kantate als wunderschönen Lobgesang ausgestaltet,<br />
an der er sogar bei seiner Hochzeitsreise <strong>im</strong> Jahre<br />
1837 in den Elsaß und in den Schwarzwald geschrieben<br />
hat. So entstanden der erste, zweite und sechste<br />
Satz in Freiburg. Der Text des volkstümlich anmutenden<br />
Werkes, das auch in unserer Region <strong>im</strong>mer wieder<br />
aufgeführt wird, beruht auf dem alttestamentlichen<br />
Psalm 42 in der Übersetzung von Martin Luther.<br />
Inzwischen hat Dorothea Jacob, die in der katholischen<br />
Gemeinde in Seelscheid den langjährigen <strong>Chor</strong>leiter<br />
Peter Karisch abgelöst hat, das 10-jährige Jubiläum<br />
in Dersdorf gefeiert.
21 CHOR IM GESPRÄCH<br />
CHORFANTASIE UND MEHR<br />
Fotos: privat
22 CHOR IM GESPRÄCH<br />
Ulrich Cordes (Tenor) Richard Logiewa Stojanovic<br />
(Bass), Pianist Andreas Frese und das Neue Rheinisches<br />
Kammerorchester Köln. Das Konzert selbst<br />
wurde in Kooperation mit Netzwerk Kölner Chöre e.V.<br />
veranstaltet.<br />
*<br />
Test der selten aufgeführten „<strong>Chor</strong>fantasie“ des Bonner<br />
Musensohnes Ludwig van Beethoven. Dem wunderschönen<br />
Werk war es leider beschieden, <strong>im</strong>mer <strong>im</strong><br />
Schatten der „Neunten Sinfonie“ (Freude schöner<br />
Götterfunken) desselben Komponisten zu stehen.<br />
*<br />
Der ambitionierte „Kölner Konzertchor“, der seit dem<br />
Jahre 2010 von Manuel Pinto mit ausgeprägter musikalischer<br />
Akribie dirigiert wird und der längst dafür<br />
gesorgt hat, dass der <strong>Chor</strong> zu den etablierten Chören<br />
der <strong>Chor</strong>szene in der Domstadt gehört, feierte das 40-<br />
jährige Bestehen 2023 mit einem festlichen Konzert<br />
in der Kölner Philharmonie. Damit kehrte man an den<br />
musikalischen Ausgangspunkt zurück, von wo man<br />
vor vier Jahrzehnten die erfolgreiche Musikreise in der<br />
He<strong>im</strong>atstadt am Rhein angetreten hatte! Der renommierte<br />
<strong>Chor</strong> zur Aufgabe gemacht, geistliche und<br />
weltliche <strong>Chor</strong>werke von Komponisten der älteren und<br />
jüngeren Vergangenheit bis zur Gegenwart auf künstlerisch-stilistisch<br />
hohem Niveau zu Gehör zu bringen.<br />
Dieser Max<strong>im</strong>e hatte man sich auch be<strong>im</strong> Jubiläumskonzert<br />
unter dem Motto „Nacht und Stürme werde<br />
Licht“ verschrieben. Auf dem Programm standen die<br />
Leonoren-Ouvertüre Nr. 1 C-Dur op. 138 und die<br />
<strong>Chor</strong>fantasie c-moll op. 80 für Klavier, <strong>Chor</strong> und Orchester<br />
von Beethoven sowie die „Missa in tempore<br />
belli“ (Paukenmesse) C-Dur Hob XXII:9 für Soli, <strong>Chor</strong>,<br />
Orchester und Orgel von Joseph Haydn. Mitwirkende<br />
unter der Gesamtleitung von Manuel Pinto waren Katharina<br />
Leyhe (Sopran), Anne-Kathrin Herzog (Alt),<br />
Schmeichelnd hold und lieblich klingen<br />
unsers Lebens Harmonien,<br />
und dem Schönheitssinn entschwinden<br />
Blumen sich, die ewig blühn.<br />
*<br />
Fried und Freude gleiten freundlich<br />
wie der Wellen Wechselspiel;<br />
was sich drängte rauh und feindlich,<br />
ordnet sich zu Hochgefühl.<br />
*<br />
Wenn der Töne Zauber walten<br />
und des Wortes Weihe spricht,<br />
muss sich Herrliches gestalten,<br />
Nacht und Stürme werden Licht,
23 CHOR IM GESPRÄCH<br />
äuß’re Ruhe, inn’re Wonne,<br />
herrschen für den Glücklichen<br />
Doch der Künste Frühlingssonne<br />
lässt aus beiden Licht entsteh’n.<br />
*<br />
Großes, das ins Herz gedrungen,<br />
blüht dann neu und schön empor,<br />
hat ein Geist sich aufgeschwungen,<br />
hallt ihm stets ein Geisterchor.<br />
*<br />
Nehmt denn hin, ihr schönen Seelen,<br />
froh die Gaben schöner Kunst.<br />
Wenn sich Lieb und Kraft vermählen,<br />
lohnt dem Menschen Göttergunst.<br />
*<br />
Im Wesen der Musik liegt es,<br />
Freude zu machen.<br />
Aristoteles
24 CHOR IM GESPRÄCH<br />
VOLLER KLANGLICHKEIT<br />
Im Jahre 2018 gestaltete das „Bonner Vokalensemble“<br />
unter der ambitionierten <strong>Chor</strong>leiterin Ulrike<br />
Ludewig in der evangelischen Emmaus-Kirche am<br />
Brüser Berg in Bonn am Vorabend des zweiten Adventssonntags<br />
ein wirklich gelungenes und inspiriertes<br />
Konzert, bei dem die interessierten Besucher und<br />
<strong>Chor</strong>liebhaber ihr Kommen wahrlich nicht zu bereuen<br />
hatten und auf ihre musikalischen Kosten kamen! Elsa<br />
Funk-Schlör, die künstlerische Leiterin der „Brüser<br />
Berg-Konzerte“, begrüßte die 40 st<strong>im</strong>mlich bestens<br />
