Thermenland_12-2023
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AKTUELL<br />
Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich im <strong>Thermenland</strong>-Interview<br />
„Dass die öffentlichen Thermen zum Wellnesstou<br />
Der Bezirkstag ist neben Freilichtmuseen,<br />
Brauchtumspflege, Fischereiwesen und vielem<br />
anderen im Gesundheitswesen nicht nur für die<br />
Bezirkskrankenhäuser, sondern auch an der Verwaltung<br />
der öffentlichen Thermen Niederbayerns<br />
maßgeblich beteiligt. Am 8. Oktober wurde<br />
der Bezirkstag neu gewählt. Ihm gehören nun Abgeordnete<br />
von CSU (9), FW (6), AfD (4), Grünen (2),<br />
SPD (2) und ÖDP (1) an. In den letzten Wochen hat<br />
sich der Bezirkstag neu konstituiert und seine<br />
Ausschüsse neu besetzt, darunter auch seine Vertreter<br />
und Vertreterinnen in den Zweckverbandsversammlungen<br />
der Thermalbäder. Angesichts<br />
von Besucherzahlen, die noch immer stark hinter<br />
den Zahlen von vor der Corona-Pandemie liegen,<br />
Auseinandersetzungen über die öffentlichen Zuschüsse<br />
zum Betrieb der Thermen und Problemen<br />
bei der Personalbeschaffung vor allem in<br />
der Physiotherapie, wollte das <strong>Thermenland</strong> Magazin<br />
vom Wiedergewählten Bezirkstagspräsidenten<br />
Dr. rer. nat. Olaf Heinrich wissen, wie die<br />
Aussichten auf das nächste Jahr sind.<br />
„In der Zusammenführung<br />
der öffentlichen Thermen<br />
sind bereits Ergebnisse<br />
sichtbar“<br />
<strong>Thermenland</strong> Magazin: Mit der Neuwahl des Bezirkstages<br />
hat sich auch die Zusammensetzung<br />
der Versammlungen der Thermen-Zweckverbände<br />
verändert. Die Verbandsräte der Bayernpartei,<br />
der FDP und der Linken konnten ihr<br />
Mandat bei der Wahl nicht wiedererringen. Wie<br />
sehen Sie als Vorsitzender der Bäder-Zweckverbände<br />
die neue Situation, da sich gerade die Vertreter<br />
der kleinen Parteien überproportional<br />
stark durch Diskussionsbeiträge beteiligt haben?<br />
Bedeutet das eine demokratische Verarmung<br />
oder sind Sie froh, dass die politische Landschaft<br />
jetzt übersichtlicher geworden ist?<br />
Dr. Olaf Heinrich: Ich habe mit den Kolleginnen<br />
und Kollegen aus dem Niederbayerischen Bezirkstag<br />
in den vergangenen Jahren gut und vertrauensvoll<br />
zusammengearbeitet. Insgesamt ist<br />
mein Eindruck, dass die Zweckverbände sehr<br />
zielorientiert und ohne größere Konflikte zusammenarbeiten.<br />
Ich gehe davon aus, dass sich dies<br />
auch in der neuen Zusammensetzung fortsetzt.<br />
Der Bezirk Niederbayern engagiert sich ja bei<br />
den fünf öffentlichen Thermen mit erheblichen<br />
www.thermenland-magazin.de<br />
Hohe Herausforderungen für die dritte Amtszeit:<br />
Freyungs Bürgermeister Dr. Olaf Heinrich ist für<br />
weitere fünf Jahre Bezirkstagspräsident von Niederbayern<br />
und damit auch Vorsitzender der<br />
Bäder-Zweckverbände. Foto: Bezirk Niederbayern<br />
Zuschüssen zum Betrieb. Hintergrund dazu ist<br />
die Gesundheitsfürsorge, für die der Bezirk unter<br />
anderem zuständig ist. Durch Synergieeffekte in<br />
der neu geschaffenen Thermengemeinschaft<br />
und eine Kehrtwende im erheblichen Energiebedarf<br />
der Thermen sollen diese Zuschüsse gesenkt<br />
werden. Bis wann rechnen Sie damit, dass diese<br />
Maßnahmen merklich greifen werden?<br />
Dr. Heinrich: Die ersten Erfolge der Zusammenführung<br />
der fünf öffentlichen Thermen in eine<br />
niederbayerische Thermengemeinschaft sind<br />
bereits sichtbar. Ich gehe davon aus, dass die<br />
weitere Effizienzsteigerung, das Etablieren von<br />
Kompetenzzentren und die gegenseitige personelle<br />
