PDF 31 - Deutsche Sprachwelt
PDF 31 - Deutsche Sprachwelt
PDF 31 - Deutsche Sprachwelt
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
AUSGABE <strong>31</strong><br />
Frühling 2008<br />
9. Jahrgang – 1<br />
ISSN1439-8834<br />
(Ausgabe für Deutschland)<br />
Besuchen Sie uns auf der<br />
13.–16. März 2008<br />
Stand A 103 in Halle 5<br />
Wir freuen uns auf Sie!<br />
Heiße Luft<br />
Wolfgang Hildebrandt und<br />
Thomas Paulwitz nehmen den<br />
<strong>Deutsche</strong>n Sprachrat unter die<br />
Lupe, der nun seit fünf Jahren<br />
besteht.<br />
Seite 3<br />
Wert der<br />
Muttersprachen<br />
Klaus Däßler spricht über die<br />
Möglichkeit, mit Hilfe der Rechnerlinguistik<br />
die Muttersprachen<br />
zu retten.<br />
Seite 4<br />
Wortlustgarten<br />
Diethold Tietz spricht mit Reinhard<br />
Risch, dem „Robin Hood<br />
der deutschen Sprache“.<br />
Seite 7<br />
Kunzes<br />
Vermächtnis<br />
Reiner Kunze spricht über seine<br />
neue Stiftung.<br />
Seite 9<br />
Sie spenden für:<br />
• Zusendung der DEUTSCHEN<br />
SPRACHWELT<br />
• Aktionen für die deutsche Sprache<br />
Dringende Bitte: Geben Sie bitte auf<br />
dem Überweisungsvordruck Ihre Anschrift<br />
an, zumindest Postleitzahl und<br />
Wohnort. So können wir die Spende<br />
Ihrem Namen zuordnen und sicherstellen,<br />
daß wir Sie nicht versehentlich<br />
aus der Bezieherliste streichen.<br />
Vielen Dank!<br />
Ihr Verein für Sprachpflege<br />
Besuchen Sie<br />
www.Sprachpflege.info<br />
Ammenmärchen auf englisch<br />
Irrwege der Bildungspolitik: Frühenglisch und Immersionsunterricht<br />
Von Thomas Paulwitz<br />
nbestritten: Fremdsprachen<br />
U erweitern den Gesichtskreis.<br />
Sie erschließen uns neue Welten und<br />
Sichtweisen. Richtig: In jungen Jahren<br />
erlernt man eine Fremdsprache<br />
am leichtesten. Ganz klar: Jeder sollte<br />
Fremdsprachen lernen. – Lassen<br />
sich aber Fremdsprachen wie Muttersprachen<br />
lernen? Bestimmt nicht!<br />
Muß der Englischunterricht bereits<br />
im Kleinkindalter beginnen? Auf<br />
gar keinen Fall! Taugt die deutsche<br />
Sprache nur noch als Sprache der<br />
Freizeit? Um Himmels willen!<br />
Doch genau diese Ammenmärchen<br />
verbreiten interessierte Kreise,<br />
die unsere Kinder – selbstverständlich<br />
nur zu ihrem Besten – für<br />
die „Globalisierung“ stählen wollen:<br />
weltweit handelnde Großunternehmen<br />
zum Beispiel oder die<br />
„Schnullerenglisch“-Industrie, die<br />
Kindertagesstätten betreibt, oder Politiker<br />
wie Günther Oettinger, der an<br />
Baden-Württembergs Grundschulen<br />
Englisch verpflichtend ab der 1. Klasse<br />
mit der Begründung eingeführt<br />
hat, daß Englisch Deutsch als Arbeitssprache<br />
ablösen wird. Die Eltern<br />
sollen ein schlechtes Gewissen bekommen,<br />
wenn sie ihre Kinder nicht<br />
schon im zarten Alter von zwei, drei<br />
Jahren mit Englisch berieseln lassen.<br />
„Ohne Englisch keine Arbeitsstelle“,<br />
lautet die verlogene Botschaft.<br />
So hatte die DEUTSCHE SPRACH-<br />
WELT zum diesjährigen Welttag der<br />
Muttersprache am 21. Februar davor<br />
gewarnt, daß die immer stärkere Ausrichtung<br />
auf Englisch auf Kosten von<br />
Deutsch als Muttersprache geht. Daß<br />
dabei der Wert der gut beherrschten<br />
Muttersprache in den Hintergrund<br />
gerät: das Entwickeln und Mitteilen<br />
von Gedanken zu erleichtern, ein<br />
friedliches und verständnisvolles<br />
Miteinander zu fördern und die Identität<br />
zu stärken.<br />
Die „Nürnberger Zeitung“ berichtete<br />
über die Mahnung der DEUTSCHEN<br />
SPRACHWELT und bot im selben<br />
Artikel einer Frau, die mit Frühenglisch<br />
Kasse macht, eine Werbeplattform.<br />
Die Betreiberin englisch-deutscher<br />
Kindertagesstätten eröffnet<br />
demnächst nämlich einen weiteren<br />
Erfolge aus der Arbeit der DEUTSCHEN SPRACHWELT<br />
<strong>Deutsche</strong> Bräuche:<br />
An Heiligabend<br />
Santa Claus verjagt<br />
Pünktlich an Heiligabend stand in fast<br />
allen deutschen Tageszeitungen ein<br />
kurzer Bericht über den Aufmacher<br />
der Winterausgabe der DEUTSCHEN<br />
SPRACHWELT: „Santa Claus muß<br />
raus“. In unserem Beitrag hatten wir die<br />
Amerikanisierung und „Cocacolisierung“<br />
des Weihnachtsfestes angeprangert.<br />
Viele haben wir auf diese Weise<br />
zum Nachdenken angeregt, so daß wir<br />
hoffen, zu einem allmählichen Bewußtseinswandel<br />
beigetragen zu haben.<br />
Siehe Seite 11.<br />
Nichts prägt einen Menschen so sehr wie die Muttersprache. Bild: obs<br />
Betrieb in Nürnberg mit dem Namen<br />
„Little Giants – the early learning<br />
center“. Die Geschäftsfrau verstieg<br />
sich zu dieser Behauptung: „Bis zum<br />
dritten Lebensjahr erlernt ein Kind<br />
jede weitere Sprache genauso perfekt<br />