disponierten Sängerinnen und Sänger ganz herzlich<br />
und betonte, dass sie dem Vokalensemble schon fast<br />
nachreisen würde. Damit wollte sie wohl sagen, dass<br />
sie das gesanglich meisterliche Tun in jedweder Weise<br />
begeistern würde. Das dachten sich auch gewiss die<br />
Besucher, die nicht mit berechtigtem Beifall geizten!<br />
Für das Bonner Vokalensemble war es bereits das<br />
dritte Konzert in der besagten Musikreihe, bei dem<br />
der Organist Johannes Pflüger in gekonnter Manier<br />
die Pastorale in F-Dur (BWV 590) von Johann Sebastian<br />
Bach beisteuerte. Der unsterbliche Barockmeister<br />
hat die weihnachtliche Hirtenmusik <strong>im</strong> thüringischen<br />
We<strong>im</strong>ar komponiert und damit jedem Organisten<br />
ein schönes und gehaltvolles Werk an die Hand<br />
gegeben. Das Vokalensemble ist st<strong>im</strong>mlich nahezu<br />
paritätisch besetzt und entwickelt daher einen homogenen,<br />
gedeckten, geschmeidigen und formklaren<br />
<strong>Chor</strong>klang, den man einfach nur genießen und sich<br />
davon bezaubern lassen kann. Davon lebten z.B.<br />
Fotos: privat<br />
die zarte Weise „Lieb Nachtigall, wach auf“ und feinen<br />
Liedsätze und <strong>Chor</strong>werke von Andreas Hammerschmidt,<br />
Johann Eccard, Johannes Brahms, Scott<br />
Mcpherson, Arvo Pärt, Trond Kverno und Jetse Bremer,<br />
die in Originalsprache in bestechender Weise intoniert<br />
wurden. Die Dirigentin, die auch eigene Arrangements<br />
präsentierte, und die Singst<strong>im</strong>men behandelte<br />
die Kostbarkeiten mit größter Sorgfalt.
25 CHOR IM GESPRÄCH<br />
SINGEN MACHT FREUDE<br />
Es ist eigentlich eine Binsenweisheit, dass Singen <strong>im</strong>mer<br />
wieder Freude macht und die Seele erquickt!<br />
fördern und zu fordern! Die engagierten Singst<strong>im</strong>men<br />
danken es ihm bei den Konzerten und <strong>Chor</strong>auftritten<br />
mit purer Freude am Singen. Davon können nicht nur<br />
die evangelische Kirchengemeinde Hennef-Uckerath<br />
wortwörtlich ein Lied singen! So erfreut man die he<strong>im</strong>ischen<br />
Gläubigen in der evangelischen Stephanuskirche<br />
in Uckerath in den Gottesdiensten und Gemeindefesten.<br />
Der respektable und motivierte <strong>Chor</strong> probt<br />
<strong>im</strong> Saal der Kirchengemeinde, wo auch die Wiege<br />
steht. Doch nicht nur das Singen ist eine Herzenssache,<br />
auch die Geselligkeit wird gebührend gepflegt,<br />
wobei der <strong>Chor</strong>leiter stets mit gutem Beispiel vorangeht.<br />
Karsten Rentzsch, der die stets frohgest<strong>im</strong>mten Sängerinnen<br />
und Sänger des Pop- und Gospelchores<br />
„Living Colours“ Hennef-Uckerath seit der <strong>Chor</strong>gründung<br />
vor mehr als einem Jahrzehnt erfolgreich dirigiert,<br />
tut aber auch alles, um die Singst<strong>im</strong>men zu<br />
Fotos: privat
26 CHOR IM GESPRÄCH<br />
UNSTERBLICHER MESSIAS<br />
und Musikers Trevor Pinnock (1946), der einen internationalen<br />
Ruf hat, das berühmte Messias-Oratorium<br />
dem unsterblichen Komponisten aus der schaffensfrohen<br />
Barockzeit, der sich mit dem Werk für alle Ewigkeit<br />
auch in die Herzen der Menschen in seiner Wahlhe<strong>im</strong>at<br />
komponiert hat. Der inspirierte Dirigent<br />
spielte zudem auf dem Cembalo und machte so das<br />
äußerst gelungene Konzert zu einem wunderbaren Erlebnis,<br />
an dem die Solisten, die <strong>Chor</strong>st<strong>im</strong>men und<br />
Fotos: privat<br />
Der ambitionierte Kammerchor “<strong>Chor</strong>us Musicus“<br />
Köln und das Neue Orchester Köln, beide unter Leitung<br />
von Festspielleiter Christoph Spering, hatten <strong>im</strong><br />
Jahre 2019 das außerordentliche Vergnügen unter<br />
der künstlerischen Obhut des englischen Dirigenten<br />
von Georg Friedrich Händel in der Kölner Philharmonie<br />
aufzuführen. Das geschah <strong>im</strong> Rahmen des „Kölner<br />
Festes für Alte Musik“ auf ganz präsente Weise und in<br />
vorbildlicher Manier. <strong>Chor</strong> und Orchester vertieften<br />
sich unter der großen mentalen Präsenz des englischen<br />
Maestros in die bildhaften und ausdrucksvollen<br />
Deutungen mit dem gebührenden Respekt, den man<br />
letztlich die Musikerinnen und Musiker gleicherma0en<br />
ihren Anteil hatten. Das Soloquartett Kate Royal<br />
(Sopran), Claudia Huckle (Alt), Oliver Johnston (Tenor)<br />
und Bozidar Smiljanic (Bass) widmeten sich<br />
meisterlich den Rezitativen und Arien. Der <strong>Chor</strong> verfügte<br />
über die nötige Klangfülle und Brillanz!
