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Ein Bild, eine Geschichte Foto aus dem Archiv der Basler Mission, BMA FC-02.2, 1825, Nr. 5 Das neu erbaute Missionshaus in Schuscha. Zeichnung in einem Bericht von 1826. Archivalien als Quelle für kollektive Identität Die russische Kaukasusregion war das erste Missionsgebiet der Basler Mission. Kürzlich wurden die gesamten Armenienakten digitalisiert. Denn die Dokumente geben wichtige historische und kulturelle Einblicke, insbesondere für die lokale Bevölkerung. Text: Andrea Rhyn, Mission 21 Friends of the Archives Das erste Missionsgebiet der Basler Mission ist wenig bekannt. Es war kein Gebiet in Übersee, sondern die russische Kaukasusregion. Der Einsatz war von kurzer Dauer. Das Ziel war es, «Heiden» und «Muhammedaner» zum Christentum zu bekehren. Dafür hatte der russische Zar der Basler Mission 1821 die Bewilligung erteilt. In der Stadt Schuscha, wo vorwiegend armenische Christen lebten, wurde eine Missionsstation gegründet. Die Missionare bauten Schulen, eine Druckerei und predigten auf öffentlichen Plätzen. Und sie beschäftigten sich vorwiegend mit der armenischen Bevölkerung, deren Christentum sie als ungefestigt erachteten. Auf Druck der armenischen Geistlichkeit hin, der dies verständlicherweise missfiel, entzog der russische Zar den Basler Missionaren 1835 seine Gunst. Sie mussten das Gebiet verlassen. Das war das Ende des ersten Missionsgebiets der Basler Mission. Man könnte nun sagen, das sind Geschichten aus längst vergangenen Zeiten und heute ohne Belang. Doch die Dokumente tragen bis heute Das historische Forschungsarchiv von Mission 21 dokumentiert mehr als 200 Jahre Missions- und Weltgeschichte. Menschen aus der ganzen Welt nutzen jedes Jahr unsere Bestände für ihre vielfältigen Forschungsfragen. Helfen Sie mit Ihrem Förderbeitrag, das Kulturgut dieses einzigartigen Archivs für die Nachwelt zu bewahren. https://www.mission-21.org/forschungsarchiv zur kollektiven Identität einer Gemeinschaft oder einer Region bei. Der folgende Ausschnitt aus dem Bericht eines Basler Missionars im Forschungsarchiv von Mission 21 beschreibt die bevorstehende Belagerung der Stadt Schuscha (heute in Aserbaidschan) durch die persische Armee im Russisch-Persischen Krieg 1826-1828: So erwarteten wir nun jeden Tag und jede Nacht die Persische Armee vor unsern Toren, … Ihr Anrücken verzog sich aber doch noch einige Tage, während welcher die Stadt, die auf drei Seiten durch hohe steile Felsenwände, und auf der vierten durch eine nach orientalischer Weise gebauten Mauer, fest ist, so gut als möglich in Verteidigungsstand gesetzt (wurde), … die Armenier der Stadt sich bewaffneten, … und die nahe um die Stadt her wohnenden Armenier sich mit ihren Familien, einiger Habe und Lebensmitteln in die Festung flüchteten, so dass von solchen Geflüchteten jedes Haus angefüllt wurde, und dennoch manche ohne Obdach blieben. Auch wir räumten eine Stube und den Stall ein, in die wir sieben Familien solcher Flüchtlinge aufnahmen. Dieser Text gibt wichtige Einblicke in eine historische Begebenheit. Viele weitere Dokumente der Basler Mission aus dem Kaukasus erzählen von geschichtlichen Ereignissen und der damaligen Kultur. Ein armenischer Forschender ist deshalb an Mission 21 herangetreten, um den Bestand für die armenische Forschung und somit für das armenische Volk besser zugänglich zu machen. Er vermittelte uns den Kontakt zur «Calouste Gulbenkian Stiftung zur Förderung und Erhaltung der armenischen Sprache und Kultur» in Portugal. Das Archiv von Mission 21 ist der genannten Stiftung zu grossem Dank verpflichtet, dass sie das Projekt «Digitalisierung der Armenienakten der Basler Mission» finanziell ermöglicht hat. Dies ist ein Beispiel dafür, dass die Dokumente in unserem Forschungsarchiv bis heute Relevanz haben – für die internationale Forschung, aber auch für das historische Gedächtnis und somit die Identität einer Region oder einer Sprachgemeinschaft. 18 begegnen 4 | 2023