wie eine Muttersprache.“ Ihre<br />
Tochter, die in den Vereinigten Staaten<br />
mit Englisch und Deutsch aufgewachsen<br />
sei, habe sich viel schneller<br />
entwickelt als ihr Sohn, „der von Anfang<br />
an nur deutsch gesprochen hat.“<br />
Deutsch – die Sprache der Dummen<br />
und Verlierer? Die USA – der sagenhafte<br />
Ort, an dem unsere Kinder intelligent<br />
werden?<br />
Eine Fremdsprache kann jedoch nie<br />
so erlernt werden wie die Muttersprache.<br />
Wie der Name schon sagt,<br />
erwirbt das Kind diese innerhalb<br />
der ersten zwölf Lebensjahre in der<br />
Regel über die Mutter. Sie begleitet<br />
ihr Kind beim – im wahrsten Sinne<br />
des Wortes – „Begreifen“ der Welt.<br />
Die Mutter ist die Bezugsperson, die<br />
dem Kind die Welt erschließt und<br />
mit ihm auf Entdeckungsreise geht.<br />
Das Kind entwickelt die sogenannten<br />
„Basiskategorien des Denkens“<br />
in ständiger Begleitung der Muttersprache<br />
und bindet diese somit an die<br />
Begriffe, an seine Vorstellungswelt.<br />
Wenn eine muttersprachliche Äußerung<br />
fällt, trifft sie auf ein ganzes<br />
Netz gedanklicher Verknüpfungen:<br />
Das Kind versteht und findet sich<br />
Sprachwahrer des Jahres:<br />
Bundestagsabgeordnete<br />
bestärkt<br />
Aufgrund der Nominierung der Initiative<br />
„Sprachlicher Verbraucherschutz“<br />
zum „Sprachwahrer des Jahres“ sah<br />
sich die CDU/CSU-Bundestagsfraktion<br />
darin bestärkt, für eine verständliche<br />
deutsche Sprache einzutreten. Das teilte<br />
sie öffentlich mit, wiederholte ihre Forderungen<br />
für einen Verbraucherschutz<br />
auch in der Sprache und wies gleichzeitig<br />
auf die Aktion der DEUTSCHEN<br />
SPRACHWELT hin. Damit machte die<br />
CDU/CSU den Preis weithin bekannt.<br />
Siehe Seite 10.<br />
immer besser in seiner Welt zurecht.<br />
Eine Fremdsprache kann das nicht<br />
leisten. Falscher Fremdsprachenunterricht<br />
kann sogar die Entwicklung<br />
der Muttersprache stören.<br />
Dabei geht es den Großkonzernen eigentlich<br />
nur um das Globalenglisch,<br />
das „Basic Simple English“ (BSE),<br />
eine Hilfssprache mit überschaubarem<br />
Wortschatz, die als Verkehrssprache<br />
verwendet wird und im internationalen<br />
Umgang nützlich sein<br />
kann. Diese muß man nicht bereits<br />
im Kleinkindalter oder in der Grundschule<br />
lernen. Der Fremdsprachenunterricht<br />
ab der 5. oder 7. Klasse<br />
reicht dafür völlig. Dennoch haben<br />
mittlerweile alle deutschen Bundesländer<br />
Englischunterricht ab der 1.<br />
oder 3. Klasse eingeführt. Dort wird<br />
wenig und doch viel angerichtet:<br />
wenig, weil mit den paar Stunden<br />
Englisch und unzureichend ausgebildeten<br />
Lehrkräften kein ernsthaftes<br />
Erlernen dieser Sprache möglich ist;<br />
viel, weil mit den für Englisch blokkierten<br />
Stunden Zeit vergeudet wird,<br />
die besser in das bessere Beherrschen<br />
der Muttersprache und der Kulturtechniken<br />
gesteckt wäre. Kaum ein<br />
anderes Land der Welt bietet nämlich<br />
so wenig Unterricht in der Muttersprache<br />
an wie Deutschland.<br />
Dabei haben Untersuchungen in der<br />
Schweiz gezeigt, daß der frühere<br />
Tag der Muttersprache:<br />
Auf englisch vor<br />
Englisch gewarnt<br />
Zum Internationalen Tag der Muttersprache<br />
am 21. Februar warnte die DEUT-<br />
SCHE SPRACHWELT davor, daß die<br />
deutsche Sprache in Kindergärten, Schulen<br />
und Hochschulen vom Englischen<br />
weiter zurückgedrängt wird. Die Medien<br />
berichteten. Ironie der Geschichte: Im<br />
englischsprachigen Programm der „<strong>Deutsche</strong>n<br />
Welle“ stand SPRACHWELT-<br />
Mitarbeiterin Ursula Bomba Rede und<br />
Antwort zur Gefährdung von Deutsch als<br />
Muttersprache – auf englisch..<br />
Siehe Seite 11.<br />
Beginn des Fremdsprachenunterrichts<br />
keineswegs für einen größeren<br />
Erfolg bürgt, da ältere Schüler sich<br />
Sprachen effizienter aneignen und<br />
diejenigen, die Frühenglisch hatten,<br />
bald überholen. Professor Rudolf<br />
Wachter von der Universität Basel<br />
stellte fest, daß bei festgesetzten<br />
Lernzielen der Spätunterricht besser<br />
abschneidet. Der Luxus des Frühbeginns<br />
habe jedoch eine Beschneidung<br />
altersgerechterer Inhalte zur<br />
Folge. Im Fremdsprachenunterricht<br />
sei das Lernen nach dem Grundsatz<br />
„Versuch und Irrtum“, nach dem die<br />
Kleinkinder lernen, „reine Zeitverschwendung“,<br />
so Wachter.<br />
Einen Schritt weiter geht die Immersion,<br />
die ebenfalls auf dem Vormarsch<br />
ist. Sie bedeutet völliges Eintauchen in<br />
eine fremde Sprache. Im Immersionsunterricht<br />
werden Fächer wie Mathematik,<br />
Heimatkunde, Geschichte oder<br />
Biologie auf englisch gelehrt. Natürlich<br />
kommen die Schulbücher über „Nazi<br />