27 CHOR IM GESPRÄCH<br />
liche und geistliche <strong>Chor</strong>werke aus der Renaissance,<br />
aus der Renaissance, dem Barock, der Romantik und<br />
der Romantik erarbeitet und führen in der Regel zwei<br />
Jahresprogramme auf. Dabei arbeitet man auch mit<br />
Instrumentalensembles wie „Filosofia Musicale“ und<br />
„Accademia Filarmonica“ sowie dem Jazzsaxophonisten<br />
und Komponisten Gabriel Pérez (WDR-Jazzpreis<br />
2008), von dem man inzwischen mehrere <strong>Chor</strong>werke<br />
urgaugeführt hat. Im Jahre 2023 unternahm man<br />
eine <strong>Chor</strong>reise nach Königsbronn in der Schwäbischen<br />
Alb und gab in der dortigen Klosterkirche gemeinsam<br />
mit der Sinfonietta Oberkochen-Königsbronn ein<br />
hochkarätiges Konzert, das mit „Visions“ betitelt war<br />
und <strong>im</strong> selben Jahr auch in der katholischen Pfarrkirche<br />
St. Dionysius Niederkassel-Rheidt zu Gehör gebracht<br />
wurden. Unter der Leitung Jürgen Erdmann<br />
Schulz waren Werke von Debussy, Elgar, Fauré, Lassus,<br />
Lauridsen, Saint-Saens, Schumann und Sullivan<br />
zu hören.<br />
Fotos: privat<br />
STILISTISCHE VIELFALT<br />
Der Kammerchor „Forum Vocale Köln“ wurde <strong>im</strong> Jahre<br />
1981 vom inzwischen pensionierten Musikpädagogen<br />
Georg Bours ins Leben gerufen und bis zum Jahre<br />
2012 auch geleitet. gegründet. Danach hat Jürgen<br />
Erdmann Schulz die künstlerische Leitung des ausgezeichneten<br />
Vokalensembles übernommen und führt<br />
seither die erfolgreiche und vorbildliche <strong>Chor</strong>arbeit<br />
seines Vorgängers fort. Die zwei Dutzend Sägerinnen<br />
und Sänger haben sich inzwischen ausgesuchte welt-
28 CHOR IM GESPRÄCH<br />
SOMMER ALLENTHALBEN<br />
Foto: privat<br />
Im Jahre 2023 führte der von Jonas Dickopf dirigierte<br />
Kammerchor „Cantamo“ Köln zwei Sommerkonzerte<br />
in der evangelischen Christuskirche und in der katholischen<br />
Pfarrkirche Sankt Maria Königin in Köln auf,<br />
die mit „Sommerwelt, Sommergeist“ überschrieben<br />
waren. Das schöne und sinnfällige Thema inspirierte<br />
die ambitionierten Sängerinnen und die Sänger sowie<br />
das Publikum gleichermaßen. Dafür sorgten ausgesuchte<br />
<strong>Chor</strong>werke Felix Mendelssohn-Bartholdy, Johannes<br />
Brahms, Rued Langgaard, Hartmut Neubauer,<br />
Erik Esenvalds und anderen Komponisten, die sich<br />
musikalisch auf ergötzliche Weise mit den besonderen<br />
Reizen des Sommers beschäftigten und diese intensiv<br />
und klanglich in vielen Nuancen ausleuchtete, Der<br />
Kammerchor wurde <strong>im</strong> Jahre 2009 als selbstständiger<br />
Verein gegründet. Sein vielfältiges Repertoire umfasst<br />
seitdem vornehmlich Musik des 19. und 20.<br />
Jahrhunderts, darunter sowohl a-cappella-Kompositionen<br />
als auch Werke mit Orgel- oder Klavierbegleitung<br />
und Solistenbeteiligung. Bei der Zusammenstellung<br />
der Programme legt der <strong>Chor</strong> besonderen Wert<br />
auf anspruchsvolle <strong>Chor</strong>literatur, die sich mit eher<br />
selten aufgeführter <strong>Chor</strong>musik sinnvoll und lebendig<br />
ergänzet. Im selben Jahr gestaltete man einen Evensong<br />
in der katholischen Kirche St. Peter in Köln-<br />
Neuehrenfeld mit <strong>Chor</strong>kompositionen von Morten<br />
Lauridsen (O nata lux), Charles Wood (True love is<br />
the gift), Albert Becker (Erquicke mich mit deinem<br />
Licht), Camille Saint-Saëns (Calme des nuits), Felix<br />
Mendelssohn-Bartholdy (Herr, nun lässest du deinen<br />
Diener in Frieden fahren) und Robert Parsons (Ave<br />
Maria). Be<strong>im</strong> Evensong handelt es sich bekanntlich<br />
um ein musikalisches Abendgebet mit <strong>Chor</strong>gesang<br />
nach anglikanischem Vorbild. Bei meditativer Atmosphäre<br />
in der illuminierten Kirche bot in Neuehrenfeld<br />
den Besuchern Gelegenheit, von der Tagesmühe abzuschalten<br />
und dem <strong>Chor</strong>gesang zu lauschen. Im<br />
Jahre 2022 hatte man sich an der Dreikönigswallfahrt<br />
beteiligt, zu der die Kölner Domgemeinde seit dem<br />
Jahre 2006 jährlich einlädt. In diesem Rahmen finden<br />
auch Veranstaltungen <strong>im</strong> Kölner Dom statt. Dazu gehört<br />
auch ein Evensong, der vom Kammerchor<br />
„Cantamo“ ebenso musikalisch gestaltet wurde, wie<br />
ein Gottesdienst in der Adventszeit <strong>im</strong> Jahre 2022 in<br />
der Kölner Philippuskirche.
