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PDF 31 - Deutsche Sprachwelt

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AUSGABE <strong>31</strong><br />

Frühling 2008<br />

9. Jahrgang – 1<br />

ISSN1439-8834<br />

(Ausgabe für Deutschland)<br />

Besuchen Sie uns auf der<br />

13.–16. März 2008<br />

Stand A 103 in Halle 5<br />

Wir freuen uns auf Sie!<br />

Heiße Luft<br />

Wolfgang Hildebrandt und<br />

Thomas Paulwitz nehmen den<br />

<strong>Deutsche</strong>n Sprachrat unter die<br />

Lupe, der nun seit fünf Jahren<br />

besteht.<br />

Seite 3<br />

Wert der<br />

Muttersprachen<br />

Klaus Däßler spricht über die<br />

Möglichkeit, mit Hilfe der Rechnerlinguistik<br />

die Muttersprachen<br />

zu retten.<br />

Seite 4<br />

Wortlustgarten<br />

Diethold Tietz spricht mit Reinhard<br />

Risch, dem „Robin Hood<br />

der deutschen Sprache“.<br />

Seite 7<br />

Kunzes<br />

Vermächtnis<br />

Reiner Kunze spricht über seine<br />

neue Stiftung.<br />

Seite 9<br />

Sie spenden für:<br />

• Zusendung der DEUTSCHEN<br />

SPRACHWELT<br />

• Aktionen für die deutsche Sprache<br />

Dringende Bitte: Geben Sie bitte auf<br />

dem Überweisungsvordruck Ihre Anschrift<br />

an, zumindest Postleitzahl und<br />

Wohnort. So können wir die Spende<br />

Ihrem Namen zuordnen und sicherstellen,<br />

daß wir Sie nicht versehentlich<br />

aus der Bezieherliste streichen.<br />

Vielen Dank!<br />

Ihr Verein für Sprachpflege<br />

Besuchen Sie<br />

www.Sprachpflege.info<br />

Ammenmärchen auf englisch<br />

Irrwege der Bildungspolitik: Frühenglisch und Immersionsunterricht<br />

Von Thomas Paulwitz<br />

nbestritten: Fremdsprachen<br />

U erweitern den Gesichtskreis.<br />

Sie erschließen uns neue Welten und<br />

Sichtweisen. Richtig: In jungen Jahren<br />

erlernt man eine Fremdsprache<br />

am leichtesten. Ganz klar: Jeder sollte<br />

Fremdsprachen lernen. – Lassen<br />

sich aber Fremdsprachen wie Muttersprachen<br />

lernen? Bestimmt nicht!<br />

Muß der Englischunterricht bereits<br />

im Kleinkindalter beginnen? Auf<br />

gar keinen Fall! Taugt die deutsche<br />

Sprache nur noch als Sprache der<br />

Freizeit? Um Himmels willen!<br />

Doch genau diese Ammenmärchen<br />

verbreiten interessierte Kreise,<br />

die unsere Kinder – selbstverständlich<br />

nur zu ihrem Besten – für<br />

die „Globalisierung“ stählen wollen:<br />

weltweit handelnde Großunternehmen<br />

zum Beispiel oder die<br />

„Schnullerenglisch“-Industrie, die<br />

Kindertagesstätten betreibt, oder Politiker<br />

wie Günther Oettinger, der an<br />

Baden-Württembergs Grundschulen<br />

Englisch verpflichtend ab der 1. Klasse<br />

mit der Begründung eingeführt<br />

hat, daß Englisch Deutsch als Arbeitssprache<br />

ablösen wird. Die Eltern<br />

sollen ein schlechtes Gewissen bekommen,<br />

wenn sie ihre Kinder nicht<br />

schon im zarten Alter von zwei, drei<br />

Jahren mit Englisch berieseln lassen.<br />

„Ohne Englisch keine Arbeitsstelle“,<br />

lautet die verlogene Botschaft.<br />

So hatte die DEUTSCHE SPRACH-<br />

WELT zum diesjährigen Welttag der<br />

Muttersprache am 21. Februar davor<br />

gewarnt, daß die immer stärkere Ausrichtung<br />

auf Englisch auf Kosten von<br />

Deutsch als Muttersprache geht. Daß<br />

dabei der Wert der gut beherrschten<br />

Muttersprache in den Hintergrund<br />

gerät: das Entwickeln und Mitteilen<br />

von Gedanken zu erleichtern, ein<br />

friedliches und verständnisvolles<br />

Miteinander zu fördern und die Identität<br />

zu stärken.<br />

Die „Nürnberger Zeitung“ berichtete<br />

über die Mahnung der DEUTSCHEN<br />

SPRACHWELT und bot im selben<br />

Artikel einer Frau, die mit Frühenglisch<br />

Kasse macht, eine Werbeplattform.<br />

Die Betreiberin englisch-deutscher<br />

Kindertagesstätten eröffnet<br />

demnächst nämlich einen weiteren<br />

Erfolge aus der Arbeit der DEUTSCHEN SPRACHWELT<br />

<strong>Deutsche</strong> Bräuche:<br />

An Heiligabend<br />

Santa Claus verjagt<br />

Pünktlich an Heiligabend stand in fast<br />

allen deutschen Tageszeitungen ein<br />

kurzer Bericht über den Aufmacher<br />

der Winterausgabe der DEUTSCHEN<br />

SPRACHWELT: „Santa Claus muß<br />

raus“. In unserem Beitrag hatten wir die<br />

Amerikanisierung und „Cocacolisierung“<br />

des Weihnachtsfestes angeprangert.<br />

Viele haben wir auf diese Weise<br />

zum Nachdenken angeregt, so daß wir<br />

hoffen, zu einem allmählichen Bewußtseinswandel<br />

beigetragen zu haben.<br />

Siehe Seite 11.<br />

Nichts prägt einen Menschen so sehr wie die Muttersprache. Bild: obs<br />

Betrieb in Nürnberg mit dem Namen<br />

„Little Giants – the early learning<br />

center“. Die Geschäftsfrau verstieg<br />

sich zu dieser Behauptung: „Bis zum<br />

dritten Lebensjahr erlernt ein Kind<br />

jede weitere Sprache genauso perfekt<br />

wie eine Muttersprache.“ Ihre<br />

Tochter, die in den Vereinigten Staaten<br />

mit Englisch und Deutsch aufgewachsen<br />

sei, habe sich viel schneller<br />

entwickelt als ihr Sohn, „der von Anfang<br />

an nur deutsch gesprochen hat.“<br />

Deutsch – die Sprache der Dummen<br />

und Verlierer? Die USA – der sagenhafte<br />

Ort, an dem unsere Kinder intelligent<br />

werden?<br />

Eine Fremdsprache kann jedoch nie<br />

so erlernt werden wie die Muttersprache.<br />

Wie der Name schon sagt,<br />

erwirbt das Kind diese innerhalb<br />

der ersten zwölf Lebensjahre in der<br />

Regel über die Mutter. Sie begleitet<br />

ihr Kind beim – im wahrsten Sinne<br />

des Wortes – „Begreifen“ der Welt.<br />

Die Mutter ist die Bezugsperson, die<br />

dem Kind die Welt erschließt und<br />

mit ihm auf Entdeckungsreise geht.<br />

Das Kind entwickelt die sogenannten<br />

„Basiskategorien des Denkens“<br />

in ständiger Begleitung der Muttersprache<br />

und bindet diese somit an die<br />

Begriffe, an seine Vorstellungswelt.<br />

Wenn eine muttersprachliche Äußerung<br />

fällt, trifft sie auf ein ganzes<br />

Netz gedanklicher Verknüpfungen:<br />

Das Kind versteht und findet sich<br />

Sprachwahrer des Jahres:<br />

Bundestagsabgeordnete<br />

bestärkt<br />

Aufgrund der Nominierung der Initiative<br />

„Sprachlicher Verbraucherschutz“<br />

zum „Sprachwahrer des Jahres“ sah<br />

sich die CDU/CSU-Bundestagsfraktion<br />

darin bestärkt, für eine verständliche<br />

deutsche Sprache einzutreten. Das teilte<br />

sie öffentlich mit, wiederholte ihre Forderungen<br />

für einen Verbraucherschutz<br />

auch in der Sprache und wies gleichzeitig<br />

auf die Aktion der DEUTSCHEN<br />

SPRACHWELT hin. Damit machte die<br />

CDU/CSU den Preis weithin bekannt.<br />

Siehe Seite 10.<br />

immer besser in seiner Welt zurecht.<br />

Eine Fremdsprache kann das nicht<br />

leisten. Falscher Fremdsprachenunterricht<br />

kann sogar die Entwicklung<br />

der Muttersprache stören.<br />

Dabei geht es den Großkonzernen eigentlich<br />

nur um das Globalenglisch,<br />

das „Basic Simple English“ (BSE),<br />

eine Hilfssprache mit überschaubarem<br />

Wortschatz, die als Verkehrssprache<br />

verwendet wird und im internationalen<br />

Umgang nützlich sein<br />

kann. Diese muß man nicht bereits<br />

im Kleinkindalter oder in der Grundschule<br />

lernen. Der Fremdsprachenunterricht<br />

ab der 5. oder 7. Klasse<br />

reicht dafür völlig. Dennoch haben<br />

mittlerweile alle deutschen Bundesländer<br />

Englischunterricht ab der 1.<br />

oder 3. Klasse eingeführt. Dort wird<br />

wenig und doch viel angerichtet:<br />

wenig, weil mit den paar Stunden<br />

Englisch und unzureichend ausgebildeten<br />

Lehrkräften kein ernsthaftes<br />

Erlernen dieser Sprache möglich ist;<br />

viel, weil mit den für Englisch blokkierten<br />

Stunden Zeit vergeudet wird,<br />

die besser in das bessere Beherrschen<br />

der Muttersprache und der Kulturtechniken<br />

gesteckt wäre. Kaum ein<br />

anderes Land der Welt bietet nämlich<br />

so wenig Unterricht in der Muttersprache<br />

an wie Deutschland.<br />

Dabei haben Untersuchungen in der<br />

Schweiz gezeigt, daß der frühere<br />

Tag der Muttersprache:<br />

Auf englisch vor<br />

Englisch gewarnt<br />

Zum Internationalen Tag der Muttersprache<br />

am 21. Februar warnte die DEUT-<br />

SCHE SPRACHWELT davor, daß die<br />

deutsche Sprache in Kindergärten, Schulen<br />

und Hochschulen vom Englischen<br />

weiter zurückgedrängt wird. Die Medien<br />

berichteten. Ironie der Geschichte: Im<br />

englischsprachigen Programm der „<strong>Deutsche</strong>n<br />

Welle“ stand SPRACHWELT-<br />

Mitarbeiterin Ursula Bomba Rede und<br />

Antwort zur Gefährdung von Deutsch als<br />

Muttersprache – auf englisch..<br />

Siehe Seite 11.<br />

Beginn des Fremdsprachenunterrichts<br />

keineswegs für einen größeren<br />

Erfolg bürgt, da ältere Schüler sich<br />

Sprachen effizienter aneignen und<br />

diejenigen, die Frühenglisch hatten,<br />

bald überholen. Professor Rudolf<br />

Wachter von der Universität Basel<br />

stellte fest, daß bei festgesetzten<br />

Lernzielen der Spätunterricht besser<br />

abschneidet. Der Luxus des Frühbeginns<br />

habe jedoch eine Beschneidung<br />

altersgerechterer Inhalte zur<br />

Folge. Im Fremdsprachenunterricht<br />

sei das Lernen nach dem Grundsatz<br />

„Versuch und Irrtum“, nach dem die<br />

Kleinkinder lernen, „reine Zeitverschwendung“,<br />

so Wachter.<br />

Einen Schritt weiter geht die Immersion,<br />

die ebenfalls auf dem Vormarsch<br />

ist. Sie bedeutet völliges Eintauchen in<br />

eine fremde Sprache. Im Immersionsunterricht<br />

werden Fächer wie Mathematik,<br />

Heimatkunde, Geschichte oder<br />

Biologie auf englisch gelehrt. Natürlich<br />

kommen die Schulbücher über „Nazi<br />

Germany“ aus England. Die Europäische<br />

Kommission, vertreten durch<br />

die Kultusministerkonferenz oder das<br />

Bundesministerium für Bildung und<br />

Forschung, zeichnet zum Beispiel<br />

Schulen mit dem „Europäischen Sprachensiegel“<br />

aus, die auf englisch statt<br />

auf deutsch unterrichten.<br />

Ziel der Immersion ist die Zweisprachigkeit.<br />

Diese kann bei Kindern jedoch<br />

höchstens in den folgenden beiden<br />

Fällen erreicht werden. Erstens:<br />

Ein Kind wächst in einer gebildeten<br />

Familie auf, in der zwei verschiedene<br />

Muttersprachen gesprochen werden.<br />

Jedes Elternteil spricht mit dem<br />

Kind ausschließlich in seiner Muttersprache<br />

und begleitet es damit in<br />

allen Lebenslagen. Zweitens: Die Eltern<br />

wandern in ein fremdsprachiges<br />

Land ein. Zu Hause sprechen sie mit<br />

dem Kind nur in ihrer Muttersprache,<br />

außerhalb wird nur in der Landessprache<br />

gesprochen (Immersion).<br />

In beiden Fällen ist ein hohes Maß<br />

an Disziplin gefordert, denn es droht<br />

die Gefahr doppelter Halbsprachigkeit<br />

(Semilingualismus), von der in<br />

Deutschland viele türkische Kinder<br />

betroffen sind, weil sie weder richtig<br />

Deutsch noch richtig Türkisch<br />

beherrschen. Außerdem werden die<br />

beiden erlernten Sprachen nie völlig<br />

deckungsgleich sein, da mit ihnen<br />

verschiedene Lebens- und Erfahrungswelten<br />

verknüpft werden.<br />

Immersionsunterricht kann diese<br />

Situation jedoch nur unzureichend<br />

nachahmen. Aus Großbritannien und<br />

den USA müßten Englischlehrer mit<br />

sehr guten Deutschkenntnissen angeworben<br />

werden. Zu früher Immersionsunterricht<br />

birgt zudem die Gefahr,<br />

die Entwicklung der Muttersprache<br />

zu behindern, worauf auch Rudolf<br />

Wachter hinweist. Die Schüler müßten<br />

bereits Spitzenkenntnisse in ihrer<br />

Muttersprache haben, bevor sie der<br />

Immersion ausgesetzt werden. Der<br />

Spezialwortschatz bleibe der Fremdsprache<br />

vorbehalten. Am Ende sind<br />

es dann möglicherweise nur noch die<br />

Ammenmärchen, die auf deutsch erzählt<br />

werden können …<br />

Siehe auch Seite 4.