Germany“ aus England. Die Europäische<br />
Kommission, vertreten durch<br />
die Kultusministerkonferenz oder das<br />
Bundesministerium für Bildung und<br />
Forschung, zeichnet zum Beispiel<br />
Schulen mit dem „Europäischen Sprachensiegel“<br />
aus, die auf englisch statt<br />
auf deutsch unterrichten.<br />
Ziel der Immersion ist die Zweisprachigkeit.<br />
Diese kann bei Kindern jedoch<br />
höchstens in den folgenden beiden<br />
Fällen erreicht werden. Erstens:<br />
Ein Kind wächst in einer gebildeten<br />
Familie auf, in der zwei verschiedene<br />
Muttersprachen gesprochen werden.<br />
Jedes Elternteil spricht mit dem<br />
Kind ausschließlich in seiner Muttersprache<br />
und begleitet es damit in<br />
allen Lebenslagen. Zweitens: Die Eltern<br />
wandern in ein fremdsprachiges<br />
Land ein. Zu Hause sprechen sie mit<br />
dem Kind nur in ihrer Muttersprache,<br />
außerhalb wird nur in der Landessprache<br />
gesprochen (Immersion).<br />
In beiden Fällen ist ein hohes Maß<br />
an Disziplin gefordert, denn es droht<br />
die Gefahr doppelter Halbsprachigkeit<br />
(Semilingualismus), von der in<br />
Deutschland viele türkische Kinder<br />
betroffen sind, weil sie weder richtig<br />
Deutsch noch richtig Türkisch<br />
beherrschen. Außerdem werden die<br />
beiden erlernten Sprachen nie völlig<br />
deckungsgleich sein, da mit ihnen<br />
verschiedene Lebens- und Erfahrungswelten<br />
verknüpft werden.<br />
Immersionsunterricht kann diese<br />
Situation jedoch nur unzureichend<br />
nachahmen. Aus Großbritannien und<br />
den USA müßten Englischlehrer mit<br />
sehr guten Deutschkenntnissen angeworben<br />
werden. Zu früher Immersionsunterricht<br />
birgt zudem die Gefahr,<br />
die Entwicklung der Muttersprache<br />
zu behindern, worauf auch Rudolf<br />
Wachter hinweist. Die Schüler müßten<br />
bereits Spitzenkenntnisse in ihrer<br />
Muttersprache haben, bevor sie der<br />
Immersion ausgesetzt werden. Der<br />
Spezialwortschatz bleibe der Fremdsprache<br />
vorbehalten. Am Ende sind<br />
es dann möglicherweise nur noch die<br />
Ammenmärchen, die auf deutsch erzählt<br />
werden können …<br />
Siehe auch Seite 4.
Seite 2 Leserbriefe<br />
Lektüre mit Folgen<br />
Allgemein zu DSW 30<br />
ie hatten mir ein Probeexemplar<br />
S der Ausgabe 30 zugesandt. Ich<br />
habe es mir vollständig (!) zunächst<br />
still erschlossen, dabei oft geschmunzelt,<br />
manchmal gelacht …, der Familie<br />
dann Passagen laut vorgelesen.<br />
Die augenblickliche Wirkung<br />
war durchaus nicht unerheblich, die<br />
Spätfolgen sind noch unabsehbar …<br />
Welches Medium hat das in den letzten<br />
Jahren bei mir geschafft? Kein<br />
anderes! Also große Anerkennung,<br />
Lob und so weiter. Und gern möchte<br />
ich weitere Ausgaben erhalten.<br />
Fred Jahn, Magdeburg<br />
J<br />
edes Jahr im Advent fahren meine<br />
Frau und ich einen Tag in<br />
die Lutherstadt Wittenberg, um in<br />
den Kirchen, den Cranach-Höfen<br />
und auf dem Weihnachtsmarkt in<br />
der malerisch-romantischen Altstadt<br />
„Weihnachten zu tanken“. Dabei<br />
versäumen wir nicht, uns in der<br />
Neuestraße 1 den in einen steinernen<br />
Türrahmen gemeißelten „deutschen“<br />
Spruch anzuschauen: „Deutsch sein<br />
und deutsch bleiben, / deutsch sprechen,<br />
deutsch schreiben, / deutsch<br />
denken, deutsch wandeln, / wahr und<br />
deutsch handeln.“ Dort hatten wir am<br />
M<br />
W<br />
Liebe Leser!<br />
Was hat Ihnen gefallen? Was hätten wir<br />
besser machen können? Worauf sollten<br />
wir stärker eingehen? Schreiben Sie uns,<br />
wir freuen uns auf Ihre Meinung! Auch<br />
wenn wir nicht jeden Brief beantworten<br />
und veröffentlichen können, so werten<br />
wir doch alle Zuschriften sorgfältig aus.<br />
Bei einer Veröffentlichung behält sich<br />
die Redaktion das Recht vor, sinnwahrend<br />
zu kürzen. Auf diese Weise wollen<br />
wir möglichst viele Leser zu Wort kommen<br />
lassen. Schreiben Sie bitte an:<br />
DEUTSCHE SPRACHWELT<br />
Leserbriefe<br />
Postfach 1449, D-91004 Erlangen<br />
schriftleitung@deutsche-sprachwelt.de<br />
Die Rechtschreibreform ist verfassungswidrig<br />
Auf den Vierzeiler „justizirrtum“ von Reiner Kunze<br />
Die sprache erschien vor dem Hohen gericht,<br />
die richter aber verstanden nicht<br />
die sprache, die die sprache spricht,<br />
und die sie verstanden, die hörten sie nicht<br />
antwortet Ernst Jordan mit einem Gegengedicht:<br />
Es erschien auch ein Dichter vor jenem Gericht –<br />
so restlos verstanden die Leute ihn nicht.<br />
Er hielt die Schrift für das, was man spricht:<br />
Das merkten die Richter – er merkte es nicht.<br />
ie kommt Jordan zu der<br />
Behauptung, Kunze habe<br />
zwischen Schrift und Sprache nicht<br />
zu unterscheiden gewußt? Das ist<br />
besonders unbegreiflich, weil er<br />
