MK-1123
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möbel kultur: Vor einem Jahr hieß es bei<br />
Rauch „back to the roots“, um das Vertrauen<br />
des Handels zurückzugewinnen.<br />
Inwieweit ist das gelungen?<br />
Andreas Bremmer: Ich denke, dass uns<br />
sehr viel gelungen ist. Und es ist<br />
richtig, wir hatten Probleme. Das<br />
Feedback eines großen Kunden lautete<br />
noch vor einem Jahr: Die Produkte<br />
passen nicht, ebenso wenig<br />
die Preise und die Qualität und auch<br />
die Termintreue ließ zu wünschen<br />
übrig. Jetzt heißt es zwar immer<br />
noch, dass wir zu teuer sind, aber<br />
das müssen Einkäufer wohl immer<br />
sagen (lacht). Aber wir haben auch<br />
sehr viel Lob bekommen. Von den<br />
Ausschüssen hören wir, dass sie seit<br />
Jahren nicht mehr so viele Innovationen<br />
bei Rauch gesehen haben.<br />
Und die Themen Qualität, Lieferfähigkeit<br />
und -treue werden nicht<br />
mehr negativ diskutiert.<br />
Rainer Hribar: Es ging um vier Dinge,<br />
die wir angreifen mussten. Im Vertrieb<br />
mussten wir dafür sorgen,<br />
das Vertrauen zurückzugewinnen,<br />
denn es ist immer schlecht, wenn<br />
man versucht, gegen die Kunden<br />
zu operieren. Die Frage war, wie<br />
schaffen wir es, die Produkte wieder<br />
pünktlich und vollständig zum<br />
Kunden zu liefern? Herr Dahlem<br />
als COO musste sich also darum<br />
kümmern, dass der Handel wieder<br />
mit der Qualität, die Rauch liefert,<br />
zufrieden ist. Das sollte natürlich<br />
eine Grundlage sein. Aber Rauch liefert<br />
jeden Tag um die 30.000 Packstücke.<br />
Da kann es leider schon mal<br />
vorkommen, dass falsch auf- und<br />
abgeladen wird.<br />
möbel kultur: Aber Rauch hat doch schon<br />
in den letzten Jahren vieles umstrukturiert.<br />
Warum war jetzt immer noch so<br />
viel zu tun?<br />
Klaus D. Dahlem: Ja, das alte Werk im<br />
Ort wurde geschlossen. Und die<br />
Qualität war auch nicht von heute<br />
auf morgen schlecht, es wurde<br />
aber schleichend schlechter. Jetzt<br />
müssen wir wieder klare Maßstäbe<br />
setzen. Und es geht wieder stärker<br />
um Modellpolitik und die Art der<br />
Vermarktung.<br />
möbel kultur: Was mussten Sie als drittes<br />
angehen?<br />
Rainer Hribar: Der Anzug war zu groß,<br />
sprich, es waren zu viele Mitarbeiter:innen.<br />
Aus diesem Grund mussten<br />
wir Personal abbauen. Wir haben<br />
gleich zu Beginn unseres Starts<br />
verkündet, dass wir uns von rund 90<br />
Beschäftigten trennen werden, vor<br />
allem in der Verwaltung – in diesem<br />
Bereich mussten dann 25 Prozent<br />
gehen. Das ist wirklich viel. Von den<br />
Mitarbeitenden in der Produktion<br />
wollten wir uns nicht trennen, das<br />
haben wir mit Kurzarbeit aufgefangen.<br />
Denn wir wussten, wenn wir<br />
hier massiv kürzen, dann wird es<br />
schwierig, wieder hochzufahren.<br />
Einmal weg, wären diese Arbeitskräfte<br />
nicht mehr zurückgekommen.<br />
Und der vierte Punkt war die<br />
Digitalisierung. Hier haben wir viel<br />
Geld in die Hand genommen und<br />
werden auch weiter investieren. Vom<br />
Auftragseingang bis zur Auslieferung.<br />
Das ist ein laufender Prozess. Wir<br />
denken, dass wir hier in den letzten<br />
zwölf Monaten schon sehr viel<br />
geschafft haben, auch beispielsweise<br />
in puncto Tourenplanung und daraus<br />
abgeleiteter Fertigungsplanung.<br />
Da ist jetzt sehr viel Know-how im<br />
System, nicht mehr nur in den Köpfen<br />
einzelner. Neues Thema ist auch,<br />