Seite 2 Leserbriefe<br />

Lektüre mit Folgen<br />

Allgemein zu DSW 30<br />

ie hatten mir ein Probeexemplar<br />

S der Ausgabe 30 zugesandt. Ich<br />

habe es mir vollständig (!) zunächst<br />

still erschlossen, dabei oft geschmunzelt,<br />

manchmal gelacht …, der Familie<br />

dann Passagen laut vorgelesen.<br />

Die augenblickliche Wirkung<br />

war durchaus nicht unerheblich, die<br />

Spätfolgen sind noch unabsehbar …<br />

Welches Medium hat das in den letzten<br />

Jahren bei mir geschafft? Kein<br />

anderes! Also große Anerkennung,<br />

Lob und so weiter. Und gern möchte<br />

ich weitere Ausgaben erhalten.<br />

Fred Jahn, Magdeburg<br />

J<br />

edes Jahr im Advent fahren meine<br />

Frau und ich einen Tag in<br />

die Lutherstadt Wittenberg, um in<br />

den Kirchen, den Cranach-Höfen<br />

und auf dem Weihnachtsmarkt in<br />

der malerisch-romantischen Altstadt<br />

„Weihnachten zu tanken“. Dabei<br />

versäumen wir nicht, uns in der<br />

Neuestraße 1 den in einen steinernen<br />

Türrahmen gemeißelten „deutschen“<br />

Spruch anzuschauen: „Deutsch sein<br />

und deutsch bleiben, / deutsch sprechen,<br />

deutsch schreiben, / deutsch<br />

denken, deutsch wandeln, / wahr und<br />

deutsch handeln.“ Dort hatten wir am<br />

M<br />

W<br />

Liebe Leser!<br />

Was hat Ihnen gefallen? Was hätten wir<br />

besser machen können? Worauf sollten<br />

wir stärker eingehen? Schreiben Sie uns,<br />

wir freuen uns auf Ihre Meinung! Auch<br />

wenn wir nicht jeden Brief beantworten<br />

und veröffentlichen können, so werten<br />

wir doch alle Zuschriften sorgfältig aus.<br />

Bei einer Veröffentlichung behält sich<br />

die Redaktion das Recht vor, sinnwahrend<br />

zu kürzen. Auf diese Weise wollen<br />

wir möglichst viele Leser zu Wort kommen<br />

lassen. Schreiben Sie bitte an:<br />

DEUTSCHE SPRACHWELT<br />

Leserbriefe<br />

Postfach 1449, D-91004 Erlangen<br />

schriftleitung@deutsche-sprachwelt.de<br />

Die Rechtschreibreform ist verfassungswidrig<br />

Auf den Vierzeiler „justizirrtum“ von Reiner Kunze<br />

Die sprache erschien vor dem Hohen gericht,<br />

die richter aber verstanden nicht<br />

die sprache, die die sprache spricht,<br />

und die sie verstanden, die hörten sie nicht<br />

antwortet Ernst Jordan mit einem Gegengedicht:<br />

Es erschien auch ein Dichter vor jenem Gericht –<br />

so restlos verstanden die Leute ihn nicht.<br />

Er hielt die Schrift für das, was man spricht:<br />

Das merkten die Richter – er merkte es nicht.<br />

ie kommt Jordan zu der<br />

Behauptung, Kunze habe<br />

zwischen Schrift und Sprache nicht<br />

zu unterscheiden gewußt? Das ist<br />

besonders unbegreiflich, weil er<br />

sich ausdrücklich auch auf Kunzes<br />

Köthener Rede bezieht. Dort wird an<br />

dem Beispiel „recht haben“ gezeigt,<br />

daß die Sprache in dieser Zusammenstellung<br />

ein Substantiv „Recht“<br />

nicht zuläßt, die Reformschreibung<br />

„Recht haben“ also – nach dem, was<br />

die Sprache sagt – falsch ist.<br />

Wer erschien damals, als über die<br />

Rechtschreibreform verhandelt wurde,<br />

vor dem Verfassungsgericht?<br />

Wenn ich die Angaben im Urteil<br />

vom 14. Juli 1998 richtig gezählt<br />

habe, vierundzwanzig Institutionen<br />

(Regierungen, Ministerien, die Kul-<br />

Babyschießen<br />

Zum Aufruf „In die Schulen!“ in DSW 30, Seite 5<br />

it großem Interesse habe ich<br />

die aktuelle Ausgabe Ihrer Zeitung<br />

gelesen, besonders aber Ihre Bitte,<br />

Sprachpflege auch in die Schulen zu<br />

tragen. Als Deutschlehrerin kann ich Ihnen<br />

versichern, daß alle Fachkollegen,<br />

zumindest die, die ich kenne, diesen<br />

Auftrag, der ja auch in den Lehrplänen<br />

(siehe „Vermittlung von Sprachbewußtsein“)<br />

verankert ist, sehr ernst nehmen.<br />

Als jüngstes Beispiel für „Sprachpflege<br />

im Unterricht“ kann der Begriff „Babyshooting“<br />

dienen, der mich sehr beschäftigt<br />

hat. Daraufhin habe ich dieses<br />

Wortungetüm im Englischunterricht (7.<br />

Klasse) thematisiert. Die Schüler waren<br />

betroffen über die Doppeldeutigkeit des<br />

Wortes. Natürlich wußten sie aus dem<br />

Sprachgebrauch ihrer deutschen Muttersprache<br />

(!), was ein „Shooting“ üb-<br />

Zu deutsch<br />

Allgemein zur deutschen Sprache<br />

8. Dezember 2007 ein „deutsches“,<br />

für die heutige Zeit nachdenklich<br />

stimmendes Erlebnis. Vier ältere Damen<br />

standen vor der Tür und lasen<br />

andächtig den „deutschen“ Spruch.<br />

Dann begann eine Dame laut vorzulesen,<br />

worauf eine andere Dame<br />

einfiel: „Das ist zu viel deutsch, das<br />

darfst du nicht laut lesen, sonst giltst<br />

du gleich als ein Nazist“. Traurig,<br />

aber typisch für Deutschland heute,<br />

Wie sprach doch Spinoza: „In einem<br />

freien Staat kann jeder denken, was<br />

er will, und sagen, was er denkt“!?<br />

Peter Knop, Dessau-Roßlau<br />

licherweise ist, sie haben es interessanterweise<br />

gleich mit einem „Casting“ in<br />

Verbindung gebracht. Insofern war ein<br />

„Babyshooting“ erst einmal etwas völlig<br />

Normales für sie. Das Verb „to shoot“<br />

in der Bedeutung „schießen“ kannten<br />

sie zwar auch, sie brachten es aber zunächst<br />

nicht in diesen Zusammenhang.<br />

Der Aha-Effekt kam aber noch, als ihnen<br />

die Doppeldeutigkeit von „Shooting“<br />

bewußt wurde. Dann fanden sie<br />

das Wort auch grausig. Nachdem die<br />

Schüler mittlerweile auch begriffen haben,<br />

daß es in der englischsprachigen<br />

Welt keine „Handies“, sondern „mobile<br />

phones“ oder „cell phones“ gibt, werde<br />

ich in Zukunft noch mehr auf der Suche<br />

nach solchen sprachlichen Ungetümen<br />

sein.<br />

Jutta Berg-Schmitt, Orenhofen<br />

Zum Leserbrief „Gegengedicht“ von Ernst Jordan in DSW 30, Seite 2<br />

tusministerkonferenz [KMK], die<br />

Dudenredaktion, Vereine und Verbände).<br />

Von diesen befürworteten<br />

einundzwanzig die Reform bedingungslos,<br />

da sie an ihrer Durchsetzung<br />

interessiert waren. Eigentlich,<br />

so sagt Kunze, war jedoch noch<br />

eine anwesend, nämlich die Sprache<br />

selbst, auf die man zuallererst hätte<br />

hören müssen, wenn es um richtige,<br />

sinnvolle, zweckmäßige Schreibungen<br />

ging. Wer aber zwei Dinge zueinander<br />

in Beziehung setzt (hier: die<br />

Sprache entscheidet in bestimmten<br />

Fällen über die richtige Schreibung),<br />

der kann diese beiden Dinge nicht<br />

für identisch gehalten haben, Jordans<br />

Unterstellung ist also absurd.<br />

Viel interessanter ist es, dem von<br />

Kunze gegebenen Anstoß zu folgen<br />

Mangelndes Selbstwertgefühl<br />

Zum Beitrag von Thomas Paulwitz „Santa Claus muß raus“ in DSW 30, Seite 1<br />

A<br />

ls amerikanischer Germanist,<br />

der seit vielen Jahren in<br />

Deutschland lebt, begrüße ich die<br />

Kritik Ihrer Zeitung an der gedankenlosen<br />

Benutzung von Anglizismen im<br />

heutigen deutschen Sprachgebrauch.<br />

Allerdings ist Ihre Prägung des Worts<br />

„Cocacolisierung“ aus der Sicht einer<br />

artikulierten Sprache eher ungünstig.<br />

In Ihrer letzten Ausgabe fand ich auch<br />

Ihre Aussage befremdlich, daß durch<br />

den amerikanischen Einfluß „deutsche<br />

Bräuche“ „planmäßig und mit viel<br />

Geld“ „bekämpft“ würden. Wenn sich<br />

manche Leute heute von neueren Formen<br />

wie Hausbeleuchtung – meinetwegen<br />

auch „Extrem-Schmücking“ –<br />

D<br />

oder „Halloween“ angezogen fühlen,<br />

so muß man das Problem in der eigenen<br />

mangelnden Identifikation mit und<br />

Vermittlung von den herkömmlichen<br />

Feierarten suchen, anstatt es in einer<br />

von außen kommenden, amerikanischen<br />

oder angelsächsischen „Verrohung<br />

der Sprache und Kultur“ sehen<br />

zu wollen. Solche Ansätze haben ja in<br />

Deutschland Tradition. Vergessen Sie<br />

nicht, daß ohne die Amerikaner und<br />

Engländer die Sprache der Nationalsozialisten<br />

in Deutschland herrschen<br />

würde, und daß statt Weihnachten<br />

vielleicht nur die Sonnenwendfeier<br />

begangen würde.<br />

John Barrows, Stuttgart<br />

Kryptokommunistisch<br />

Zum Beitrag von Günter B. Merkel „Schmutzige und saubere Bomben“ in<br />

DSW 30, Seite 8<br />

er Artikel spricht nicht gerade<br />

für die Intelligenz der Redaktion.<br />

Ich meine, daß man so einen Artikel<br />

unkommentiert abdruckt. Erstens: Der<br />

Artikel bedient sich einer Sprache, die<br />

ich als stark kryptokommunistisch geprägten<br />

Stil bezeichnen möchte in dem<br />

Sinne, daß der Autor sich sehr stark<br />

Sachverhalt<br />

Als die Soldaten ihren Sold hatten,<br />

stolperten sie über Soldaten,<br />

die ihren Colt hatten,<br />

so daß die Soldaten,<br />

die ihren Colt hatten,<br />

bald auch den Sold hatten,<br />

was die Soldaten,<br />

die ihren Sold hatten,<br />

natürlich nicht gewollt hatten.<br />

Georg Winter<br />

Aus: Georg Winter, Zungenbrecher.<br />

Wenn Papa Grappa<br />

schlabbert … und andere Stolperverse,<br />

Wilhelm-Goldmann-<br />

Verlag, München 2007, 160 Seiten,<br />

6,95 Euro.<br />

und zu fragen. ob die Richter nicht<br />

gut daran getan hätten, sich selbst ein<br />

bißchen mit dem Gegenstand ihrer<br />

Entscheidung zu befassen, beispielsweise<br />

anhand ihrer eigenen schriftlich<br />

niedergelegten Entscheidung.<br />

Vielleicht wäre ihr naives Vertrauen<br />

in die Richtigkeit staatlicher Regulierungen<br />

ein wenig erschüttert worden,<br />

wenn sie bemerkt hätten, was ihnen<br />

künftig als Rechtschreibfehler angerechnet<br />

werden sollte: sogenannt, im<br />

wesentlichen, im folgenden, im allgemeinen,<br />

im übrigen, sich auseinandersetzen,<br />

ebensowenig. (Man weiß,<br />

„sogenannt“, damals falsch, ist jetzt<br />

wieder richtig, und an eine Reformschreibung<br />

„sich auseinander setzen“<br />

soll man sich heute schon gar nicht<br />

mehr erinnern: für ganze Reihen von<br />

Wörtern gilt heute das Gegenteil von<br />

dem, was 1996 beschlossen wurde.)<br />

Leider lehnten es die Richter strikt<br />

ab, sich mit einer Sache zu beschäftigen,<br />

die „nicht nach verfassungsrechtlichen<br />

Maßstäben beurteilt werden“<br />

kann. Infolgedessen sahen sie<br />

zwar ganz richtig, daß es auch bei<br />

der Sprache und Rechtschreibung zu<br />

„korrekturbedürftigen Fehlentwicklungen“<br />

kommen könne, waren aber<br />

völlig blind dafür, daß gerade die<br />

Rechtschreibreform ein besonders<br />

deutliches Beispiel einer solchen<br />

Fehlentwicklung war. Sie sprachen<br />

dem geistigen Dunstkreis der sogenannten<br />

„Friedensbewegung“ verhaftet<br />

fühlt, die nach neuesten Kenntnissen<br />

von der Stasi gelenkt wurde. Zweitens<br />

vermisse ich die Definition, was man<br />

als eine „schmutzige Bombe“ bezeichnet<br />

(konventioneller Sprengsatz, der bei<br />

seiner Explosion radioaktives Material<br />

in der Umgebung verteilt, vergleiche<br />

Wikipedia). Drittens: Die Warnungen<br />

unseres Innenministers sind durchaus<br />

ernstzunehmen. Über die Bedrohungen,<br />

die da vor unserer Haustür lauern,<br />

sind Witze unangebracht. Außerdem<br />

ist mir aus sicherer Quelle bekannt,<br />

daß ausgerechnet die sich als friedliebend<br />

bezeichnende „DDR“ (in Anführungszeichen,<br />

weil sie ja nicht mehr<br />

existiert), Pläne in der Schublade hatte,<br />

Westdeutschland radioaktiv zu verseuchen.<br />

Ich weiß dies aus dem Munde<br />

eines Freundes, der in den 1990ern in<br />

Karlsruhe alte Stasikader im Rahmen<br />

von Umschulungsmaßnahmen zum Beruf<br />

als Wachleute für Sicherheitsfirmen<br />

Sozialkundeunterricht erteilte. Ich habe<br />

diesen Leuten, die über die wirtschaftliche<br />

Not als Sozialhilfeempfänger<br />

stöhnten, damals einen Gruß ausrichten<br />

lassen, daß das wohl nur auf deutschem<br />

Boden üblich ist, daß es nach einer<br />

„Revolution“, aber eigentlich war es<br />

ein Staatsbankrott, für die Vertreter der<br />

abgewirtschafteten Zwangsgesellschaft<br />

noch einen Sozialplan gibt.<br />

Eduard Maier, Karlsruhe<br />

von „gestaltenden Eingriffen“ und<br />

„reformerischen Entscheidungen“<br />

des Staates, wo dieser daran ging,<br />

moderne und zweckmäßige Schreibweisen,<br />

wie sie sich in den Werken<br />

zeitgenössischer Schriftsteller finden,<br />

durch längst abgelegte aus der<br />

Rumpelkammer der Rechtschreibgeschichte<br />

zu ersetzen.<br />

Sie hielten die KMK für das am<br />

besten geeignete Organ, über eine<br />

Rechtschreibreform zu entscheiden:<br />

(was die Theorie nahelegt), übersahen<br />

aber, daß die Kultusminister sich<br />

auf die Durchsetzung der Reform<br />

schon festgelegt hatten, bevor sie<br />

auch nur imstande waren, deren Inhalte<br />

einigermaßen kennenzulernen<br />

– wie der im Urteil zitierte „Vorstoß<br />

des bayerischen Kultusministers“<br />

belegt. Die Stärke der Richter zeigte<br />

sich im Grundsätzlichen. Sie sagten,<br />

der Staat dürfe die Sprache (und damit<br />

auch die Rechtschreibung, wie<br />

der Zusammenhang zeigt) „nicht<br />

beliebig regeln“. Ferner müsse eine<br />

solche Regelung dem Gemeinwohlinteresse<br />

dienen und allgemeine Akzeptanz<br />

finden (EuGRZ 1998 / Seite<br />

403 und 408).<br />

Diesen Vorgaben entspricht die aktuelle<br />

Reform zweifellos nicht. Sie ist<br />

also verfassungsrechtlich verboten.<br />

Martin String, Lüneburg<br />

<strong>Deutsche</strong> <strong>Sprachwelt</strong>_Ausgabe <strong>31</strong>_Frühling 2008<br />

Unterstützen Sie<br />

unseren Messeauftritt!<br />

Zum sechsten Mal in Folge<br />

ist die DEUTSCHE<br />

SPRACHWELT nun schon<br />

auf der Leipziger Buchmesse.<br />

Seit 2003 haben wir in jedem Jahr<br />

vor Tausenden Besuchern, darunter<br />

sehr vielen Jugendlichen, Werbung für<br />

die deutsche Sprache gemacht. In diesem<br />

Jahr ist die „Neue Fruchtbringende<br />

Gesellschaft“ aus Köthen Mitaussteller.<br />

Auch wenn sich bei der Standbetreuung<br />

bis zu zehn Freiwillige ohne<br />

Bezahlung, aus reinem Idealismus<br />

fast zerreißen – den Stand herrichten,<br />

Zeitungen verteilen und in zahllosen<br />

Einzelgesprächen Kritiker überzeugen,<br />

Sprachfreunde ermutigen und die Öffentlichkeit<br />

aufmerksam machen: Die<br />

Standgebühren, der Druck Tausender<br />

Werbezeitungen und andere Kosten<br />

reißen immer ein großes Loch in die<br />

„Kriegskasse“. Dennoch schöpfen<br />

wir immer auch Kraft aus dem anstrengenden<br />

Einsatz: Vielen können<br />

wir zeigen, daß es Sprachpflege gibt,<br />

daß es einen Sinn hat, für die deutsche<br />

Sprache zu kämpfen, daß mit der<br />

DEUTSCHEN SPRACHWELT ein<br />

öffentlichkeitswirksames Werkzeug<br />

besteht. Nicht nur in Leipzig, sondern<br />

im ganzen deutschen Sprachraum hat<br />

sich die DEUTSCHE SPRACHWELT<br />

bereits einen Namen gemacht. Mit einer<br />

Spende an den Verein für Sprachpflege<br />

stellen Sie sicher, daß wir auch<br />

im nächsten Jahr wieder Flagge zeigen<br />

können. Besuchen Sie doch einmal<br />

Ihre „Sprachkämpfer“ in Leipzig. Wir<br />

würden uns freuen!<br />

Ihre Schriftleitung<br />

Gegründet im Jahr 2000<br />

Erscheint viermal im Jahr<br />

Auflage: 27.000<br />

Die jährliche Bezugsgebühr beträgt 10 Euro.<br />

Für Nicht- und Geringverdiener ist der Bezug<br />

kostenfrei. Zusätzliche Spenden sind sehr<br />

willkommen.<br />

Bundesrepublik Deutschland<br />

Verein für Sprachpflege e. V.<br />

Stadt- und Kreissparkasse Erlangen<br />

Bankleitzahl 763 500 00<br />

Kontonummer 400 1957<br />

BIC: BYLADEM1ERH<br />

IBAN: DE63763500000004001957<br />

Republik Österreich<br />

Verein für Sprachpflege e. V.<br />

Volksbank Salzburg<br />

Bankleitzahl 45010<br />

Kontonummer 000 150 623<br />

Bitte bei der Überweisung vollständige<br />

Anschrift mit Postleitzahl angeben!<br />

ISSN 1439-8834<br />

(Ausgabe für Deutschland)<br />

Herausgeber<br />

Verein für Sprachpflege e. V.<br />

Sammelanschrift<br />

<strong>Deutsche</strong> <strong>Sprachwelt</strong><br />

Postfach 1449, D-91004 Erlangen<br />

Fernruf 0049-(0)91 <strong>31</strong>-48 06 61<br />

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Schriftleitung<br />

Thomas Paulwitz<br />

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Gestaltung und Satz<br />

moritz.marten.komm.<br />

Claudia Moritz-Marten<br />

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moritz.marten.komm.<br />

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<strong>Sprachwelt</strong>-Mitarbeiter<br />

Ursula Bomba, Rominte van Thiel, Dagmar<br />

Schmauks, Wolfgang Hildebrandt, Diethold<br />

Tietz, Jürgen Langhans, Ulrich Werner, Klemens<br />

Weilandt<br />

Druck<br />

Ferdinand Berger & Söhne GmbH<br />

Wiener Straße 80, A-3580 Horn<br />

Namentlich gekennzeichnete Artikel geben<br />

nicht unbedingt die Meinung der<br />

Redaktion wieder. Das gilt besonders für<br />

Leserbriefe.<br />

Die 32. Ausgabe erscheint im Sommer 2008<br />

zum Köthener Sprachtag. Redaktions- und<br />

Anzeigenschluß sind am 1. Mai 2008.


<strong>Deutsche</strong> <strong>Sprachwelt</strong>_Ausgabe <strong>31</strong>_Frühling 2008 Hintergrund<br />

Seite 3<br />

Von Thomas Paulwitz<br />

it hochfliegenden Plänen trat<br />

M der <strong>Deutsche</strong> Sprachrat vor<br />

fünf Jahren, am 28. Mai 2003, an die<br />

Öffentlichkeit. Das Goethe-Institut,<br />

das Institut für deutsche Sprache<br />

(IDS) und die Gesellschaft für deutsche<br />

Sprache (GfdS), die es allesamt<br />

ohne die regelmäßigen Überweisungen<br />

von Steuergeldern so nicht gäbe,<br />

hatten eine Gesellschaft des bürgerlichen<br />

Rechts gegründet. Das Sprachbewußtsein<br />

zu fördern, Sprachkritik<br />

zu üben, die Politik zu beraten, das<br />

<strong>Deutsche</strong> im Ausland zu fördern,<br />

die Bevölkerung aufzuklären; diese<br />

und andere hehre Ziele nannte man<br />

in einer beinahe pathetisch klingenden<br />

Erklärung. Daß darin auch stand,<br />

daß der Fremdsprachenunterricht<br />

schon in der Grundschule beginnen<br />

soll oder daß deutsche Wissenschaftler<br />

auf englisch publizieren sollen,<br />

Nichts als heiße Luft<br />

Fünf Jahre <strong>Deutsche</strong>r Sprachrat – eine dürftige Bilanz<br />

schien auf den ersten Blick lediglich<br />

dem Zeitgeist geschuldet.<br />

Doch was hat der <strong>Deutsche</strong> Sprachrat<br />

tatsächlich zustandegebracht? Nicht<br />

viel, im wesentlichen drei Suchwettbewerbe:<br />

die Suche nach dem schönsten<br />

deutschen Wort (siehe DSW 21,<br />

Seite 12), die Suche nach dem schönsten<br />

ausgewanderten deutschen Wort<br />

und, gerade frisch, die Suche nach<br />

dem schönsten Wort mit „Migrationshintergrund“.<br />

Das war’s auch schon<br />

im großen und ganzen. Die im Januar<br />

2007 gegründete „Neue Fruchtbringende<br />

Gesellschaft“ hat mit ihren<br />

Veranstaltungen und Aktionen in einem<br />

Jahr mehr auf die Beine gestellt<br />

als der Sprachrat in fünf Jahren.<br />

Um die Dürftigkeit dieser Bilanz zu<br />

verstehen, müssen wir einen Blick<br />

in die Entstehungsgeschichte des<br />

Sprachrates werfen. Dabei zeigt sich,<br />

daß eingesessene Einrichtungen<br />

den Rat aus der Befürchtung heraus<br />

gründeten, an Bedeutung zu verlieren.<br />

Auslöser war die von dem damaligen<br />

Berliner Innensenator Eckart<br />

Werthebach Anfang 2001 angestoßene<br />

Debatte über ein Sprachschutzgesetz,<br />

gegen das sich besonders das<br />

IDS wandte. Der Jurist und Althistoriker<br />

Christian Gizewski veröffentlichte<br />

daraufhin am 22. Februar<br />

im Forum des Berliner Innensenates<br />

den Entwurf einer Bund-Länder-<br />

Vereinbarung „über die allgemeine<br />

Amts- und Verkehrssprache Deutsch<br />

in der Bundesrepublik Deutschland“.<br />

Die DEUTSCHE SPRACHWELT<br />

machte Gizewskis Entwurf unmittelbar<br />

darauf bekannt. Er enthielt auch<br />

den erstmals geäußerten Vorschlag,<br />

Ein boshaftes Blendwerk<br />

Von Wolfgang Hildebrandt<br />

er ein Buch schreibt oder<br />

W herausgibt, möchte bekannt<br />

werden, Geld verdienen oder beides.<br />

Das ist legitim und nichts Schlechtes.<br />

Wenn aber eine Institution die Herausgabe<br />

eines Buches unterstützt, darf<br />

gefragt werden, welche Absicht dahintersteckt.<br />

Dieses gesunde Mißtrauen<br />

ist besonders angebracht bei dem Buch<br />

„Ausgewanderte Wörter“, herausgegeben<br />

von Jutta Limbach, von 2003<br />

bis 2007 Vorsitzende des <strong>Deutsche</strong>n<br />

Sprachrates. Warum aber sind Zweifel<br />

an der Redlichkeit der Herausgeberin<br />

und ihrer Unterstützer angebracht?<br />

Nun, sowohl Limbach („Englisch ist<br />

ein Muß, Deutsch ein Plus“) als auch<br />

die vom Staat zum Teil mit erheblichen<br />

Mitteln unterstützten Institutionen,<br />

die den Sprachrat bilden, haben<br />

sich beim Versuch, unsere Sprache als<br />

höchstes Kulturgut zu erhalten, – vorsichtig<br />

ausgedrückt – nicht besonders<br />

rühmlich hervorgetan.<br />

Doch lassen wir das Buch sprechen.<br />

Das Mißtrauen verstärkt sich schon<br />

bei der Betrachtung des Werkes und<br />

beim Herumblättern: kostbarer Leineneinband,<br />

verschwenderischer Umgang<br />

mit edlem Papier durch wenig<br />

Text und viele Bilder. Dadurch wird<br />

zwar eine hohe Seitenzahl erreicht,<br />

doch wenig Inhalt vermittelt. Endgültig<br />

bestätigt aber wird die Berechtigung<br />

des Verdachts, es handele sich<br />

hier um eine gewollte Täuschung der<br />

Leser, schon beim Vorwort, das mit<br />

den Sätzen schließt: „Ich denke, wir<br />

können ruhig auch ein wenig stolz<br />

darauf sein, dass andere Sprachen unsere<br />

Wörter übernehmen und Freude<br />

an ihnen haben. Allerdings sollten wir<br />

dabei nicht vergessen, dass so manches<br />

Wort fremden Ursprungs auch<br />

unsere Sprache bereichert. Dieses gebietet<br />

allemal die ‚Fairness‘.“<br />

Aha, darum geht es also bei diesem<br />

Buch, und verbunden mit der am 29.<br />

Februar zu Ende gegangenen Aktion<br />

des <strong>Deutsche</strong>n Sprachrates, mit der er<br />

„das beste eingewanderte Wort“ suchte,<br />

wird endgültig „ein Schuh“ daraus.<br />

Denn Wörter wandern eben nicht,<br />

Über das Buch „Ausgewanderte Wörter“<br />

sondern werden bestenfalls von Auswanderern<br />

mitgenommen. Hier wäre<br />

übrigens ein Ansatz für den Sprachrat<br />

gewesen, wissenschaftlich zu untersuchen,<br />

warum es trotz Millionen<br />

deutscher Auswanderer in alle Teile<br />

der Welt so wenige deutsche Wörter<br />

in anderen Sprachen gibt.<br />

Nein, Sprachen werden importiert, uns<br />

<strong>Deutsche</strong>n sogar schon seit langer Zeit<br />

bewußt durch einige Macher und deren<br />

Manipulationen eingepflanzt und<br />

aufgepfropft. Diese Tatsache kann das<br />

Buch mit seinen 122 Wörtern aus 34<br />

Ländern nicht widerlegen. Außerdem<br />

muß der wirkliche Bekanntheitsgrad<br />

der eingeschickten Wörter in den jeweiligen<br />

Ländern stark angezweifelt<br />

werden und damit auch die Wissenschaftlichkeit<br />

dieses Buches. Zugegeben<br />

– diesen Anspruch erhebt es nicht,<br />

denn, so der letzte Satz des Nachwortes:<br />

„Wenn dieses Buch von deutschen<br />

Wörtern handelt, die in anderen Sprachen<br />

Aufnahme und Heimstatt gefunden<br />

haben, so ist dies natürlich nur die<br />

eine Perspektive. Gleichwohl eine, die<br />

uns mit Freude und auch Gelassenheit<br />

erfüllen möge.“<br />

Da taucht er wieder auf, der wahre,<br />

nämlich perfide Grund der Veröffentlichung<br />

dieses Buches, der das Erzeugnis<br />

zu einem boshaften Blendwerk verkommen<br />

läßt. Denn wenn uns Freude<br />

und Gelassenheit empfohlen wird,<br />

drängt sich die Frage auf, warum und<br />

wobei? Doch nur, um auszublenden,<br />

daß die Dämme längst gebrochen sind<br />

und wir somit überschwemmt werden<br />

von Tausenden von Angloamerikanismen,<br />

so daß unsere Sprache für große<br />

Teile der Bevölkerung schon jetzt<br />

nicht mehr verständlich ist. Gäbe es<br />

die Möglichkeit, den Jugendlichen<br />

diese Wörter mit einem „Hokuspokus“<br />

wegzuzaubern, wäre ein großer<br />

Teil von ihnen nicht mehr in der Lage,<br />

miteinander zu reden.<br />

Doch statt uns davor zu schützen –<br />

das wäre die eigentliche, vor allem<br />

aber moralische Aufgabe der genannten<br />

Institutionen, denn sie werden<br />

auch von denen bezahlt, die Opfer<br />

des Sprachverlustes sind – sollen wir<br />

uns an Wörtern berauschen, deren<br />

Existenz im Ausland uns längst bekannt<br />

ist: Kindergarten, Angst, Weltanschauung,<br />

Waldsterben, Zeitgeist,<br />

und so weiter und so fort. Selbst Wörter,<br />

die uns beim Lesen noch ein Lächeln<br />

abgewannen, bleiben uns unter<br />

diesen Umständen im Halse stecken:<br />

Kanitzen-Boot (afrikaans für U-Boot,<br />

entstanden aus „kann nicht sehn“),<br />

vahtimestari (finnisch für Hausmeister,<br />

entstanden aus „Wachtmeister“),<br />

Oilitleh (angeblich persischer Gruß,<br />

mit dem besonders <strong>Deutsche</strong> gegrüßt<br />

werden, entstanden aus „Heil Hitler“),<br />

Banop (bassaisch [Bantusprache] für<br />

„Bahnhof“), oder Kaffepaussi (finnisch<br />

für „Pause“, „zur Zeit nicht im<br />

Einsatz“), wihaister (polnisch für „das<br />

Dingsbums“, entstanden aus „wie<br />

heißt er“) und so weiter.<br />

Welchen Schluß haben wir nun aus<br />

dem Inhalt des Buches zu ziehen?<br />

Doch wohl nur den, daß wir dringend<br />

Fremdsprachen lernen sollten, um<br />

deutsche Wörter am Leben zu erhalten.<br />

Zu empfehlen ist Japanisch, denn<br />

dort gibt es arbeito, womit unter anderem<br />

Nebenbeschäftigung gemeint ist,<br />

ein Begriff, der im <strong>Deutsche</strong>n längst<br />

von Job verdrängt wurde. Vielleicht<br />

sollte man aber doch lieber Russisch<br />

lernen, denn dann könnten wir noch<br />

das bei uns schon schimmelig gewordene<br />

Butterbrot genießen, das längst<br />

von Sandwich verdrängt worden ist.<br />

Glücklicherweise sprechen viele unserer<br />

Mitmenschen schon Englisch,<br />

die somit dazu beitragen, den Rucksack<br />

zu erhalten, bei uns mittlerweile<br />

Back Pack genannt.<br />

Und welche Fremdsprache werden<br />

Sie sich jetzt zwecks Kennenlernens<br />

einiger deutscher Wörter vornehmen?<br />

Wie wäre es zum Beispiel mit der<br />

Fremdsprache Deutsch? Man munkelt<br />

ja, einige deutsche Wörter seien noch<br />

in ihr zu finden …<br />

Jutta Limbach (Hrsg.), Ausgewanderte<br />

Wörter, Hueber Verlag, Ismaning 2006,<br />

144 Seiten, gebunden, 19,95 Euro.<br />

einen <strong>Deutsche</strong>n Sprachrat einzurichten.<br />

Nur wenig später, im April 2001,<br />

veröffentlichte der IDS-Direktor<br />

Gerhard Stickel eine Denkschrift mit<br />

dem Titel „Politik für die deutsche<br />

Sprache“. Darin hieß es: „Um den<br />

administrativ und institutionell verstreuten<br />

Interessen und Zuständigkeiten<br />

für die deutsche Sprache ein<br />

Forum zu geben und auch Vertreter<br />

der Medien und der Wirtschaft an der<br />

sprachpolitischen Meinungsbildung<br />

zu beteiligen, sollte ein ständiger Rat<br />

für die deutsche Sprache (vielleicht<br />

als „<strong>Deutsche</strong>r Sprachrat“) gebildet<br />

werden.“<br />

Ein Brief Stickels an Werthebach<br />

vom 29. Januar 2001 war zuvor unbeantwortet<br />

geblieben. Darin hatte<br />

Stickel ausgeführt: „Wenn nun nach<br />

Ihrem Vorschlag eine weitere Institution<br />

eingerichtet würde mit der<br />

Hauptaufgabe, fremdsprachliche<br />

Ausdrücke zu verdeutschen, würde<br />

dies die institutionelle Sprachforschungs-<br />

und Sprachpflegelandschaft<br />

nur noch komplizierter und unübersichtlicher<br />

machen, als sie schon ist.<br />

Zweckmäßiger und ökonomischer<br />

wäre es deshalb, das Aufgabenspektrum<br />

bestehender Institutionen zu<br />

erweitern.“<br />

Wörter mit<br />

„Migränehintergrund“?<br />

Folgende Pressemitteilung verbreitete die<br />

DEUTSCHE SPRACHWELT am 29. Januar 2008.<br />

Zahlreiche Medien gingen darauf ein, so „Die Welt“, die<br />

„Nürnberger Nachrichten“ oder der „Wiesbadener Kurier“<br />

M<br />

it Ironie kritisiert die DEUT-<br />

SCHE SPRACHWELT den<br />

am 29. Februar endenden Wettbewerb<br />

des <strong>Deutsche</strong>n Sprachrates<br />

„Wörter mit Migrationshintergrund“.<br />

Als Beispiele für „das beste eingewanderte<br />

Wort“ hatte der Sprachrat<br />

die Wörter „downloaden“, „Flyer“<br />

und „chillen“ hervorgehoben. „Die<br />

Aktion kommt zum richtigen Zeitpunkt.<br />

<strong>Deutsche</strong>n Wörtern wird ohnehin<br />

zuviel Aufmerksamkeit entgegengebracht“,<br />

pflichtete nun der<br />

Chefredakteur der Sprachzeitung,<br />

Thomas Paulwitz, bei. So seien „sich<br />

entspannen“ für „chillen“ oder „herunterladen“<br />

für „downloaden“ altbacken<br />

und viel zu verständlich.<br />

In den Medien, in der Werbung und<br />

in der Politik würden zu viele deutsche<br />

Wörter verwendet. Der Werbefeldzug<br />

des <strong>Deutsche</strong>n Sprachrates<br />

für Wörter aus anderen Sprachen<br />

sende daher das richtige Signal. Werbung<br />

für die deutsche Sprache werde<br />

schließlich bereits von einer großen<br />

Zahl übermächtiger Sprachvereine<br />

betrieben. Sauberes Deutsch sei an<br />

Schulen und Universitäten erschrekkend<br />

selbstverständlich geworden.<br />

Der Sprachrat fülle somit eine Lükke.<br />

Kopfzerbrechen bereite, daß einige<br />

selbsternannte, ewiggestrige und<br />

Hier kommt nicht nur eindeutig die<br />

Angst der Alteingesessenen zum<br />

Vorschein, ins Abseits zu geraten,<br />

sondern auch der wahre Antrieb zur<br />

Gründung des Sprachrates: Besitzstandswahrung<br />

und Verhinderung<br />

einer Einrichtung, die Verdeutschungen<br />

vorschlägt. Keine guten Voraussetzungen<br />

für eine wirkungsvolle Arbeit.<br />

Die letzten beiden Wettbewerbe<br />

verband der Sprachrat sogar mit<br />

verdeckten und offenen Angriffen<br />

auf Sprachschützer, die er offenbar<br />

als unliebsame Mitbewerber sieht.<br />

Der Kampf um die Reinhaltung der<br />

deutschen Sprache sei gescheitert.<br />

Wortimporte hielten das <strong>Deutsche</strong><br />

modern und lebendig, hieß es.<br />

Mit dem Rat für deutsche Rechtschreibung<br />

– kurz: Rechtschreibrat<br />

– ist der <strong>Deutsche</strong> Sprachrat übrigens<br />

nicht zu verwechseln, obwohl<br />

er mit ihm etwas gemeinsam hat:<br />

Die Sprachratsangehörigen GfdS,<br />

IDS und Duden sind nicht nur für<br />

die Rechtschreibreform mitverantwortlich,<br />

sondern auch maßgebliche<br />

Mitglieder des Schreibrates. Kein<br />

Wunder, daß dieser bei der Reform<br />

der Reform völlig versagte.<br />

www.sprachpflege.info/index.php/<br />

<strong>Deutsche</strong>r_Sprachrat<br />

www.deutscher-sprachrat.de<br />

unverbesserliche Sprachschützer die<br />

Aktion des Sprachrates abfällig als<br />

„Wörter mit Migränehintergrund“<br />

verunglimpften. Manchen sei offenbar<br />

immer noch nicht klar, daß der<br />

Zug für die deutsche Sprache längst<br />

abgefahren sei.<br />

Wörter mit Migrationshintergrund –<br />

das Wort „Fremdwort“ vermeide der<br />

Sprachrat zu Recht, da es diskriminierend<br />

und nach neuesten Erkenntnissen<br />

schon von den Nationalsozialisten<br />

verwendet worden sei – böten unermeßliche<br />

Vorteile. So lasse sich mit<br />

ihnen besonders eindrucksvoll Weltläufigkeit,<br />

Modernität und moralische<br />

Überlegenheit zeigen, auch und gerade<br />

wenn der andere nicht immer versteht,<br />

was gemeint ist. Wissenslücken<br />

ließen sich so mühelos kaschieren.<br />

Erst wenn das letzte deutsche Wort<br />

durch eines mit Migrationshintergrund<br />

ersetzt sei, sei der Makel der<br />

Rückständigkeit der deutschen Sprache<br />

überwunden. In der Wissenschaftssprache<br />

sei dieses Ziel bereits<br />

nahezu erreicht. Dort wird in Forschung<br />

und Lehre zahlreicher Fächer<br />

bereits ausschließlich die Migrationssprache<br />

Nummer 1 verwendet<br />

– Englisch. Wer das nicht gut finde,<br />

könne ja auswandern.