sich ausdrücklich auch auf Kunzes<br />
Köthener Rede bezieht. Dort wird an<br />
dem Beispiel „recht haben“ gezeigt,<br />
daß die Sprache in dieser Zusammenstellung<br />
ein Substantiv „Recht“<br />
nicht zuläßt, die Reformschreibung<br />
„Recht haben“ also – nach dem, was<br />
die Sprache sagt – falsch ist.<br />
Wer erschien damals, als über die<br />
Rechtschreibreform verhandelt wurde,<br />
vor dem Verfassungsgericht?<br />
Wenn ich die Angaben im Urteil<br />
vom 14. Juli 1998 richtig gezählt<br />
habe, vierundzwanzig Institutionen<br />
(Regierungen, Ministerien, die Kul-<br />
Babyschießen<br />
Zum Aufruf „In die Schulen!“ in DSW 30, Seite 5<br />
it großem Interesse habe ich<br />
die aktuelle Ausgabe Ihrer Zeitung<br />
gelesen, besonders aber Ihre Bitte,<br />
Sprachpflege auch in die Schulen zu<br />
tragen. Als Deutschlehrerin kann ich Ihnen<br />
versichern, daß alle Fachkollegen,<br />
zumindest die, die ich kenne, diesen<br />
Auftrag, der ja auch in den Lehrplänen<br />
(siehe „Vermittlung von Sprachbewußtsein“)<br />
verankert ist, sehr ernst nehmen.<br />
Als jüngstes Beispiel für „Sprachpflege<br />
im Unterricht“ kann der Begriff „Babyshooting“<br />
dienen, der mich sehr beschäftigt<br />
hat. Daraufhin habe ich dieses<br />
Wortungetüm im Englischunterricht (7.<br />
Klasse) thematisiert. Die Schüler waren<br />
betroffen über die Doppeldeutigkeit des<br />
Wortes. Natürlich wußten sie aus dem<br />
Sprachgebrauch ihrer deutschen Muttersprache<br />
(!), was ein „Shooting“ üb-<br />
Zu deutsch<br />
Allgemein zur deutschen Sprache<br />
8. Dezember 2007 ein „deutsches“,<br />
für die heutige Zeit nachdenklich<br />
stimmendes Erlebnis. Vier ältere Damen<br />
standen vor der Tür und lasen<br />
andächtig den „deutschen“ Spruch.<br />
Dann begann eine Dame laut vorzulesen,<br />
worauf eine andere Dame<br />
einfiel: „Das ist zu viel deutsch, das<br />
darfst du nicht laut lesen, sonst giltst<br />
du gleich als ein Nazist“. Traurig,<br />
aber typisch für Deutschland heute,<br />
Wie sprach doch Spinoza: „In einem<br />
freien Staat kann jeder denken, was<br />
er will, und sagen, was er denkt“!?<br />
Peter Knop, Dessau-Roßlau<br />
licherweise ist, sie haben es interessanterweise<br />
gleich mit einem „Casting“ in<br />
Verbindung gebracht. Insofern war ein<br />
„Babyshooting“ erst einmal etwas völlig<br />
Normales für sie. Das Verb „to shoot“<br />
in der Bedeutung „schießen“ kannten<br />
sie zwar auch, sie brachten es aber zunächst<br />
nicht in diesen Zusammenhang.<br />
Der Aha-Effekt kam aber noch, als ihnen<br />
die Doppeldeutigkeit von „Shooting“<br />
bewußt wurde. Dann fanden sie<br />
das Wort auch grausig. Nachdem die<br />
Schüler mittlerweile auch begriffen haben,<br />
daß es in der englischsprachigen<br />
Welt keine „Handies“, sondern „mobile<br />
phones“ oder „cell phones“ gibt, werde<br />
ich in Zukunft noch mehr auf der Suche<br />
nach solchen sprachlichen Ungetümen<br />
sein.<br />
Jutta Berg-Schmitt, Orenhofen<br />
Zum Leserbrief „Gegengedicht“ von Ernst Jordan in DSW 30, Seite 2<br />
tusministerkonferenz [KMK], die<br />
Dudenredaktion, Vereine und Verbände).<br />
Von diesen befürworteten<br />
einundzwanzig die Reform bedingungslos,<br />
da sie an ihrer Durchsetzung<br />
interessiert waren. Eigentlich,<br />
so sagt Kunze, war jedoch noch<br />
eine anwesend, nämlich die Sprache<br />
selbst, auf die man zuallererst hätte<br />
hören müssen, wenn es um richtige,<br />
sinnvolle, zweckmäßige Schreibungen<br />
ging. Wer aber zwei Dinge zueinander<br />
in Beziehung setzt (hier: die<br />
Sprache entscheidet in bestimmten<br />
Fällen über die richtige Schreibung),<br />
der kann diese beiden Dinge nicht<br />
für identisch gehalten haben, Jordans<br />
Unterstellung ist also absurd.<br />
Viel interessanter ist es, dem von<br />
Kunze gegebenen Anstoß zu folgen<br />
Mangelndes Selbstwertgefühl<br />
Zum Beitrag von Thomas Paulwitz „Santa Claus muß raus“ in DSW 30, Seite 1<br />
A<br />
ls amerikanischer Germanist,<br />
der seit vielen Jahren in<br />
Deutschland lebt, begrüße ich die<br />
Kritik Ihrer Zeitung an der gedankenlosen<br />
Benutzung von Anglizismen im<br />
heutigen deutschen Sprachgebrauch.<br />
Allerdings ist Ihre Prägung des Worts<br />
„Cocacolisierung“ aus der Sicht einer<br />
artikulierten Sprache eher ungünstig.<br />
In Ihrer letzten Ausgabe fand ich auch<br />
Ihre Aussage befremdlich, daß durch<br />
den amerikanischen Einfluß „deutsche<br />
Bräuche“ „planmäßig und mit viel<br />
Geld“ „bekämpft“ würden. Wenn sich<br />
manche Leute heute von neueren Formen<br />
wie Hausbeleuchtung – meinetwegen<br />
auch „Extrem-Schmücking“ –<br />
D<br />
oder „Halloween“ angezogen fühlen,<br />
so muß man das Problem in der eigenen<br />