29 CHOR IM GESPRÄCH<br />
DAS SINGEN<br />
Das Singen ist die eigentliche Muttersprache des Menschen.<br />
Sie ist die natürlichste und einfachste Weise,<br />
in der wir mitteilen können; mit all unseren Erfahrungen,<br />
Empfindungen und Hoffnungen.<br />
*<br />
Das Singen ist zuerst der innere Tanz des Atems, der<br />
Seele, aber es kann auch unsere Körper aus jeglicher<br />
Erstarrung und uns den Rhythmus des Lebens lehren.<br />
*<br />
Singen gehört zur Natur des Menschen, so dass<br />
gleichsam keine menschliche Kultur gibt, in der nicht<br />
Fotos: Wikipedia<br />
gesungen würde. In einer Zeit, in der die natürlichen<br />
und geistig-seelischen Vermögen der Menschen <strong>im</strong>mer<br />
mehr zu verkümmern scheinen.<br />
*<br />
Im Singen offenbart sich der gesamte Sinn- und Sinnenreichtum<br />
der Menschen und Völker. Dieser einmalige<br />
Sprachschatz darf uns nicht verloren gehen, was<br />
aber tatsächlich zurzeit geschieht. Deshalb gilt es, das<br />
Singen zu bewahreund weltweit zu fördern.<br />
*<br />
Singen macht, wie nichts anderes, die direkte Verständigung<br />
der Herzen über alle kulturellen Grenzen<br />
hinweg möglich. so wie sie mir als Zukunftsvision vorschwebt,<br />
in seiner Alltäglichkeit befähigen kann, die<br />
Friedfertigkeit der Menschen und Kulturen untereinander<br />
zu befördern.<br />
*<br />
Wir Menschen sind <strong>im</strong> Singen schöpfende und schöpferische<br />
Klangwesen. Wir vermögen durch Gesang die<br />
Welt und unser Handeln zu beseelen, Liebe, Freude,<br />
Hoffnung und Zuversicht zu schenken, uns aber auch<br />
den Schmerz von der Seele zu singen und unser Herz<br />
durch Verzeihen zu beschwingen.<br />
*<br />
Singen als ein Klingen aus der Stille, aus der Fülle der<br />
bewussten Innerlichkeit, ist ein lauschendes Singen.<br />
Es wirkt in der Welt in der Weise des tätigen Hörens,<br />
des empfänglichen Einst<strong>im</strong>mens und als ein Anspruch<br />
zu höchster Lebendigkeit, zu tanzender, sich freischwingender<br />
Begegnung mit allem Lebendigen.<br />
Yehudi Menuhin
30 CHOR IM GESPRÄCH<br />
ALLES FLIESST<br />
Fotos: privat<br />
Auch der von Judith Mohr dirigierte Kammerchor<br />
„Constant“ Köln beteiligte sich am 20. Deutschen<br />
<strong>Chor</strong>festival 2023 in der Hansestadt Lübeck und<br />
kehrte erfüllt von den großartigen Konzerten und mit<br />
unvergesslichen Erlebnissen wieder an den Rhein zurück.<br />
Unter dem sinnfälligen Motto „Alles fließt“ hatte<br />
der „Verband Deutscher Konzertchöre“ 32 Chöre eingeladen.<br />
Dem ambitionierten Kammerchor wurde dabei<br />
die Ehre zuteil be<strong>im</strong> Eröffnungskonzert <strong>im</strong> denkmalgeschützten<br />
Konzertsaal „Kolosseum“ in Lübeck<br />
aufzutreten. Auf dem Programm standen dabei die<br />
Werke „Mehr Wasser“ von Claus-Steffen Mahnkopf,<br />
„Chant for clear water“ von Raymond Murray Schafers,<br />
„The drop“ von Andris Dzenitis. „Königskinder“<br />
von Max Reger und die beeindruckende <strong>Chor</strong>komposition<br />
„Canticum Calamitatis Marit<strong>im</strong>ae“, die der finnische<br />
Komponist Jaako Mäntyiärvi zum Gedenken an<br />
das gesunkene Ostsee-Fährschiff „Estonia“ <strong>im</strong> Jahre<br />
1994 vertont hat. Nach diesem fantastischen Auftakt<br />
folgte ein „Ringtausch“ zweier Chöre in Lübeck. Die<br />
Dirigentin Judith Mohr arbeitete mit dem Lübecker<br />
Kammerchor „Phemios“, während die engagierten<br />
Sängerinnen und Sänger des Kammerchores<br />
„Constant“ mit dem Lübecker Dirigenten Joach<strong>im</strong><br />
Thomas an einigen <strong>Chor</strong>stücken probten. Dabei erhielten<br />
beide Chöre einen anderen und neuen Blick<br />
auf <strong>Chor</strong>arbeit und Interpretation der jeweiligen musikalischen<br />
Leiter. In der Buxtehude-Stadt, der historischen<br />
Hansestadt mit den der sieben Kirchtürmen,<br />
waren nicht nur Gotteshäuser die bevorzugten Orte<br />
der Musik. Auch unter blauem H<strong>im</strong>mel traten die<br />