Seite 4<br />

A<br />

Jahr der Sprachen<br />

<strong>Deutsche</strong> <strong>Sprachwelt</strong>_Ausgabe <strong>31</strong>_Frühling 2008<br />

Mit Rechnerlinguistik Muttersprachen retten<br />

nläßlich des Welttags der<br />

Muttersprache am 21. Februar<br />

und des damit beginnenden<br />

„Internationalen Jahres der Sprachen“<br />

2008 sprach die DEUTSCHE<br />

SPRACHWELT mit Klaus Däßler,<br />

Mitglied des „Arbeitskreises<br />

Deutsch als Wissenschaftssprache“<br />

(ADAWIS) und Begründer der Gesellschaft<br />

für Mathematische Intelligenz<br />

(GMI). Däßler entwickelt ein<br />

Gerät zur elektronischen Verständigung<br />

zwischen Menschen verschiedener<br />

Muttersprachen. Das<br />

Gespräch führte Thomas Paulwitz.<br />

DEUTSCHE SPRACHWELT: Herr<br />

Däßler, Sie gehörten zu den 300<br />

Teilnehmern der Gründungsveranstaltung<br />

für ein neues „Weltkulturforum“,<br />

die vom 23. bis 25 November<br />

des vergangenen Jahres in Dresden<br />

stattfand. Was haben Sie dort gemacht<br />

und welche Eindrücke konnten<br />

Sie mitnehmen?<br />

Klaus Däßler: Dort trafen sich namhafte<br />

Vertreter aus Wirtschaft, Politik,<br />

Wissenschaft, Kunst und Religion,<br />

um eine weltweite Organisation<br />

bedeutender Personen zu gründen,<br />

die das ökonomische und daraus folgende<br />

politische, ökologische und<br />

kulturelle Ungleichgewicht der Welt<br />

bekämpfen wollen. Die Quintessenz:<br />

Menschliche Existenz beruht, neben<br />

der Natur, auf den Säulen Ökonomie,<br />

Politik, Religion und Kultur, wobei<br />

die ersten drei besondere Machtfaktoren<br />

sind. Wenn eine dieser Säulen<br />

die anderen nachhaltig dominiert, so<br />

bringt sie das ganze System aus dem<br />

Gleichgewicht, was bis zum Einsturz<br />

des Gesamtsystems Menschheit<br />

führen kann, etwa zu einem großen<br />

Krieg um die Lebensgrundlagen. Wir<br />

stellen heute fest, daß die Ökonomie<br />

– Globalisierung, militärisch-industrielle<br />

Mächtegruppen, Finanzoligarchie<br />

– alle anderen Bereiche, besonders<br />

die Demokratie, beherrscht<br />

und zu überwältigen droht. Ich habe<br />

auf dem Weltkulturforum mein Projekt<br />

zur elektronischen Verständigung<br />

von Menschen verschiedener<br />

Sprache vorgestellt.<br />

Welche Folgen hat die Vorherrschaft<br />

des reinen Gelddenkens für die Vielfalt<br />

der Sprachen?<br />

Besonders die Kulturen und damit<br />

die Muttersprachen drohen durch<br />

diese Fehlentwicklung unterzugehen,<br />

das heißt, einer Einheitskultur<br />

und -sprache zum Opfer zu fallen.<br />

Diese ist im Interesse der Konzerne,<br />

die weltweit produzieren, transportieren,<br />

vermarkten, verkaufen.<br />

Sie erwarten von einer einheitlichen<br />

Weltsprache wirtschaftliche Vorteile.<br />

Deutschland, das sie zur Exportnation<br />

gemacht haben, ist ein Brennpunkt<br />

dieser Entwicklung, der die<br />

deutsche Sprache zum Opfer fällt.<br />

Wir müssen uns gegen die kulturzerstörende<br />

Übermacht der Ökonomie<br />

wehren. Der Gedanke des Weltkulturforums<br />

ist, daß dies von miteinander<br />

befreundeten Nationalkulturen<br />

aus geschehen könnte. Deutschland<br />

und hier Dresden sollen Keimzelle<br />

dieser Bemühungen sein. Überall in<br />

der Welt sind die Muttersprachen auf<br />

dem Rückzug gegenüber der neuen<br />

„Weltsprache“ oder der „Sprache<br />

des internationalen Marktes“, einem<br />

ausdrucksschwachen, globalen Englischdialekt<br />

von etwa 800 bis 1 500<br />

Gespräch zum Internationalen Jahr der Sprachen 2008<br />

Wortstämmen. Im Vergleich dazu<br />

besitzt die deutsche Muttersprache<br />

etwa 400 000 bis 500 000 Wörter.<br />

Ein normaler Duden umfaßt etwa<br />

150 000 Stichwörter, davon verwendet<br />

ein normaler Mensch aktiv<br />

etwa fünf- bis zehntausend. Goethe<br />

hat etwa neunzigtausend Wörter<br />

beherrscht, Thomas Mann dreißigtausend.<br />

Diese Wortmenge bedeutet<br />

Differenzierung, Ausdruckskraft, eigene<br />

Einsicht in die Welt.<br />

Was sind die Vorteile der Muttersprachen<br />

gegenüber einer Welteinheitssprache?<br />

Die Differenzierungsfähigkeit habe<br />

ich schon erwähnt. Darüber hinaus<br />

hat Muttersprache eine grundlegend<br />

andere Qualität als jede Sprache, die<br />

ein Mensch erlernen kann. Ihr wesentliches<br />

Alleinstellungsmerkmal<br />

ist, daß sie im ersten Lebensabschnitt<br />

des Menschen von seiner Bezugsperson<br />

gesprochen wird. In dieser<br />

Zeit jedoch erlernt das Kind sinnlich,<br />

durch Beschäftigung, durch Erleben,<br />

die Grundlagen seines Daseins in der<br />

Welt, die sogenannten Basiskategorien<br />

des Denkens. Dieser Prozeß ist<br />

erst in einem Alter von etwa zwölf<br />

Jahren abgeschlossen. Da dies im<br />

Beisein vor allem der Mutter geschieht,<br />

werden diese Basiskategorien<br />

an die begleitenden Wörter, die<br />

Sprache der Mutter gebunden, was<br />

diese Sprache konkurrenzlos mächtig<br />

macht. Fällt etwa das Wort „Gabel“,<br />

so assoziiert das Kind alle Merkmale,<br />

Erscheinungen, Vorkommnisse,<br />

die mit dem Wort Gabel in seinem<br />

Leben bisher jemals in Verbindung<br />

traten. – Dieser Begriff ist also außerordentlich<br />

mächtig. Fällt das<br />

Wort „Fork“, so ist zwar formal<br />

durch den Englischunterricht „Gabel“<br />

daran geklebt, mehr aber nicht.<br />

„Fork“ bleibt also eine schlichte Bezeichnung<br />

für ein Ding und könnte<br />

auch „Plup“ heißen. Ganz abgesehen<br />

davon, sind verschiedene Muttersprachen<br />

nicht wortäquivalent, sonst<br />

gäbe es nur eine Sprache auf der<br />

Welt. Man müßte also die Kindheit<br />

mit einer englischen Mutter erleben,<br />

damit „Fork“ so sinnenmächtig wie<br />

„Gabel“ würde.<br />

Der Arbeitskreis Deutsch als Wissenschaftssprache<br />

(ADAWIS) beobachtet<br />

eine Entwicklung, die nach<br />

seinen Worten „auf eine völlige Abschaffung<br />

der Landessprache auch<br />

im internen Wissenschaftsbetrieb<br />

hinausläuft“. Stimmt das?<br />

Ja. In Deutschland beobachten wir<br />

folgende Erscheinungen: Die wunderbare<br />

deutsche Wissenschaftssprache,<br />

eine der besten der Welt, wird<br />

rasant durch Wissenschaftsenglisch<br />

abgelöst. Von den 1 976 weiterführenden<br />

(„Master“)-Studiengängen in<br />

Deutschland werden heute schon 250<br />

ausschließlich auf englisch unterrichtet.<br />

Studenten, bei denen ich gelegentlich<br />

eine (deutsche) Vorlesung<br />

halte, beklagen, daß sie im Studium<br />

nur noch englische Lehrmaterialien<br />

bekommen. Wissenschaftliche Tagungen<br />

von <strong>Deutsche</strong>n für <strong>Deutsche</strong>,<br />

unter Einbeziehung von deutschem<br />

Publikum, werden auf englisch abgehalten,<br />

selbst wenn nur drei Englischsprachler<br />

dabei sind. Damit ist<br />

die ganze teure Veranstaltung fast<br />

sinnlos. Unser Volk, das ja nicht nur<br />

ein Volk der Dichter und Denker,<br />

Klaus Däßler auf dem Köthener<br />

Sprachtag Bild: pau<br />

sondern vor allem der Erfinder und<br />

Ingenieure ist, wird von der Muttersprache<br />

des Wissens abgeschnitten,<br />

die seit Luther eine wissenschaftlichtechnische<br />

Revolution nach der anderen,<br />

eine hohe Innovationsfähigkeit<br />

hervorbrachte. Die Wissenschaft<br />

zieht sich wieder in eine Festung zurück.<br />

Damit verkommt die führende<br />

Wissenschaftsnation Deutschland zu<br />

einer Begabtenreserve für die USA.<br />

Die deutsche Leistungsfähigkeit verfällt<br />

trotz allen Elitegeredes rapide.<br />

Besteht bei dieser Entwicklung nicht<br />

die Gefahr, daß auch die Schulen immer<br />

mehr auf englisch unterrichten?<br />

Das fängt sogar schon im Kindergarten<br />

an. Aus Unwissenheit, was<br />

Muttersprache für die Entwicklung<br />

eines Kindes bedeutet, stehen die Eltern<br />

schlange, um ihr Kind in einem<br />

Englisch-Kindergarten (Helen Doron<br />

Early English) unterzubringen. Angeblich<br />

bekommt man heute nur noch<br />

mit „native“ Englischkenntnissen einen<br />

„Job“. Die Zahl dieser Kinder hat<br />

sich seit 2002 etwa vertausendfacht.<br />

Heute gibt es in Deutschland etwa<br />

800 Helen-Doron-Kindergärten, mit<br />

einem geschickt zentral gesteuerten<br />

Franchise-Modell (Starthilfemodell).<br />

Alle sechzehn Bundesländer haben<br />

Englisch bereits verpflichtend ab der<br />

3. Klasse eingeführt, darüber hinaus<br />

Baden-Württemberg und Rheinland-<br />

Pfalz obligatorisch ab Klasse 1.<br />

Nordrhein-Westfalen folgt im nächsten<br />

Jahr. In weiteren neun Bundesländern<br />

bieten Hunderte von Grundschulen<br />

wahlweise Englisch ab der<br />

1. Klasse an. Das ist viel zu früh!<br />

Das sich gerade konsolidierende<br />

Kategoriensystem des Kindes wird<br />

durcheinandergebracht. Ein Fremdsprachenbeginn<br />

ab der 5. Klasse wie<br />

bisher wäre angemessen. Englisch-<br />

Immersionsunterricht, das heißt,<br />

überhaupt kein Unterricht mehr auf<br />

deutsch, ist ebenfalls auf dem Vormarsch.<br />

Der baden-württembergische Ministerpräsident<br />

Günther Oettinger ist<br />

der Ansicht, Deutsch werde künftig<br />

nur noch die Sprache der Freizeit<br />

sein. Deswegen habe er Englisch ab<br />

der 1. Grundschulklasse eingeführt.<br />

Übertreibt er da oder müssen wir<br />

uns Sorgen machen?<br />

Herr Oettinger spricht die Sprache<br />

seines Herrn, der mächtigen Export-<br />

firmen und ihrer vielen mittelständischen<br />

Zulieferer, die den Wohlstand<br />

seines Bundeslandes sichern helfen.<br />

Er übertreibt nicht, sondern er tut es<br />

in bester Überzeugung. Gerade deshalb<br />

müssen wir uns Sorgen machen.<br />

Wir sehen ja an türkischen Schulkindern,<br />

welche Wirkung diese sprachliche<br />

Konfusion, dieses Vernichten des<br />

muttersprachlich-basiskategorialen<br />

Denkens, auf das Kind hat. Auch<br />

Baden-Württemberg wird mit dieser<br />

Strategie ein nachlassendes wissenschaftlich-technischesLeistungsvermögen<br />

erleben. In 60 Prozent der<br />

Großfirmen und des oberen Mittelstandes<br />

ist Englisch schon Unternehmenssprache.<br />

Das führt letztlich zu einem<br />

Abrutschen der gesamten Nation<br />

in geistige Drittklassigkeit, da sie die<br />

qualitativen Vorteile der Muttersprache,<br />

ihre kategoriale Bindung, nicht<br />

mehr nutzen kann. Die meisten Menschen<br />

glauben intuitiv, daß in hundert<br />

Jahren ohnehin alle Menschen Englisch<br />

sprechen werden. Schließlich<br />

„wachse die Welt zusammen“. Die<br />

großen, jungen Industrienationen, Indien<br />

und China, auch Rußland, bilden<br />

ihre Elite strikt auf englisch aus. Auch<br />

sie sehen gegenwärtig keine andere<br />

Chance. Man könnte an dem Schicksal<br />

der Muttersprachen, und damit der<br />

kulturellen Vielfalt, als Überlebensgaranten<br />

der Menschheit verzweifeln,<br />

wenn nicht …<br />

… Hoffung bestünde? Wie sehen die<br />

bisherigen Rettungsversuche für die<br />

Muttersprachen aus?<br />

Die gegenwärtigen europäischen Bestrebungen,<br />

wie die Initiative des EU-<br />

Kommissars für kulturelle Vielfalt,<br />

Leonard Orban, zur „Dreisprachigkeit“<br />

aller Europäer betrachte ich als<br />

blauäugige Illusion. Unsere Kinder,<br />

und nicht nur unsere, beherrschen<br />

zunehmend nicht mal mehr ihre eigene<br />

Muttersprache. Plansprachen wie<br />

Esperanto besitzen keine Triebkraft,<br />

wie sie die USA und die Ökonomie<br />

für Globalenglisch haben.<br />

Gibt es denn einen besseren Ansatz?<br />

Ja, es ist ein Kraut gewachsen: Ich<br />

nenne es „neue deutsche Rechnerlinguistik“,<br />

die einen Sprach-David<br />

gegen einen Sprach-, Daten- und<br />

Medien-Goliath losschicken kann.<br />

Dieser Goliath ist unintelligent. Er<br />

geht davon aus, daß ein Mensch wie<br />

ein Rechner ist; so daß jeder Mensch<br />

auf dieselbe Botschaft gleich reagieren<br />

müßte. Eine Botschaft in natürlicher<br />

Sprache wird allerdings als<br />

mehrdeutig und ungenau betrachtet,<br />

was in Wirklichkeit gar nicht stimmt.<br />

Wenn zwei Menschen miteinander<br />

sprechen, so ist das hundertprozentig<br />

genau, allerdings auf insgesamt fünf<br />

Ebenen, statt nur einer oder zweien,<br />

die die etablierte Computerlinguistik<br />

sieht.<br />

Welche fünf Ebenen sind das?<br />

Ganz oben haben wir die Texte, den<br />

Hauptgegenstand gegenwärtiger<br />

Computerlinguistik. Darunter finden<br />

wir sogenannte lexikalisierte Begriffe,<br />

das wird oft mit den Dimensionen<br />

„Semantik“ und „Pragmatik“<br />

bezeichnet. Darunter jedoch befindet<br />

sich die riesige Anzahl rein nichtsprachlicher<br />

Begriffe. Diese werden<br />

von der Computerlinguistik bereits<br />

nicht mehr wahrgenommen. Weiter<br />

unten befinden sich die – mit der Mutter<br />

erlernten – Basiskategorien des<br />

Denkens. Und ganz unten sind die sogenannten<br />

ontogenetischen Basiskategorien.<br />

Die herrschende Computerlinguistik<br />

kennt nur die erste Ebene,<br />

bestenfalls die zweite, und ist durch<br />

den augenblicklichen Siegeszug der<br />

statistischen Methoden im Begriff,<br />

sich ganz auf die oberste Ebene, die<br />

der Texte, zurückzuziehen.<br />

Zu deren besserem Verständnis sei<br />

hier das Gleichnis des Chinesischen<br />

Teezimmers (Searle) angeführt: Ein<br />

Amerikaner möchte einen Satz ins<br />

Chinesische übersetzt haben. Er geht<br />

zu einem Teezimmer, einem geschlossenen<br />

Raum mit einer kleinen<br />

Klappe. Er schreibt seinen Satz auf<br />

ein Holztäfelchen und reicht dieses<br />

durch die Luke. Innen sitzt ein kleiner<br />

Chinese und trinkt Tee. Er ist<br />

umgeben von Regalen mit kleinen<br />

Fächern, an denen Nummern stehen.<br />

Darin liegen lauter Täfelchen mit<br />

chinesischen Sätzen drauf. Er nimmt<br />

das amerikanische Täfelchen und berechnet<br />

aus gewissen Merkmalen des<br />

amerikanischen Satzes eine Nummer<br />

(das nennt man „indexieren“). Dann<br />

geht er die Fächer ab, bis er dieselbe<br />

Nummer gefunden hat. Er nimmt<br />

dort das entsprechende chinesische<br />

Täfelchen heraus, gibt es dem Amerikaner<br />

durch die Luke und setzt sich<br />

wieder. Der Amerikaner ist glücklich.<br />

Wir unterstellen, daß alle einander<br />

entsprechenden amerikanischen<br />

und chinesischen Sätze bereits indexiert<br />

wurden. Das wird heute über<br />

das WWW gemacht, unter anderem<br />

mit Hilfe vorliegender Bibel-Übersetzungen.<br />

Wir erkennen, daß hier<br />

lediglich Ebene 1 eine Rolle spielt.<br />

Aber: Erfolgreiches Verstehen und<br />

Verarbeiten natürlicher Sprache berücksichtigt<br />

auch die restlichen vier<br />

Ebenen. Rechnerlinguistik, die das<br />

berücksichtigt, ist damit um Größenordnungen<br />

mächtiger als die<br />

etablierte Computerlinguistik mit<br />

ihren Milliarden Dollars und ihren<br />

Heerscharen „internationaler Wissenschaftler“.<br />

In den nächsten zehn<br />

Jahren werden wir einen Durchbruch<br />

dieser David-gegen-Goliath-Rechnerlinguistik<br />

erleben. Künftig wird<br />

niemand mehr eine Fremdsprache<br />

(oder „Weltsprache“) erlernen müssen,<br />

es sei denn, er hätte Spaß daran.<br />

Jeder Mensch wird mit jedem Menschen<br />

der Welt zwanglos in seiner<br />

Muttersprache sprechen, und sich<br />

beliebig differenziert, fein nuanciert<br />

und verständlich unterhalten können<br />

wie mit einer gemeinsamen Muttersprache<br />

– soweit es seine eigene Intelligenz<br />

hergibt.<br />

Einen „Universal-Übersetzer“ gab<br />

es in der Fernsehserie „Raumschiff<br />

Enterprise“. Ist das nicht eine technische<br />

Utopie?<br />

Ja. Das ist eine Utopie, weil es hier<br />

wieder um einen Universal-Übersetzer,<br />

einen Goliath geht. Der David-<br />

Übersetzer ist das schiere Gegenteil<br />

von Universalität. Den Schlüssel<br />

dazu halten wir <strong>Deutsche</strong>n mit unseren<br />

wunderbaren philosophischen<br />

Grundlagen in Händen, die bereits<br />

im 18. Jahrhundert geschaffen wurden.<br />

Zusammen mit den technischen<br />

Möglichkeiten der Informatik des<br />

beginnenden 21. Jahrhunderts ist nun<br />

die Zeit gekommen.


