2023_50
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2 Dorfspiegel Dietlikon<br />
Kurier Nr. <strong>50</strong> 14.12.<strong>2023</strong><br />
Das beunruhigt nicht nur den erzürnten<br />
Dietliker Stimmbürger, der<br />
vor dem Plenum spricht, sondern<br />
eben auch Lüönd. Die negative Entwicklung<br />
offenbart sich anhand der<br />
Zahlen und Statistiken des «Finanzund<br />
Aufgabenplans <strong>2023</strong>-2027»:<br />
Ein Dokument mit 125 Seiten, welches<br />
die Gegenwart und Zukunft in<br />
Form unzähliger Tabellen und Grafiken<br />
fassbar macht, ergänzt um erklärende<br />
Textpassagen. Aufhorchen<br />
lässt vor allem ein Passus. Er<br />
steht auf Seite 5: «Durch hohe Investitionen<br />
und erst ab 2025 höherer<br />
Selbstfinanzierung steigen die<br />
Schulden rasch an. Sie liegen am<br />
Ende der Planung im unteren Bereich<br />
der Bandbreite», steht da. Ab<br />
2024 ragen in der zugehörigen Grafik<br />
blaue Säulen wie rasch wachsende<br />
Tropfsteine nach unten und<br />
illustrieren die ebenso rasch wachsenden<br />
Minusbeträge.<br />
Beat Lüönd fasst diese Übersicht in<br />
knappe, aber klare Worte: «Die politische<br />
Gemeinde Dietlikon plant<br />
in den nächsten fünf Jahren Investitionen<br />
in der Höhe von 57 Millionen<br />
Franken – die Schule nicht mit<br />
eingerechnet. Nur gerade 42 Prozent<br />
davon können wir selber finanzieren,<br />
für den Rest müssen Schulden<br />
gemacht werden». Ein äusserst<br />
ungenügender Selbstfinanzierungsgrad<br />
sei das. Oder, um es noch bildlicher<br />
darzustellen: «Bis Ende 2027<br />
steigt die Nettoschuld pro Dietliker<br />
Einwohner:in auf 4000 Franken»,<br />
erklärt er.<br />
Warum steigen die Ausgaben?<br />
Die Gründe für die steigenden Ausgaben<br />
entnimmt man der Investitionsrechnung:<br />
Unter anderem erhält<br />
Dietlikon weniger Geld aus dem<br />
Finanzausgleich, weniger Staatsbeiträge<br />
für die tieferen Ergänzungsleistungen<br />
und Sozialhilfe, die<br />
Energiekosten steigen. Natürlich<br />
schlägt sich auch der Betrag für die<br />
grosse 900-Jahr-Feier im nächsten<br />
August im Budget nieder. Allerdings,<br />
diesen hat die Gemeindeversammlung<br />
längst bewilligt. Dass<br />
dennoch nicht alle begeistert sind,<br />
das Jubiläums-Fest mit Steuergeldern<br />
mitzufinanzieren, daraus macht<br />
der eine oder andere Votant am Mikrofon<br />
keinen Hehl. Die Frage «was<br />
wollen wir uns leisten?» fällt mehr<br />
als einmal, sowie die Mahnung, das<br />
«Tafelsilber» der Gemeinde nicht<br />
unbedacht zu veräussern. Darunter<br />
verstehen die Redner unter anderem<br />
die Gebäude an der Bahnhofstrasse<br />
33 bis 37, die im Besitz der Gemeinde<br />
sind und die zur Tilgung von<br />
Schulden dereinst zu Geld gemacht<br />
werden sollen.<br />
Spannende und emotionale Budgetdebatte: Entsprechend viele Stimmberechtigte<br />
fanden am Montag den Weg in den Saal Fadacher. (Foto lni)<br />
Am Ende gibt’s Zustimmung<br />
Auch konkrete Spar-Ideen werden<br />
an dem Abend im Fadacher-Saal<br />
geäussert. So will Peter Burri von<br />
der FDP Dietlikon die sogenannte<br />
«Catch Ken» aus dem Budget streichen,<br />
eine Kamera, die Autos beim<br />
Einbiegen in eine Einbahnstrasse<br />
im Industriequartier in Richtung<br />
McDonalds filmen und dadurch die<br />
Sicherheit erhöhen soll. Sein Antrag<br />