Chöre auf und erfreuten die vielen Zaungäste. Dabei<br />
präsentierte sich der Kölner Kammerchor in der
31 CHOR IM GESPRÄCH<br />
Musikalische Wasserspiele in Lübeck<br />
Lübecker Innenstadt bei den <strong>Chor</strong>auftritten unter<br />
dem Thema „Wassertropfen-Miniaturen“. Ähnlich einem<br />
Flashmob, gab es jeweils eine Viertelstunde ein<br />
faszinierende Hörerlebnis <strong>im</strong> Freien. Passend zum<br />
Thema konzertierte „Constant“ barfuß <strong>im</strong> Wasserspiel<br />
inmitten in der Lübecker Fußgängerzone. Für rheinischen<br />
Singst<strong>im</strong>men und ihre Dirigentin gewiss ein<br />
nicht alltäglicher Auftritt. Weitere Highlights konnte<br />
man in der „Langen Nacht der Chöre“ und bei<br />
diversen Kirchenkonzerten erleben, die man sicher<br />
nicht so bald vergisst! Neben den musikalischen Erlebnissen<br />
blieb auch noch genügend Zeit, um Lübeck<br />
zu erkunden und zu genießen. Der Auftritt <strong>im</strong> Festgottesdienst<br />
zum 850. Geburtstag des Lübecker<br />
Doms dürfte ebenfalls in die Annalen des Kammerchores<br />
„Constant“ eingehen. Man muss sich dabei<br />
vergewissern, dass der norddeutsche Komponist,<br />
norddeutsche Orgelvater und Zeitgenosse von Johann<br />
Sebastian Bach, Dietrich Buxtehude hier seine musikalische<br />
He<strong>im</strong>at hatte und viele Menschen mit seiner<br />
Jubiläumsmesse <strong>im</strong> Lübecker Dom<br />
Musik begeistert hat! In dieser eindrucksvollen Backstein-Kathedrale<br />
begleitete „Constant“ musikalisch<br />
die ehrwürdige und erhebende Jubiläumsmesse musikalisch.<br />
Danach offerierten die motivierten Sängerinnen<br />
und Sänger auch noch ein Geburtstagsständchen.<br />
Der Chronist schwärmt wohl zurecht von einer<br />
wunderbaren, inspirierenden und erlebnisreichen Mitwirkung<br />
auf dem 20. Deutschen <strong>Chor</strong>festival.<br />
Die Musik spricht da, wo Worte versagen.
32 CHOR IM GESPRÄCH<br />
ZUM GEDENKEN<br />
Foto: Wikipedia<br />
Die Ostseefähre „Estonia“ sank am 28. September<br />
1994 auf dem Weg von Tallinn nach Stockholm vor<br />
der<br />
der finnischen Insel Utö. Ihr Untergang kostete 910<br />
Menschen das Leben (139 wurden gerettet) und ist<br />
das schwerste Schiffsunglück der europäischen Nachkriegsgeschichte,<br />
wobei die Unglücksursache ungeklärt<br />
geblieben ist. Der finnische Komponist Jaako<br />
Mäntyjärvi (1963) hat zum Gedenken an die Katastrophe<br />
<strong>im</strong> Jahre 1997 eine inspirierte <strong>Chor</strong>alkomposition<br />
vertont, mit der er <strong>im</strong> Jahre 1997 den 3. Preis<br />
be<strong>im</strong> „Europäischen Kompositionswettbewerb für Kathedralchöre“<br />
gewonnen hat. Als Texte sind Fragmente<br />
der lateinischen Totenmesse und des 107.<br />
Psalms („Die mit Schiffen auf dem Meer fahren“) sowie<br />
Nachrichtenmeldungen des finnischen Rundfunks<br />
verwendet worden und mit einem schmerzlich beseelten<br />
Duktus in exponierter Form ausgestaltet. Obwohl<br />
Requiem-Textes zitiert werden, ist das Werk nicht für<br />
liturgische Zwecke gedacht, sondern eher als eine<br />
Meditation gedacht. In der dramatischen Komposition<br />
ahmen Gesangseffekte eine Reihe von Klängen <strong>im</strong><br />
Zusammenhang mit der Katastrophe nach. Die flüsternden<br />
St<strong>im</strong>men am Anfang deuten auf das Zischen<br />
des Meeresrauschens hin, das Summen in den Bassst<strong>im</strong>men<br />
suggeriert Schiffsmotoren. Dissonanzen <strong>im</strong>itieren<br />
das Bersten der Fähre und rhythmische Deklamationen<br />
erinnern an die Übertragung eines SOS-<br />
Signals. Als Auftakt hat der Komponist den Titanic-<br />
<strong>Chor</strong>al „Näher mein Gott zu dir“ zu einem volksliedhaften<br />
Sopransolo ausgestaltet, das an Seenotrufe<br />
erinnern soll. Der Kölner Kammerchor „Constant“ hat<br />
das Werk be<strong>im</strong> 20. Deutschen <strong>Chor</strong>festival 2023 in<br />
Lübeck unter Leitung von Judith Mohr aufgeführt.