<strong>Deutsche</strong> <strong>Sprachwelt</strong>_Ausgabe <strong>31</strong>_Frühling 2008 Leserdienst<br />

Seite 5<br />

Was wird aus der<br />

deutschen Sprache?<br />

W<br />

ir können nicht in die Zukunft<br />

sehen, aber wir wissen,<br />

daß unsere Sprache viele Freunde<br />

braucht, wenn sie sich behaupten<br />

soll – und eine vernehmbare Stimme,<br />

die sich für sie einsetzt. Die DEUT-<br />

SCHE SPRACHWELT versteht sich<br />

als eine Stimme der Sprachgemeinschaft:<br />

unabhängig, uneigennützig,<br />

sprachtreu.<br />

Helfen Sie mit!<br />

M<br />

it nur geringen finanziellen<br />

Mitteln und viel freiwilliger<br />

Mitarbeit bieten wir den Sprachverderbern<br />

die Stirn, frei nach dem<br />

Brecht-Motto: „Wer kämpft, kann<br />

verlieren, wer nicht kämpft, hat<br />

schon verloren.“ Zugleich loben wir<br />

vorbildlichen Sprachgebrauch. Bitte<br />

helfen Sie mit, daß wir weitermachen<br />

können. Mundpropaganda, Leserbeiträge<br />

und nicht zuletzt Spenden –<br />

womit Sie uns auch unterstützen: Sie<br />

helfen damit nicht nur Ihrer Sprachzeitung,<br />

sondern auch Ihrer Sprache.<br />

Danke!<br />

Frühling 2008<br />

Winter 2007/08<br />

Unter anderem: Thomas Paulwitz:<br />

Santa Claus muß raus / Albrecht Balzer:<br />

Beobachtungen zur offiziellen<br />

Sprache der DDR / Martin String:<br />

Faule Eier legende Reform / Gerhard<br />

von Harscher: Winken, wank, gewunken?<br />

/ Dagmar Rosenstock: Zur<br />

Geschichte des Wortes „deutsch“ (Teil<br />

1) / Ralph Mocikat: Für Forschung<br />

und Lehre in der Landessprache / Thomas<br />

Paulwitz: Das „Poesiealbum“ ist<br />

wieder da / Jörg Hellmann: Die spinnen,<br />

die Galiläer / Schülerwettbewerb<br />

„Mein liebstes Sprichwort“ / Köthener<br />

Sprachforum / Sprachsünder-Ekke:<br />

Langenscheidt / Georg Winter:<br />

Sprechsport – ein Breitensport der<br />

Zukunft? / Goethe lebt! / Stephan-<br />

Thomas Klose: „Brötchengeber“ statt<br />

„Backshop“ Verbraucherschutz / Rudolf<br />

Erler: Trichter ohne Denglisch /<br />

Klemens Weilandt: Küchengirl wollte<br />

nicht / Daimler ohne Denglisch? /<br />

Dagmar Schmauks: Speise, wie du<br />

sprichst! / Wolfgang Hildebrandt:<br />

Hallo Wien! (Anglizismenmuffel)<br />

Herbst 2007<br />

Unter anderem: Thomas Paulwitz:<br />

Deutsch in Europa stärken / Reiner<br />

Kunze: Die Sprache, die die Sprache<br />

spricht – Rede zur Sprache /<br />

Wolfgang Hildebrandt: Zum Vorwurf,<br />

Sprachpflege sei rechtslastig /<br />

Reiner Haseloff: Grußwort zum 1.<br />

Köthener Sprachtag / Uta Seewald-<br />

Heeg: Die Neue Fruchtbringende<br />

Gesellschaft / Virtuelle Besichtigung<br />

des Hauses der deutschen Sprache /<br />

Andrea Müller: Vom Nutzen des<br />

unnützen Denkens / Rominte van<br />

Thiel: Zeitreise zu den Ursprüngen<br />

unserer Sprache / Tanja Goldmüller:<br />

Mutzen Sie einmal darüber nach<br />

/ Julia Große: Heimat / Schreibwettbewerb<br />

„Schöne deutsche Sprache“<br />

/ Sprachsünder-Ecke: Duden-<br />

Dummdeutsch / Hans-Gert Braun:<br />

Wo kommen nur die Wörter her?<br />

(Teil 2) / Initiative Sprachlicher Verbraucherschutz<br />

/ www.sprachpflege.<br />

info / Tag der deutschen Sprache<br />

in Köthen / Ulrich Werner: Ein<br />

„würde“volles Reden / Wolfgang<br />

Hildebrandt: Wer regiert die Welt<br />

(Anglizismenmuffel))<br />

Sommer 2007<br />

Unter anderem: Thomas Paulwitz:<br />

Schraip widu schprichsd? / Heinz Zimmermann:<br />

Wie der Schulunterricht<br />

den Gefährdungen der Sprachlichkeit<br />

begegnen kann / Thomas Paulwitz:<br />

FAZ: Nach dem Einknicken folgt der<br />

Sprachpreis / Die neue Schweizer Orthographische<br />

Konferenz / Die Eidgenossen<br />

bauen den Neuschrieb weiter<br />

zurück / Einladung zum 1. Köthener<br />

Sprachtag / Sieghard Kosel: Eine umbrauste<br />

Sprachinsel (Sorbisch) / Silvia<br />

Werfel: ß als neuer Großbuchstabe /<br />

Andrea Müller: Zum 150. Todesjahr<br />

Joseph von Eichendorffs / Sprachsünder-Ecke:<br />

Die österreichische Bundesregierung<br />

/ Hans-Gert Braun: Wo<br />

kommen nur die Wörter her? (Teil 1)<br />

/ Der Klub des toten Dichters / Andrea<br />

Müller: Ehemalige Analphabeten<br />

gehen an die Öffentlichkeit / DSW<br />

bei Rossmann / Starker Messeauftritt<br />

/ Herbert Rosendorfer: Politikale<br />

Korrektnuß – Darf ich den Zigeuner<br />

Zigeuner nennen? / Wolfgang Hildebrandt:<br />

Neuer Lifestyle mit Pasta<br />

(Anglizismenmuffel) / Ursula Bomba:<br />

Liebenswerte Buchstabenprozessionen<br />

Frühling 2007<br />

Unter anderem: Thomas Paulwitz: Lesen<br />

statt Glotzen / Thomas Paulwitz:<br />

In Köthen/Anhalt entsteht ein Anziehungspunkt<br />

für Sprachpflege / Werner<br />

Kügel: Echte Sprachpflege ist Denkpflege<br />

/ Köthener Erklärung / Hans<br />

Kaegelmann: Für eine Zukunft von<br />

Deutsch als Wissenschaftssprache (Teil<br />

2) / Dankwart Guratzsch: Deutsch ist<br />

mehr als ein Verständigungsmittel / Die<br />

Rechtschreibreform im Presseecho /<br />

Frank Fojtik: „Feuersnot“ von Richard<br />

Strauss – ein Kunstwerk der (Sp)rache /<br />

Sprachwahrer des Jahres: Zwei Frauen<br />

gewinnen die Wahl / DSW-Leserprotest:<br />

Telekom will Tarifbezeichnungen<br />

überarbeiten / Rolf Zick: Sprachpflegejahr<br />

mit der Aktion <strong>Deutsche</strong> Sprache<br />

/ Ergebnisse der Leserumfrage zur<br />

Zusammenarbeit in der Sprachpflege /<br />

Wolfgang Hildebrandt: Sprechen Sie<br />

T-Com(edian)? (Anglizismenmuffel)<br />

Unterstützen Sie die DEUTSCHE SPRACHWELT. Sie haben drei Möglichkeiten:<br />

1. Die Spende 2. Die Bestellung 3. Die Empfehlung<br />

Bitte nutzen Sie den beigelegten Zahlschein für Ihre<br />

Spende. Mit einer Einzugsermächtigung ersparen<br />

Sie sich den Gang zur Bank. Über die Einrichtung<br />

von Daueraufträgen freuen wir uns sehr.<br />

Bank<br />

Bankleitzahl<br />

Einzugsermächtigung<br />

Zur Erhaltung der DEUTSCHEN SPRACHWELT<br />

möchte ich den Verein für Sprachpflege e. V.<br />

regelmäßig unterstützen. Darum ermächtige ich<br />

diesen Verein,<br />

einmalig - vierteljährlich - halbjährlich - jährlich<br />

[Nichtzutreffendes bitte durchstreichen]<br />

einen Betrag von EURO<br />

von meinem Konto abzubuchen.<br />

Diese Einzugsermächtigung kann ich jederzeit<br />

widerrufen.<br />

Kontonummer<br />

Datum und Unterschrift<br />

Meine Anschrift<br />

Name, Vorname<br />

Straße<br />

Bitte unterstützen<br />

Sie unsere Arbeit<br />

mit einer Spende.<br />

Verein für Sprachpflege e.V.<br />

Bundesrepublik Deutschland<br />

Stadt- und Kreissparkasse Erlangen<br />

Bankleitzahl 763 500 00<br />

Kontonummer 400 1957<br />

BIC: BYLADEM1ERH<br />

IBAN: DE63763500000004001957<br />

Republik Österreich<br />

Volksbank Salzburg<br />

Bankleitzahl 45010<br />

Kontonummer 000 150 623<br />

Lieferbare Ausgaben<br />

<strong>31</strong><br />

30<br />

29<br />

Grundsätzlich geben wir die Zeitungen kostenlos ab,<br />

doch bitten wir um eine Spende zur Deckung unserer<br />

Kosten auf das Konto des Vereins für Sprachpflege e. V.<br />

regelmäßiger Bezug<br />

Bitte senden Sie mir regelmäßig die DEUTSCHE<br />

SPRACHWELT. Ich verpflichte mich zu nichts.<br />

Wenn mir die Zeitung gefällt, werde ich sie mit<br />

einer Spende unterstützen. Ich kann sie jederzeit<br />

abbestellen.<br />

Mehrfachbezug<br />

Ich besitze eine Arztpraxis oder habe eine andere<br />

Gelegenheit, die DSW auszulegen. Bitte schicken<br />

Sie mir von jeder neuen Ausgabe Stück<br />

Nachbestellung<br />

Bitte liefern Sie mir von den bereits erschienenen<br />

Ausgaben<br />

Schicken Sie den ausgefüllten Bestellschein bitte an:<br />

DEUTSCHE SPRACHWELT, Postfach 1449, D-91004 Erlangen<br />

Geburtsdatum<br />

Postleitzahl und Ort<br />

28<br />

27<br />

Lieferbar sind auch noch alle früheren<br />

Ausgaben. Die Inhaltsverzeichnisse<br />

sämtlicher Ausgaben finden<br />

Sie unter<br />

www.deutsche-sprachwelt.de/<br />

archiv/papier/index.shtml.<br />

Stück der Ausgabe(n)<br />

Stück der Ausgabe(n)<br />

Stück der Ausgabe(n)<br />

M<br />

Die zehn sprachpolitischen Forderungen<br />

1. Deutsch muß im öffentlichen Raum die vorrangige Sprache sein.<br />

2. Die Unterrichtssprache in Schulen und Hochschulen ist Deutsch.<br />

Deutsch muß nationale Wissenschaftssprache sein.<br />

3. Die deutsche Rechtschreibung muß einheitlich geregelt sein.<br />

4. Deutsch muß in der Europäischen Union Arbeits- und Veröffentlichungssprache<br />

sein.<br />

5. Die deutschen Mundarten und die deutsche Schrift sind besonders<br />

zu schützen.<br />

6. Die Beherrschung der deutschen Sprache ist Voraussetzung für<br />

Einbürgerung und langfristigen Aufenthalt.<br />

7. Bildung und Familie müssen gefördert werden, um die deutsche<br />

Sprache zu stärken.<br />

8. Die deutsche Sprache muß auch im Ausland gefördert werden.<br />

9. Die deutsche Sprache ist vor politischem Mißbrauch zu schützen.<br />

10. Ein neuer <strong>Deutsche</strong>r Sprachrat betreut die Erfüllung dieser<br />

Forderungen.<br />

Mehr auf unserer Netzseite www.deutsche-sprachwelt.de/forderungen.shtml<br />

1<br />

Name, Vorname<br />

Straße, Postleitzahl und Ort<br />

2<br />

Name, Vorname<br />

Straße, Postleitzahl und Ort<br />

3<br />

Name, Vorname<br />

Straße, Postleitzahl und Ort<br />

4<br />

Name, Vorname<br />

Straße, Postleitzahl und Ort<br />

5<br />

Name, Vorname<br />

Straße, Postleitzahl und Ort<br />

6<br />

Leser werben!<br />

Helfen Sie mit, Sprachpflege zu verbreiten<br />

it jeder neuen Ausgabe freuen<br />

wir uns, Hunderte neuer Leser<br />

begrüßen zu können. Dies ist zum Teil<br />

auf unsere Öffentlichkeitsarbeit zurückzuführen,<br />

aber auch nicht zuletzt Ihrer<br />

Mithilfe, wenn Sie uns Zeitgenossen<br />

nennen, die ein Herz für die deutsche<br />

Sprache haben. Gleichzeitig verlieren<br />

wir jedoch mit jeder Ausgabe eine ganze<br />

Reihe von Lesern: durch Tod, aus Alters-<br />

oder Krankheitsgründen oder durch<br />

Umzug an einen uns unbekannten Ort.<br />

So kommt es, daß unsere Auflage seit einiger<br />

Zeit auf gleicher Höhe verharrt.<br />

Für das Jahr 2008 haben wir uns vorgenommen,<br />

die Auflage der DEUT-<br />

SCHEN SPRACHWELT wieder spürbar<br />

zu steigern. Je mehr Unterstützer<br />

wir nachweisen können, desto größer<br />

wird unser Gewicht, wenn wir uns in<br />

der Öffentlichkeit zu Wort melden;<br />

um so mehr Aktionen für die deutsche<br />

Sprache können wir entweder selbst<br />

machen oder fördern; um so sicherer<br />

ist es, daß die DEUTSCHE SPRACH-<br />

WELT fortbestehen kann. Eine große<br />

Anzeigenkampagne in überregionalen<br />

Tageszeitungen als Werbefeldzug für<br />

die deutsche Sprache wäre sicher sehr<br />

erfolgversprechend. Damit könnten<br />

wir uns auf einen Schlag einem noch<br />

größeren Kreis bekanntmachen. Doch<br />

fehlen uns dafür im Augenblick die<br />

geldlichen Mittel. Darum bitten wir<br />

Sie wieder um Ihre tatkräftige Mithilfe.<br />

Das können Sie tun:<br />

Bestellen Sie bei uns Exemplare der<br />

DEUTSCHEN SPRACHWELT, da-<br />

Name, Vorname<br />

Straße, Postleitzahl und Ort<br />

mit Sie mit diesen gezielt Lehrer ansprechen<br />

können, zum Beispiel auf<br />

Elternsprechtagen. Regen Sie an, das<br />

Thema „verständliches Deutsch“ im<br />

Unterricht zu behandeln.<br />

Füllen Sie unten die Spalte mit den<br />

Empfehlungen aus. Wenn Ihnen der<br />

Platz nicht ausreicht, nehmen Sie<br />

bitte ein Extrablatt!<br />

Bestellen Sie bei uns Werbeexemplare<br />

der DEUTSCHEN SPRACH-<br />

WELT, die Sie gezielt an Bekannte<br />

weitergeben können. Sprechen Sie<br />

mit ihnen über den Zustand der<br />

deutschen Sprache und zeigen Sie<br />

ihnen, daß jemand etwas für die<br />

deutsche Sprache tut. In der DSW<br />

stehen Informationen, die andernorts<br />

kaum zu finden sind. Weisen<br />

Sie darauf hin, daß kein Risiko<br />

besteht, keine Verpflichtung eingegangen<br />

werden muß, denn die DSW<br />

finanziert sich aus Spenden, und der<br />

Bezug ist kostenlos!<br />

Fragen Sie, ob Sie die DEUTSCHE<br />

SPRACHWELT an geeigneten Stellen<br />

auslegen dürfen: in Büchereien,<br />

Wartezimmern, Volkshochschulen<br />

und so weiter.<br />

Berichten Sie uns über Ihre Erfolge<br />

oder Mißerfolge.<br />

Wenn jeder Bezieher nur einen neuen<br />

Bezieher wirbt, können wir unsere<br />

Auflage verdoppeln! Auf jeden einzelnen<br />

kommt es also an. Vielen Dank für<br />

Ihre Mithilfe!<br />

Ihre DEUTSCHE SPRACHWELT<br />

Bitte deutlich schreiben!<br />

Bitte senden Sie die DEUTSCHE SPRACHWELT auch an:


Seite 6 Sprachgeschichte<br />

Von Dagmar Rosenstock<br />

A<br />

ls sich nach dem Zerfall des<br />

Weströmischen Reiches in<br />

den westlichen und nördlichen ehemaligen<br />

Provinzen neue politische<br />

Gebilde etabliert hatten, vertraten<br />

sie einen Zustand von Organisation<br />

und Staatlichkeit, der sich beträchtlich<br />

vom spätrömischen Verwaltungsstaat<br />

unterschied. Ein wichtiges<br />

Merkmal dieser nicht territorial, sondern<br />

in Personengruppierungen oder<br />

„Stämme“ gegliederten Verbände<br />

war, daß sie, von den unterschiedlichen<br />

und nicht sehr zahlreichen<br />

Runeninschriften abgesehen, keine<br />

entwickelte Schriftlichkeit nutzen<br />

konnten. Schriftlose Gesellschaften<br />

haben natürlich auch kein kodifiziertes<br />

Recht – Recht wird gesprochen<br />

und entsteht nach den mündlich überlieferten<br />

Normen in der Gerichtsversammlung<br />

jeweils wieder aufs neue.<br />

Erst allmählich kam es im Frankenreich<br />

der Merowinger zur Aufzeichnung<br />

der mündlich überlieferten<br />

Volksrechte (zum Beispiel Lex Salica<br />

für die Franken im 6. Jahrhundert,<br />

Lex Baiuvariorum im 7./8. Jahrhundert).<br />

Um Gültigkeit und damit<br />

Verbindlichkeit zu gewährleisten,<br />

müssen in solchen Versammlungen<br />

gewisse Ausübungsstandards in Ritus<br />

und Wortwahl zwingend beachtet<br />

werden, und das gerade, weil dem<br />

gesprochenen Wort weitaus mehr<br />

Gewicht beigemessen wurde als in<br />

Gesellschaften, die über Schrift verfügten.<br />

Das ist in sogenannten traditionalen<br />

Kulturen auch heute noch<br />

so, man denke etwa an die „Loya<br />

Dschirga“ afghanischer Stammesverbände,<br />

die bei uns durch die Berichterstattung<br />

in den Medien zum<br />

Begriff wurde.<br />

Überlieferte Mündlichkeit<br />

Auch bei uns, in hochentwickelten<br />

Ländern mit Verfassung, schriftlich<br />

fixiertem Straf- und Zivilrecht und<br />

entsprechender Rechtsroutine, folgt<br />

die Sprechweise vor Gericht noch<br />

einem anderen Kode als die normale<br />

alltägliche Umgangssprache; man<br />

sagt noch heute „Hohes Gericht“,<br />

spricht im angelsächsischen Kulturraum<br />

den Richter mit „Euer Ehren“<br />

an, und selbst ein beliebter deutscher<br />

Fernsehkommissar wird sehr förmlich,<br />

wenn er jemanden verhaften<br />

muß („Frau/Herr XY, ich nehme Sie<br />

fest wegen …“). Auch heute noch<br />

wird die mündliche Vereidigung<br />

nach feststehenden Formeln durchgeführt<br />

und hat schwerwiegende<br />

rechtliche Konsequenzen.<br />

Der Begriff „theod/thiod“ steht, im<br />

Gegensatz zum allgemeinen „Volk“,<br />

Anzeigen<br />

Damit es alle verstehen konnten<br />

Zur Geschichte des Wortes „deutsch“ (Teil 2)<br />

den Bereichen des Gerichtswesens<br />

und der Rechtsprechung nahe. Von<br />

daher könnte auch die Entwicklung<br />

von „diuten/deuten“ und „deutlich“<br />

kommen, ursprünglich „dem Volk/<br />

diet etwas erklären“. Noch heute<br />

üben sich Politiker ebenso häufig<br />

wie erfolglos in dieser Kunst, wenn<br />

sie wieder etwas „deutlich machen“.<br />

Eine Sprachgrenze entsteht<br />

Die Geschichte des Wortes „deutsch“<br />

führt weit in die europäische Vergangenheit<br />

zurück, in eine Zeit, in der allmählich<br />

die Grundlagen für die späteren<br />

Staatengefüge gebildet wurden,<br />

nämlich in das frühe Mittelalter, das<br />

auf die Völkerwanderungszeit mit ihren<br />

vielfältigen kulturellen Brüchen<br />

folgte. Damals entstand eine Sprachgrenze<br />

im Westen links des Rheines<br />

zwischen der in spätrömischer Tradition<br />

stehenden, romanischsprechenden<br />

und schließlich unter die fränkische<br />

Herrschaft eingegliederten<br />

Bevölkerung des Frankenreiches und<br />

den meist rechtsrheinisch siedelnden<br />

Alemannen, Schwaben, (Ost-)<br />

Franken, Baiern, Thüringern und<br />

Sachsen, die eben nicht dem römischen<br />

Einfluß ausgesetzt waren, und<br />

zweifellos „germanische“ Idiome<br />

sprachen. In diese Zeit fällt ebenso<br />

die allmähliche Wahrnehmung einer<br />

deutlichen Sprachgrenze zu den<br />

slawischsprechenden Volksgruppen<br />

und Stämmen weiter im Osten.<br />

Die historischen Wurzeln unserer föderal<br />

organisierten Verfassung, die uns<br />

heute durchaus noch politische Probleme<br />

bereiten kann, liegen letztlich<br />

in der Völkerwanderungszeit und bei<br />

den später „deutschen“ Stämmen der<br />

Franken, Friesen, Sachsen, Thüringer,<br />

Alemannen, Schwaben und Baiern.<br />

Sprachgeschichtlich gesehen sind das<br />

aber ganz junge Ereignisse, denn die<br />

Entstehung der großen Untergruppen<br />

innerhalb der indoeuropäischen<br />

Sprachfamilie (zum Beispiel italische,<br />

germanische, slawische Sprachen)<br />

oder gar die Entstehung eines<br />

anzunehmenden Ur-Indoeuropäischen<br />

selbst spielten sich sozusagen in „grauer<br />

Vorzeit“ ab, wobei die Datierung<br />

solcher Prozesse in die jüngere Altsteinzeit<br />

nicht weniger spekulativ ist<br />

als die Annahme, der Wortschatz der<br />

ersten Ackerbauern oder Pferdezüchter<br />

spiegele sich im Indoeuropäischen.<br />

Nur moderne interdisziplinäre Forschungsansätze<br />

von Evolutionsbiologie,<br />

Paläoanthropologie, Archäologie,<br />

Paläo-Ethnobotanik und -zoologie,<br />

Ethnologie, Vergleichenden Sprachwissenschaften,<br />

Paläolinguistik, Namenkunde<br />

und anderen haben hier<br />

Chancen auf Erkenntnisfortschritt.<br />

Lateinische Regeln<br />

überarbeitete<br />

Auflage!<br />

Band 1<br />

Ein Leitfaden durch<br />

die lateinischen Regeln<br />

wurde komplett überarbeitet<br />

(34 Seiten, 6,50 Euro,<br />

ISBN 3-00-008859-8)<br />

Das große Einmaleins der Sprache in 2 Bänden<br />

Das Beherrschen der lateinischen<br />

Sprache und ihrer Denkweise kann<br />

unbezahlbare Vorteile bringen.<br />

Deshalb hat Gerhard Bach ein<br />

Nachhilfegerüst geschrieben, das<br />

auf eigenen Erfahrungen beruht.<br />

Zu beziehen sind beide Bände über<br />

den Buchdienst der DEUTSCHEN<br />

SPRACHWELT oder direkt beim<br />

Verfasser:<br />

Gerhard Bach M.A.<br />

Wingerstraße 1 1/2<br />

D-97422 Schweinfurt<br />

Telefon 0 97 21/2 69 27<br />

neu!<br />

Band 2<br />

Ein Leitfaden durch<br />

die lateinische Grammatik<br />

ist neu erschienen<br />

(ca. 96 Seiten, 10,- Euro,<br />

ISBN 3-00-017080-4)<br />

Auf dem Gebiet des spätrömischen<br />

Galliens hatte sich das Reich der<br />

Franken etabliert, in dem das Geschlecht<br />

der Merowinger für Jahrhunderte<br />

die Könige stellte und<br />

erst im achten Jahrhundert durch<br />

den Aufstieg der Karolinger abgelöst<br />

wurde. Das Reich der Franken<br />

bildete in seiner sprachlichen und<br />

kulturellen Verbindung mit Gallien<br />

die Grundlage des späteren Königreiches<br />

Frankreich, ein Staat, der,<br />

als französische Republik, bis auf<br />

den heutigen Tag besteht und sich<br />

„La France“, also „Francia“, nennt.<br />

So zählen die Franken zu Recht zu<br />

den historischen „Wegbereitern<br />

Europas“. Als Sprache hat sich in<br />

Frankreich aber, ungeachtet der langen<br />

Herrschaftstradition der Franken<br />

und der fränkischen Oberschicht, das<br />

romanische „Französisch“ (=„das<br />

in der Francia Übliche“, „nach Art<br />

der Franken“), als Erbin der lingua<br />

rustica romana durchgesetzt. Die<br />

Entwicklung ist hier anders verlaufen<br />

als bei der Anglisierung der Britischen<br />

Inseln, wo sich die Sprache<br />

der angelsächsischen Einwanderer<br />

des 5. Jahrhunderts schon im hohen<br />

Mittelalter fast vollständig durchgesetzt<br />

hat.<br />

Die „volksübliche“ Sprache<br />

Der immer wieder zitierte älteste Beleg<br />

für theodiscus ist der von Gregor<br />

von Ostia verfaßte Bericht von 786<br />

über die Synode von Cealchyd (heute<br />

Chelsea bei London) im angelsächsischen<br />

Königreich Mercien in<br />

Mittelengland, gerichtet an den Papst<br />

Hadrian zur Regierungszeit Karls<br />

des Großen. Hier wird vermerkt, daß<br />

in Cealchyd der Wortlaut der Beschlüsse<br />

der vorhergehenden Synode<br />

von Corbridge in Northumberland<br />

„tam latine quam theodisce“ verlesen<br />

wurden, damit auch jeder Teilnehmer<br />

verstehen konnte, was gemeint<br />

war. Dieses theodisce war selbstverständlich<br />

kein „deutsch“ in unserem<br />

Sinne, sondern am ehesten (angel-)<br />

„sächsisch“, eben die Sprache derer,<br />

die in Cealchyd kein Latein konnten,<br />

sondern nur die „volksmäßige, volksübliche“<br />

Sprache. Im dem Brief steht<br />

aber nicht etwa „saxonice“!<br />

Aus der Textstelle folgt zunächst nur,<br />

daß nicht alle Teilnehmer der Synode<br />

so gut Latein konnten, daß sie<br />

den Text auch ohne Übertragung ins<br />

„theodisce“ verstanden hätten. Aber<br />

die Quelle zeigt auch, wie hoch man<br />

das allgemeine Sprachverständnis bewertete,<br />

denn Rechtsverbindlichkeit<br />

bedarf der vollen Einsicht und des<br />

vollen Verständnisses aller Beteiligten.<br />

– Das ist auch heute noch gültig.<br />

Auch das um nur zwei Jahre jüngere<br />

Beispiel eines Beleges für „theodiscus“,<br />

der Bericht der Reichsannalen<br />

über die Verurteilung des<br />

Bayernherzogs Tassilo in Ingelheim<br />

788, zeigt, welches Gewicht man<br />

dem allgemeinen Wort- und Textverständnis<br />

beimaß. Ausdrücklich<br />

wird das Vergehen Tassilos, die<br />

Spaltung des Heeres, der „Heerschliß“,<br />

beschrieben, „quod in theodisca<br />

lingua harisliz dicitur“. Diese<br />

„Übersetzung“ für den Gebrauch im<br />

Gerichtswesen, eine der sogenannten<br />

„Malbergischen Glossen“, diente<br />

der Rechtsverbindlichkeit durch unmißverständliches<br />

Klarstellen dessen,<br />

was gemeint war, das heißt, das<br />

Wort harisliz mußte auch tatsächlich<br />

ausgesprochen werden, in theodisca<br />

lingua zu hören gewesen sein.<br />

Malbergische Glossen<br />

Mit den „Malbergischen Glossen“<br />

schließt sich der gedankliche Kreis<br />

wieder zu theotmallum/Detmold,<br />

denn diese Randbemerkungen zum<br />

Text der Lex Salica haben ihren Namen<br />

eben vom „mallobergum“, vom<br />

„Malberg“, von der meist erhöht angelegten<br />

Gerichts- oder Thingstätte,<br />

und ermöglichten die Übertragung<br />

lateinischer Rechtsbegriffe in die<br />

theodisca lingua, für den Gebrauch<br />

vor Gericht. Sie überliefern tatsächlich<br />

gesprochene, nicht nur geschriebene<br />

Sprache und haben daher als<br />

historische Quelle einen besonderen<br />

Rang.(1)<br />

Inwieweit das „theodisce“ des ausgehenden<br />

8. Jahrhunderts bereits die<br />

Erkenntnis und den Begriff eines<br />

mehrere stammesgebundene Dialekte<br />

übergreifenden „Germanischen“<br />

durch die damaligen Gelehrten belegt,<br />

mag dahingestellt bleiben;(2) ein<br />

Sinn für Zusammengehörigkeit muß<br />

sich entwickelt haben, sonst wäre die<br />

Stelle aus der Biographie Alfreds<br />

des Großen von England, die von<br />

Bischof Asser, bezeichnenderweise<br />

einem Waliser (einem „Welschen“),<br />

verfaßt wurde und etwa um die Wende<br />

zum 10. Jahrhundert datiert wird,<br />

nicht verständlich. Es geht dabei eigentlich<br />

nur um eine protokollarische<br />

Frage am Königshof: „ultra morem<br />

omnium Theotiscorum“ (entgegen<br />

der Sitte aller „Theodisken“) sitzt die<br />

Königin bei den Westsachsen nicht<br />

neben dem König.<br />

„Furor Teutonicus“<br />

Neben „theodiscus“ erscheint in den<br />

Quellen seit dem 9. Jahrhundert auch<br />

„teutonicus“, das sicher schon bei<br />

den Gelehrten dieser Zeit die Asso-<br />

7000 antiquarische<br />

Bücher<br />

Liste für 1,45 € in Briefmarken<br />

A. Neussner,<br />

D-37284 Waldkappel<br />

<strong>Deutsche</strong> <strong>Sprachwelt</strong>_Ausgabe <strong>31</strong>_Frühling 2008<br />

