Die Neue Hochschule, Heft 4/2023
Zeitschrift des hlb Hochschullehrerbund e.V. - Themenschwerpunkt: Studieren für den öffentlichen Dienst
Zeitschrift des hlb Hochschullehrerbund e.V. - Themenschwerpunkt: Studieren für den öffentlichen Dienst
- Keine Tags gefunden...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
DNH 4 | <strong>2023</strong><br />
HOCHSCHULPOLITIK<br />
35<br />
Privatschulen, so lag deren Zahl 2021 in<br />
Deutschland bereits bei 3757. Fast ein<br />
Zehntel (9,3 Prozent) der Kinder und<br />
Jugendlichen, welche 2021 allgemeinbildende<br />
Schulen besuchten, gingen<br />
mittlerweile auf Privatschulen. 1950<br />
lag der Anteil im früheren Bundesgebiet<br />
noch bei 1,9 Prozent.<br />
Eine der auffälligsten Veränderungen<br />
der vergangenen Jahrzehnte betrifft<br />
die immer stärkere Bildungsbeteiligung<br />
von Frauen und Mädchen. Mehr als die<br />
Hälfte der Studienanfänger und -anfängerinnen<br />
sind Frauen. 247 300 Frauen<br />
nahmen 2021 ein Studium auf. Damit<br />
stellen sie inzwischen mehr als die<br />
Hälfte der Studienanfängerinnen und<br />
-anfänger im ersten Hochschulsemester<br />
(52,4 Prozent). 1950 lag ihr Anteil<br />
lediglich bei 18,5 Prozent.<br />
Destatis<br />
22. Sozialerhebung zur Lage der Studierenden<br />
Geld, Wohnung, Gesundheit: drei Krisenherde<br />
<strong>Die</strong> gemeinsam vom Bundesministerium<br />
für Bildung und Forschung (BMBF),<br />
dem Deutschen Zentrum für Hochschulund<br />
Wissenschaftsforschung (DZWH)<br />
und dem Deutschen Studierendenwerk<br />
(DSW) vorgestellte 22. Sozialerhebung<br />
zur wirtschaftlichen und sozialen Lage<br />
der Studierenden, erhoben im Sommer<br />
2021, kommentiert Matthias Anbuhl,<br />
der Vorstandsvorsitzende des Deutschen<br />
Studierendenwerks: „Uns treiben<br />
als Deutsches Studierendenwerk<br />
drei Befunde um.<br />
Erstens: Wir sehen bei der Studienfinanzierung<br />
eine soziale Polarisierung.<br />
Gewiss, ein Viertel aller Studierenden<br />
hat mehr als 1.300 Euro im<br />
Monat zur Verfügung; dieses Viertel<br />
gilt sicher nicht als armutsgefährdet.<br />
Hier schlagen die Fern-Studierenden<br />
und die berufsbegleitend Studierenden<br />
zu Buche, die eben in aller Regel<br />
finanziell weit besser ausgestattet sind.<br />
Am anderen Ende des Spektrums aber<br />
sehen wir: 37 Prozent der Studierenden<br />
verfügen im Monat über weniger<br />
als 800 Euro – das sind nochmal<br />
60 Euro weniger, als die Düsseldorfer<br />
Tabelle zum Erhebungszeitpunkt<br />
im Sommer 2021 für den Elternunterhalt<br />
für auswärts wohnende Studierende<br />
vorgab. <strong>Die</strong>se Gruppe ist mit eben 37<br />
Prozent weiter größer als die Gruppe<br />
der Studierenden, die BAföG erhalten;<br />
das sind 13 Prozent. Wir haben einerseits<br />
die 25 Prozent finanziell sehr gut<br />
Alimentierten – und andererseits ein<br />
Drittel der Studierenden, deren finanzielle<br />
Situation prekär zu nennen ist.<br />
Wir appellieren an die Bundesregierung:<br />
Lassen Sie beim BAföG nicht nach.<br />
Erhöhen Sie die Bedarfssätze, erhöhen<br />