mangelnden Identifikation mit und<br />
Vermittlung von den herkömmlichen<br />
Feierarten suchen, anstatt es in einer<br />
von außen kommenden, amerikanischen<br />
oder angelsächsischen „Verrohung<br />
der Sprache und Kultur“ sehen<br />
zu wollen. Solche Ansätze haben ja in<br />
Deutschland Tradition. Vergessen Sie<br />
nicht, daß ohne die Amerikaner und<br />
Engländer die Sprache der Nationalsozialisten<br />
in Deutschland herrschen<br />
würde, und daß statt Weihnachten<br />
vielleicht nur die Sonnenwendfeier<br />
begangen würde.<br />
John Barrows, Stuttgart<br />
Kryptokommunistisch<br />
Zum Beitrag von Günter B. Merkel „Schmutzige und saubere Bomben“ in<br />
DSW 30, Seite 8<br />
er Artikel spricht nicht gerade<br />
für die Intelligenz der Redaktion.<br />
Ich meine, daß man so einen Artikel<br />
unkommentiert abdruckt. Erstens: Der<br />
Artikel bedient sich einer Sprache, die<br />
ich als stark kryptokommunistisch geprägten<br />
Stil bezeichnen möchte in dem<br />
Sinne, daß der Autor sich sehr stark<br />
Sachverhalt<br />
Als die Soldaten ihren Sold hatten,<br />
stolperten sie über Soldaten,<br />
die ihren Colt hatten,<br />
so daß die Soldaten,<br />
die ihren Colt hatten,<br />
bald auch den Sold hatten,<br />
was die Soldaten,<br />
die ihren Sold hatten,<br />
natürlich nicht gewollt hatten.<br />
Georg Winter<br />
Aus: Georg Winter, Zungenbrecher.<br />
Wenn Papa Grappa<br />
schlabbert … und andere Stolperverse,<br />
Wilhelm-Goldmann-<br />
Verlag, München 2007, 160 Seiten,<br />
6,95 Euro.<br />
und zu fragen. ob die Richter nicht<br />
gut daran getan hätten, sich selbst ein<br />
bißchen mit dem Gegenstand ihrer<br />
Entscheidung zu befassen, beispielsweise<br />
anhand ihrer eigenen schriftlich<br />
niedergelegten Entscheidung.<br />
Vielleicht wäre ihr naives Vertrauen<br />
in die Richtigkeit staatlicher Regulierungen<br />
ein wenig erschüttert worden,<br />
wenn sie bemerkt hätten, was ihnen<br />
künftig als Rechtschreibfehler angerechnet<br />
werden sollte: sogenannt, im<br />
wesentlichen, im folgenden, im allgemeinen,<br />
im übrigen, sich auseinandersetzen,<br />
ebensowenig. (Man weiß,<br />
„sogenannt“, damals falsch, ist jetzt<br />
wieder richtig, und an eine Reformschreibung<br />
„sich auseinander setzen“<br />
soll man sich heute schon gar nicht<br />
mehr erinnern: für ganze Reihen von<br />
Wörtern gilt heute das Gegenteil von<br />
dem, was 1996 beschlossen wurde.)<br />
Leider lehnten es die Richter strikt<br />
ab, sich mit einer Sache zu beschäftigen,<br />
die „nicht nach verfassungsrechtlichen<br />
Maßstäben beurteilt werden“<br />
kann. Infolgedessen sahen sie<br />
zwar ganz richtig, daß es auch bei<br />
der Sprache und Rechtschreibung zu<br />
„korrekturbedürftigen Fehlentwicklungen“<br />
kommen könne, waren aber<br />
völlig blind dafür, daß gerade die<br />
Rechtschreibreform ein besonders<br />
deutliches Beispiel einer solchen<br />
Fehlentwicklung war. Sie sprachen<br />
dem geistigen Dunstkreis der sogenannten<br />
„Friedensbewegung“ verhaftet<br />
fühlt, die nach neuesten Kenntnissen<br />
von der Stasi gelenkt wurde. Zweitens<br />
vermisse ich die Definition, was man<br />
als eine „schmutzige Bombe“ bezeichnet<br />
(konventioneller Sprengsatz, der bei<br />
seiner Explosion radioaktives Material<br />
in der Umgebung verteilt, vergleiche<br />
Wikipedia). Drittens: Die Warnungen<br />
unseres Innenministers sind durchaus<br />
ernstzunehmen. Über die Bedrohungen,<br />
die da vor unserer Haustür lauern,<br />
sind Witze unangebracht. Außerdem<br />
ist mir aus sicherer Quelle bekannt,<br />
daß ausgerechnet die sich als friedliebend<br />
bezeichnende „DDR“ (in Anführungszeichen,<br />
weil sie ja nicht mehr<br />
existiert), Pläne in der Schublade hatte,<br />
Westdeutschland radioaktiv zu verseuchen.<br />
Ich weiß dies aus dem Munde<br />
eines Freundes, der in den 1990ern in<br />
Karlsruhe alte Stasikader im Rahmen<br />
von Umschulungsmaßnahmen zum Beruf<br />
als Wachleute für Sicherheitsfirmen<br />
Sozialkundeunterricht erteilte. Ich habe<br />
diesen Leuten, die über die wirtschaftliche<br />
Not als Sozialhilfeempfänger<br />
stöhnten, damals einen Gruß ausrichten<br />
lassen, daß das wohl nur auf deutschem<br />
Boden üblich ist, daß es nach einer<br />
„Revolution“, aber eigentlich war es<br />
ein Staatsbankrott, für die Vertreter der<br />
abgewirtschafteten Zwangsgesellschaft<br />
noch einen Sozialplan gibt.<br />
Eduard Maier, Karlsruhe<br />
von „gestaltenden Eingriffen“ und<br />
„reformerischen Entscheidungen“<br />
des Staates, wo dieser daran ging,<br />
moderne und zweckmäßige Schreibweisen,<br />
wie sie sich in den Werken<br />
zeitgenössischer Schriftsteller finden,<br />
durch längst abgelegte aus der<br />
Rumpelkammer der Rechtschreibgeschichte<br />
