HAUSMESSE SÜD/RAUCH Das Führungstrio, das seit gut einem Jahr bei Rauch zusammenarbeitet, hat bei dem Schlafzimmerspezialisten die Weichen für die Zukunft gestellt (v.l.): Klaus D. Dahlem (COO), Rainer Hribar (CEO) und Andreas Bremmer (CCO). Foto: Rauch Wieder zurück! Bei Rauch weht ein neuer Wind. Das war beim Termin vor Ort in Freudenberg ganz klar zu spüren. Der Schlafzimmerspezialist hat die Kommunikation mit dem Handel deutlich verbessert und entsprechend auf die Kundenwünsche reagiert – mit passenden Sortimenten und optimierten Abläufen in der Produktion und der Auslieferung. Die „möbel kultur“ sprach mit Rainer Hribar, Klaus D. Dahlem und Andreas Bremmer. 58 möbel kultur 11/2023
möbel kultur: Vor einem Jahr hieß es bei Rauch „back to the roots“, um das Vertrauen des Handels zurückzugewinnen. Inwieweit ist das gelungen? Andreas Bremmer: Ich denke, dass uns sehr viel gelungen ist. Und es ist richtig, wir hatten Probleme. Das Feedback eines großen Kunden lautete noch vor einem Jahr: Die Produkte passen nicht, ebenso wenig die Preise und die Qualität und auch die Termintreue ließ zu wünschen übrig. Jetzt heißt es zwar immer noch, dass wir zu teuer sind, aber das müssen Einkäufer wohl immer sagen (lacht). Aber wir haben auch sehr viel Lob bekommen. Von den Ausschüssen hören wir, dass sie seit Jahren nicht mehr so viele Innovationen bei Rauch gesehen haben. Und die Themen Qualität, Lieferfähigkeit und -treue werden nicht mehr negativ diskutiert. Rainer Hribar: Es ging um vier Dinge, die wir angreifen mussten. Im Vertrieb mussten wir dafür sorgen, das Vertrauen zurückzugewinnen, denn es ist immer schlecht, wenn man versucht, gegen die Kunden zu operieren. Die Frage war, wie schaffen wir es, die Produkte wieder pünktlich und vollständig zum Kunden zu liefern? Herr Dahlem als COO musste sich also darum kümmern, dass der Handel wieder mit der Qualität, die Rauch liefert, zufrieden ist. Das sollte natürlich eine Grundlage sein. Aber Rauch liefert jeden Tag um die 30.000 Packstücke. Da kann es leider schon mal vorkommen, dass falsch auf- und abgeladen wird. möbel kultur: Aber Rauch hat doch schon in den letzten Jahren vieles umstrukturiert. Warum war jetzt immer noch so viel zu tun? Klaus D. Dahlem: Ja, das alte Werk im Ort wurde geschlossen. Und die Qualität war auch nicht von heute auf morgen schlecht, es wurde aber schleichend schlechter. Jetzt müssen wir wieder klare Maßstäbe setzen. Und es geht wieder stärker um Modellpolitik und die Art der Vermarktung. möbel kultur: Was mussten Sie als drittes angehen? Rainer Hribar: Der Anzug war zu groß, sprich, es waren zu viele Mitarbeiter:innen. Aus diesem Grund mussten wir Personal abbauen. Wir haben gleich zu Beginn unseres Starts verkündet, dass wir uns von rund 90 Beschäftigten trennen werden, vor allem in der Verwaltung – in diesem Bereich mussten dann 25 Prozent gehen. Das ist wirklich viel. Von den Mitarbeitenden in der Produktion wollten wir uns nicht trennen, das haben wir mit Kurzarbeit aufgefangen. Denn wir wussten, wenn wir hier massiv kürzen, dann wird es schwierig, wieder hochzufahren. Einmal weg, wären diese Arbeitskräfte nicht mehr zurückgekommen. Und der vierte Punkt war die Digitalisierung. Hier haben wir viel Geld in die Hand genommen und werden auch weiter investieren. Vom