Die Neue Hochschule, Heft 4/2023
Zeitschrift des hlb Hochschullehrerbund e.V. - Themenschwerpunkt: Studieren für den öffentlichen Dienst
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8 STUDIEREN FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST<br />
DNH 4 | <strong>2023</strong><br />
Duales Studium an einer <strong>Hochschule</strong><br />
für öffentliche Verwaltung<br />
In Verwaltungshochschulen steht akademisches Selbstverständnis traditionell in<br />
einem Spannungsverhältnis zu den Erwartungen der entsendenden <strong>Die</strong>nststellen.<br />
Durch „Bologna“ sind hier Fortschritte zu verzeichnen, punktuell aber auch<br />
Rückentwicklungen.<br />
Von Prof. Dr. Richard Merker, Prof. Dr. Michael Bäuerle<br />
und Prof. Dr. Steffen Reichmann<br />
Von den bundesweit 39 <strong>Hochschule</strong>n, die Studiengänge<br />
für den öffentlichen <strong>Die</strong>nst anbieten, bestehen<br />
einige als dezentrale <strong>Hochschule</strong>n aus mehreren<br />
Studienorten, woraus sich bundesweit eine ansehnliche<br />
Dichte der <strong>Hochschule</strong>n für den öffentlichen<br />
<strong>Die</strong>nst (HöD) ergibt. In fünf dieser <strong>Hochschule</strong>n<br />
(<strong>Hochschule</strong>n Nordhausen, Harz, Osnabrück, HAW<br />
Hamburg und HWR Berlin) sind diese Studiengänge<br />
in „allgemeine“ HAW eingegliedert, dort können also<br />
jeweils auch andere Studiengänge belegt werden.<br />
Studiengänge der Verwaltungswissenschaften<br />
Oftmals werden die Studiengänge der Verwaltungswissenschaften<br />
unter fachlichen Gesichtspunkten von<br />
der breiten Öffentlichkeit als verhältnismäßig homogen<br />
wahrgenommen. Bei näherer Betrachtung zeigt<br />
sich aber schnell ein vielgestaltiges Angebot, das<br />
sich in Anlehnung an STEMBER in Gruppen einteilen<br />
lässt: 1<br />
– allgemeine Verwaltung,<br />
– Polizei,<br />
– Steuern und Finanzen,<br />
– Rechtspflege,<br />
– Sozialversicherung (Renten-, Unfallversicherung<br />
etc.) sowie<br />
– einzelinstitutionell ausgerichtete „Nischen-<br />
Studiengänge“, bspw. des Zentralbankwesens,<br />
für die Landwirtschaftliche Sozialversicherung,<br />
die Auswärtigen Angelegenheiten oder<br />
den Wetterdienst.<br />
Für einzelne Bereiche des öffentlichen <strong>Die</strong>nstes,<br />
bspw. für Krankenkassen, Kammern u. a. öffentliche<br />
Körperschaften mit einer Vielzahl von Arbeitsplätzen<br />
und erheblichem Kompetenzbedarf, existieren hingegen<br />
keine spezifischen Hochschulangebote.<br />
1 In Anlehnung an STEMBER (2020), S. 10.<br />
2 Vgl. STEMBER (2020), S. 10 f.<br />
Grundständige Angebote<br />
<strong>Die</strong> HöD (früher: Verwaltungsfachhochschulen)<br />
gingen zumeist um 1980 als Spin-offs aus den sog.<br />
Verwaltungsschulen (synonym: Verwaltungsseminare)<br />
der jeweiligen Bundesländer hervor, die bis<br />
dahin auch für die Aus- und Fortbildung des gehobenen<br />
<strong>Die</strong>nstes zuständig waren. Dadurch stammten in<br />
einigen Verwaltungsfachhochschulen zunächst auch<br />
viele Hochschullehrkräfte aus den Verwaltungsschulen,<br />
was sich über Dekaden hinweg als kulturprägend<br />
erwies. <strong>Die</strong>s führte bereits früh zu Diskussionen<br />
über die Ausrichtung der damals neuen HöD:<br />
Während die wissenschaftlich sozialisierten Lehrkräfte<br />
zumeist mehr Forschung sowie akademische<br />
Fort- und Weiterbildung forderten, sahen die in der<br />
Verwaltung und den Verwaltungsschulen sozialisierten<br />
Lehrenden den Tätigkeitsschwerpunkt in der<br />
für den gehobenen <strong>Die</strong>nst qualifizierenden Lehre,<br />
was auch von den meisten für die Aufsicht der HöD<br />
zuständigen Fachministerien mitgetragen wurde.<br />
Deshalb erhielten die HöD zunächst auch keine organisatorische<br />
Selbstständigkeit wie die anderen HAW,<br />
sondern als sog. „interne <strong>Hochschule</strong>n“ lediglich<br />
den Status nachgeordneter Behörden dieser Ministerien,<br />
von denen oft weder eine institutionelle noch<br />
eine wissenschaftliche Eigenständigkeit der <strong>Hochschule</strong>n<br />
gewünscht war – und teilweise bis heute<br />
ist. 2 Dementsprechend wurden und werden z. B.<br />
die Hochschul- bzw. Fachbereichsleitungen oftmals<br />
nicht, wie sonst im Rahmen der Hochschulselbstverwaltung<br />
üblich, von unabhängigen Hochschulgremien<br />
gewählt, sondern durch die Ministerien<br />
eingesetzt, denen in der Anfangszeit sogar Publikationen<br />
teilweise noch zur Genehmigung vorgelegt<br />
werden mussten.<br />
Ein Charakteristikum der HöD ist das duale Studium,<br />
mit dem sie schon seit etwa 1980 umfassende<br />
Erfahrung haben, die früher meist zum akademischen<br />
Grad „Diplom-Verwaltungswirt/in (FH)“<br />
führten. Daher kann ein grundständiges Studium<br />
im öffentlichen <strong>Die</strong>nst in der Regel nur aufnehmen,