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Thermenland_12-2023

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KULTUR & FREIZEIT<br />

Das passende Buch von Dr. Hans Göttler für die kommende Rauhnachtszeit:<br />

Vergessene Sagen und Geschichten neu entdeckt<br />

Dr. Hans Göttler hat wieder einmal gegraben<br />

und mit seinem literarchäologischen Spürsinn<br />

einen weiteren Schatz niederbayerischer Publizistik<br />

aus der (fast) Vergessenheit ins heute<br />

gerettet. Es handelt sich dabei um die wissensreiche<br />

wie schaurige Sammlung der Überlieferungen,<br />

die Martin Buchner (1869-1959) seit<br />

dem Ende des 1. Weltkrieges zusammengetragen<br />

hat. Der Passauer Lehrer und spätere<br />

Schulrat hat 1922 erstmals seine Sammlung<br />

„Niederbayerische Sagen und Geschichten“<br />

herausgebracht, die 1950 in erweiterter Form<br />

eine zweite Auflage erlebte. Nun liegen diese<br />

175 Sagen, herausgegeben von Hans Göttler<br />

und reich illustriert von Jörg Mangold, in<br />

einer repräsentativen Neuausgabe vor.<br />

Beginnend von Passau selbst hat Göttler dem<br />

Beispiel Buchners folgend die Sagen und geschichtlichen<br />

Überlieferungen nach den Flüssen<br />

und Landschaften Niederbayerns geordnet. So<br />

finden wir „An Inn und Rott aufwärts“ etwa dieses<br />

Stück Heimatgeschichte:<br />

Über dem Portal der ehemaligen Abtei Vornbach<br />

ist der Abt als Bauernjunge abgebildet, in jeder<br />

der Hände drei Weizenähren haltend. Einst gingen<br />

zwei Herren des Klosters Vornbach von Neukirchen<br />

am Inn nach Hause. In Höch sahen sie<br />

einen Bauernjungen, welcher ackerte. Sie sagten<br />

zu ihm: „Geh mit uns, du musst unser Abt werden!“<br />

Da lachte der Junge und sprach: „Ich werde<br />

ebensowenig euer Abt, als aus diesem Pfluge drei<br />

schöne Weizenähren wachsen!“ Kaum hatte er<br />

dies gesagt, so wuchsen aus dem Pfluge drei<br />

schöne Weizenähren. Der Junge nahm dies als<br />

Zeichen. Er ging in das geistliche Seminar zu<br />

Passau, wurde Priester und später wirklich Abt<br />

von Vornbach. Er hieß Benedikt I. mit dem Familiennamen<br />

Höchbauer. Sein Geburtshaus heißt<br />

jetzt noch beim „Höhbern“ –Benedikt I. stand<br />

dem Kloster Vornbach als Abt vor von 1624-1645.<br />

Von dieser Art Überlieferungen gibt es noch eine<br />

ganze Reihe, etwa „Woher die Rott ihren Namen<br />

hat“ und über den „Hunnenzug –Im Jahre 451<br />

n. Christus“. Eher von der schaurigen Sorte sind<br />

die Sagen rund um Tod und Teufel:<br />

Vor noch nicht langer Zeit war in der ehemaligen<br />

Kerkerzelle der Burg Neuburg am Inn besonders<br />

an nebeligen Tagen, wenn die Mauern feucht<br />

wurden, an einer Wand deutlich eine seltsame<br />

Zeichnung zu sehen. Die letzte Sünderin, die auf<br />

der Richtstätte der Grafschaft büßen musste,<br />

Katharina Thalmeier von Jägerwirt, hatte ihre<br />

Mutter erschlagen. Am Tage vor ihrer Hinrichtung<br />

ritzte sie sich eine Ader auf, zeichnete mit<br />

ihrem Blute an die Wand ihrer Kerkerzelle ein<br />

Herz und schrieb darein ihren Namen, umgeben<br />

von einer Kette.<br />

Auch hier gibt es weitere Geschichten über „Das<br />

Hexenpulver“, „Die feurigen Männer“ oder den<br />

„Teufel und das Brot“. Dies nur als kleine Auswahl<br />

zum Reinschnuppern allein aus dem Rott- und<br />

Inntal. Buchner führt uns aber auch die Donau,<br />

die Ilz, die Vils, die Isar und die Laber entlang,<br />

zum Arber hin, ins Regengebirge und in die Hallertau<br />

– und „Da und dort“ hin. Göttler eröffnet<br />

uns mit der Neuherausgabe von Buchners<br />

Sagen-Sammlungen eine Schatzkiste, die uns<br />

weit zurückfühlen lässt in die Nebel, in denen<br />

wir unsere Ahnen raunen hören „Woast scho,<br />

warum des bei ens aso woa…“.<br />

Wohlsortiertes<br />

Schatzkästlein<br />

Für alle, die nicht nur in Sagenromantik ihrer<br />

Heimat schwelgen, sondern mehr über den Autor<br />

und seine Zeit erfahren wollen, hat Hans Göttler<br />

Leben und Werk Martin Buchners, der auch mit<br />

Gedichten hervorgetreten ist, gründlich durchforstet,<br />

eingeordnet und auereitet. Die oben zitierten<br />

Geschichten wurden Buchner von einer<br />

Franziska Tischler zugetragen, einer von vielen<br />

Zuarbeitern seiner Zeit. Schade ist hier nur, dass<br />

man über diese fleißigen Überlieferer nichts erfährt,<br />

ohne die diese literarische Schatzkiste um<br />

ein großes Teil leerer wäre.<br />

Martin Semmler<br />

Gräbt gerne vergessene Autorinnen und Autoren<br />

aus: Literarchäologe Dr. Hans Göttler.<br />

Foto: Dominik Gierke<br />

Martin Buchner:<br />

Niederbayerische Sagen und Geschichten,<br />

neu herausgegeben von Hans Göttler,<br />

mit Illustrationen von Jörg Mangold<br />

Verlag Morsak Grafenau, <strong>2023</strong><br />

Hardcover, 244 Seiten, 24,90 Euro<br />

ISBN 978-3-865<strong>12</strong>-193-6<br />

erhältlich bei www.moverlag.eu<br />

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