mit Hilfe von CGI Fotos zu erstellen,<br />
auch 3D-Abbildungen, was u.a. für<br />
den E-Commerce sehr wichtig ist.<br />
Im Vergleich zum Wettbewerb sind<br />
wir hier schon sehr weit. So gibt<br />
es immer wieder Projekte, die wir<br />
hier aufsetzen.<br />
Klaus D. Dahlem: Auch in der Produktion<br />
haben wir viele neue Dinge eingeführt,<br />
beispielsweise bei den Verpackungen<br />
das sogenannte „Pick by<br />
Light“. Zur Erklärung: Wir kommen<br />
bei unserem Volumen auf sehr viele<br />
unterschiedliche Pakete. Mit Hilfe<br />
dieses Tools weiß man, wie viele<br />
Teile man einem Packstück bei legen<br />
muss, was schon wesentlich zur<br />
Fehlervermeidung beigetragen hat.<br />
Bei der Verladung haben wir<br />
zudem ein sogenanntes Verlade-<br />
Scannen eingeführt, das wirklich<br />
Gut angekommen sind die<br />
neuen Schlafzimmer, die der<br />
Designer Jochen Flacke für<br />
Rauch entwickelt hat, z.B.<br />
das Modell „Kona“ (o.).<br />
zu 100 Prozent funktioniert. Auf<br />
einem Rauch-LKW sind bis zu 800<br />
verschiedene Pakete. Das ist schon<br />
enorm und muss klug gehändelt<br />
werden. Denn es ist eine große Herausforderung,<br />
alles in der richtigen<br />
Reihenfolge zu packen. Wir sind<br />
jetzt außerdem dabei, die gesamte<br />
LKW-Flotte mit Entlade-Scannern<br />
auszustatten. Dann wissen wir zum<br />
richtigen Zeitpunkt an der Rampe<br />
beim Kunden, dass alles korrekt<br />
geliefert wird. Ziel ist es, das bis<br />
Ende 2023 auf den Weg zu bringen.<br />
Noch vor einem Jahr konnten wir<br />
einem Kunden, der reklamierte,<br />
weil etwas nicht angekommen war,<br />
einfach nur das fehlende Teil neu<br />
schicken. Bald können wir genau<br />
Von den Einkaufsausschüssen<br />
hören wir,<br />
dass sie seit Jahren<br />
nicht mehr so viele<br />
Innovationen bei Rauch<br />
gesehen haben. Andreas Bremmer<br />
zurückverfolgen, wo das fehlende<br />
Packstück gelandet ist.<br />
möbel kultur: Rauch hat keinen eigenen<br />
Fuhrpark mehr. Mit welchen Speditionen<br />
arbeiten Sie zusammen?<br />
Rainer Hribar: Hier legen wir den<br />
Fokus auf regionale Anbieter. Derzeit<br />
arbeiten wir mit 10 bis 15 Spediteuren<br />
zusammen. Wichtig war<br />
außerdem noch, dass wir auch die<br />
Art der Verladung geändert haben.<br />
Wir arbeiten jetzt mit patentierten<br />
Rauch-Ladegutträgern. Mit diesen<br />
ist deutlich zu sehen, welche Pakete<br />
zusammengehören. Denn ist es doch<br />
auch klar, dass beispielsweise ein<br />
Kunde wie Amazon nicht möchte,<br />
dass wir stundenlang die Rampen<br />
blockieren, weil das Entladen zu<br />
viel Zeit kostet. Jetzt müssen wir<br />
nur darauf achten, dass wir diese<br />
Ladegutträger, die wir zur Verfügung<br />
stellen, auch wieder zurückbekommen.<br />
Es funktioniert nach einem<br />
Pfandsystem. Meines Wissens macht<br />
das in der Möbelindustrie noch niemand<br />
so.<br />
Klaus D. Dahlem: Bislang sind wir<br />
schon so weit, dass 30 Prozent<br />
unserer Lieferungen mit Hilfe dieser<br />
Ladegutträger vonstatten gehen.<br />
Dadurch haben die Fahrer viel weniger<br />
mit dem Handling der Ware zu<br />
tun. Das spart enorm an Zeit. Und<br />
im Nachgang holen wir diese Träger<br />
gesammelt wieder ab. Das bedeutet<br />
bereits heute, dass wir statt vier<br />
Stunden nur eine halbe Stunde an<br />
der Rampe benötigen.<br />
möbel kultur: Und das ist auch wieder ein<br />
gutes Argument, mit Rauch zusammen-<br />
11/2023 möbel kultur 59