zu ersetzen.<br />
Sie hielten die KMK für das am<br />
besten geeignete Organ, über eine<br />
Rechtschreibreform zu entscheiden:<br />
(was die Theorie nahelegt), übersahen<br />
aber, daß die Kultusminister sich<br />
auf die Durchsetzung der Reform<br />
schon festgelegt hatten, bevor sie<br />
auch nur imstande waren, deren Inhalte<br />
einigermaßen kennenzulernen<br />
– wie der im Urteil zitierte „Vorstoß<br />
des bayerischen Kultusministers“<br />
belegt. Die Stärke der Richter zeigte<br />
sich im Grundsätzlichen. Sie sagten,<br />
der Staat dürfe die Sprache (und damit<br />
auch die Rechtschreibung, wie<br />
der Zusammenhang zeigt) „nicht<br />
beliebig regeln“. Ferner müsse eine<br />
solche Regelung dem Gemeinwohlinteresse<br />
dienen und allgemeine Akzeptanz<br />
finden (EuGRZ 1998 / Seite<br />
403 und 408).<br />
Diesen Vorgaben entspricht die aktuelle<br />
Reform zweifellos nicht. Sie ist<br />
also verfassungsrechtlich verboten.<br />
Martin String, Lüneburg<br />
<strong>Deutsche</strong> <strong>Sprachwelt</strong>_Ausgabe <strong>31</strong>_Frühling 2008<br />
Unterstützen Sie<br />
unseren Messeauftritt!<br />
Zum sechsten Mal in Folge<br />
ist die DEUTSCHE<br />
SPRACHWELT nun schon<br />
auf der Leipziger Buchmesse.<br />
Seit 2003 haben wir in jedem Jahr<br />
vor Tausenden Besuchern, darunter<br />
sehr vielen Jugendlichen, Werbung für<br />
die deutsche Sprache gemacht. In diesem<br />
Jahr ist die „Neue Fruchtbringende<br />
Gesellschaft“ aus Köthen Mitaussteller.<br />
Auch wenn sich bei der Standbetreuung<br />
bis zu zehn Freiwillige ohne<br />
Bezahlung, aus reinem Idealismus<br />
fast zerreißen – den Stand herrichten,<br />
Zeitungen verteilen und in zahllosen<br />
Einzelgesprächen Kritiker überzeugen,<br />
Sprachfreunde ermutigen und die Öffentlichkeit<br />
aufmerksam machen: Die<br />
Standgebühren, der Druck Tausender<br />
Werbezeitungen und andere Kosten<br />
reißen immer ein großes Loch in die<br />
„Kriegskasse“. Dennoch schöpfen<br />
wir immer auch Kraft aus dem anstrengenden<br />
Einsatz: Vielen können<br />
wir zeigen, daß es Sprachpflege gibt,<br />
daß es einen Sinn hat, für die deutsche<br />
Sprache zu kämpfen, daß mit der<br />
DEUTSCHEN SPRACHWELT ein<br />
öffentlichkeitswirksames Werkzeug<br />
besteht. Nicht nur in Leipzig, sondern<br />
im ganzen deutschen Sprachraum hat<br />
sich die DEUTSCHE SPRACHWELT<br />
bereits einen Namen gemacht. Mit einer<br />
Spende an den Verein für Sprachpflege<br />
stellen Sie sicher, daß wir auch<br />
im nächsten Jahr wieder Flagge zeigen<br />
können. Besuchen Sie doch einmal<br />
Ihre „Sprachkämpfer“ in Leipzig. Wir<br />
würden uns freuen!<br />
Ihre Schriftleitung<br />
Gegründet im Jahr 2000<br />
Erscheint viermal im Jahr<br />
Auflage: 27.000<br />
Die jährliche Bezugsgebühr beträgt 10 Euro.<br />
Für Nicht- und Geringverdiener ist der Bezug<br />
kostenfrei. Zusätzliche Spenden sind sehr<br />
willkommen.<br />
Bundesrepublik Deutschland<br />
Verein für Sprachpflege e. V.<br />
Stadt- und Kreissparkasse Erlangen<br />
Bankleitzahl 763 500 00<br />
Kontonummer 400 1957<br />
BIC: BYLADEM1ERH<br />
IBAN: DE63763500000004001957<br />
Republik Österreich<br />
Verein für Sprachpflege e. V.<br />
Volksbank Salzburg<br />
Bankleitzahl 45010<br />
Kontonummer 000 150 623<br />
Bitte bei der Überweisung vollständige<br />
Anschrift mit Postleitzahl angeben!<br />
ISSN 1439-8834<br />
(Ausgabe für Deutschland)<br />
Herausgeber<br />
Verein für Sprachpflege e. V.<br />
Sammelanschrift<br />
<strong>Deutsche</strong> <strong>Sprachwelt</strong><br />
Postfach 1449, D-91004 Erlangen<br />
Fernruf 0049-(0)91 <strong>31</strong>-48 06 61<br />
Ferndruck (Fax) 0049-(0)91 <strong>31</strong>-48 06 62<br />
Bestellung@deutsche-sprachwelt.de<br />
Buchdienst@deutsche-sprachwelt.de<br />
Schriftleitung@deutsche-sprachwelt.de<br />
Schriftleitung<br />
Thomas Paulwitz<br />
Thomas.Paulwitz@deutsche-sprachwelt.de<br />
Gestaltung und Satz<br />
moritz.marten.komm.<br />
Claudia Moritz-Marten<br />
momakomm@netcologne.de<br />
Anzeigen<br />
moritz.marten.komm.<br />
Hans-Paul Marten<br />
Fernruf 0049-(0)22 71-6 66 64<br />
Ferndruck (Fax) 0049-(0)22 71-6 66 63<br />
Werbeanfragen@deutsche-sprachwelt.de<br />
<strong>Sprachwelt</strong>-Mitarbeiter<br />
Ursula Bomba, Rominte van Thiel, Dagmar<br />
Schmauks, Wolfgang Hildebrandt, Diethold<br />
Tietz, Jürgen Langhans, Ulrich Werner, Klemens<br />
Weilandt<br />
Druck<br />
Ferdinand Berger & Söhne GmbH<br />
Wiener Straße 80, A-3580 Horn<br />
Namentlich gekennzeichnete Artikel geben<br />
nicht unbedingt die Meinung der<br />
Redaktion wieder. Das gilt besonders für<br />
Leserbriefe.<br />
Die 32. Ausgabe erscheint im Sommer 2008<br />
zum Köthener Sprachtag. Redaktions- und<br />
Anzeigenschluß sind am 1. Mai 2008.