ziation zu den alten Kimbern und<br />

Teutonen und ihren Kriegszügen<br />

erweckte. Man kannte den Begriff<br />

aus der antiken Literatur, nicht zuletzt<br />

aus den Vergilglossen des Servius<br />

über die nach „teutonischer Art<br />

ihre Wurfgeschosse Schleudernden“,<br />

wobei in der Antike noch nicht ganz<br />

klar war, ob es sich bei den Kimbern<br />

und Teutonen eher um Kelten oder<br />

um „Germanen“ handelte. Im Lauf<br />

des 10. und 11. Jahrhunderts kommt<br />

„teutonicus“ recht häufig vor, und<br />

immer mit Bezug auf das nachmalig<br />

„<strong>Deutsche</strong>“. Die Forschung sah<br />

darin sogar ein Sichtbarwerden der<br />

Konsolidierung eines „deutschen“<br />

Reiches gegenüber dem westfränkischen,<br />

„französischen“. Das bekannteste<br />

Beispiel dafür ist der Ausdruck<br />

„regnum Teutonicorum“, mit dem<br />

der Papst das Reich Heinrichs IV.<br />

im Zusammenhang mit dessen Gang<br />

nach Canossa bezeichnete. Dieser<br />

öfter auch abfällig gemeinte Name<br />

hat sich zwar nicht durchgesetzt,<br />

denn selbst im heutigen Italienisch<br />

sind wir die „Tedeschi“ (von „theodisci“)<br />

und nicht etwa „Teutonici“,<br />

aber geblieben ist er den <strong>Deutsche</strong>n<br />

bis heute, wenn auch scherzhaft.<br />

Vom „furor Teutonicus“ abgesehen,<br />

ist der sog. „Teutonengrill“ an südlichen<br />

Gestaden noch recht bekannt;<br />

und im Januar 2006 stand in einer<br />

großen deutschen Tageszeitung ein<br />

Leitartikel zum Problem deutscher<br />

Arbeitskräfte in der Schweiz mit<br />

dem Titel „Völkerwanderung“. Er<br />

schließt: „weil sonst zu viele Teutonen<br />

kommen“.<br />

Zu „<strong>Deutsche</strong>n“ wurden wir durch<br />

die Gemeinsamkeit der theodisca<br />

lingua, die trotz aller Dialektunterschiede<br />

von Dänemark bis ins Langobardenreich<br />

südlich der Alpen<br />

verstanden wurde und damit eine<br />

der wichtigsten geistigen Klammern<br />

zwischen den Stämmen und eine der<br />

Voraussetzungen für eine „deutsche“<br />

Identität bilden konnte.<br />

Fortsetzung folgt.<br />

Anmerkungen:<br />

1 Vergleiche Ruth Schmidt-Wiegand,<br />

Die Malbergischen Glossen, eine<br />

frühe Überlieferung germanischer<br />

Rechtssprache. In: Heinrich Beck<br />

(Hrsg.), Germanische Rest- und<br />

Trümmersprachen, Ergänzungsbände<br />

zum Reallexikon der Germanischen<br />

Altertumskunde 3, Berlin/New<br />

York 1989, Seite 157-174.<br />

2 Vergleiche Ernst Erich Metzner,<br />

Deutsch-welsch-wendisch. Die Anfänge<br />

des Namens theodiscus/deutsch<br />

in Alt-Europa. Der Sprachdienst 47,<br />

2003, Seite 89-98.<br />

Einem Teil<br />

unserer Auflage<br />

(nur Deutschland)<br />

liegt ein Prospekt<br />

vom Atlas Verlag, Weil<br />

am Rhein, bei.<br />

Wir bitten um<br />

freundliche Beachtung.<br />

Vielen Dank.


<strong>Deutsche</strong> <strong>Sprachwelt</strong>_Ausgabe <strong>31</strong>_Frühling 2008 Sprachpflege<br />

Seite 7<br />

Von Diethold Tietz<br />

a berichtete unlängst die<br />

D „Märkische Allgemeine“ über<br />

einen „Robin Hood der deutschen<br />

Sprache“, der „Wortgeschenke“ unters<br />

sprachentwöhnte Volk bringt.<br />

Das läßt Sprachpfleger natürlich<br />

aufhorchen. Schnell steht der Entschluß<br />

fest: An einem sonnenverwöhnten,<br />

gar nicht winterlichen Februartag<br />

geht es auf ins Märkische.<br />

Im beschaulichen Wildenbruch<br />

atmet eine kopfsteinbepflasterte<br />

Dorfstraße bereits den Scharm vergangener<br />

Zeiten. Ein anheimelnder<br />

Vierseithof ist unser Ziel. Dort empfängt<br />

uns Reinhard Risch.<br />

Das Vorurteil, das man Freunden<br />

und Verfechtern einer gepflegten<br />

Muttersprache oft entgegenbringt,<br />

versagt. Wir stehen keinem verkalkten<br />

und verknöcherten Dorfschulmeisterlein<br />

gegenüber, sondern<br />

einem Mann in den besten Jahren,<br />

voller Energie und Überzeugungskraft.<br />

Der schnörkellos und zweckmäßig<br />

umgebaute frühere Kuhstall<br />

strahlt gemütliche Sachlichkeit aus.<br />

Diethold Tietz / DEUTSCHE<br />

SPRACHWELT: Herr Risch, wie<br />

Von Thomas Paulwitz<br />

egen die Absicht der Lan-<br />

G desregierung Nordrhein-<br />

Westfalens, mit einem englischen<br />

Erkennungsspruch für das Land zu<br />

werben, hatte sich Ende 2007 großer<br />

Protest geregt. Wirtschaftsministerin<br />

Christa Thoben hatte zwei Vorgaben<br />

für den noch zu findenden Werbespruch<br />

gemacht, die sich gegenseitig<br />

widersprachen: Erstens sollten sich<br />

alle Bürger des Landes damit identifizieren<br />

können, zweitens sollte<br />

möglichst ein englisches Wort darin<br />

vorkommen. „Europe’s creative<br />

Anzeigen<br />

Fremde Melodien für Millionen<br />

Nordrhein-Westfalens Bürger sollen sich mit Englisch identifizieren<br />

Die DSW in der Presse<br />

Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“<br />

schrieb am 16. Dezember 2007 in seiner Netzausgabe:<br />

N-R-Wer?<br />

Von Carolin Jenkner<br />

D<br />

heartbeat“ – so oder so ähnlich sollte<br />

der Spruch für die Standortkampagne<br />

lauten, die zehn Millionen Euro<br />

kosten soll.<br />

Der Jurist Menno Aden, Vorstandsmitglied<br />

im Verein <strong>Deutsche</strong> Sprache<br />

(VDS), drohte der Landesregierung<br />

sogar eine Klage auf Unterlassung<br />

an. Auch die DEUTSCHE SPRACH-<br />

WELT rief zum Widerstand auf und<br />

machte mit dem Wort „Land mit<br />

Energie“ einen eigenen, kostenlosen<br />

Vorschlag. Wieder einmal erreichten<br />

ie nordrhein-westfälische Landesregierung pumpt zehn Millionen Euro<br />

in eine Standortkampagne, die ausländische Investoren anlocken soll.<br />

Doch ein einheitlicher Slogan für das diffuse Bindestrich-Land ist schwer<br />

zu finden – und ein Konzept fehlt bislang auch. […] Die Düsseldorfer Werbeagentur<br />

Grey schlug „Europe’s Creative Heartbeat“ vor. Zuschauer des<br />

WDR-Fernsehens schickten „My NRWay!“, „NRW – Numberone Region.<br />

Worldwide“ oder „No Run aWays“ ins Rennen. Den Bürgern macht es Spaß,<br />

die Opposition, der Koalitionspartner und Hüter der deutschen Sprache sind<br />

aufgebracht. Der Verein für Sprachpflege e.V. ruft auf seiner Website dazu<br />

auf, sich bei der Landesregierung über den englischen Spruch zu beschweren,<br />

und zwar bei „Sprachsünderin“ NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben<br />

(CDU). Englische Wörter in einem Spruch für NRW? Undenkbar. […]<br />

Kleinanzeige<br />

900 Jahre Zisterzienser –<br />

900 Jahre literarisches Schaffen<br />

Für Sie als Autor die besondere Gelegenheit,<br />

uns Ihr Manuskript anzuvertrauen,<br />

denn unser bewährtes<br />

Verlags-Management wird Ihr Werk<br />

bekannt und absatzfähig machen!<br />

Bernardus-Verlag in der Verlagsgruppe<br />

Mainz, jetzt beheimatet in der<br />

Abtei Mariawald: 52396 Heimbach,<br />

Tel. 02446 95 06 15;<br />

Zentrale: Süsterfeldstr. 83,<br />

52072 Aachen, Tel. 0241 87 34 34;<br />

bernardus@verlag-mainz.de<br />

Im Lustgarten der Wortspiele<br />

Gespräch mit dem „Robin Hood der deutschen Sprache“<br />

kamen Sie eigentlich dazu, der Sprache<br />

in doch recht ungewöhnlicher<br />

Art zu huldigen?<br />

Reinhard Risch: Die Liebe zur<br />

Muttersprache vermittelte mir mein<br />

Deutschlehrer in der Rostocker<br />

Schulzeit. Als ich in den Nachwendejahren<br />

an einem Bonner Rhetorikinstitut<br />

arbeitete, erkannte ich,<br />

daß die Sprache wert ist, mit allen<br />

Sinnen entdeckt und wahrgenommen<br />

zu werden. Das bedarf natürlich<br />

spezieller Ausdrucksformen. So entwickelte<br />

ich Gestaltungsideen, die<br />

Kopf, Bauch und Hand, also Denken,<br />

Fühlen und Tun herausfordern.<br />

Das schließt die Lust zu Sprachspielereien<br />

ein und entwickelt obendrein<br />

Schlagfertigkeit.<br />

Das klingt sehr interessant, wenngleich<br />

ein wenig abstrakt. Können<br />

Sie Ihre Ideen konkretisieren?<br />

Schauen Sie hinaus in meinen<br />

„Wortspiellustgarten“. Dort sehen<br />

Sie verschiedene Installationen, wie<br />

zum Beispiel das „Sprachgrab“, den<br />

„Wortkreis“ und weitere künstlerische<br />

Objekte. An ihnen bleibt man<br />

hängen, geht auf Gedankenreise, entdeckt<br />

ungewöhnliche Blickwinkel,<br />

und das alles aus der Bewegung des<br />

Spaziergängers heraus.<br />

Haben Sie Ihre Arbeiten auch schon in<br />

einem größeren Rahmen vorgestellt?<br />

In Ahrenshoop habe ich vor einiger<br />

Zeit die Kunstaktion „Wörter und<br />

Zeichen“ präsentiert, die vier Wochen<br />

lang vor der Kunsthalle zu sehen<br />

war. Das Interesse der kunstsinnigen<br />

Besucher war beträchtlich.<br />

Diese Werke verdienen es gewiß,<br />

nicht nur zeitweise zugänglich<br />

zu sein. Vor einem Jahr wurde in<br />

Köthen/Anhalt die „Fruchtbringende<br />

Gesellschaft“ neugegründet,<br />

eine Sprachgesellschaft, die in der<br />

Barockzeit wesentliche Impulse zur<br />

Wahrung und Entwicklung unserer<br />

Sprache hervorbrachte. Könnten Sie<br />

sich eine Zusammenarbeit mit diesem<br />

Verein vorstellen, zum Beispiel im<br />

Zusammenhang mit dem dort geplanten<br />

„Haus der deutschen Sprache“?<br />

Ja, sehr gut sogar! Die Stadt Köthen<br />

ist überschaubar und zugleich reich<br />

zahlreiche Schreiben die Staatskanzlei.<br />

Die rückte daraufhin von der Vorgabe<br />

ab, daß sich alle Bürger Nordrhein-Westfalens<br />

mit dem Spruch<br />

identifizieren können, und nannte nur<br />

noch Geldgeber aus dem Ausland als<br />

ausschlaggebende Zielgruppe.<br />

In einer Antwort schrieb das Wirtschaftsministerium:<br />

„Bereits heute<br />

hängen mehr als 500 000 Arbeitsplätze<br />

in Nordrhein-Westfalen von<br />

ausländischen Direktinvestitionen<br />

ab […]. Sie werden verstehen, daß<br />

wir ausländische Investoren in deren<br />

jeweiligen Heimatländern nur über<br />

eine Weltsprache wie Englisch erreichen<br />

können. […] Deshalb suchen<br />

wir zunächst auf englisch nach Botschaften,<br />

Argumenten und Sachverhalten,<br />

mit denen wir die Attraktivität<br />

unseres Bundeslandes […] glaubhaft<br />

machen können.“ Einen besorgten<br />

Bürger, der telefonisch nachhakte<br />

und darauf hinwies, daß der Spruch<br />

laut Ausschreibung doch auch für<br />

alle Bürger gedacht gewesen sei,<br />

fertigte eine Sprecherin des Ministeriums<br />

wenig bürgernah ab, er glaube<br />

wohl, daß am deutschen Wesen die<br />

Welt genesen solle. Deutlicher kann<br />

man die Frage, für wen Politik gemacht<br />

wird, nicht beantworten.<br />

an kultureller und wissenschaftlicher<br />

Tradition. Ein idealer Ort,<br />

meine Visionen von einem „Wortspiel-Lustgarten“<br />

zu realisieren.<br />

Vieles wäre denkbar: vielleicht ein<br />

Wortspiel-Labyrinth, ein Garten mit<br />

Blumen und Pflanzen, versehen mit<br />

anspruchsvoller Poesie und vieles<br />

mehr. Das wäre doch ein „Knaller“<br />

für Köthen.<br />

Unter dem Motto „Wortgeschenke“<br />

haben Sie viele Ideen entwickelt,<br />

die in Ihrem Potsdamer Atelier und<br />

Schauraum bewundert und auch erworben<br />

werden können.<br />

Meine „Kunst, Worte zu schenken“<br />

kann man bei einem Besuch in der<br />

Potsdamer Hegelallee 52 oder unter<br />

www.wortgeschenk.de erleben. Da<br />

gibt es zum Beispiel die „Wortretter“,<br />

die mir sehr am Herzen liegen.<br />

Das sind auf Leinwand festgehaltene,<br />

vom Aussterben bedrohte Wörter.<br />

Ein beliebtes Geschenk für sprachinteressierte<br />

Freunde oder sich selbst.<br />

Immer mehr Sammler füllen damit<br />

inzwischen ganze Wände. Dann gibt<br />

es da noch die Paar- und Familienbilder,<br />

die Wortpostkarten, Wortdau-<br />

Nun sind es nur noch 497 700 Arbeitsplätze,<br />

die von ausländischem<br />

Kapital abhängig sind, denn der<br />

ausländische Investor Nokia („Connecting<br />

People“) hat, nachdem er<br />

reiche staatliche Fördergelder eingestrichen<br />

hatte, Mitte Januar mitgeteilt,<br />

sein Werk in Bochum stillzulegen<br />

und ins Ausland zu verlagern.<br />

2 300 Arbeitsplätze gehen verloren.<br />

menkinos und alle Wörter, die Sie<br />

gern auf Leinwand festhalten lassen<br />

möchten. Für Ihre kleine oder große<br />

Liebe, für Eltern und Kinder, für gute<br />

Freunde und Geschäftspartner.<br />

Wäre das nicht auch ein tolles Angebot<br />

im künftigen Haus der deutschen<br />

Sprache?<br />

Natürlich, man könnte einen Sprach-<br />

Shop ...<br />

Aber, aber, Herr Risch!<br />

... klar, einen SprachLADEN errichten,<br />

der den zahlreichen Besuchern<br />

ungewöhnliche und zugleich anspruchsvolle<br />

Mitbringsel anbietet.<br />

Als Erinnerung an Köthen und an<br />

unsere schöne Muttersprache. Übrigens<br />

ist „Laden“ ein wunderschöner<br />

Begriff, den Erwin Strittmatter so<br />

überzeugend dem Vergessen entriß.<br />

Ich danke Ihnen für das Gespräch,<br />

Herr Risch, und ich wünsche Ihnen<br />

weiterhin einen erfolgreichen Schulterschluß<br />

mit allen Menschen, die<br />

ihre Sprache lieben.<br />

Ob Nokia geblieben wäre, wenn die<br />

nordrhein-westfälische Regierung<br />

sich als „creative heartbeat“ angebiedert<br />

hätte? Wohl kaum. Die Stadt<br />

Berlin plant übrigens ebenfalls für<br />

zehn Millionen Euro einen englischen<br />

Werbefeldzug. Dem Vernehmen<br />

nach soll der Erkennungsspruch<br />

„Be Berlin“ lauten. Bebeschränkter<br />

geht’s ninimmer …<br />

Die DSW in der Presse<br />

Zum selben Thema hieß es am 23. November 2007 in der Netzausgabe der<br />

„Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ (WAZ):<br />

NRW:<br />

Ein Land sucht (s)einen Spruch<br />

Von Walter Bau<br />

[…] Auch professionelle Werbe-Experten meldeten sich zu Wort. „Europe’s<br />

creative Heartbeat“ – etwa: „Europas kreativer Herzschlag“ – schlug ein Düsseldorfer<br />

Werbe-Experte vor. Das erinnert an den nicht minder sperrigen Lieblingsspruch<br />

des früheren Ministerpräsidenten Wolfgang Clement: „Germany’s<br />

economic Powerhouse“. Chancen dürften beide nicht haben.<br />

Das findet auch Thomas Paulwitz. Er ist Chef der „<strong>Deutsche</strong>n <strong>Sprachwelt</strong>“<br />

und versteht sich als letzte Bastion gegen die Überflutung des <strong>Deutsche</strong>n<br />

durch Anglizismen. Vielen Bürgern sei „fast das Herz stehengeblieben“, als<br />

sie von dem „Heartbeat“-Vorschlag gehört hätten, schreibt Paulwitz empört.<br />

Er verlangt, die Regierung müsse ihre Englisch-Pläne fallenlassen: „Schließlich<br />

ist Deutsch die Landessprache.“ Paulwitz hat auch eine Alternative parat:<br />

„Land mit Energie“. Der Spruch sei einprägsam und leicht übersetzbar.