bleibt erfolglos. Am Ende<br />
stimmt der Souverän dem Budget<br />
der politischen Gemeinde bei einem<br />
unveränderten Steuerfuss von<br />
41 Prozent mit grosser Mehrheit<br />
(bei fünf Gegenstimmen) zu.<br />
Knatsch ums Schul-Budget<br />
Weitaus weniger harmonisch ging<br />
es im Vorfeld der Gemeindeversammlung<br />
beim Budget der Schulgemeinde<br />
zu und her. Beinahe wäre<br />
es zurückgewiesen worden. Entsprechend<br />
angespannt wirkte Schulpräsident<br />
Gabor Cserniyk, als er im<br />
zweiten Teil der Gemeindeversammlung<br />
eindringliche Worte ans<br />
Plenum richtet. Ja, die höheren Ausgaben<br />
und der damit verbundene<br />
Antrag zu einer Steuererhöhung,<br />
würden zu denken geben, sagt er.<br />
Selbstkritisch fügt er hinzu: «Bisher<br />
gehörten wir zu den besten Schulen<br />
im Kanton. Ob das aber auch so<br />
bleibt, wird sich zeigen. Denn nun<br />
beginnt die neue Schulevaluation.»<br />
Dass zudem die RGPK nicht zufrieden<br />
mit dem Budget war und dieses<br />
zuerst zurückgewiesen hat, verheimlicht<br />
Cserniyk auch nicht. Er<br />
äussert dafür sogar Verständnis.<br />
Die Gründe für das Unbehagen erklärt<br />
Beat Lüönd. Laut ihm liesse<br />
sich mit ihnen ein ganzes Buch füllen,<br />
eines mit zwei Kapiteln. «Kapitel<br />
eins würde die Zeit von Oktober<br />
bis Anfang November umfassen.<br />
Das war die Zeit, in der wir<br />
den ersten Budgetentwurf der<br />
Schule prüften – und ihn zurückwiesen»,<br />
erzählt er. Schuld daran<br />
sei nicht einmal der Aufwandüberschuss<br />
von mehr als 562‘600 Franken<br />
gewesen. Teuerung, Personal,<br />
zusätzliche Schulassistenzen, die<br />
Zunahme bei der integrierten Sonderschulung<br />
– das kostet eben. Oft<br />
werden die Ausgaben dabei vom<br />
Kanton vorgegeben, von der Bildungsdirektion.<br />
Daran lasse sich<br />
nicht rütteln, so Lüönd.<br />
Doch die Schulpflege habe der<br />
RGPK nicht alle Dokumente vorgelegt,<br />
die sie zur Prüfung der Finanzen<br />
gebraucht hätte. Es hätten<br />
Unterlagen im Bereich des Personalaufwands<br />
gefehlt, darunter detaillierte<br />
Stellenpläne. «Die Schule<br />
Dietlikon hatte dieses Jahr <strong>50</strong><br />
Schüler:innen weniger als 2022»,<br />
stellt Lüönd fest und bemängelt,<br />
dass dazu Unterlagen fehlten, aus<br />
denen die Auswirkungen dieser<br />
Entwicklung aufs Stellenetat hervorgingen.<br />
«Ohne diese Grundlagen<br />
konnten wir das Budget<br />
schlicht nicht überprüfen. Waren<br />
die Lohnkosten angemessen und<br />
nach dem Grundsatz der Sparsamkeit<br />
budgetiert?». Man habe es<br />
nicht gewusst. Darum die Zurückweisung<br />
der ersten Budgetfassung.<br />
Plötzlich ging es schnell<br />
Damit allerdings kam Bewegung in<br />
die Sache. Davon erzählt Kapitel<br />
zwei des (fiktiven) Buches, aus dem<br />
Lüönd am Montag zitiert: Nachdem<br />
der Rückweisungsantrag am 9. November<br />
öffentlich aufgelegen ist –<br />
und nach einer Informationsveranstaltung<br />
für die Parteipräsident:innen<br />
– habe die Schulpflege plötzlich<br />
Unterlagen nachgeliefert. Und wie!<br />
Regelrecht «zugetextet» worden sei<br />
seine Kommission, erinnert sich<br />
Lüönd. Plötzlich seien umfassende<br />
Dokumente und ein überarbeitetes<br />
Budget vorgelegen. Sie hätten es<br />
der RGPK endlich erlaubt, die Finanzen<br />
zu prüfen.<br />
