eTOPICOS - Ausgabe 2-2023 - 63. Jahrgang_einseitig
TÓPICOS mit seinen Beiträgen zu Brasiliens Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur ist die größte Publikation dieser Art für eine deutsch-brasilianische Zielgruppe und wird von der Deutsch-Brasilianischen Gesellschaft e.V. (DBG) www.topicos.de herausgegeben. Revista da Sociedade Brasil-Alemanha
TÓPICOS mit seinen Beiträgen zu Brasiliens Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur ist die größte Publikation dieser Art für eine deutsch-brasilianische Zielgruppe und wird von der Deutsch-Brasilianischen Gesellschaft e.V. (DBG) www.topicos.de herausgegeben.
Revista da Sociedade Brasil-Alemanha
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TÓPICOS 2 - <strong>2023</strong><br />
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23<br />
Im grünen Herzen<br />
Brasiliens<br />
Wasserfälle, Tafelberge und<br />
unberührte Savannenlandschaft:<br />
Der Staatspark Jalapão<br />
im Bundesstaat Tocantins<br />
ist ein gutes Beispiel für den<br />
ausbaufähigen Tourismus<br />
im Landesinneren.<br />
GESELLSCHAFT<br />
Sociedade<br />
von ULRIKE WIEBRECHT<br />
Zugegeben, der erste Eindruck ist<br />
ernüchternd. Vom zwölften Stock<br />
des Hplus Premium Hotels schweift<br />
das Auge über endlose schnurgerade<br />
Straßen. Hier und da ein Hochhaus,<br />
ein paar Palmen, im Hintergrund der<br />
breite Fluss Tocantins. Alles sehr übersichtlich<br />
und mit viel Platz für den Verkehr, der ohne<br />
Staus über die Avenidas rollt. Mag sein, dass<br />
viele Einwohner von Palmas das als Lebensqualität<br />
empfinden, doch mit dem Charme<br />
historisch gewachsener Metropolen wie Salvador<br />
da Bahia kann sich die Hauptstadt von<br />
Tocantins nicht messen. Aber wie soll sie das<br />
auch? Als sich 1988 der jüngste Bundesstaat<br />
des Landes vom großen Goiás abgespalten<br />
hat, entstand sie sozusagen aus dem Nichts.<br />
Inzwischen ist sie auf über 300.000 Einwohner<br />
angewachsen. Aus den Nachbarstaaten, aber<br />
auch Rio Grande do Sul, von überall kamen<br />
Menschen, weil es hier Arbeit und gute Investitionsmöglichkeiten<br />
gab und noch immer gibt.<br />
Touristen muss man indessen eher mit der<br />
Lupe suchen. In Reiseführern wird Tocantins<br />
kaum erwähnt. Warum man hierher kommen<br />
sollte? Ganz einfach: wegen der Natur! Wenn<br />
es im Herzen Brasiliens etwas im Überfluss<br />
gibt, ist es die weitgehend unberührte Flora<br />
und Fauna, eine wahre Schatzkammer der<br />
Biodiversität. Zwar wurde auch hier Regenwald<br />
abgeholzt, um Soja anzubauen und Rinder zu<br />
züchten. Doch inzwischen verteilen sich gleich<br />
mehrere Natur- oder Nationalparks über das<br />
Gebiet zwischen Amazonasbecken und der<br />
Cerrado genannten Savanne. Auf einer Fläche,<br />
die größer ist als Großbritannien, locken Seen<br />
und Gebirge oder die Ilha do Bananal, die<br />
größte Flussinsel der Welt. Und der Jalapão.<br />
Der Staatspark im Osten von Tocantins ist<br />
der eigentliche Geheimtip. Als Lebensraum von<br />
Tapiren, Ameisenbären oder Mähnenwölfen,<br />
über denen Tukane, Papageien oder Adler ihre<br />
Kreise ziehen, bietet er ein riesiges Potenzial<br />
für einen behutsamen Öko- und Abenteuertourismus,<br />
der noch in den Kinderschuhen steckt.<br />
Selbst brasilianische Touristen entdecken den<br />
Jalapão erst nach und nach. Und das auch<br />
nur, weil eine herzzerreißende Telenovela ihre<br />
WIEDERGEBURT DER MARKE BRASIL<br />
Dem neuen Embratur-Chef Marcelo Freixo zufolge soll der Tourismus auch dem Naturschutz dienen.<br />
Traumstrände, Barockstädte mit Weltkulturerbe-<br />
Status, Naturschutzgebiete mit einzigartiger<br />
Biodiversität – das touristische Potenzial Brasiliens<br />
ist riesig. Doch die Touristenzahlen halten sich<br />
in Grenzen. In den letzten Jahren waren sie sogar<br />
rückläufig. Wenn 2005 gut 300.000 deutsche<br />
Urlauber kamen, waren es 2022 nur noch<br />
120.000. Dabei ist Deutschland der drittgrößte<br />
europäische Markt für Brasilien, weltweit steht<br />
es an achter Stelle.<br />
Natürlich ist der Besucherrückgang zu einem<br />
großen Teil der Pandemie, außerdem den relativ<br />
hohen Flugpreisen geschuldet. Aber er dürfte<br />
auch mit der Regierung Bolsonaro zu tun haben,<br />
die dem Image des Landes nicht gut getan hat.<br />
Mit der neuen Regierung sollte es auch einen<br />
Neustart im Tourismus geben. Dazu hat Präsident<br />
Luiz Inácio Lula da Silva Marcelo Freixo zum Leiter<br />
der Tourismusbehörde Embratur berufen.<br />
Für den aus der Metropolregion von Rio de<br />
Janeiro stammenden Bundestagsabgeordneten,<br />
der im Rahmen des Congresso em Foco<br />
zweimal zum besten Parlamentarier Brasiliens<br />
gewählt wurde, ist der Tourismus zwar<br />
berufliches Neuland. Dafür hat er sich mit<br />
einem professionellen Team umgeben, das ihm<br />
beim Neustart zur Seite steht. Eine der ersten<br />
Maßnahmen, die Embratur ergriff, war die<br />
Rückkehr zur „Marca Brasil“, deren Logo mit den<br />
Farben Grün, Gelb, Blau, Rot und Weiß für die<br />
Vielfalt des Landes, für seine Wälder, die Sonne,<br />
die Strände, das Meer, die leidenschaftlichen<br />
Feste und die Kleidung steht. Neben neuen<br />
Flugverbindungen gehören technologische<br />
Innovationen und die berufliche Qualifizierung<br />
zum Programm von Embratur. Und vor allem<br />
Nachhaltigkeit. „Wir wollen einen Tourismus,<br />
der den Naturschutz fördert“, erklärt Freixo.<br />
„Brasilianische Reiseziele und Tourismusprojekte,<br />
deren Ziel es ist, die Erhaltung der traditionellen<br />
Fauna, Flora und Gemeinden zu stärken.“<br />
Gerade deutsche Urlauber, von denen 44%<br />
Reiseziele in den Bereichen Natur, Ökotourismus<br />
und Abenteuer ansteuern, will man in weniger<br />
bekannte Gebiete locken. „Wir haben die<br />
Chapada Diamantina in Bahia, die Chapada dos<br />
Veadeiros, Pirenópolis in Goiás und eine Reihe<br />
anderer Ziele, die mit Natur und Ökotourismus zu<br />
tun haben. Unsere Arbeit wird diese Reiseziele<br />
im Landesinneren Brasiliens fördern“, bekräftigt<br />
der Embratur-Präsident. UW<br />
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