33 CHOR IM GESPRÄCH<br />
AUS DEM CHORARCHIV<br />
Foto: privat<br />
Vor dem Matinee-Konzert <strong>im</strong> Jahre 2017 erhielt der<br />
von <strong>Chor</strong>leiter Friedhelm L<strong>im</strong>bach gegründete und dirigierte<br />
<strong>Chor</strong> „Da Capo“ Lohmar eine finanzielle Unterstützung<br />
von 500 Euro von der Bürgerstiftung<br />
Lohmar. Für diese Stiftung haben der <strong>Chor</strong>gründer<br />
und die engagierten Sängerinnen und Sänger von „Da<br />
Capo“, die <strong>im</strong> Jahre 2023 das 50-jährige Bestehen feierten,<br />
bei der einen anderen Benefizveranstaltung<br />
mitgemacht! Während des Matinee-Konzertes bat<br />
<strong>Chor</strong>leiter Friedhelm L<strong>im</strong>bach die Vorsitzende Renate<br />
Krämer und der Geschäftsführerin Gabriele Willscheid<br />
der Bürgerstiftung auf die Bühne, um sich für die<br />
Spende zu bedanken. Das mit „Remember“ (Erinnerung)<br />
überschriebene Konzert hatte mit dem legendären<br />
Beatles-Hit „All you need is love“ begonnen und<br />
brachte damit das Publikum in die sechziger Jahre zurück.<br />
Für den Spendenschenk der Bürgerstiftung<br />
wollte sich „Da Capo“ zwei Funkmikrofone für die<br />
<strong>Chor</strong>solisten und ein Update der Verstärkeranlage anschaffen.<br />
Eine sinnvolle Investition in die Zukunft,<br />
wovon die Singst<strong>im</strong>men und das Publikum gleichermaßen<br />
profitieren. Das gelungene Konzert entpuppte<br />
sich als eine musikalischen Zeitreise, bei dem die<br />
<strong>Chor</strong>st<strong>im</strong>men sowie die großartigen Gesangs- und Instrumentalsolisten<br />
zeigten, dass man gerne singt und<br />
musiziert <strong>im</strong> Aggertal. Zum Finale intonierte man das<br />
unsterbliche Gospel „Oh happy day“, das Indikativ<br />
von „Da Capo“, die buchstäblich für einen glücklichen<br />
tag sorgte!
34 CHOR IM GESPRÄCH<br />
SCHÖNE KONZERTREISE<br />
Schedrik-<strong>Chor</strong> Königswinter-Oberpleis be<strong>im</strong> 20.<br />
Deutschen <strong>Chor</strong>festival 2023 in Lübeck unter der Leitung<br />
von Irina und Pavel Brochin<br />
Fotos: privat
35 CHOR IM GESPRÄCH<br />
Der von Irina und Pavel Brochin dirigierte und gegründete<br />
Schedrik-<strong>Chor</strong> des Siebengebirgsgymnasiums<br />
Königswinter unternahm <strong>im</strong> Jahre 2023 eine<br />
schöne und erfolgreiche Konzertreise zum 20. Deutschen<br />
<strong>Chor</strong>festival nach Lübeck und Schwerin, wobei<br />
die jungen Sängerinnen und Sänger viele Erlebnisse<br />
und Eindrücke mit nach Hause brachten. Für den gemeinsamen<br />
<strong>Chor</strong>auftritt mit dem Kammerchor „Audienda“<br />
Krefeld (Leitung: Pavel Brochin) in der Lübecker<br />
Pax Christi Kirche gab es standing ovations, wie<br />
der Schedrik-<strong>Chor</strong> nicht ohne Stolz vermeldete!<br />
Weitere Auftritt hatte man be<strong>im</strong> Wandelkonzert <strong>im</strong><br />
Lübecker Hansamuseum, das sich als ein echter Marathon<br />
entpuppte! Be<strong>im</strong> Konzert-Finale hat der<br />
Schedrik-<strong>Chor</strong> mit dem Oberstufenchor des Lübecker<br />
Johanneum-Gymnasiums ein Lied intoniert. Zudem<br />
besuchte man das Matinee-Konzert <strong>im</strong> Hafenschuppen.<br />
Im historischen Hafenspeicher sangen der Jugendchor<br />
Schola Cantorum aus We<strong>im</strong>ar und der Kammerchor<br />
des Lübecker Universitätschores, denen der<br />