Sie unbedingt auch die Eltern-Freibeträge,<br />
damit endlich wieder mehr Studierende<br />
vom BAföG profitieren können.<br />
Mehr als ein Drittel der Studierenden<br />
hat das auch wegen der Inflation bitter<br />
nötig. Gehen Sie auch die strukturelle<br />
BAföG-Reform schnell und kraftvoll an.<br />
Zweitens: <strong>Die</strong> Mietausgaben der<br />
Studierenden steigen weiter stark. <strong>Die</strong><br />
Miete ist weiterhin der größte Ausgabenposten;<br />
410 Euro geben die Studierenden<br />
im Schnitt im Monat für die Miete<br />
aus – und das ist ein Wert wie gesagt vor<br />
Inflation und Energiepreis-Krise! Seitdem<br />
ist in deutschen Hochschulstädten<br />
bezahlbarer Wohnraum für Studierende<br />
noch mehr zur Mangelware geworden,<br />
und die Mieten sind mit Sicherheit<br />
noch weiter gestiegen; das belegen<br />
auch jüngste Marktforschungs-Studien.<br />
Zur Erinnerung: Beim BAföG sind<br />
für das Wohnen derzeit 360 Euro im<br />
Monat vorgesehen. Das reicht in kaum<br />
einer Hochschulstadt für ein WG-Zimmer.<br />
Wir begrüßen das Bund-Länder-Programm<br />
‚Junges Wohnen‘ ausdrücklich,<br />
um mehr bezahlbaren Wohnraum für<br />
die junge Generation zu schaffen. Wenn<br />
die Länder ihrerseits kräftig fördern,<br />
kann dieses Programm mittelfristig den<br />
Wohnungsmarkt für Studierende etwas<br />
entspannen. Wir benötigen aber dringend<br />
eine Verstetigung des Programms.<br />
Sonst drohen wir potenzielle Fachkräfte<br />
zu verlieren, weil das Hochschulstudium<br />
wegen der horrenden Mietkosten<br />
an Attraktivität verliert.<br />
Drittens: Mehr Studierende haben<br />
eine gesundheitliche Beeinträchtigung,<br />
und psychische Erkrankungen haben<br />
stark zugenommen. 16 Prozent aller<br />
Studierenden haben eine oder mehrere<br />
gesundheitliche Beeinträchtigungen<br />
– das ist jede und jeder Sechste! Der<br />
Anteil lag 2016, bei der 21. Sozialerhebung,<br />
noch bei elf Prozent. Studierende<br />
mit psychischen Erkrankungen bilden<br />
auch im Jahr 2021 bei Weitem die größte<br />
Gruppe unter den studienrelevant Beeinträchtigten.<br />
Ihr Anteil ist nochmals deutlich<br />
– um zehn Prozentpunkte – gegenüber<br />
2016 gestiegen, von 55 Prozent<br />
auf 65 Prozent. Gleichzeitig wirken sich<br />
psychische Erkrankungen im Vergleich<br />
zu anderen Beeinträchtigungen überdurchschnittlich<br />
häufig besonders stark<br />
im Studium aus. Wir haben im deutschen<br />
Hochschulsystem, nunmehr belegt durch<br />
die 22. Sozialerhebung, eine Mental-<br />
Health-Krise der Studierenden.<br />
Wir wünschen uns von der Bundesregierung,<br />
dass sie im Verbund mit den<br />
Ländern die psychosoziale Beratung der<br />
Studierendenwerke ausbaut, mit zehn<br />
Millionen Euro über die kommenden<br />
vier Jahre.“<br />
DSW<br />
https://www.die-studierendenbefragung.de/aktuelles<br />
<strong>Die</strong> Meldungen in dieser Rubrik, soweit<br />
sie nicht namentlich gekennzeichnet<br />
sind, basieren auf Pressemitteilungen<br />
der jeweils genannten Institutionen.