Seite 8 Besprechungen<br />

Von Thomas Paulwitz<br />

ie Kampagnen für die Reinheit<br />

D der deutschen Sprache sind<br />

weitaus weniger Zeichen einer besonderen<br />

Liebe zum schönen und passenden<br />

Ausdruck als vielmehr Spielfelder<br />

eines nationalen, globalisierungsfeindlichen<br />

Ressentiments.“ Dieser Satz,<br />

erschienen 2007 in der Süddeutschen<br />

Zeitung, gab dem Stilkritiker Wolf<br />

Schneider den letzten Anstoß für sein<br />

neuestes Buch „Speak German. Warum<br />

Deutsch manchmal besser ist“.<br />

Obwohl dieser Titel äußerst zurückhaltend<br />

formuliert ist – warum lediglich<br />

„manchmal“ besser? –, hat er es<br />

in sich. In seiner Übersetzung nimmt<br />

der Buchtitel unmittelbar Bezug auf<br />

Eduard Engels Verdeutschungswörterbuch<br />

„Sprich deutsch! Ein Buch zur<br />

Entwelschung“ von 1916.<br />

Handelt es sich hier also um ein trojanisches<br />

Pferd im Kampf gegen die<br />

Anglomanie? So scheint es, denn<br />

Schneider lobt erst einmal Englisch:<br />

„wunderbar einfach“, „von großer<br />

Kürze und Kraft“, „fast auf der ganzen<br />

Welt verstanden“, „eine großartige<br />

Sprache“. Mit diesem Lobgesang<br />

hält sich Schneider jedoch nicht lange<br />

auf, und er geht sogleich dazu über,<br />

die Vorzüge der deutschen Sprache<br />

herauszustreichen. Überzeugend legt<br />

er dar, warum sie mit Fug eine „Weltsprache“<br />

zu nennen ist.<br />

Empfehlung unseres Lesers Friedrich Brunner<br />

N<br />

ächstes Jahr ist wieder ein<br />

Schillerjahr. Darum möchte<br />

ich ein Buch vorstellen, das ich<br />

zu Weihnachten geschenkt bekam:<br />

„Möglichst Schiller – Ein Lesebuch“,<br />

verfaßt von Christiana Engelmann<br />

und Claudia Kaiser, leider<br />

in reformierter Rechtschreibung. Es<br />

ist wirklich ein Lesebuch, das heißt,<br />

es ist für jedermann gedacht und<br />

kann von jedermann verstanden werden.<br />

Die Einführung trägt den Titel<br />

„Friedrich Schiller und das 21. Jahrhundert“.<br />

Es folgen zehn weitere Abschnitte<br />

mit einzelnen Kapiteln, zum<br />

Beispiel „Eines Freundes Freund<br />

zu sein“ oder „Wer wagt es‚ …?“<br />

(Schillers Balladen). Texte werden<br />

zitiert und dann besprochen. Wissenswertes<br />

über Schillers Leben ist<br />

miteingeflochten.<br />

Aus beruflichen Gründen und bedingt<br />

durch die Zeitläufte bin ich kein gro-<br />

Bestellschein für den Buchdienst<br />

Alle in dieser Ausgabe vorgestellten Bücher können Sie, sofern nicht anders angegeben, über unseren Buchdienst<br />

bestellen. Wir liefern Ihnen auch gerne jeden anderen im Buchhandel erhältlichen Titel.<br />

Mit Ihrer Bestellung unterstützen Sie die DEUTSCHE SPRACHWELT!<br />

Ich bestelle folgende Titel zur Lieferung durch Ihren Buchdienst:<br />

Anzahl Autor/Titel Preis (Euro)<br />

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Bitte deutlich schreiben!<br />

Ort, Datum, Unterschrift<br />

Sprich deutsch!<br />

Das neue Buch von Wolf Schneider<br />

Wolf Schneider Bild: privat<br />

Auf jeden Fall ist es ein mutiges Buch,<br />

eine entschiedene Liebeserklärung an<br />

die deutsche Sprache. Schneider hat<br />

nicht nur zahlreiche Argumente gegen<br />

die Sprachverpanschung zusammengetragen,<br />

sondern auch für Deutsch.<br />

Selbstverständlich weist er dabei ausführlich<br />

auf die „Aktion Lebendiges<br />

Deutsch“ hin, die er im Jahr 2006<br />

zusammen mit drei anderen Männern<br />

gründete. Seither schlagen die vier<br />

monatlich ein deutsches Wort für einen<br />

überflüssigen Anglizismus vor und<br />

Schiller näherkommen<br />

ßer Theatergänger geworden. Wohl<br />

aus diesem Grunde bin ich dank<br />

dieses Buches, das ich aufmerksam<br />

und mit zunehmender Freude gelesen<br />

habe, Schiller nähergekommen.<br />

Vom „Don Karlos“ kannte ich nur<br />

den Ausspruch: „Geben Sie Gedankenfreiheit!“<br />

Schiller ist eben zeitlos.<br />

Der Philosoph Schiller ist mir bisher<br />

zwar nicht ganz unbekannt gewesen,<br />

jedoch ist es unter den heutigen Verhältnissen<br />

bemerkenswert, daß diese<br />

Seite seines Schaffens dargestellt<br />

wird: Schiller als Ursprung des Idealismus.<br />

Schiller, der idealistische<br />

deutsche Jüngling schlechthin; und<br />

Schiller, der Ästhet, der die Menschen<br />

durch und über die Schönheit<br />

zur Wahrheit, Freiheit und zum Frieden<br />

geführt sehen möchte.<br />

Unter der Zwischenüberschrift<br />

„Schiller als Erzieher“ schreiben<br />

die Verfasserinnen: „Schon Gott-<br />

Straße (kein Postfach!)<br />

Einsenden an: DEUTSCHE SPRACHWELT • Postfach 1449 • D-91004 Erlangen<br />

Ferndruck (Fax) 0049-(0)91<strong>31</strong>-480662 • buchdienst@deutsche-sprachwelt.de<br />

bitten um Vorschläge für deutsche Entsprechungen<br />

zu einem ausgewählten<br />

Anglizismus.<br />

Leider kommt bei dieser Darstellung<br />

zu kurz, daß nicht nur diese vier Männer,<br />

sondern eine breite Phalanx von<br />

Sprachvereinen und -initiativen schon<br />

seit einigen Jahren für die deutsche<br />

Sprache kämpft. Zwar werden „Einrichtungen<br />

für Sprachkultur“ aufgezählt,<br />

darunter jedoch vor allem Organisationen<br />

wie der <strong>Deutsche</strong> Sprachrat, die<br />

Wiesbadener Gesellschaft für deutsche<br />

Sprache und das Mannheimer Institut<br />

für deutsche Sprache, die sich bislang<br />

wenig rühmlich bis kontraproduktiv<br />

im Kampf gegen die Überflutung der<br />

deutschen Sprache mit nichtssagendem,<br />

verwirrendem, unverständlichem<br />

und prahlerischem Denglisch hervorgetan<br />

haben. Die Sprachpanscherwahl<br />

des Vereins <strong>Deutsche</strong> Sprache, der<br />

„Anglizismenindex“, die DEUTSCHE<br />

SPRACHWELT oder der „Tag der<br />

deutschen Sprache“ bleiben zum Beispiel<br />

unerwähnt. Dennoch bietet das<br />

Buch allen Freunden der deutschen<br />

Sprache eine gute Schützenhilfe.<br />

Wolf Schneider, Speak German.<br />

Warum Deutsch manchmal besser<br />

ist, Rowohlt, Reinbek bei Hamburg<br />

2008, 192 Seiten, 14,90 Euro (in reformierter<br />

Rechtschreibung).<br />

hold Ephraim Lessing hatte mit der<br />

Schrift ‚Die Erziehung des Menschengeschlechts‘<br />

(1780) dem aufklärerischen<br />

Erziehungsgedanken einen<br />

entscheidenden Impuls gegeben.<br />

Das Weimarer Klassikprojekt, das<br />

die Bildung des ‚ganzen Menschen‘<br />

mit allen Talenten zu fördern sucht<br />

und bis zur Mitte des zwanzigsten<br />

Jahrhunderts Vorbild war, ist in<br />

letzter Zeit rapide in Vergessenheit<br />

geraten, da Schüler meist nur nützliche<br />

Schlüsselkomponenten für den<br />

Arbeitsmarkt erwerben sollen.“ Da<br />

denkt man sofort: „Oje, wenn das<br />

man gut geht!“ Es geht aber gut.<br />

„Möglichst Schiller“, ein Lesebuch<br />

für Jugendliche und Erwachsene!<br />

Christiana Engelmann, Claudia Kaiser,<br />

Möglichst Schiller, dtv – Reihe<br />

Hanser Nr. 62196, München 2004,<br />

377 Seiten, kartoniert, 7,50 Euro.<br />

DSW <strong>31</strong>/08<br />

Versandkosten für Deutschland und Österreich bei Bestellungen unter 100,– Euro: 2,30 Euro, sonst versandkostenfrei.<br />

Andere Länder: nur gegen Vorauskasse (z.B. Scheck); Versandkosten: zehn Prozent vom Auftragswert, mindestens 2,30 Euro!<br />

Auf Ihre Bestellung haben Sie gem. Fernabsatzgesetz ein gesetzliches Widerrufsrecht von 14 Tagen. Wenn Sie von diesem Widerrufsrecht<br />

Gebrauch machen, müssen Sie bei einem Bestellwert bis 40,– Euro die Kosten der Rücksendung selbst tragen, es sei denn, die gelieferte<br />

Ware entspricht nicht der bestellten.<br />

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<strong>Deutsche</strong> <strong>Sprachwelt</strong>_Ausgabe <strong>31</strong>_Frühling 2008<br />

Üble Überheblichkeit<br />

Langenscheidts „Übelsetzungen“<br />

Von Rominte van Thiel<br />

eim ersten Blättern und Lesen<br />

B in dem Büchlein „Übelsetzungen<br />

– Sprachpannen aus aller Welt“<br />

wird der Leser schmunzeln oder auch<br />

laut lachen, denn es sind fotografisch<br />

dokumentierte Kuriositäten auf Warn-,<br />

Hinweis- und Werbetafeln, in Produktbeschreibungen<br />

und Gebrauchsanweisungen<br />

in deutscher Sprache, oft<br />

so bar jeden Sinnes oder mit erst zu<br />

enträtselndem Sinn, daß sie teils wie<br />

dadaistische Kunstwerke anmuten.<br />

Wie könnte sonst ein Schild warnen:<br />

„Ich bin in Gefahr, nicht zu geschehen“.<br />

Weiter findet sich ein Putzprodukt<br />

namens Enviro-Schmarotzen, das<br />

„sollte seintrockne nie nässen! Kann<br />

seindirektLieblingstier. Aufgreift Lint<br />

und Haar von rinnen.“ In dem Büchlein<br />

finden sich Bilder von Speisekarten,<br />

auf denen „Geheilter Manchego<br />

oder Sattelschlepper“, Hamsgemacht<br />

Kroketen, KunstiErwürgt Salat oder,<br />

ziemlich makaber anmutend, „Sortierte<br />

von Schädeln“ angeboten werden.<br />

Mancher Text auf den Fotos läßt sich<br />

überhaupt nicht enträtseln, manches<br />

verhüllt dichterisch, was gemeint ist,<br />

so wenn von den Bewohnern des „entfernsten<br />

Dorfes von Samos“ die Rede<br />

ist, die „gelaufen, um nach ihren Felder<br />

und Olivenöle zu gehen, indem sie<br />

durch ihren Tieren die Beschaffungen<br />

aus Karlovassi oder ihren Mitmenschen<br />

in Notlage nach dem Arzt der<br />

Stadt transportierten.“ Einiges entschlüsselt<br />

der Journalist Titus Arnu,<br />

der zu fast jedem Beispiel einen mehr<br />

oder minder humorvollen Begleittext<br />

geschrieben hat, durch gedankliches<br />

Nachverfolgen der oft allzu wörtlichen<br />

Übersetzung oder der Übersetzung auf<br />

dem Umweg über mehrere Sprachen.<br />

So spaßig viele der Sprachpannen<br />

sind, so überheblich und deswegen ei-<br />

„Symphonie triomphale“<br />

er schlesische Komponist Hugo<br />

D Ulrich (1827 bis 1872) ist heute<br />

weitgehend unbekannt. Gerhard Helzel<br />

hat sich zur Aufgabe gemacht,<br />

ihn vor dem Vergessen<br />

zu bewahren. Aus diesem<br />

Grund hat Helzel Ulrichs<br />

„Symphonie triomphale“<br />

erstmals eingespielt. Diese<br />

Symphonie zeichnet vor allem<br />

ihre heitere und gleichzeitig<br />

majestätische Stimmung<br />

aus. „Ich habe mich<br />

bemüht, diese einmalig schöne<br />

Symphonie einzuspielen,<br />

um sie einmal selbst hören<br />

zu können. Aber wenn auch<br />

nen schalen Geschmack hinterlassend<br />

sind manche der Erläuterungstexte.<br />

Zwar ist zu wünschen, daß länger in<br />

Deutschland lebende<br />

Ausländer auch<br />

die deutsche Sprache<br />

beherrschen,<br />

andererseits ist es<br />

arrogant und anmaßend,<br />

zu erwarten,<br />

daß auch auf dem<br />

fernsten Archipel<br />

Deutsch gesprochen<br />

und fehlerfrei geschrieben wird. Wenn<br />

auf einer Speisekarte ein GROBER<br />

VORSPEISENTELLER angeboten<br />

wird, so ist leicht zu erraten, daß der<br />

Schreiber unser ß für ein B angesehen<br />

hat. Aber: Hand aufs Herz, kennen wir<br />

alle Sonderzeichen in den Schriften unserer<br />

europäischen Nachbarn oder noch<br />

fernerer Länder oder beherrschen wir<br />

ihre Sprachen?<br />

Wenn man auf diese gesammelten<br />

Stilblüten trifft, wäre im Bewußtsein<br />

dessen, daß man sich im Ausland bemüht<br />

hat, den deutschen Gast zu informieren,<br />

zu umwerben oder zu warnen,<br />

wohlwollendes Lachen statt manchmal<br />

Häme besser angebracht, vor allem weil<br />

der erläuternde Text in Neuschriebversion<br />

an einigen Stellen Sprachpannen<br />

aus Deutschland bietet. Zu lachen gibt<br />

es natürlich genug in diesem Büchlein,<br />

über den „Schicklichanzug“ für<br />

den Besuch einer griechischen Kirche,<br />

über „Fußball-Ventilatoren der Welt“,<br />

die man in einer Liverpooler Kneipe<br />

willkommen heißt, wie auch über die<br />

„alte Frifeurin gegen das Hotel Tansel“,<br />

weswegen das Buch ein harmlosnettes<br />

Mitbringsel sein könnte.<br />

Langenscheidt Übelsetzungen<br />

– Sprachpannen aus aller Welt,<br />

mit Texten von Titus Arnu, Langenscheidt<br />

KG, Berlin und München<br />

2007, 127 Seiten, 9,95 Euro.<br />

andere sie hörten, würde ich mich sehr<br />

freuen“, so Helzel. Wer sich ein Bild<br />

von der Symphonie machen will, kann<br />

den Anfang des 1. und 2.<br />

Satzes von der „Klassika“-<br />

Seite kostenlos herunterladen:<br />

www.klassika.info/<br />

Komponisten/Ulrich_Hugo/<br />

index.html (dsw)<br />

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����� ��������������� ����������������������<br />

Die Symphonie kann<br />

gegen Rechnung beim<br />

Autor bestellt werden für<br />

16 Euro + 2 Euro Porto:<br />

Dipl.-Ing. Gerhard Helzel,<br />

Timm-Kröger-Weg 15,<br />

D-22335 Hamburg, Telefon<br />

+49 (0)40-505374.<br />

Kostenlose öffentliche<br />

IDO-Kurse<br />

finden regelmäßig<br />

in Berlin statt!


<strong>Deutsche</strong> <strong>Sprachwelt</strong>_Ausgabe <strong>31</strong>_Frühling 2008 Literatur<br />

Seite 9<br />

R<br />

einer Kunze und seine Frau<br />

Elisabeth haben eine gemeinnützige<br />

Stiftung gegründet.<br />

Diese soll die Voraussetzungen<br />

dafür schaffen, daß nach dem<br />

Tod der Stifter in deren Haus ein<br />

Ort entsteht, in dem sich Zeitgeschichte,<br />

Bildende Kunst und Literatur<br />

begegnen. Mit Reiner Kunze<br />

sprach Thomas Paulwitz.<br />

DEUTSCHE SPRACHWELT: Nach<br />

einer aktuellen Untersuchung des<br />

Forschungsverbundes SED-Staat an<br />

der Freien Universität Berlin (FU)<br />

idealisieren viele Brandenburger<br />

Schüler die DDR. Demnach neigen<br />

die Schüler dazu, die DDR allein als<br />

vorbildlichen Sozialstaat zu sehen,<br />

während sie die Diktatur ausblenden.<br />

Mehr als 80 Prozent gaben an,<br />

nur wenig über die DDR und die<br />

deutsche Teilung zu wissen, da sie in<br />

der Schule kaum etwas davon erführen.<br />

Das muß Sie doch entsetzen!<br />

Reiner Kunze: Es ist nicht zuletzt<br />

deshalb bedenklich, weil mit denen,<br />

die die DDR noch erlebt haben, auch<br />

jene wegsterben, die sich dem politischen<br />

System widersetzten. Mit ihnen<br />

sinkt auch das Wissen um ihren<br />

Alltag ins Grab. Aber es sind nicht<br />

nur Brandenburger Schüler, die nur<br />

wenig über die DDR und die deutsche<br />

Teilung wissen.<br />

Sie und Ihre Frau haben die „Reiner<br />

und Elisabeth Kunze-Stiftung“<br />

gegründet, damit nach Ihrem Tod<br />

Ihr Haus zu einer „Stätte der historischen<br />

Wahrheit“ und zu einem „Ort<br />

des Schönen“ werden kann. Was ist<br />

darunter zu verstehen?<br />

Wir verfügen über umfangreiches<br />

dokumentarisches Material, das<br />

Auskunft gibt über die politischen<br />

und zwischenmenschlichen Verhältnisse<br />

in der DDR, in der Bundesre-<br />

Das Stiftungshaus<br />

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DEUTSCHEN SPRACHWELT!<br />

Ihr Ansprechpartner:<br />

Hans-Paul Marten<br />

Fernruf 00 49(0) 22 71-6 66 64,<br />

Ferndruck 6 66 63<br />

E-Post: werbeanfragen<br />

@deutsche-sprachwelt.de<br />

Reiner Kunzes Vermächtnis<br />

Heinz Stein, Illustration zu dem Gedicht<br />

„Von der Inspiration“<br />

(aus der Stiftungssammlung)<br />

publik und im vereinigten Deutschland<br />

– Material, das nicht nur junge<br />

Menschen veranlaßt, uns zu sagen,<br />

sie seien mit ähnlichem noch nie<br />

konfrontiert worden. Dieses Material<br />

soll nach unserem Tod in unserem<br />

Haus der Öffentlichkeit zugänglich<br />

gemacht werden. Außerdem hat sich<br />

über die Jahrzehnte ein Fundus von<br />

Werken der Bildenden Kunst ergeben,<br />

die auf uns persönlich oder auf<br />

Texte Bezug nehmen, oder auf die<br />

ich mich in meinen Büchern beziehe.<br />

Abgesehen davon, daß sie sichtbar<br />

machen, wie die spontane gegenseitige<br />

Inspiration von Bildender Kunst<br />

und Literatur Landes- und Sprachgrenzen<br />

überwindet, haben sie uns<br />

durch ihre bloße Existenz Halt gegeben,<br />

und so gehören sie, soll bezeugt<br />

werden, wie unser Alltag aussah und<br />

aussieht, unabdingbar dazu.<br />

Könnten Sie, was das dokumentarische<br />

Material betrifft, ein, zwei Beispiele<br />

nennen?<br />

Unter anderem befindet sich im Stiftungsarchiv<br />

eine Auswahl von cir-<br />

Silvia mag Fraktur<br />

… und Sie?<br />

Gespräch über eine neugegründete Stiftung<br />

ca 500 signifikanten und zum Teil<br />

bewegenden Briefen. Nach unserer<br />

Übersiedlung in die Bundesrepublik<br />

1977 wurde in der DDR ein junger<br />

Ingenieur, Vater von zwei Kindern,<br />

wegen seiner angeblich staatsfeindlichen<br />

Briefe an mich und einen<br />

tschechischen Autor, die außer uns<br />

dreien niemand kennen konnte, zu<br />

sechs Jahren Haft verurteilt. Die<br />

Briefe waren lediglich kritisch. Wir<br />

besitzen das Schreiben der von uns<br />

beauftragten Westberliner Anwaltskanzlei,<br />

in dem uns das Urteil und<br />

die Begründung mitgeteilt wurde,<br />

und einen der handschriftlichen Briefe<br />

des Ingenieurs.<br />

Ein anderes Beispiel: Unsere Tochter,<br />

sie war damals noch ein Kind,<br />

schenkte mir zu Weihnachten 1969<br />

einige von ihr bemalte Briefumschläge,<br />

darunter einen mit einem Löwen.<br />

Dieser Löwe gelangte, mehrfach<br />

vergrößert, auf den Umschlag des<br />

Kinderbuchs „Der Löwe Leopold“,<br />

und als die Tochter davon erfuhr, fieberte<br />

sie dem Tag entgegen, an dem<br />

sie das Buch mit ihrem Löwen würde<br />

in Händen halten dürfen. Statt des an<br />

sie in Frankfurt am Main per Eilboten<br />

und eingeschrieben abgeschickten<br />

Vorausexemplars erhielt sie jedoch<br />

einen „Beschlagnahme/Einziehungs-<br />

Entscheid“, und die Zollverwaltung<br />

der DDR wies meine Beschwerde<br />

gegen die Beschlagnahme mit der<br />

Begründung zurück, der Inhalt des<br />

Buches stehe „im Gegensatz zu den<br />

Interessen des sozialistischen Staates<br />

und seiner Bürger“. Nach dem<br />

Wechsel an der Staatsführung von<br />

Walter Ulbricht zu Erich Honecker<br />

wurde das Buch jedoch auch in der<br />

DDR gedruckt, aber es kam nicht in<br />

die Buchhandlungen, sondern l5 000<br />

fertige Exemplare wurden vernichtet,<br />

und einer der stellvertretenden Kulturminister<br />

erklärte auf der Leipziger<br />

Buchmesse, es habe nie die Absicht<br />

bestanden, das Buch „Der Löwe<br />

Leopold“ in der DDR zu veröffentlichen.<br />

Eines Abends, als meine Frau<br />

das Brot auspackte, das die Bäckerin<br />

für sie zurückgelegt hatte, fand sie in<br />

der Tüte außer dem Brot jedoch ein<br />

Exemplar der von Albrecht von Bodecker<br />

illustrierten DDR-Ausgabe<br />

des „Löwen Leopold“. Wir wissen<br />

bis heute nicht, wer dieses Exemplar<br />

in der Druckerei entwendet und von<br />

Berlin nach Greiz gebracht hat.<br />

Und das haben Sie in Ihrem Archiv?<br />

Auch die an ein Kind adressierte<br />

braune Beschlagnahmeurkunde<br />

und das Begründungsschreiben des<br />

Zolls.<br />

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Blick vom Stiftungshaus ins Donautal<br />

Von dieser Art deutsch-deutschen<br />

Alltags werden viele Schüler nichts<br />

wissen.<br />

Und wenn, wird man ihnen sagen,<br />

es sei nicht wahr. In unseren letzten<br />

DDR-Jahren erreichten mich Briefe,<br />

in denen ein Termin angegeben war<br />

– zum Beispiel, um sich während der<br />

Leipziger Buchmesse zu treffen –‚<br />

prinzipiell einen Tag nach Verstreichen<br />

des Termins, auch wenn deswegen<br />

der Brief hatte sechs Wochen zurückgehalten<br />

werden müssen. Später,<br />

als wir in der Bundesrepublik lebten,<br />

wurde dieselbe Methode gegenüber<br />

meinen in der DDR verbliebenen alten<br />

und zuletzt aus Krankheitsgründen<br />

nicht mehr reisefähigen Eltern<br />

angewandt. Um die Eltern, damit sie<br />

mich wieder einmal zu Gesicht bekamen,<br />

auf ein Interview in der ARD-<br />

Die „Reiner und Elisabeth Kunze-Stiftung“,<br />

Am Sonnenhang<br />

19, D-94130 Obernzell-Erlau,<br />

ist eine öffentliche, gemeinnützige<br />

Stiftung des bürgerlichen<br />

Rechts und Mitglied des<br />

Bundesverbandes <strong>Deutsche</strong>r<br />

Stiftungen. Die Stifter sind<br />

für Zustiftungen und Zuwendungen<br />

zur Erfüllung des Stiftungszwecks<br />

dankbar. Bestätigungen<br />

für die steuerliche<br />

Berücksichtigung der Zuwendung<br />

werden ausgestellt. Es<br />

gibt keine Möglichkeit, einen<br />

Antrag auf Förderung zu stellen.<br />

Bankverbindung:<br />

Hypo-Vereinsbank Passau,<br />

Konto 3 68 94 16 54, Bankleitzahl<br />

740 200 74.<br />

www.reiner-kunze.com<br />

Sendung „Report“ aufmerksam zu<br />

machen, telegrafierte ich ihnen am<br />

Morgen des 8. März 1988 aus Baden-Baden:<br />

„21 Uhr Herzlichst Reiner“.<br />

Das Telegramm wurde ihnen<br />

am nächsten Tag unmittelbar nach<br />

der vormittäglichen Wiederholung<br />

von „Report“ zugestellt. Nach meiner<br />

Rede auf dem Festakt zum Tag<br />

der <strong>Deutsche</strong>n Einheit 2004 in Erfurt,<br />

in der ich dieses Vorkommnis<br />

erwähnt hatte, berichteten mir einige<br />

junge Zuhörer, an dieser Stelle der<br />

Rede habe in ihrer Nähe ein Mann<br />

vernehmbar geäußert: „Der lügt!“<br />

Wir besitzen den handschriftlichen<br />

Brief meiner Mutter, in dem es heißt:<br />

„Wann habt Ihr denn das Telegramm<br />

aufgegeben? Heute, am 9.3.88, mittags:<br />

12,15 Uhr, haben wir es erhalten.“<br />

Wie wollen Sie das Stiftungsprojekt<br />

verwirklichen?<br />

Mit der Stiftungsgründung haben wir<br />

eine Lebensentscheidung nicht nur<br />

im Vertrauen auf unsere eigene Kraft<br />

getroffen. Wir haben das Haus, das<br />

zeitgeschichtliche Material und die<br />

Kunstwerke an die Stiftung gegeben<br />

und komplettieren in zeitraubender<br />

Arbeit das Archiv, aber die Erträge<br />

des von uns eingebrachten Stiftungskapitals<br />

würden bei weitem nicht<br />

ausreichen, das Projekt bescheiden<br />

zu finanzieren. Wir haben den Schritt<br />

in der Hoffnung gewagt, zu unseren<br />

Lebzeiten einige Menschen zu finden,<br />

die in der Lage und bereit sind<br />

zuzustiften.<br />

Kennen Sie ähnliche Stiftungen?<br />

Uns wird versichert, ein derartiges<br />

Projekt sei in der deutschen Stiftungslandschaft<br />

vorerst singulär.<br />

Vielen Dank für das Gespräch, lieber<br />

Herr Kunze.<br />

Bricht der Vesuv aus?<br />

Der neue Roman von Kurt Gawlitta erzählt eine<br />

Liebesgeschichte unter dem Vesuv. Silvia Falk<br />

begegnet in Neapel Giorgio Casella. Er arbeitet<br />

am Observatorium und ist überzeugt, der Vulkan<br />

breche bald aus, findet aber kein Gehör.<br />

Das Risiko für die dicht besiedelte Region schafft<br />

unerhörte Spannung. Der Autor arbeitet Fakten<br />

und Hintergründe unterhaltsam in die Erzählung<br />

ein. Der „Ausbruch” knüpft an den Roman<br />

„Der verkaufte Mund” (2004) an, erschließt sich<br />

aber auch ohne die Vorkenntnisse.<br />

Ausbruch, Roman von Kurt Gawlitta<br />

IFB Verlag, Paderborn, 12/2007<br />

ISBN 978–3–9<strong>31</strong>263–73-7, Taschenbuch, 380 Seiten, 12,50 €uro


Seite 10 Werkstatt<br />

D<br />

D<br />

Porsche überholt alle<br />

Die Leser der DEUTSCHEN SPRACHWELT haben<br />

die Sprachwahrer des Jahres 2007 bestimmt<br />

iesmal war die Entscheidung<br />

eindeutig. Nachdem es im<br />

vergangenen Jahr ein heißes Kopfan-Kopf-Rennen<br />

zwischen Natascha<br />

Kampusch und Edda Moser um die<br />

Sprachwahrer-Krone gegeben hatte,<br />

gab bei der jüngsten Wahl die Porsche<br />

AG Gas und landete mit großem<br />

Vorsprung auf dem ersten Platz. Dahinter<br />

gingen der Liedermacher Rolf<br />

Zuckowski und die CDU-Initiative<br />

„Sprachlicher Verbraucherschutz“ auf<br />

den Plätzen 2 und 3 ins Ziel.<br />

Rund ein Drittel der Stimmen (33,77<br />

Prozent) erreichte der Autobauer aus<br />

Zuffenhausen. Das lag sicher auch<br />

daran, daß die Berichterstattung in<br />

zahlreichen Autozeitschriften wie<br />

„Autobild“ die Porsche-Anhänger (auto)mobilisierte.<br />

Auf den zweiten Platz<br />

wurde mit 21,85 Prozent der Stimmen<br />

der 60jährige Liedermacher Rolf Zukkowski<br />

gewählt. Viele Leser fanden<br />

es gut, daß Zuckowski der Jugend, die<br />

besonders der Amerikanisierung ausgesetzt<br />

ist, eingängige und in deutsch<br />

verfaßte Lieder schenkt und eine positive<br />

Einstellung zur Muttersprache hat.<br />

„Gedanken und Gefühle lassen sich<br />

einfach besser mitteilen“, sagt er zu<br />

den Vorzügen der Muttersprache.<br />

Den dritten Platz auf dem Siegertreppchen<br />

nimmt die Initiative „Sprachlicher<br />

Verbraucherschutz“ der CDU/<br />

CSU-Bundestagsabgeordneten um<br />

Julia Klöckner mit 16,56 Prozent<br />

der Stimmen ein. Die DEUTSCHE<br />

SPRACHWELT hatte die Politiker-<br />

Initiative als einen möglichen „Sprachwahrer<br />

des Jahres“ vorgeschlagen und<br />

ihr damit Rückenwind gegeben. „Die<br />

vielen positiven Reaktionen von Bürgern<br />

auf die Initiative zum Sprachlichen<br />

Verbraucherschutz sowie die<br />

aktuelle Nominierung bestärken mich,<br />

auch weiterhin für eine verständliche<br />

Die DSW in der Presse<br />

Die Nachrichtenagentur dpa verbreitete am 21. Dezember<br />

die folgende Meldung:<br />

Porsche für Wahl des „Sprachwahrers<br />

des Jahres“ nominiert<br />

rlangen (dpa/lby) – Sprachschützer haben für die Wahl des „Sprachwahrers<br />

des Jahres“ unter anderem den Sportwagen-Hersteller Porsche<br />

vorgeschlagen. Porsche setze bewußt auf die deutsche Sprache als Unternehmenssprache,<br />

um den Einfallsreichtum der Ingenieure nicht zu bremsen,<br />

begründete die Zeitung «<strong>Deutsche</strong> <strong>Sprachwelt</strong>» ihren Vorschlag. Dies habe<br />

zum wirtschaftlichen Erfolg der Porsche AG beigetragen. Porsche unterstütze<br />

außerdem im Ausland Werbemaßnahmen für Deutsch als Fremdsprache, hob<br />

die Sprachzeitung in einer Mitteilung vom Freitag hervor. Für die Auszeichnung<br />

hat das Blatt außerdem die Schweizer Orthographische Konferenz, den<br />

Kabarettisten Günter Grünwald, den Liedermacher Rolf Zuckowski und eine<br />

Verbraucherschutzinitiative von Unions-Bundestagsabgeordneten vorgeschlagen.<br />