<strong>Deutsche</strong> <strong>Sprachwelt</strong>_Ausgabe <strong>31</strong>_Frühling 2008 Hintergrund<br />
Seite 3<br />
Von Thomas Paulwitz<br />
it hochfliegenden Plänen trat<br />
M der <strong>Deutsche</strong> Sprachrat vor<br />
fünf Jahren, am 28. Mai 2003, an die<br />
Öffentlichkeit. Das Goethe-Institut,<br />
das Institut für deutsche Sprache<br />
(IDS) und die Gesellschaft für deutsche<br />
Sprache (GfdS), die es allesamt<br />
ohne die regelmäßigen Überweisungen<br />
von Steuergeldern so nicht gäbe,<br />
hatten eine Gesellschaft des bürgerlichen<br />
Rechts gegründet. Das Sprachbewußtsein<br />
zu fördern, Sprachkritik<br />
zu üben, die Politik zu beraten, das<br />
<strong>Deutsche</strong> im Ausland zu fördern,<br />
die Bevölkerung aufzuklären; diese<br />
und andere hehre Ziele nannte man<br />
in einer beinahe pathetisch klingenden<br />
Erklärung. Daß darin auch stand,<br />
daß der Fremdsprachenunterricht<br />
schon in der Grundschule beginnen<br />
soll oder daß deutsche Wissenschaftler<br />
auf englisch publizieren sollen,<br />
Nichts als heiße Luft<br />
Fünf Jahre <strong>Deutsche</strong>r Sprachrat – eine dürftige Bilanz<br />
schien auf den ersten Blick lediglich<br />
dem Zeitgeist geschuldet.<br />
Doch was hat der <strong>Deutsche</strong> Sprachrat<br />
tatsächlich zustandegebracht? Nicht<br />
viel, im wesentlichen drei Suchwettbewerbe:<br />
die Suche nach dem schönsten<br />
deutschen Wort (siehe DSW 21,<br />
Seite 12), die Suche nach dem schönsten<br />
ausgewanderten deutschen Wort<br />
und, gerade frisch, die Suche nach<br />
dem schönsten Wort mit „Migrationshintergrund“.<br />
Das war’s auch schon<br />
im großen und ganzen. Die im Januar<br />
2007 gegründete „Neue Fruchtbringende<br />
Gesellschaft“ hat mit ihren<br />
Veranstaltungen und Aktionen in einem<br />
Jahr mehr auf die Beine gestellt<br />
als der Sprachrat in fünf Jahren.<br />
Um die Dürftigkeit dieser Bilanz zu<br />
verstehen, müssen wir einen Blick<br />
in die Entstehungsgeschichte des<br />
Sprachrates werfen. Dabei zeigt sich,<br />
daß eingesessene Einrichtungen<br />
den Rat aus der Befürchtung heraus<br />
gründeten, an Bedeutung zu verlieren.<br />
Auslöser war die von dem damaligen<br />
Berliner Innensenator Eckart<br />
Werthebach Anfang 2001 angestoßene<br />
Debatte über ein Sprachschutzgesetz,<br />
gegen das sich besonders das<br />
IDS wandte. Der Jurist und Althistoriker<br />
Christian Gizewski veröffentlichte<br />
daraufhin am 22. Februar<br />
im Forum des Berliner Innensenates<br />
den Entwurf einer Bund-Länder-<br />
Vereinbarung „über die allgemeine<br />
Amts- und Verkehrssprache Deutsch<br />
in der Bundesrepublik Deutschland“.<br />
Die DEUTSCHE SPRACHWELT<br />
machte Gizewskis Entwurf unmittelbar<br />
darauf bekannt. Er enthielt auch<br />
den erstmals geäußerten Vorschlag,<br />
Ein boshaftes Blendwerk<br />
Von Wolfgang Hildebrandt<br />
er ein Buch schreibt oder<br />
W herausgibt, möchte bekannt<br />
werden, Geld verdienen oder beides.<br />
Das ist legitim und nichts Schlechtes.<br />
Wenn aber eine Institution die Herausgabe<br />
eines Buches unterstützt, darf<br />
gefragt werden, welche Absicht dahintersteckt.<br />
Dieses gesunde Mißtrauen<br />
ist besonders angebracht bei dem Buch<br />
„Ausgewanderte Wörter“, herausgegeben<br />
von Jutta Limbach, von 2003<br />
bis 2007 Vorsitzende des <strong>Deutsche</strong>n<br />
Sprachrates. Warum aber sind Zweifel<br />
an der Redlichkeit der Herausgeberin<br />
und ihrer Unterstützer angebracht?<br />
Nun, sowohl Limbach („Englisch ist<br />
ein Muß, Deutsch ein Plus“) als auch<br />
die vom Staat zum Teil mit erheblichen<br />
Mitteln unterstützten Institutionen,<br />
die den Sprachrat bilden, haben<br />
sich beim Versuch, unsere Sprache als<br />
höchstes Kulturgut zu erhalten, – vorsichtig<br />
ausgedrückt – nicht besonders<br />
rühmlich hervorgetan.<br />
Doch lassen wir das Buch sprechen.<br />
Das Mißtrauen verstärkt sich schon<br />
bei der Betrachtung des Werkes und<br />
beim Herumblättern: kostbarer Leineneinband,<br />
verschwenderischer Umgang<br />
mit edlem Papier durch wenig<br />