Agenda Bitte informieren Sie sich vor Ihrem Veranstaltungsbesuch auf unserer Website: www.mission-21.org/agenda Weltreise mit Musik und Poesie Mission 21 lädt ein zu einer musikalisch-poetischen Entdeckungsreise. Die Musikerinnen Rebecca Hagmann (Cello) und Priska Stampfli (Akkordeon) lassen sich inspirieren von Melodien aus den Partnerländern von Mission 21. Dazu wird Poesie gelesen aus verschiedenen Kulturen. Text: Alexandra Flury-Schölch, Mission 21 Foto aus dem Archiv der Basler Mission, C-30.51.013 Ein Foto aus dem Archiv im Missionshaus Basel zeigt «Missionar Digel auf Predigtreise» in Indien. Mit einer Handorgel? Lehrte er der indischen Bevölkerung Schweizer Volksmusik? Teilte er, was ihn prägte, damit sie ihn besser kennenlernen und verstehen? Versuchte er, Melodien, die er in Indien kennenlernte, auf seinem vertrauten Instrument nachzuspielen? Wenn dieses Foto um 1900 sprechen und klingen könnte! Was wir jedenfalls beantworten können, ist, wie wir heute Kunst und Kultur aus einem anderen Kontext begegnen. Zwei Musikerinnen aus der Schweiz spielen Melodien aus Asien, Afrika und Lateinamerika auf ihren typisch europäischen Instrumenten. Was löst das aus? Und was geschieht, wenn eine Schweizerin zum Beispiel Gedichte aus Indonesien via das Englische ins Deutsche übersetzt? Die aktuelle Debatte um kulturelle Aneignung macht deutlich, dass wir zum Glück achtsamer geworden sind gegenüber den Folgen der Kolonialzeit, in der Angehörige einer herrschenden Kultur einseitig ihre Kunst exportierten oder sich schöpferische Errungenschaften kolonisierter Kulturen zu eigen machten – und machen. Die musikalisch-poetische Weltreise «World Arts» ist der Versuch, etwas zum Abbau dieses Machtgefälles beizutragen. Sie lädt ein, über die Kunst andere Lebenswelten mit Achtsamkeit zu entdecken. «World Arts» Sonntag, 3.12., 17.00-18.00 Uhr, Raum der Stille, Missionsstrasse 21, Basel Anmeldung: www.mission-21.org/agenda 2. Januar 2024, 19.00-20.00 Uhr, Reformierte Kirche Untervaz (im Rahmen des Gottesdiensts) Die musikalisch-poetische Weltreise «World Arts» lädt ein, über die Kunst andere Lebenswelten achtsam zu entdecken und sich die weltweiten Einflüsse unserer globalen Verbindungen bewusst zu machen. Übrigens: Sie können World Arts buchen Anfragen an: alexandra.flury-schoelch@mission-21.org oder monika.dipietrantonio@mission-21.org, 061 260 22 67 Entdeckungen im Kulturgüterraum Sonntag, 3.12., 15.00-16.15 Uhr, Missionsstrasse 21, Basel Auf einer Zeitreise ins historische Forschungsarchiv erhalten Sie Einblick in die Geschichte der Basler Mission und ihre Verflechtungen mit der Globalund Kolonialgeschichte. Unkostenbeitrag CHF 20.– Anmeldung: www.mission-21.org/agenda Mission und Kolonialismus in Basel: Stadtführung Samstag, 23. März 2024, 16:00-17:30, Missionsstrasse 21, Basel Verschiedene Orte in Basel erinnern an die besondere Missionsgeschichte der Stadt und ihre internationale Verflechtung mit dem Kolonialismus. Die Führung macht die Kolonialgeschichte der Stadt sichtbar und ihre Berührungspunkte mit der Basler Mission. Welche Verwicklungen der Vergangenheit wirken bis heute weiter? Anmeldung: www.mission-21.org/agenda begegnen 4 | 2023 19
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