Die Wahl, an der sich alle Leser der „<strong>Deutsche</strong>n <strong>Sprachwelt</strong>“ beteiligen<br />

können, endet am <strong>31</strong>. Januar 2008.<br />

Die „Frankfurter Neue Presse“ schrieb am 27. Dezember 2007:<br />

Im Sprach-Porsche<br />

Von Sabine Kinner<br />

Die Porsche AG ist von der Vereinigung <strong>Deutsche</strong> <strong>Sprachwelt</strong> als „Sprachwahrer<br />

des Jahres 2007“ vorgeschlagen worden. Der Autokonzern tut sich nämlich<br />

ausnahmsweise durch Entschleunigung statt Spitzengeschwindigkeit hervor:<br />

Er bremst seine Ingenieure bei der Anwendung des Englischen am Arbeitsplatz.<br />

Die Muttersprache des Erfindergeists soll Deutsch bleiben – wegen ihres<br />

Einfallsreichtums. Zwar dürfte in 50 Jahren halb Europa Englisch als Staatssprache<br />

haben. Schließlich ermöglicht das Latein von heute die Verständigung<br />

mit dem Rest der Welt. Doch es stimmt: Phantasie und Romantik, die beiden<br />

Hauptmotoren deutscher Schöpfungskraft, brauchen Deutsch als Heimatdialekt.<br />

Denn so wie man spricht, denkt (und lenkt) man. „Vergißmeinnicht“,<br />

„Gemütlichkeit“, „Sehnsucht“, „Donaudampferschiffahrtskapitän“: Das sind<br />

die unverwechselbaren Sprach-Porsches auf den Weltmärkten der Tüftelei.<br />

und rufen unsere Leser zum Protest auf<br />

„The Comical Company“<br />

BASF macht „Kunststoff“ zu „Plastics“<br />

ie Badische Anilin-und-Soda-Fabrik (BASF) ist<br />

ein großes deutsches Unternehmen mit einer langen<br />

Geschichte und Tradition. Der Standort Deutschland<br />

und in deutscher Sprache erzielte geistige Höchstleistungen<br />

machten das Unternehmen zum weltgrößten<br />

Chemiekonzern. Nun hat sich die Leitung von BASF<br />

dazu entschieden, den Konzern weiter zu amerikanisieren.<br />

Vorstandsvorsitzender Jürgen Hambrecht hat<br />

die BASF-Abteilungen ab dem 1. Januar 2008 durchgehend<br />

mit englischen Bezeichnungen versehen, ohne<br />

dafür deutschsprachige Entsprechungen anzubieten.<br />

Die neuen sechs Segmente lauten: Chemicals, Plastics,<br />

Functional Solutions, Performance Products, Agricultural<br />

Solutions und Oil&Gas. Vorher waren es die fünf<br />

Bereiche Chemikalien, Kunststoffe, Veredelungsprodukte,<br />

Pflanzenschutz/Ernährung und Öl/Gas.<br />

Sprachsünder Ecke An dieser Stelle stellen wir Sprachsünder vor, die besonders unangenehm aufgefallen sind,<br />

Selbst unter Englischkundigen setzte sofort das Rätselraten<br />

ein, was mit Functional Solutions oder Performance<br />

Products gemeint sei. Ein Journalist taufte<br />

in einer Zeitungsglosse die BASF, die sich als „The<br />

Chemical Company“ bezeichnet, in „The Comical<br />

Company“ um. Die Umbenennung geschah auch<br />

Spachlicher<br />

Verbraucherschutz<br />

16,56<br />

21,85<br />

Rolf Zuckowski<br />

Günter Grünwald<br />

15,23<br />

33,77<br />

7,95<br />

4,64<br />

Porsche<br />

SOK<br />

Die Sprachwahrer des Jahres 2007<br />

Andere<br />

deutsche Sprache im Sinne aller Verbraucher<br />

einzutreten“, so zum Beispiel<br />

Gitta Connemann, Bundestagsabgeordnete<br />

und Kuratoriumsvorsitzende<br />

der Initiative <strong>Deutsche</strong> Sprache, am<br />

10. Januar. „Einkaufen und Reisen<br />

ohne Englischkenntnisse muß auch in<br />

Zukunft noch möglich sein“, sagte der<br />

CDU-Bundestagsabgeordnete Bleser.<br />

Die CDU/CSU machte in Pressemitteilungen<br />

auf ihre Nominierung aufmerksam<br />

(siehe Kasten).<br />

Die meisten hatten jedoch die Argumente<br />

für Porsche überzeugt. So<br />

konnte im Jahr 2005 ein Deutsch-<br />

Lektor auf Island 18 Monate lang einen<br />

Porsche-Geländewagen mit 250<br />

PS nutzen, um auf der ganzen Insel,<br />

bei fast allen Schulen und Sportvereinen<br />

für Deutschland und die deutsche<br />

Sprache zu werben. Porsche-Lenker<br />

Wendelin Wiedeking hatte dem Nachrichtenmagazin<br />

„Der Spiegel“ gesagt:<br />

„Wenn Englisch oder Französisch die<br />

Konzernsprache ist, benachteiligt man<br />

automatisch alle, für die dies nicht die<br />

Muttersprache ist.“ An anderer Stelle<br />

sagte er: „Was heißt das, wenn sie [die<br />

Mitarbeiter] plötzlich in einer Fremdsprache<br />

kommunizieren müssen? Sie<br />

rauben vielen die Möglichkeit, sich<br />

so zu artikulieren, wie sie es gewohnt<br />

sind. Da bleibt Leben auf der Strecke.<br />

Da verlieren sie Kraft.“<br />

Freilich wurde die Nominierung der<br />

Porsche AG auch kritisch gesehen. Die<br />

Zeitschrift „Autobild“ wies darauf hin,<br />

daß „bei allem Einfallsreichtum der<br />

Ingenieure“ sich in der Pressemappe<br />

ein paar Anglizismen eingeschlichen<br />

hätten. Hier kann sich der Autobauer<br />

mit Sicherheit noch steigern. Die Auszeichnung<br />

zum „Sprachwahrer“ sollte<br />

ihm dabei eine besondere Verpflichtung<br />

sein.<br />

www.sprachpflege.info/index.php/<br />

Sprachwahrer_des_Jahres<br />

www.sprachpflege.info/index.php/<br />

Sprachlicher_Verbraucherschutz<br />

www.deutsche-sprachwelt.de/<br />

sprachwahrer<br />

gegen den Willen vieler BASF-Mitarbeiter. Ein Beschäftigter<br />

schrieb in der BASF-Mitarbeiterzeitung, er<br />

tue sich mit den neuen Bezeichnungen „sehr schwer“.<br />

In der Schule habe er etwa sieben Monate Englisch<br />

gehabt. Er fügte hinzu: „Ausländische Mitarbeiter<br />

von Partnerfirmen müssen am Tor ihre Deutschkenntnisse<br />

nachweisen. Die Amtssprache in Deutschland<br />

ist Deutsch.“ BASF-Sprecher Felix Gress kündigte<br />

jedoch bereits weitere englische Bezeichnungen an.<br />

Seine Begründung lautet: „Denn wir sind schon lange<br />

kein deutsches Unternehmen mehr.“ Die meisten Anteilseigner<br />

seien nämlich Nichtdeutsche. (dsw)<br />

Mit BASF verabschiedet sich ein weiteres deutsches<br />

Großunternehmen von der deutschen Sprache.<br />

Warum beachtet es nicht die Kritik seiner Angestellten?<br />

Fragen Sie die BASF und lassen Sie uns<br />

bitte ein Doppel zukommen:<br />

Sprachsünder Dr. Jürgen Hambrecht, Vorstandsvorsitzender<br />

der BASF SE, D-67056 Ludwigshafen,<br />

Telefon +49-(0)621-60-0, Telefax +49-(0)<br />

621-60-42525, global.info@basf.com<br />

Anzeige<br />

<strong>Deutsche</strong> <strong>Sprachwelt</strong>_Ausgabe <strong>31</strong>_Frühling 2008<br />

Die DSW in der Presse<br />

Pressemitteilung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion vom 2. Januar 2008:<br />

„Sprachlicher Verbraucherschutz“ nominiert zur Wahl<br />

„Sprachwahrer des Jahres“<br />

Wir benötigen einen erweiterten Verbraucherschutz, der sich auch auf das<br />

Verständnis von Sprache bezieht<br />

Anläßlich der Nominierung der Sprachinitiative der Unionsfraktion zum<br />

„Sprachwahrer des Jahres“ durch die „<strong>Deutsche</strong> <strong>Sprachwelt</strong>“ erklären der Vorsitzende<br />

der Arbeitsgruppe Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz,<br />

Peter Bleser MdB, und die Verbraucherschutzbeauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion,<br />

Julia Klöckner MdB:<br />

Seit acht Jahren wählen die Leser der DEUTSCHEN SPRACHWELT Sprachwahrer,<br />

um vorbildlichen Einsatz für die deutsche Sprache auszuzeichnen. […]<br />

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion sieht sich durch die vielen positiven Reaktionen<br />

von Bürgerinnen und Bürgern auf die Initiative zum Sprachlichen Verbraucherschutz<br />

und durch die aktuelle Nominierung darin bestärkt, weiterhin<br />

für eine verständliche deutsche Sprache im Sinne aller Verbraucherinnen und<br />

Verbraucher einzutreten. Leitbild der Verbraucherpolitik der Unionsfraktion<br />

ist der informierte, mündige Bürger. Verständliche Sprache ist die Voraussetzung<br />

für eigenverantwortliches Entscheiden.<br />

Fremdsprachliche Ausdrücke und Begriffe im Schulunterricht, in der Arbeitswelt,<br />

in der Wissenschaft, der Werbung und in der Öffentlichkeit nehmen stetig<br />

zu. Vor allem die englische Sprache beeinflußt immer mehr die deutsche<br />

Sprache und prägt das Bild deutscher Städte und der Medien. Jedoch ist nach<br />

eigenen Angaben etwa ein Drittel der in Deutschland lebenden Bevölkerung<br />

nicht des Englischen mächtig. Dies sind vor allem ältere Menschen, deren<br />

schulische Bildung das Erlernen von Fremdsprachen noch nicht vorsah sowie<br />

Menschen mit Migrationshintergrund, von denen zu Recht erwartet wird, daß<br />

sie aus Integrationsgründen die deutsche Sprache erlernen. Im Sprachenalltag<br />

stoßen diese Personengruppen immer häufiger an ihre Grenzen und werden<br />

sprachlich ausgegrenzt.<br />

Bei Produktbeschriftungen, Gebrauchsanleitungen, in Flughäfen und Bahnhöfen<br />

ist Deutsch mittlerweile Randsprache geworden. Es ist zwar sinnvoll, Flug-<br />

und Fahrthinweise auf internationalen Verkehrsdrehkreuzen zusätzlich auch<br />

in englischer Sprache anzugeben, jedoch nicht ausschließlich. Wir benötigen<br />

einen erweiterten Verbraucherschutz, der sich auch auf das Verständnis von<br />

Sprache bezieht. Es muß im Alltag wieder selbstverständlich werden, daß man<br />

sich als Verbraucher in Deutschland mit dem Beherrschen ausschließlich der<br />

deutschen Sprache zurechtfindet. Deshalb fordert die CDU/CSU-Fraktion:<br />

• Gesetzestexte, Verlautbarungen und Werbekampagnen der Bundesregierung<br />

und des Bundestages sowie die Kommunikation mit Bürgerinnen und<br />

Bürgern sollen in verständlicher deutscher Sprache abgefaßt werden.<br />

• Die Bundesregierung muß als Anteilseigner, Genehmigungsbehörde oder<br />

Investor eine durchgehende – nicht notwendigerweise ausschließliche –<br />

Verwendung der deutschen Sprache in Beschilderungen, Leitsystemen usw.<br />

gewährleisten. Dies betrifft unter anderem auch die Beschriftung in öffentlichen<br />

Gebäuden, Bahnhöfen sowie Flughäfen. Neben der oft verwendeten<br />

englischen Sprache soll die deutsche Sprache in verständlicher Weise zwingend<br />

genutzt werden.<br />

• Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft sollen sich dafür einsetzen,<br />

daß Gebrauchs- oder Betriebsanleitungen, Bedienelemente sowie die Garantievoraussetzungen<br />

eines Produkts auch in deutscher Sprache zu finden sind.<br />

Dies soll auch für alle schriftlichen Dokumente wie Rechnungen, Verträge,<br />

Formulare und so weiter gelten.<br />

Leider blockiert die SPD-Bundestagsfraktion bisher eine gemeinsame Koalitionsinitiative<br />

und ignoriert dadurch die Bedürfnisse vieler Verbraucherinnen<br />

und Verbraucher.<br />

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<strong>Deutsche</strong> <strong>Sprachwelt</strong>_Ausgabe <strong>31</strong>_Frühling 2008 Anstöße<br />

Seite 11<br />

Wettbewerb<br />

für Schullesebücher<br />

er Verein „Lernen für die Deut-<br />

D sche und Europäische Zukunft<br />

e.V.“ hat einen Wettbewerb für deutsche<br />

Lesebücher für die Klassen 5<br />

und 6 ausgeschrieben. Diese Bücher<br />

sollen mit ihren Beiträgen Schülern<br />

die deutsche Kultursprache als<br />

Vorbild vermitteln und so zu einem<br />

kultivierten Umgang der Menschen<br />

miteinander beitragen. Dabei sind<br />

sowohl Stücke aus der großen deutschen<br />

literarischen Vergangenheit<br />

gefragt als auch Originalbeiträge.<br />

Außerdem sollen die Bücher Werte,<br />

wie sie in vielen Landesverfassungen<br />

festgeschrieben sind, zum Erlebnis<br />

machen, zum Beispiel: Ehe und Familie,<br />

Mutterschaft und Kinder, Ehrfurcht<br />

vor Gott oder Liebe zu Volk<br />

und Heimat.<br />

<strong>Deutsche</strong> Lesebücher, so der Verein,<br />

sollen Lesefreude wecken und zur<br />

Persönlichkeitsbildung beitragen, damit<br />

junge Menschen hoffnungsfroh<br />

leben und den Wunsch entwickeln,<br />

nicht nur zum eigenen Glück und<br />

Wohl zu handeln, sondern<br />

auch für andere<br />

Menschen dazusein.<br />

Die Schönheit<br />

von Tugenden wie<br />

Liebe, Treue, Ehrlichkeit,<br />

Tapferkeit<br />

soll veranschaulicht<br />

werden im Gegen-<br />

satz zur Häßlichkeit von Haß, Egoismus,<br />

Treulosigkeit, Verlogenheit,<br />

Feigheit.<br />

Die ausgesetzte Preissumme beträgt<br />

10 000 Euro. Die Jury kann diese<br />

Summe im ganzen an einen herausragenden<br />

Wettbewerbsteilnehmer<br />

vergeben oder auch aufteilen. Der<br />

Preis kann auch bei Vorlage eines<br />

druckreifen Manuskriptes als Druckkostenzuschuß<br />

verwendet werden.<br />

Geplanter Termin: Schuljahresende<br />

2008. Die Schirmherrschaft über diesen<br />

Wettbewerb hat der Augsburger<br />

Bischof Walter Mixa übernommen,<br />

die Mitglieder der Jury sind Persönlichkeiten<br />

aus unterschiedlichen<br />

Fach- und Gesellschaftsbereichen.<br />

(dsw)<br />

Kontakt: Wolfram Ellinghaus, Hesselteicher<br />

Str. 66, D-33428 Harsewinkel,<br />

Telefon +49-(0)5247-4502,<br />

Telefax 49-(0)5247-405449,<br />

ldez.e.v@web.de<br />

Die DSW in der Presse<br />

Zum Internationalen Tag der Muttersprache am 21. Februar 2008<br />

führte <strong>Sprachwelt</strong>-Mitarbeiterin Ursula Bomba mit dem Hörfunk<br />

der „<strong>Deutsche</strong>n Welle“ ein Gespräch auf englisch (!).<br />

Am 21. Februar 2008 erschien außerdem in der Tageszeitung<br />

„Die Welt“ der folgende Beitrag:<br />

Das Kulturgut Sprache<br />

soll besser geschützt werden<br />

Von Sören Kittel<br />

[…] Aktuell fordert die Berliner CDU, daß „die deutsche Sprache als Kulturgut<br />

gestärkt und geschützt“ wird. In einem parlamentarischen Antrag für<br />

die nächste Abgeordnetenhaussitzung werden der Berliner Senat und die<br />

Bundesregierung aufgefordert, „einer Verdrängung von Teilen des deutschen<br />

Wortschatzes durch Anglizismen und Jargons entgegenzuwirken“. Man wolle<br />

zwar keine neuen gesetzlichen Regelungen schaffen, sagt der kulturpolitische<br />

Sprecher Michael Braun, aber die bisher schon geltenden Regelungen besser<br />

überwachen. Wie genau man allerdings gegen Backshop und Boarding Ticket<br />

vorgehen will, läßt der Antrag offen. Konkreter geht die Zeitung „<strong>Deutsche</strong><br />

<strong>Sprachwelt</strong>“ vor. Sie bemängelt, daß die immer stärkere Ausrichtung auf Englisch<br />

in der Bildung zunehmend auf Kosten von Deutsch als Muttersprache<br />

geht. Und sie bezieht sich dabei ganz konkret auf den „Tag der Muttersprache“.<br />

Dabei wurde dieser von der Unesco ins Leben gerufen, um auf die weltweit<br />

rund 2 000 gefährdeten Sprachen aufmerksam zu machen – in Deutschland<br />

gehört das Sorbische dazu. Und da paßt es der „<strong>Deutsche</strong>n <strong>Sprachwelt</strong>“<br />

auch nicht, daß das Goethe-Institut derzeit einen Wettbewerb um das schönste<br />

Fremdwort durchführt. […]<br />

Ebenfalls am 21. Februar 2008 erschien in der „Nürnberger Zeitung“<br />

der folgende Beitrag:<br />

Ist Englisch zu sehr auf<br />

dem Vormarsch?<br />

Von Christian Ebinger<br />

Wenn Edmund Stoiber einen Satz sagt wie „Bayern hat eine gute Performance<br />

in Deutschland“, dann läuft das für die in Erlangen erscheinende Zeitung<br />

„<strong>Deutsche</strong> <strong>Sprachwelt</strong>“ unter der Rubrik „Sprachpanscherei“, Unterabteilung<br />