Auftragseingang bis zur Auslieferung. Das ist ein laufender Prozess. Wir denken, dass wir hier in den letzten zwölf Monaten schon sehr viel geschafft haben, auch beispielsweise in puncto Tourenplanung und daraus abgeleiteter Fertigungsplanung. Da ist jetzt sehr viel Know-how im System, nicht mehr nur in den Köpfen einzelner. Neues Thema ist auch, mit Hilfe von CGI Fotos zu erstellen, auch 3D-Abbildungen, was u.a. für den E-Commerce sehr wichtig ist. Im Vergleich zum Wettbewerb sind wir hier schon sehr weit. So gibt es immer wieder Projekte, die wir hier aufsetzen. Klaus D. Dahlem: Auch in der Produktion haben wir viele neue Dinge eingeführt, beispielsweise bei den Verpackungen das sogenannte „Pick by Light“. Zur Erklärung: Wir kommen bei unserem Volumen auf sehr viele unterschiedliche Pakete. Mit Hilfe dieses Tools weiß man, wie viele Teile man einem Packstück bei legen muss, was schon wesentlich zur Fehlervermeidung beigetragen hat. Bei der Verladung haben wir zudem ein sogenanntes Verlade- Scannen eingeführt, das wirklich Gut angekommen sind die neuen Schlafzimmer, die der Designer Jochen Flacke für Rauch entwickelt hat, z.B. das Modell „Kona“ (o.). zu 100 Prozent funktioniert. Auf einem Rauch-LKW sind bis zu 800 verschiedene Pakete. Das ist schon enorm und muss klug gehändelt werden. Denn es ist eine große Herausforderung, alles in der richtigen Reihenfolge zu packen. Wir sind jetzt außerdem dabei, die gesamte LKW-Flotte mit Entlade-Scannern auszustatten. Dann wissen wir zum richtigen Zeitpunkt an der Rampe beim Kunden, dass alles korrekt geliefert wird. Ziel ist es, das bis Ende 2023 auf den Weg zu bringen. Noch vor einem Jahr konnten wir einem Kunden, der reklamierte, weil etwas nicht angekommen war, einfach nur das fehlende Teil neu schicken. Bald können wir genau Von den Einkaufsausschüssen hören wir, dass sie seit Jahren nicht mehr so viele Innovationen bei Rauch gesehen haben. Andreas Bremmer zurückverfolgen, wo das fehlende Packstück gelandet ist. möbel kultur: Rauch hat keinen eigenen Fuhrpark mehr. Mit welchen Speditionen arbeiten Sie zusammen? Rainer Hribar: Hier legen wir den Fokus auf regionale Anbieter. Derzeit arbeiten wir mit 10 bis 15 Spediteuren zusammen. Wichtig war außerdem noch, dass wir auch die Art der Verladung geändert haben. Wir arbeiten jetzt mit patentierten Rauch-Ladegutträgern. Mit diesen ist deutlich zu sehen, welche Pakete zusammengehören. Denn ist es doch auch klar, dass beispielsweise ein Kunde wie Amazon nicht möchte, dass wir stundenlang die Rampen blockieren, weil das Entladen zu viel Zeit kostet. Jetzt müssen wir nur darauf achten, dass wir diese Ladegutträger, die wir zur Verfügung stellen, auch wieder zurückbekommen. Es funktioniert nach einem Pfandsystem. Meines Wissens macht das in der Möbelindustrie noch niemand so. Klaus D. Dahlem: Bislang sind wir schon so weit, dass 30 Prozent unserer Lieferungen mit Hilfe dieser Ladegutträger vonstatten gehen. Dadurch haben die Fahrer viel weniger mit dem Handling der Ware zu tun. Das spart enorm an Zeit. Und im Nachgang holen wir diese Träger gesammelt wieder ab. Das bedeutet bereits heute, dass wir statt vier Stunden nur eine halbe Stunde an der Rampe benötigen. möbel kultur: Und das ist auch wieder ein gutes Argument, mit Rauch zusammen- 11/2023 möbel kultur 59