ERF Antenne 0910|2023 Grenzen(los)
Das Magazin von ERF – Der Sinnsender
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»Mein Rubikon war<br />
der Ärmelkanal.«<br />
bequem auf einem Sessel sitzend in einer Metallröhre<br />
mit 900 km/h in den Urlaub sausen. Und es passt uns<br />
überhaupt nicht, wenn das Flugzeug ein paar Minuten<br />
Verspätung hat.<br />
Andererseits: Bloß, weil etwas technisch möglich<br />
ist, muss es nicht gut für mich und andere Menschen<br />
sein. Ich denke an eine Spritztour mit dem neuen<br />
Porsche meines Schwagers. Das war ein besonderes<br />
Grenzerlebnis. Ein paar Minuten lang mit 240 km/h<br />
auf der A 45 – das war berauschend. Ob ein solches<br />
Tempo sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt. Die<br />
eine oder andere Geschwindigkeits-Begrenzung hat<br />
auf dieser kurvigen Strecke ihren Sinn. Zu meinem<br />
eigenen und zum Schutz Dritter.<br />
Ein folgenreicher Entschluss<br />
Ich bin in meinem Leben auch persönlich mehrfach<br />
an <strong>Grenzen</strong> gestoßen. Da war klar: Es stehen neue<br />
Wege an. Oft hatte ich dabei ein mulmiges Gefühl.<br />
Denn ich wusste, der nächste Schritt würde große<br />
Konsequenzen haben.<br />
Ein solcher Schritt begann damit, dass ich vor<br />
einigen Jahren morgens um halb sieben einen großen<br />
Koffer im Auto eines Bekannten verstaute und<br />
auf dem Rücksitz platznahm. Ich wusste, dass eine<br />
aufregende Zukunft vor mir lag: Das Studium der<br />
evangelischen Theologie in Großbritannien. Ich hatte<br />
den Eindruck, dass es die richtige Entscheidung war.<br />
Trotzdem war ich unruhig. Mich bewegte die Frage:<br />
Würde ich dem gewachsen sein, was mich erwartete?<br />
Für mich war es ein Wagnis mit ungewissem Ausgang.<br />
Ich war im Begriff, Vertrautes hinter mir zu<br />
lassen, eine Grenze zu überwinden, um im Ausland zu<br />
studieren. Mein Rubikon war der Ärmelkanal.<br />
Die Nacht am blauen Fluss<br />
Gut und gerne 1.800 Jahre vor Julius Caesar hat ein<br />
anderer Mann seinen persönlichen Rubikon überquert.<br />
Der Nahr ez-Zarqa, so heißt der sogenannte<br />
„blaue Fluss“ im Ostjordanland heute, war zu biblischen<br />
Zeiten als Jabbok bekannt. Der Mann, der ihn<br />
im Morgengrauen durchquerte, war Jakob, der dritte<br />
Stammvater des Volkes Israel. Für ihn stand ähnlich<br />
viel auf dem Spiel wie für Julius Caesar.<br />
Zwanzig Jahre zuvor war Jakob vor seinem Bruder<br />
Esau geflohen, nachdem er seinen Bruder betrogen<br />
und dessen Zorn entfacht hatte. Jakob hatte sich auf<br />
den Weg zu seinen Verwandten in Haran gemacht.<br />
Mittel<strong>los</strong> und lediglich mit einem Wanderstock ausgestattet<br />
war er rund 800 Kilometer nordwärts gereist.<br />
Jetzt kehrte er als reicher Mann mit einer großen<br />
Familie zurück in seine Heimat.<br />
Allerdings türmte sich vor ihm ein schier unüberwindbares<br />
Hindernis auf: Die ungeklärte Beziehung<br />
zu seinem Bruder. Jakob stand eine Begegnung bevor,<br />
die für ihn ein unkalkulierbares Risiko darstellte.<br />
Morgen würde er seinem Bruder Esau gegenübertreten<br />
müssen, der ihm mit 400 Männern entgegen zog. Er<br />
musste diesen Knotenpunkt überwinden. Er wollte die<br />
Versöhnung herbeiführen.<br />
Die entscheidende Nacht<br />
In der entscheidenden Nacht stellt sich Jakob am<br />
Fluss ein namen<strong>los</strong>er Mann in den Weg. Es kommt<br />
zum Kampf der beiden. Die ganze Nacht ringt Jakob<br />
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Thema