Der gute Wille und eine gute Zusammenarbeit<br />
seien da gewesen.<br />
Alle Mängel habe die Schulpflege<br />
zwar nicht beheben können, ergänzt<br />
Lüönd an der Gemeindeversammlung.<br />
Nach wie vor würden<br />
verbindliche Stellenpläne und<br />
eine Finanzstrategie fehlen. Aber<br />
nachdem zudem ein Plan mit konkreten<br />
Massnahmen zur Behebung<br />
dieser Makel vorlag, beschloss<br />
die RGPK eine 180-Grad-<br />
Kehrtwende. Deshalb zieht Lüönd<br />
am Montag die Rückweisung des<br />
Budgets zurück und empfiehlt es<br />
den Anwesenden im Fadacher-<br />
Saal zur Annahme. Man habe etwas<br />
aus der Sache gelernt.<br />
Damit ist die Sache allerdings noch<br />
lange nicht gegessen, zumindest<br />
nicht für die Stimmberechtigten.<br />
Schon gar nicht für den Vertreter<br />
der SVP Dietlikon, der den (in der<br />
späteren Abstimmung chancenlosen)<br />
Antrag stellt, im Falle einer<br />
Annahme des Budgets auf die drei<br />
Prozent Steuererhöhung zu verzichten.<br />
Seine Forderung: Die<br />
Schule müsse zuerst ihre Arbeit<br />
machen. Wenn sie dann alle Unterlagen<br />
sauber zusammengestellt und<br />
geliefert habe, könne man immer<br />
noch über die Erhöhung diskutieren<br />
– nächstes Jahr an der «Budgetgmeind».<br />
Milder geht die FDP mit der Schule<br />
ins Gericht: Man stimme dem Budget<br />
und der Steuererhöhung notgedrungen<br />
zu, erwarte aber, dass die<br />
gesamte Schulpflege ihre «Angelegenheiten»<br />
in Ordnung bringe. Die<br />
SP bläst ins ähnliche Horn: Ihr Vertreter<br />
sagt am Mikrofon, dass es der<br />
Partei Bauchweh bereite, wenn<br />
man das Budget wegen fehlender<br />
Unterlagen nicht prüfen könne. In<br />
der ersten – ursprünglichen – Version<br />
hätte man es ebenfalls zurückgewiesen.<br />
In der jetzigen Form hingegen<br />
sage man ja. Eine Rückweisung<br />
hätte nämlich dazu geführt,<br />
dass ein Notbudget ausgestellt<br />
wird, und dann sei man in drei Monaten<br />
wieder mit derselben Vorlage<br />
konfrontiert. Man sei einfach gespannt,<br />
wie es in einem Jahr aussieht.<br />
Auf die Seite der Schulpflege<br />
stellt sich die BVD Dietlikon.<br />
Kritik aus den Reihen der<br />
Stimmberechtigten<br />
Kritischere Stimmen gibt es danach<br />
aus dem Publikum. Erich Nufer<br />
sagt, er habe in der Vergangenheit<br />
Missstände in der Schule angeprangert.<br />
Die sind seiner Meinung nach<br />
noch immer vorhanden. «Wir verkommen<br />
in unserem Dörfli zu einem<br />
«Filz-Haufen»», schickt er nach. Ja,<br />
das liebe Geld, es dominiert die Diskussionen<br />
an dem Abend. Für den<br />
Dietliker Stimmbürger Peter Hofer,<br />
der bereits im ersten Teil der Gemeindeversammlung<br />
mit deutlichen<br />
Worten ausdrückte, was er von der<br />
finanziellen Situation der Gemeinde<br />
hält, ist auch angesichts der geforderten<br />
Steuererhöhung im zweiten<br />
Teil klar: «So kann das nicht weiter<br />
gehen! Ich bin Rentner, ich kann das<br />
nicht mehr zahlen. Hört auf!».<br />
Die Stimmberechtigten sehen das –<br />
trotz der Bedenken – anders. Mit 79<br />
Ja- zu 23 Nein-Stimmen verabschieden<br />
sie das Budget der Schulgemeinde<br />
und die damit verbundene<br />
Steuerhöhung von 61 auf 64 Prozent.<br />
Eine Übersicht über die weiteren<br />
Beschlüsse und Fakten zur Gemeindeversammlung<br />
finden Sie<br />
auf den Gemeindeseiten Dietlikons<br />
im Kurier.