Schedrik-<strong>Chor</strong> aufmerksam zuhörte. Danach absolvierte<br />
man auf einem großen Platz mit Wasserspiel<br />
den nächsten Auftritt, wobei der Schedrik-<strong>Chor</strong> gegen<br />
eine Geräuschkulisse ankämpfen musste. Doch das<br />
Publikum ließ sich davon nicht stören und spendete<br />
reichlich Applaus! Der letzte Festivaltag endete mit<br />
der Langen Nacht der <strong>Chor</strong>musik, bei der an fünf Veranstaltungsorten<br />
15 Chöre auftraten. Der Schedrik-<br />
<strong>Chor</strong> wählte für seinen Auftritt den Hafenschuppen,<br />
ehe am nächsten Sonntagmorgen ging es nach Ratzeburg,<br />
wo man musikalisch eine Messe <strong>im</strong> Dom mitgestaltete.<br />
Dort konnte man sich über eine fantastische<br />
Akustik freuen, bei der das Singen richtigen<br />
Spaß bereitete und die Dombesucher spontan<br />
klatschten. Danach ging die Reise nach Schwerin, um<br />
eine Besichtigungstour in der mecklenburgischen<br />
Landeshauptstadt zu unternehmen und dabei das<br />
malerische Schweriner Schloss zu besichtigen, das<br />
den Landtag von Mecklenburg-Vorpommern beherbergt.<br />
Man war fasziniert von den Prunkräumen der<br />
ehemaligen großfürstlichen Residenz wie auch vom<br />
Plenarsaal des Landtags. Danach traf man sich mit<br />
den Gastfamilien an dem Goethe-Gymnasium. Ehe es<br />
an den Lankower See ging, zeigte die Schweriner<br />
<strong>Chor</strong>leiterin Claudia Mahn die <strong>Chor</strong>räume des Musikzweiges<br />
und die großzügige und lichte Aula, die<br />
eine sehr guter Akustik aufwies. Für den herrlich sonnigen<br />
Badetag hatten die Gastgeber eigens ein Picknick<br />
vorbereitet. Dach war es eine wahre Freude in<br />
der schönen Aula zu singen! Während der Schedrik-<br />
<strong>Chor</strong> den „Rain dance“ sang, fing an ordentlich an zu<br />
regnen. Auch für den gelungenen Schulauftritt gab es<br />
für die SchedRock-Stücke reichlich Beifall!
36 CHOR IM GESPRÄCH<br />
Schedrik-<strong>Chor</strong> unter der Leitung von Irina Brochin<br />
Der zweite Badeausflug auf dem Programm führte in<br />
die Wismarer Bucht zum idyllischen Badeort Zierow.<br />
Das Wetter war diesmal nicht so einladend und so<br />
sprangen nur einige Mutige <strong>im</strong> Meer, ehe man sich<br />
auf der Strandminigolf-Anlage vergnügte. Auf der<br />
Rückfahrt nach Schwerin geriet man in ein Unwetter.<br />
Vor der St. Anna Kirche sich die Straße in einen Wasserfall.<br />
Im Gotteshaus traf man auf den Gastgeberchor,<br />
mit dem man gemeinsam den <strong>Chor</strong>satz<br />
„Irisch blessing“ von Bob Chilcott intonierte. Die beiden<br />
Chöre platzierten sich um die Sitzbänke <strong>im</strong><br />
Kirchenraum, da man in gemischter Aufstellung singen<br />
wollte, was eine echte Herausforderung war.<br />
Doch die ungewohnte <strong>Chor</strong>aufstellung hatte es wahrlich<br />
in sich, dass sich der Kirchenraum in beeindruckender<br />
Weise mit dem berauschenden Klang von 70<br />
chorst<strong>im</strong>men bis in den letzten Winkel füllte. Nach<br />
dem gelungenen Konzert, bei dem der Schedrik-<strong>Chor</strong><br />
und der <strong>Chor</strong> des Goethe-Gymnasiums Schwerin mit<br />
ausgesuchten Liedvorträgen nachhaltig überzeugten,<br />
klatschte das Publikum minutenlang Beifall. Das Konzert<br />
war auch ein wahrer Höhepunkt der Reise des<br />
Schedrik-<strong>Chor</strong>es!