Unterstützung weiter sukzessive umgesetzt<br />
wird. Genauso erwarte ich, dass parallel<br />
dazu Erfolge sichtbar werden. Eines muss jedoch<br />
klar sein: damit sinken nicht automatisch und<br />
dauerhaft die Verbandsumlagen, denn diese<br />
sind maßgeblich von äußeren Faktoren, wie<br />
beispielsweise den Energiepreisen oder auch<br />
Tarifabschlüssen und dem Tourismustrend<br />
abhängig.<br />
„Dass Aiwanger nach seinen<br />
großen Ankündigungen<br />
die Tourismus-Zuständigkeit<br />
abgibt, verstehe ich überhaupt<br />
nicht“<br />
6<br />
Die Thermen und mit ihnen der Gesundheitstourismus<br />
haben für das ländliche Niederbayern<br />
eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung. Seit<br />
der Corona-Pandemie ist diese wirtschaftliche<br />
Säule merklich instabil geworden. Auch im Bayerischen<br />
Wirtschaftsministerium ist diese Problematik<br />
inzwischen angekommen. Staatsminister<br />
Hubert Aiwanger hat bei einem ersten Krisengipfel<br />
der Heilbäder festgestellt, dass diese eine<br />
hohe Qualität in ihren Angeboten entwickelt<br />
hätten, die lediglich bei der Zielgruppe zu unbekannt<br />
seien und nur besser vermarktet gehören.<br />
Wie sehen Sie diese Situation?<br />
Dr. Heinrich: In meinen Augen sind die Thermalbäder<br />
für Niederbayern extrem wichtig. Ich<br />
befürworte alle Ansätze, sowohl öffentliche als<br />
auch private Thermalbäder zusätzlich zu unterstützen.<br />
Die Analyse von Staatsminister Aiwanger,<br />
dass die hohe Qualität der Angebote<br />
lediglich der Zielgruppe nicht bekannt genug sei,<br />
teile ich nicht. Dies ist, wenn überhaupt, nur<br />
ein Teil des Problems. Viel wichtiger wäre,<br />
dass die Thermalbäder mehr Liquidität und<br />
Zuschüsse erhalten, um die Qualität der Standorte<br />
zu erhalten und weiter zu verbessern. Dazu<br />
hat der Minister zwar einige große Ankündigungen<br />
gemacht, nach der Wahl hat er sich dann<br />
entschieden, lieber die Zuständigkeit für die<br />
Staatsforsten und die Jagd zu übernehmen und<br />
die Verantwortung für den Tourismus abzugeben.<br />
Das verstehe ich überhaupt nicht, gerade<br />
vor dem Hintergrund, dass er vor der Wahl besonderes<br />
Engagement in diesem für Niederbayern<br />
so wichtigen Themenbereich angekündigt<br />
hatte.<br />
„Für die Thermen stehen<br />
auch in Zukunft Prävention<br />
und Genesung im<br />
Mittelpunkt“<br />
Das Gästeinteresse an den Angeboten des niederbayerischen<br />
Gesundheitstourismus hat bei weitem<br />
nicht das Niveau von 2019 erreicht.<br />
Vereinzelt vielen die Zahlen kurzfristig sogar<br />
hinter die Ergebnisse von 2022 zurück. Dagegen<br />
verbuchten die Anbieter von Flugreisen trotz erheblich<br />
gestiegener Preise heuer Rekordzahlen.<br />
In manchen Heilbädern kommt seitens der Gastgeber<br />
angesichts dessen der Wunsch auf, vom<br />
Gesundheits- zum Wellness-Tourismus umzuschwenken,<br />
ja zum Teil auf die Prädikatisierung<br />
„Bad“ zu verzichten, weil dies nur nach „Alter<br />
und Krankheit“ klinge und sich daher nicht so<br />
gut an jüngere Zielgruppen vermarkten lasse.<br />
Wie steht der Bezirk im Rahmen seiner Gesundheitsfürsorge<br />
zu solchen Tendenzen?<br />
Dr. Heinrich: Debatten, dass die öffentlichen<br />
Thermen in Richtung Wellnesstourismus umschwenken<br />
oder gar auf die Prädikatisierung<br />
Thermalbad verzichten, werden nicht geführt<br />
und wären auch vollkommen unsinnig. Für die<br />
öffentlichen Träger ist klar, dass die Thermen<br />
Prävention und Genesung im Mittelpunkt stehen<br />
und auch in Zukunft stehen werden. Was private<br />
Betreiber strategisch entscheiden, entzieht sich