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Patnasari betont, wie wichtig es ist, dass<br />
Menschen nicht nur theoretisch in interreligiösem<br />
Zusammenleben geschult werden, sondern<br />
dass die Erfahrungen auch gelebt und<br />
weitergegeben werden. Die Praxis ist genauso<br />
bedeutend wie die Ausbildung, findet Patnasari,<br />
was sie durch ihre eigene Teilnahme an<br />
katholischen Messen oder buddhistischen<br />
Grundkursen demonstriert. «Ich hoffe, dass<br />
Indonesien nicht nur ein Land ist, in dem von<br />
Toleranz die Rede ist, sondern ein Land, in dem<br />
Toleranz aktiv gelebt wird», antwortet sie auf<br />
die Frage, was sie sich für ihr Land wünscht.<br />
Kein Frieden ohne Gerechtigkeit<br />
Die Bemühungen für mehr interreligiösen Dialog<br />
in Indonesien werden immer wichtiger,<br />
gerade unter Berücksichtigung des neuen<br />
Strafgesetzes, das die religiöse Freiheit noch<br />
mehr einzuschränken droht. Alissa Wahid,<br />
Co-Leiterin der grössten muslimischen Nichtregierungsorganisation<br />
Nahdlatul Ulama und<br />
Mitbegründerin des Gusdurian-Netzwerks<br />
für eine gerechte Gesellschaft, betont die Bedeutung<br />
von grundlegenden Werten wie Menschenrechten<br />
und Demokratie für einen erfolgreichen<br />
interreligiösen Dialog. Denn Wahid ist<br />
überzeugt: «Ohne Gerechtigkeit kann es keinen<br />
Frieden geben.»<br />
Katrin Pilling/Mission 21<br />
Wir brauchen Ihre Unterstützung<br />
«Kooperationsprogramm Asien» Nr. 225.1001<br />
Spenden: IBAN: CH58 0900 0000 4072 6<strong>23</strong>3 2<br />
oder online: www.mission-21.org/spenden<br />
Die gute Nachricht<br />
Supriatno ist Koordinator<br />
von Mission 21<br />
für die interreligiöse<br />
Friedensförderung in<br />
Indonesien (rechts).<br />
Zwei Sängerinnen werden<br />
ins Meer gestürzt<br />
«Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen<br />
Stein auf sie.» (Aus dem Johannes-Evangelium)<br />
Es ist eine wahre Geschichte: Zwei Frauen wurden<br />
angegriffen, weil sie während des muslimischen heiligen<br />
Monats Ramadan in einer Karaoke-Bar gearbeitet<br />
hatten. Eine Gruppe von Männern zerrte sie an<br />
den Strand und zog ihnen die Kleider aus. Die Frauen<br />
weinten vor Schmerz und baten um Entschuldigung.<br />
Doch die Männer stiessen sie ins Meer.<br />
Welches Elend durch übermässigen religiösen Fanatismus<br />
verursacht wird! Die Männer fühlten sich aus<br />
moralischen und religiösen Gründen dazu berechtigt,<br />
den heiligen Monat zu schützen Das Karaoke-Singen<br />
während des Ramadan, der eigentlich ein unterhaltungsfreier<br />
Monat sein sollte, wurde von den Männern<br />
als erotisch bezeichnet. Infolgedessen wurden die<br />
beiden Frauen Opfer von sexueller, körperlicher und<br />
emotionaler Gewalt.<br />
Die beiden Frauen wurden zu Sängerinnen, um ihre<br />
persönlichen und familiären Finanzen aufzubessern.<br />
Jeden Tag werden sie durch das gesellschaftliche<br />
Stigma als «schlechte Frauen» wahrgenommen und<br />
doch machen sie ihre Arbeit weiter. Sie singen, um die<br />
Gäste im Ramadan-Monat zu unterhalten, denn sie<br />
brauchen das Geld. Sie können es sich nicht leisten,<br />
einen Monat lang auf ihr Einkommen zu verzichten.<br />
Ist diese Geschichte ein Einzelfall oder spiegelt sie die<br />
Sichtweise der Mehrheit der indonesischen Bevölkerung<br />
wider? Um es klar zu sagen: Falls die Geschichte<br />
die indonesische Sichtweise widerspiegelt, dann war<br />
dies erst der Anfang und andere Fälle mit ähnlichen<br />
Motiven könnten an einem anderen Tag oder Ort auftreten.<br />
Marginalisierte und schutzbedürftige Frauen<br />
werden auch weiterhin mit Feindseligkeit behandelt<br />
werden – und genau das ist unsere gesellschaftliche<br />
Herausforderung.<br />
Wir erinnern uns: Eines Tages wurde Jesus mit einer<br />
Frau konfrontiert, die des Ehebruchs beschuldigt<br />
worden war. Die Pharisäer baten ihn, auf Grundlage<br />
ihres Gesetzes die Steinigung solcher Frauen durchzusetzen.<br />
Aber Jesus sagte: «Wer unter euch ohne<br />
Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie.» Die<br />
Worte Jesu fördern auf subtile Weise das religiöse Bewusstsein<br />
über die menschliche Natur. Jesus bricht<br />
die Arroganz derer, die sich für rein halten.<br />
Denn es ist die Essenz eines friedlichen Lebens,<br />
dass die Würde des Menschen geschützt und gelebt<br />
wird. | MW<br />
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