37 CHOR IM GESPRÄCH<br />
ECHTE WUNDERWAFFE
38 CHOR IM GESPRÄCH<br />
Nicht nur Angela Recino, stellvertretende Vorsitzende<br />
und Pressereferentin der <strong>Chor</strong>gemeinschaft „Germania“<br />
Siegburg, sind von Rabea Steffen zurecht hellauf<br />
begeistert. Recino tituliert sie zurecht als eine „echte<br />
Wunderwaffe“. In den Sommerferien 2023, leitete sie<br />
kompetent, einfühlsam, motivierend und authentisch<br />
eine Sonderprobe in der Siegburger Brückberg-Kaserne,<br />
während sich Dirigent und Musikdirektor FDB<br />
Stefan Wurm <strong>im</strong> wohlverdienten Urlaub weilte. <strong>Chor</strong>vorsitzender<br />
Hans-Josef Bargon bedauert unter vier<br />
Augen, dass man das Domizil aufgeben muss, dass<br />
für die <strong>Chor</strong>gemeinschaft „Germania“ Siegburg seit<br />
dem Jahre 2005 eine wohltuende musikalische He<strong>im</strong>stätte<br />
gewesen ist. Recino bewundert die vorbildliche<br />
Präsenz von Rabea Steffen, die sich als vielseitige<br />
Künstlerin <strong>im</strong>mer wieder einbringt! Das tut sie in unermüdlicher<br />
Weise als schaffensfrohe <strong>Chor</strong>sängerin,<br />
<strong>Chor</strong>solistin, Solosängerin, Klavierbegleiterin, Moderatorin,<br />
Performerin und letztlich auch als <strong>Chor</strong>leiterin.<br />
Darüber hinaus fertigt sie hilfreiche „Teach Tapes“<br />
an und notiert für die „Swingphonie“ (<strong>Chor</strong>gemeinschaft<br />
„Germania“ Siegburg) sogar <strong>Chor</strong>sätze, womit<br />
sie Stefan Wurm und die engagierten Sängerinnen<br />
und Sänger nach besten Kräften recht wirkungsvoll<br />
unterstützt. Und das ist wirklich gut so! So gesehen<br />
ist die stets überzeugende, beseelte und charmante<br />
Musikflüsterin nicht mit Gold aufzuwiegen! Bei spürt<br />
man <strong>im</strong>mer wieder man sehr deutlich, dass sie das<br />
alles mit Herzblut und Leidenschaft tut und umsetzt.<br />
So ist es nun einmal. Und auch das ist gut so! Die<br />
Sonderprobe entpuppte sich als instruktiver und umfassender<br />
Anschauunterricht, ohne dass sich die Dirigentin<br />
- die wahrlich ihre Hausaufgaben gemacht<br />
hatte - als Lehrmeisterin mit berühmten erhobenem<br />
Zeigerfinger brüstete. Das hat sie auch nicht nötig, da<br />
sie durch Selbstbewusstsein, Identifikation, musikalisches<br />
Können und chorpädagogische Überzeugungskraft<br />
für sich einn<strong>im</strong>mt. Sie würde als <strong>Chor</strong>leiterin in<br />
der <strong>Chor</strong>szene in der Tat eine gute Figur abgeben und<br />
die Herzen vieler Sängerinnen und Sänger an Rhein<br />
und Sieg <strong>im</strong> Sturm erobern. Dazu muss man kein Prophet<br />
sein! Die „Swingphonie“ weiß, was sie an ihr hat<br />
und ist dankbar dafür. Das kann man nicht so sehen,
39 CHOR IM GESPRÄCH<br />
man muss es sogar! Die eigentliche Max<strong>im</strong>e für das<br />
Singen muss die sein, dass der <strong>Chor</strong> aufgehört hat zu<br />
singen, der nicht glaubhaft bestrebt ist, <strong>im</strong>mer noch<br />
besser zu werden. Nur so lebt und überlebt letztlich<br />
der <strong>Chor</strong>gesang. So gesehen war die Sonderprobe<br />
wortwörtlich eine Sonderprobe, deren Visite man<br />
nicht zu bereuen hatte! Rabea Steffen beschäftigte<br />
sich intensiv mit „Falling in love with you“, dem Elvis<br />
Presley bekanntlich zu Weltruf verholfen hat. Die unsterbliche<br />
Ballade ist eigentlich ein Kleinod, wenn<br />
man sie so anpackt wie es bei der Sonderprobe geschehen<br />
ist. Fachleute führen das Wort <strong>im</strong> Mund, dass<br />
die Musik hinter den Tönen anfängt. Geht man davon<br />
aus, dass die Töne ohne viel Probleme zu meistern<br />
sind, so gilt die originäre und bewusste <strong>Chor</strong>arbeit der<br />
glaubwürdigen und identifizierenden Interpretation<br />
beginnt. Es soll ja erreicht werden, dass das Gesungene<br />
vom Herzen zum Herzen dringt, So wird es nämlich<br />
<strong>im</strong>mer wieder propagiert. An dieser Stelle setzte<br />
Rabea Steffen an und hatte sich für das gefühlvolle<br />
und zweifelnde Seelenabenteuer, das nun mal jede<br />
Liebesbeziehung mit sich bringt, einen detaillierten<br />
„Interpretationsplan“ zurechtgelegt. Das tut übrigens<br />
jeder Solosängerin und jeder Solosänger, als musikalische<br />
Leitschnur sozusagen. Auch das macht Sinn! Da<br />
Rabea Steffen selbst eine höchst ambitionierte Sängerin<br />
ist, hat sie diesen „Interpretationsplan“ für den<br />
<strong>Chor</strong> in gewissem Sine gespiegelt! Daran orientierte<br />
sie sich und machte deutlich, wie man die Ballade zum<br />
Leben erwecken kann und damit zum „seelischen<br />
Atmen“ bringt. Es ist eine Binsenweisheit, dass in jedem<br />
Lied und jedem Musikstück eine Seele steckt. Für<br />
die konzentriert agierenden Singst<strong>im</strong>men gab es dabei<br />
so manches Aha-Erlebnis, was die musikalischen<br />
Parameter Rhythmik, Atemverhalten, dynamische<br />
Gestaltung, Konsonantenbehandlung, Vokalfärbung,<br />
st<strong>im</strong>mlicher Ausdruck, Gestik, Körperspreche, Artikulation,<br />
Phrasierung, St<strong>im</strong>msitz sowie eine lockere und<br />
leichte St<strong>im</strong>mführung.<br />
Walter Dohr