„Politikerkauderwelsch“. Die Zeitung will eine lebendige deutsche Sprache<br />

erhalten und warnt zum heutigen internationalen Tag der Muttersprache davor,<br />

daß Englisch in der Bildung immer mehr Raum einnimmt und dies auf<br />

Kosten von Deutsch als Muttersprache gehe. In Krippen und Kindergärten,<br />

an Schulen und Hochschulen sei Englisch auf dem Vormarsch, moniert die<br />

Sprachzeitung. Dabei gerate der Wert einer gut beherrschten Muttersprache in<br />

den Hintergrund. Fremdsprachen sind in den Augen der Sprachzeitung zwar<br />

wichtig, „doch nur wer seine Muttersprache beherrscht, kann eine andere<br />

Sprache gut erlernen“. Es sei bedenklich, daß Englisch in allen Bundesländern<br />

schon in der Grundschule Pflichtfach ist. Zwar erweiterten Fremdsprachen<br />

den Gesichtskreis, ließen sich aber niemals so gut wie eine Muttersprache<br />

beherrschen. […]<br />

Voller Tatendrang<br />

Die Neue Fruchtbringende Gesellschaft feierte ihr einjähriges Bestehen<br />

it einer Mitgliederversammlung<br />

M und einer Festveranstaltung<br />

beging die Fruchtbringende Gesellschaft<br />

am 19. Januar in der Köthener<br />

Schloßkapelle den ersten Jahrestag<br />

ihrer Wiedergründung. Die Neue<br />

Fruchtbringende Gesellschaft (NFG)<br />

knüpft an die sprachpflegerische<br />

Tradition der ursprünglichen Gesellschaft<br />

von 1617 an. Innerhalb eines<br />

Jahres hat die NFG mit zahlreichen<br />

Tätigkeiten von sich reden gemacht.<br />

Nur einige Stichworte seien genannt<br />

(die DSW berichtete): Köthener<br />

Sprachtag, Köthener Sprachforum,<br />

Schülerwettbewerb „Schöne deutsche<br />

Sprache“, Reiner Kunzes Rede<br />

zur deutschen Sprache und so weiter.<br />

Auch in diesem Jahr gibt es ein reiches<br />

Programm. Am 1. Januar trat<br />

die Vorsitzende Uta Seewald-Heeg<br />

in der neuen Sprachsendung des Mitteldeutschen<br />

Rundfunks auf, die von<br />

Jürgen von der Lippe moderiert wird<br />

und dementsprechend „Frei von der<br />

Lippe“ heißt. Im Februar trat das 100.<br />

Mitglied bei. Der Schülerwettbewerb<br />

„Mein liebstes Sprichwort“ (DSW<br />

30, Seite 9) steht in diesem Jahr erstmals<br />

unter der Schirmherrschaft des<br />

Kultusministers Sachsen-Anhalts,<br />

Jan-Hendrik Olbertz. Der Einsendeschluß<br />

für den Wettbewerb wurde<br />

außerdem bis zum 30. April 2008<br />

verlängert. Der Köthener Sprachtag,<br />

das Treffen der Sprachfreunde und<br />

Sprachvereine, findet dieses Jahr bereits<br />

im Juni statt (siehe Seite 12).<br />

Der Bachchor unter der Leitung von Kirchenmusikdirektorin<br />

Martina Apitz Bild: pau<br />

Die Festveranstaltung am 19. Januar,<br />

die die NFG gemeinsam mit<br />

dem Historischen Museum und dem<br />

Verein für Anhaltische Landeskunde<br />

ausrichtete, bot Gelegenheit, sich<br />

über das bisher Erreichte zu freuen<br />

und zuversichtlich in die Zukunft<br />

zu blicken. Der Bachchor unter der<br />

Leitung von Kirchenmusikdirektorin<br />

Martina Apitz umrahmte den<br />

Nachmittag musikalisch. Zunächst<br />

richtete sich der Blick auf das historische<br />

Mitglied Diederich von<br />

dem Werder, über den Gabriele Ball<br />

von der Sächsischen Akademie der<br />

Wissenschaften zu Leipzig sprach.<br />

Danach wandte sich Kurt Gawlitta<br />

vom VDS Berlin dem Thema „Un-<br />

sere Nachbarn – unsere Sprachen: Ist<br />

ein gemeinsamer Kampf möglich?“<br />

zu. Gawlitta zeigte an Beispielen aus<br />

Italien und Frankreich, daß auch die<br />

anderen europäischen Sprachen vom<br />

Angloamerikanischen bedrängt werden.<br />

Während in Italien, auch wegen der<br />

Bedeutung der Dialekte, der Landessprache<br />

wenig öffentliche Aufmerksamkeit<br />

geschenkt werde und auch<br />

nur kleinere Sprachorganisationen<br />

wie „Allarme Lingua“ existierten,<br />

unterscheide sich die Lage in Frankreich<br />

davon deutlich. Auf staatlicher<br />

Ebene funktioniert ein seit Jahrzehnten<br />

eingespieltes System zur<br />

Wortbildung mit offizieller Veröffentlichung<br />

der Wörtervorschläge im<br />

Amtsblatt. Das Sprachschutzgesetz<br />

von 1994 widmet sich dem Gebrauch<br />

der französischen Sprache im öffentlichen<br />

Raum, wendet sich also nicht<br />

ausdrücklich gegen die englische<br />

Sprache. Die Organisation französischsprachiger<br />

Staaten (OIF) versucht<br />

weltweit, einem Gegenmodell<br />

zur Globalisierung angloamerikanischer<br />

Prägung zum Durchbruch zu<br />

verhelfen. Auf Nichtregierungsebene<br />

besitzt Frankreich einige einflußreiche<br />

Sprachvereine, zum Beispiel<br />

die „Défense de la Langue Française“<br />

(DLF). Die sprachpolitische Zusammenarbeit<br />

in Europa beschränke<br />

sich jedoch auf Vereinsebene derzeit<br />

noch auf Informations- und Ideenaustausch,<br />

so Gawlitta. (dsw)<br />

Niedersachsens Politiker<br />

wollen Anglizismenflut bekämpfen<br />

ine große Mehrheit der Bewerber<br />

E zur niedersächsischen Landtagswahl<br />

will Anglizismen zurückdrängen.<br />

Das läßt sich aus der Befragung<br />

„Sprachprüfsteine“ der Aktion <strong>Deutsche</strong><br />

Sprache (ADS) schließen. Die<br />

Ergebnisse wurden kurz vor der Landtagswahl<br />

im Januar bekanntgegeben.<br />

Erfreulich ist, daß das Sprachbewußtsein<br />

offenbar parteienübergreifend<br />

wächst. Jedoch gibt es unter den Parteien<br />

unterschiedliche Neigungen. Die<br />

ADS hatte von November 2007 bis<br />

Anfang Januar dieses Jahres die 380<br />

Kandidaten der vier damaligen Landtagsparteien<br />

befragt. 105 Politiker<br />

antworteten, 46 davon wurden in den<br />

152köpfigen Landtag gewählt.<br />

81 Prozent der Antwortenden wollen in<br />

ihrer künftigen Parlamentsarbeit dafür<br />

eintreten, „die Flut von Anglizismen<br />

einzudämmen“. Bei CDU und SPD<br />

(96 und 97 Prozent) ist die Bereitschaft<br />

dazu am größten, bei den Grünen am<br />

geringsten (40 Prozent). Eine niedersächsische<br />

Entsprechung zur Initiative<br />

„Sprachlicher Verbraucherschutz“ der<br />

CDU/CSU-Bundestagsabgeordneten<br />

um Julia Klöckner würden 71 Prozent<br />

unterstützen. Am stärksten ist hier der<br />

Rückhalt wiederum bei CDU und SPD<br />

(92 und 90 Prozent), am geringsten bei<br />

den Grünen (35 Prozent).<br />

Eine Mehrheit von 60 Prozent lehnt<br />

jedoch einen eigenen Grundgesetzartikel<br />

zur deutschen Sprache ab. Befürworter<br />

gibt es mehrheitlich nur in der<br />

CDU (50 Prozent), während die SPD-<br />

Bewerber dieses Ansinnen am deutlichsten<br />

ablehnen (87 Prozent). Für<br />

den frühen Unterricht in einer Fremdsprache<br />

treten 84 Prozent der antwortenden<br />

Kandidaten ein, am stärksten<br />

in CDU und SPD mit über 90 Prozent.<br />

Das Argument, daß früher Englischunterricht<br />

auf Kosten von Deutschstunden<br />

geht, geriet dabei gegenüber<br />

den Vorstellungen „je früher, desto<br />

besser“ oder „die Globalisierung erfordert<br />

es“ in den Hintergrund.<br />

Die Rechtschreibung in der überarbeiteten<br />

Fassung von 2006 halten nur<br />

20 Prozent der antwortenden Politiker<br />

für gelungen, eine Mehrheit lehnt sie<br />

ab, am stärksten die FDP-Bewerber<br />

(77 Prozent). Bei den SPD-Bewerbern<br />

trauen sich in dieser Frage 52 Prozent<br />

kein Urteil zu. Die wirkliche Meinung<br />

der SPD-Landtagsabgeordneten ist<br />

nicht klar, denn die Antworten waren<br />

in der Regel nahezu wortgleich, also<br />

vermutlich von oben vorgegeben.<br />

Auch wenn die Antworten der Grünen<br />

häufig nicht den Vorstellungen<br />

der Sprachpfleger entsprechen, waren<br />

sie teilweise sehr sorgfältig und ausführlich<br />

abgefaßt.<br />

Unterdessen konnte die ADS zwei<br />

neue Ehrenmitglieder gewinnen: die<br />

Bundestagsabgeordnete Julia Klöckner,<br />

Sprecherin der Unionsinitiative<br />

„Sprachlicher Verbraucherschutz“,<br />

Hermann Neemann, der Vorsitzende<br />

der ADS, überreicht der Bundestagsabgeordneten<br />

Julia Klöckner die Urkunde<br />

zur Ehrenmitgliedschaft.<br />

und den Komponisten, Textdichter<br />

und Produzenten Frank Ramond.<br />

„Aus seiner Feder stammen die anspruchsvollsten,<br />

witzigsten und zugleich<br />

glaubwürdigsten deutschen<br />

Chanson-, Jazz- und Pop-Texte“,<br />

heißt es in der Begründung. (dsw)<br />

Die DSW in der Presse<br />

Die Winterausgabe DSW 30 erzielte ein großes Presseecho.<br />

Am 24. Dezember 2007 verbreitete die Nachrichtenagentur dpa<br />

die folgende Meldung, die eine große Zahl von Medien aufgriff:<br />

<strong>Deutsche</strong> Sprachschützer:<br />

Wieder Weihnachten statt „X-Mas“ feiern<br />

rlangen (dpa) – Für Rückbesinnung auf deutsche Traditionsbegriffe wie<br />

Christkind, Heiligabend oder Nikolaus hat der Verein für Sprachpflege<br />

zum Weihnachtsfest plädiert. Durch eine gedankenlose Übernahme von<br />

Wörtern wie „Christmas“ oder „X-Mas“ in den deutschen Sprachgebrauch sei<br />

inzwischen eine gezielte „Amerikanisierung“ und „Cocacolisierung“ des besinnlichen<br />

Weihnachtsfestes erfolgt, heißt es in einem Beitrag der Zeitschrift<br />

„<strong>Deutsche</strong> <strong>Sprachwelt</strong>“ unter dem Titel „Santa Claus muß raus“. Die in dem<br />

Verein zusammengeschlossenen Sprachschützer, die die Zeitschrift herausgeben,<br />

waren in den vergangenen Jahren vor allem durch ihren Kampf gegen die<br />

Rechtschreibreform hervorgetreten. In einer deutschen Großstadt habe es gar<br />

im Advent ein „Charity-Run“ unter dem Titel „Lauf, Santa, lauf“ gegeben,<br />

heißt es in dem Beitrag weiter. Auch „die belästigende Bedröhnung mit amerikanischen<br />

‚Christmas-Songs‘ in den Kaufhäusern und aus dem Radio“ mache<br />

es schwer, in der „staden Zeit“ zur Ruhe zu kommen. Und während die Strompreise<br />

stiegen, „lassen Lichtorgien in Gärten, auf Terrassen und an Häusern<br />

Leuchtmittelhersteller und Energieriesen frohlocken“. Gleichwohl wachse die<br />

Kritik an dieser Entwicklung. In diesem Sinne wünschen die Sprachschützer:<br />

„Frohe und besinnliche Weihnachten.“


Seite 12 Bunte Seite<br />

„Sorge um’s Image“ der FAZ<br />

Von Klemens Weilandt<br />

orge um’s Image“ – Wenn man<br />

S eine solche Überschrift liest,<br />

muß man sich wirklich Sorgen machen.<br />

Diese gelten selbstverständlich,<br />

kennt man nur die Überschrift,<br />

ganz abstrakt (oder doch konkret?)<br />

der deutschen Sprache.<br />

An „Image“ nimmt kaum noch jemand<br />

Anstoß. Jeder und jede ist um nichts<br />

mehr als um sein oder ihr Image besorgt.<br />

Das darf nie und nimmer Schaden<br />

nehmen, schon gar nicht, wenn<br />

man sich das seinige mühsam erworben<br />

hat. Imagepflege ist ständig das<br />

Erfordernis der Stunde, des Tages, der<br />

Woche. Früher waren Menschen um<br />

ein gutes Ansehen bemüht, wenn es<br />

besonders anspruchsvoll ausgedrückt<br />

werden sollte, um eine gute Reputation,<br />

ganz schlicht um einen guten Ruf.<br />

Aber „image“ – das klingt eindrucks-<br />

und bedeutungsvoll, vor allem dann,<br />

wenn es gequetscht ausgesprochen<br />

wird, etwa „immitsch“. Geschenkt!<br />

Denn was ist schon „Image“ neben<br />

„um’s“? Das trifft den Leser oder<br />

die Leserin wie ein Bums, ein Keulenschlag:<br />

Apostrophitis im Fieberwahn!<br />

In einer Überschrift bereitet<br />

die Schreibweise besonderes Vergnügen,<br />

sie läßt taumeln und lädt<br />

zum Veitstanz ein. Warum dann aber<br />

sich Sorgen machen?<br />

Sie sind Ausdruck der Fürsorge! Die<br />

stellt sich wie von selbst ein, wenn<br />

Von Dagmar Schmauks<br />

DSW-Silbenrätsel<br />

1. belesener Singvogel – 2. Pilzbefall in einer Behörde – 3. feierliche Maßeinheit<br />

– 4. frohlockender Senior – 5. Verdauungsschnaps für Beerdigungen<br />

– 6. jemand, der Klöppelarbeiten untersucht – 7. Zugvogel am<br />

Straßenrand – 8. Pflegeutensil für Erhebungen – 9. junge Mädchen durch<br />

die Luft unterwegs – 10. betrunkener Singvogel – 11. ständige Ablehnung<br />

eines nordischen Hirsches – 12. Luftbewegung über Feldern – 13. Gerät<br />

zum Aufheizen von Beziehungen – 14. wichtiger Posten im Haushaltsplan<br />

eines Ritters – 15. geborgte Melodie – 16. auf Borstenvieh pusten – 17.<br />

Ursache von Weideflächen – 18. Säuberung von Zahlungsmitteln – 19.<br />

abgeknicktes Schneidegerät – 20. fröhliche Begrüßung einer fernöstlichen<br />

Meditationstechnik – 21. kindliche Quelle – 22. Mehrzweck-Bauchorgane<br />

– 23. Augenblick der Umkehr – 24. Krallenfüße von Kernobst<br />

– 25. tropfende Melodie – 26. verläßliche Hinweise – 27. Aufforderung,<br />

Mist mit Kunstschnee zu bedecken – 28. jemand, der schmale Straßen<br />

schlägt – 29. runder Datenträger für Lyrik – 30. trauriges Gespenst<br />

ak – amts – be – be – bel – ber – bi – birgs – bit – bla – bord – brun – buch –<br />

chen – chen – de – dich – dreh – dros – dung – e – en – er – fern – fest – fink<br />

– flug – for – gas – ge – geist – geld – greis – grill – grund – hau – hei – ju<br />

– jung – jung – kamm – kel – ker – ker – kir – klau – klek – kom – kon – lei<br />

– leih – me – mel – ment – mes – mo – nen – nie – nie – ren – ren – rü – sche<br />

– schei – schen – scher – schim – schnaps – schnei – schwal – schweins – se<br />

– se – sel – sen – sen – sen – ser – spit – stein – stungs – takt – tat – ter – ter –<br />

tungs – ü – wä – wahr – wei – wei – wein – wie – win – win – zei – zen – zen<br />

<strong>Deutsche</strong> <strong>Sprachwelt</strong>_Ausgabe <strong>31</strong>_Frühling 2008<br />

Lösungen: 1. Buchfink – 2. Amtsschimmel<br />

– 3. Festmeter – 4. Jubelgreis – 5.<br />

Leichenbitter – 6. Spitzenforscher – 7.<br />

Bordsteinschwalbe – 8. Gebirgskamm – 9.<br />

Jungfernflug – 10. Schnapsdrossel – 11.<br />

Nieren – 12. Ackerwinde – 13. Kontaktgrill<br />

– 14. Rüstungsetat – 15. leihweise – 16.<br />

Schweinsblasen – 17. Wiesengrund – 18.<br />

Geldwäsche – 19. Winkelmesser – 20. heizen<br />

– 21. Jungbrunnen – 22. kombinieren<br />

– 23. Drehmoment – 24. Kirschenklauen –<br />

25. kleckerweise – 26. Wahrzeichen – 27.<br />

Überschneidung – 28. Gassenhauer – 29.<br />

Dichtungsscheibe – 30. Weingeist<br />

Prof. Dr. Dagmar Schmauks ist in der Arbeitsstelle<br />

für Semiotik an der Technischen Universität<br />

Berlin tätig. Semiotik ist die Wissenschaft<br />

von den Zeichen.<br />

Einladung zum Zweiten Köthener Sprachtag<br />

am 20. und 21. Juni 2008 in Köthen/Anhalt, ausgerichtet von der Neuen Fruchtbringenden Gesellschaft<br />

Bitte deutlich schreiben!<br />

Anmeldung<br />

n Ich nehme am Zweiten Köthener Sprachtag (20. und 21. Juni 2008) teil<br />

und bringe ____ Personen mit. Bitte senden Sie mir die Tagungsunter-<br />

lagen (endgültiges Programm, Hotelliste) zu.<br />

man sich erinnert, wo diese Überschrift<br />

zu lesen war. Es war, man mag<br />

es bezweifeln, aber das hilft nicht an<br />

der Tatsache vorbei, in der Frankfurter<br />

Allgemeinen Zeitung (FAZ) am<br />

3. Januar dieses Jahres auf Seite 29.<br />

Richtig, in ihrem Feuilleton! In dem<br />

Teil, der von Frank Schirrmacher<br />

geleitet wird. Und der wurde erst im<br />

Herbst 2007 mit einem Sprachpreis<br />

ausgezeichnet, der wiederum seine<br />

Redaktion jubilieren ließ, die ihm und<br />

sich prompt mit der Überschrift „Stilsicher“<br />

ein sprachliches Denkmal<br />

setzte (FAZ, 29. Oktober 2007). Die<br />

Logik des Zusammenhangs leuchtet<br />

ein, sie leuchtet wie Venus am wolkenlosen<br />

Abendhimmel. Stilsicher!<br />

Gelegentlich ertappt man sich bei<br />

der Frage, ob Stil nicht besser Stiel<br />

geschrieben werden sollte, um ein<br />

schlagkräftiges Instrument zur Hand<br />

zu haben, mit dem man dem Feuilleton<br />

der FAZ, Frank Schirrmacher<br />

inbegriffen, Beine machen kann.<br />

Zurück zu den Quellen guten Stils<br />

müßte man sie treiben, die Schreiberlinge.<br />

Wenn sie sich nicht selbst<br />

Sorgen um ihr Image machen, müssen<br />

es andere für sie tun. Schließlich<br />

haben auch die FAZ-Leser ein Image<br />

zu verlieren.<br />

Von Schirrmachers Laudator, dem<br />

Vorsitzenden des <strong>Deutsche</strong>n Germanistenverbandes,<br />

Thomas Anz,<br />

wüßte man gern, wie er auf diesen<br />

___________________________________________________________<br />

Name, Vorname<br />

_________________________________________________________________________________________<br />

Straße<br />

_________________________________________________________________________________________<br />

Postleitzahl und Ort<br />

_________________________________________________________________________________________<br />

Elektronische Post<br />

_________________________________________________________________________________________<br />

Datum und Unterschrift<br />

Schicken Sie die ausgefüllte Anmeldung bitte bis spätestens zum <strong>31</strong>. Mai 2008 an:<br />

Homöopathie- und Wissenschaftsservice Köthen GmbH, Herrn Dipl.-Ing. Hans-Werner<br />

Thote, Springstraße 28, D-06366 Köthen/Anhalt, Telefon +49-(0)3496-303702,<br />

Telefax: +49-(0)3496-30370 oder an: sprachtag@fruchtbringende-gesellschaft.de<br />

Beitrag zur Fortentwicklung der<br />

deutschen Sprache im Feuilleton der<br />

FAZ reagiert. Oder ist das alles viel<br />

zu profan, um einen Germanisten<br />

aufzuschrecken, wo er doch nur an<br />

dem interessiert zu sein scheint, was<br />

Schirrmacher „in ein historisches<br />

Ereignis oder in einen literarischen<br />

Erfolg“ verwandelt? Unsere bäuerlichen<br />

Altvorderen wußten: Kleinvieh<br />

macht auch Mist!<br />

Klemens Weilandt war Schulabteilungsleiter<br />

der Bezirksregierung<br />

Hannover. Er verfaßte das Buch<br />

„Deutsch – oder so“ (Verlag Leuenhagen<br />

& Paris, Hannover 2005, 12,90<br />

Euro). Seine Glossen zur Sprache erscheinen<br />

in Buchform zur Frankfurter<br />

Buchmesse im Herbst dieses Jahres.<br />

N<br />

un hat es auch<br />

Klaus Zumwinkel<br />

erwischt,<br />

besser: endlich<br />

wurde er erwischt<br />

und der Steuerhinterziehung<br />

überführt. Er hat damit<br />

als weiterer Protagonist neben der<br />

Siemens-Konzernleitung und vielen<br />

anderen dazu beigetragen, Deutschland<br />

in aller Welt als korrupt und<br />

verlogen darzustellen.<br />

N<br />

ach dem großen Erfolg des<br />

Ersten Köthener Sprachtages,<br />

der im August 2007 stattfand<br />

– die DEUTSCHE SPRACHWELT<br />

berichtete –, lädt die Neue Fruchtbringende<br />

Gesellschaft (NFG) auch<br />

in diesem Jahr Sprachfreunde und<br />

Sprachvereine zu einer Tagung für<br />

die deutsche Sprache ein. Die NFG<br />

schlägt erneut eine Brücke von<br />

der Vergangenheit in die Zukunft<br />

der deutschen Sprache. Veranstaltungsort<br />

ist voraussichtlich wieder<br />

die Lutzeklinik, Springstraße 28, in<br />

D-06366 Köthen/Anhalt. Der Eintritt<br />

zu sämtlichen Veranstaltungen<br />

ist frei. Das Programm enthält unter<br />

anderem folgende Beiträge:<br />

Beiträge zur Geschichte<br />

Dr. Dr. Egbert Gueinzius, Vorsitzender<br />

des Bitterfelder Kultur- und<br />

Heimatvereins: „Mein Vorfahr Christian<br />

Gueintz“ – Michael Mühlenhort,<br />

Wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />

der Albert-Ludwigs-Universität<br />

Freiburg: „Der Grammatiker und<br />

Gegenhalten statt Einknicken<br />

Von Thomas Paulwitz<br />

prachausrutscher sind bei<br />

S der FAZ leider keine Ausnahme<br />

mehr. So hat die FAZ<br />

Anfang Februar einen „Reading<br />

Room“ im Netz eröffnet (http://<br />

readingroom.faz.net), in dem<br />

ein Fortsetzungsroman in deutscher<br />

Sprache veröffentlicht,<br />

vorgestellt und erörtert wird.<br />

War das Wort „Lesesaal“ dem<br />

Herausgeber Frank Schirrmacher<br />

zu deutsch? Nach Auskunft des<br />

FAZ-Redakteurs Patrick Bahners<br />

war es „unserem Herausgeber<br />

wichtig, daß Englisch die<br />

Leitsprache des Internets ist“.<br />

Offenbar ist es in der Frankfurter<br />

Hellerhofstraße unbekannt,<br />

daß Deutsch nach Englisch die<br />

verbreitetste Sprache im weltweiten<br />

Netz ist. Wohl aufgrund<br />

dieser Unkenntnis spricht die<br />

FAZ im Netz auch nicht schlicht<br />

von Datenschutz, sondern von<br />

„Privacy Policy“. Schirrmacher<br />

gehört außerdem dem vom<br />

Loveletters für Zumwinkel<br />

Was das an dieser Stelle zu suchen hat?<br />

Nun, es ist kein Zufall, daß Menschen,<br />

die über kein festes Wertebild verfügen,<br />

auch die Sprache korrumpieren.<br />

Nicht ohne Grund wurde Zumwinkel<br />

einmal zum „Sprachpanscher“ gekürt.<br />

Die Werte und die Sprache verkommen<br />

zu lassen, paßt zusammen.<br />

Leider hat er sich freikaufen können.<br />

Wie gern hätte ich nämlich dazu<br />

aufgerufen, ihm Funletters, Lovelet-<br />

Sprachgelehrte Christian Gueintz“ –<br />

Musikalisch-literarischer Abend<br />

Beiträge zur Gegenwart<br />

Sönke Krüger, Textchef der Zeitung<br />

„Welt am Sonntag“: „Politisch korrekte<br />

Sprache“ – Klemens Weilandt,<br />

Berliner Senat eingesetzten<br />

zwölfköpfigen „Berlin Board“<br />

an, das einen Erkennungsspruch<br />

für die Hauptstadt finden sollte.<br />

Ergebnis: „Be Berlin“.<br />

Inzwischen werden Forderungen<br />

lauter, daß Schirrmacher<br />

den mit 30 000 Euro dotierten<br />

Sprachpreis, den ihm der Verein<br />

<strong>Deutsche</strong> Sprache im Herbst<br />

2007 verlieh, wieder zurückgeben<br />

soll. In seiner Dankesrede<br />

hatte Schirrmacher noch gesagt:<br />

„Es gibt keine schönere<br />

Herausforderung für uns als<br />

diese: Nicht nur das Internet<br />

zu erobern, sondern auch gegenzuhalten<br />

und Optionen anzubieten.“<br />

Gegenhalten sieht<br />

anders aus.<br />

Vergleiche auch: Thomas Paulwitz,<br />

„FAZ: Nach dem Einknicken<br />

folgt der Sprachpreis“, DSW 28<br />

(2/2007), Seite 4.<br />

ters, Lucky Päcks und andere seiner<br />

Erzeugnisse mit Sprachschrott-<br />

Bezeichnungen ins Gefängnis zu<br />

schicken. Er hätte dann Zeit genug<br />

gehabt, darüber nachzudenken, ob<br />

sie ihn wirklich lustig und glücklich<br />

gemacht oder ihn doch eher entsetzt<br />

hätten. Doch die Möglichkeit ist ihm<br />

nun genommen worden. Schade eigentlich,<br />

meint<br />

Ihr Anglizismenmuffel<br />

Wolfgang Hildebrandt<br />

ehemaliger Schulabteilungsleiter der<br />

Bezirksregierung Hannover: „Sprachverderbnis<br />

– eine Quelle der Heiterkeit?“<br />

– Prof. Dr. Hermann Dieter,<br />

Stellvertretender Vorsitzender des<br />

Arbeitskreises Deutsch als Wissenschaftssprache<br />

(ADAWIS): „Sprachenvielfalt:<br />

Erkennen von Werten<br />

statt wertfreies Erkennen“ – „Haus<br />

der deutschen Sprache in Köthen“ –<br />

Dr. Dietrich Voslamber, Vorstandsmitglied<br />

des Vereins <strong>Deutsche</strong> Sprache:<br />

„Die Stellung der deutschen<br />

Sprache in der Europäischen Union“<br />

– Dr. Georg Winter, Haus der Zukunft,<br />

Hamburg: „Sprechsport macht<br />

Schule“ – Moderierte Diskussion:<br />

„Sprachpflege 2010: Künftige Rolle<br />

und Aufgaben für Sprachvereine“<br />

Weitere Programmpunkte sind geplant.<br />

Das endgültige Tagungsprogramm<br />

wird sowohl auf www.<br />

fruchtbringende-gesellschaft.de veröffentlicht<br />

als auch nach der Anmeldung<br />

zugeschickt.

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