Text und viele Bilder. Dadurch wird<br />
zwar eine hohe Seitenzahl erreicht,<br />
doch wenig Inhalt vermittelt. Endgültig<br />
bestätigt aber wird die Berechtigung<br />
des Verdachts, es handele sich<br />
hier um eine gewollte Täuschung der<br />
Leser, schon beim Vorwort, das mit<br />
den Sätzen schließt: „Ich denke, wir<br />
können ruhig auch ein wenig stolz<br />
darauf sein, dass andere Sprachen unsere<br />
Wörter übernehmen und Freude<br />
an ihnen haben. Allerdings sollten wir<br />
dabei nicht vergessen, dass so manches<br />
Wort fremden Ursprungs auch<br />
unsere Sprache bereichert. Dieses gebietet<br />
allemal die ‚Fairness‘.“<br />
Aha, darum geht es also bei diesem<br />
Buch, und verbunden mit der am 29.<br />
Februar zu Ende gegangenen Aktion<br />
des <strong>Deutsche</strong>n Sprachrates, mit der er<br />
„das beste eingewanderte Wort“ suchte,<br />
wird endgültig „ein Schuh“ daraus.<br />
Denn Wörter wandern eben nicht,<br />
Über das Buch „Ausgewanderte Wörter“<br />
sondern werden bestenfalls von Auswanderern<br />
mitgenommen. Hier wäre<br />
übrigens ein Ansatz für den Sprachrat<br />
gewesen, wissenschaftlich zu untersuchen,<br />
warum es trotz Millionen<br />
deutscher Auswanderer in alle Teile<br />
der Welt so wenige deutsche Wörter<br />
in anderen Sprachen gibt.<br />
Nein, Sprachen werden importiert, uns<br />
<strong>Deutsche</strong>n sogar schon seit langer Zeit<br />
bewußt durch einige Macher und deren<br />
Manipulationen eingepflanzt und<br />
aufgepfropft. Diese Tatsache kann das<br />
Buch mit seinen 122 Wörtern aus 34<br />
Ländern nicht widerlegen. Außerdem<br />
muß der wirkliche Bekanntheitsgrad<br />
der eingeschickten Wörter in den jeweiligen<br />
Ländern stark angezweifelt<br />
werden und damit auch die Wissenschaftlichkeit<br />
dieses Buches. Zugegeben<br />
– diesen Anspruch erhebt es nicht,<br />
denn, so der letzte Satz des Nachwortes:<br />
„Wenn dieses Buch von deutschen<br />
Wörtern handelt, die in anderen Sprachen<br />
Aufnahme und Heimstatt gefunden<br />
haben, so ist dies natürlich nur die<br />
eine Perspektive. Gleichwohl eine, die<br />
uns mit Freude und auch Gelassenheit<br />
erfüllen möge.“<br />
Da taucht er wieder auf, der wahre,<br />
nämlich perfide Grund der Veröffentlichung<br />
dieses Buches, der das Erzeugnis<br />
zu einem boshaften Blendwerk verkommen<br />
läßt. Denn wenn uns Freude<br />
und Gelassenheit empfohlen wird,<br />
drängt sich die Frage auf, warum und<br />
wobei? Doch nur, um auszublenden,<br />
daß die Dämme längst gebrochen sind<br />
und wir somit überschwemmt werden<br />
von Tausenden von Angloamerikanismen,<br />
so daß unsere Sprache für große<br />
Teile der Bevölkerung schon jetzt<br />
nicht mehr verständlich ist. Gäbe es<br />
die Möglichkeit, den Jugendlichen<br />
diese Wörter mit einem „Hokuspokus“<br />
wegzuzaubern, wäre ein großer<br />
Teil von ihnen nicht mehr in der Lage,<br />
miteinander zu reden.<br />
Doch statt uns davor zu schützen –<br />
das wäre die eigentliche, vor allem<br />
aber moralische Aufgabe der genannten<br />
Institutionen, denn sie werden<br />
auch von denen bezahlt, die Opfer<br />
des Sprachverlustes sind – sollen wir<br />
uns an Wörtern berauschen, deren<br />
Existenz im Ausland uns längst bekannt<br />
ist: Kindergarten, Angst, Weltanschauung,<br />
Waldsterben, Zeitgeist,<br />
und so weiter und so fort. Selbst Wörter,<br />
die uns beim Lesen noch ein Lächeln<br />
abgewannen, bleiben uns unter<br />
diesen Umständen im Halse stecken:<br />
Kanitzen-Boot (afrikaans für U-Boot,<br />
entstanden aus „kann nicht sehn“),<br />
vahtimestari (finnisch für Hausmeister,<br />
entstanden aus „Wachtmeister“),<br />
Oilitleh (angeblich persischer Gruß,<br />
mit dem besonders <strong>Deutsche</strong> gegrüßt<br />
werden, entstanden aus „Heil Hitler“),<br />
Banop (bassaisch [Bantusprache] für<br />
„Bahnhof“), oder Kaffepaussi (finnisch<br />
für „Pause“, „zur Zeit nicht im<br />
Einsatz“), wihaister (polnisch für „das<br />
Dingsbums“, entstanden aus „wie<br />
heißt er“) und so weiter.<br />
Welchen Schluß haben wir nun aus<br />
dem Inhalt des Buches zu ziehen?<br />
Doch wohl nur den, daß wir dringend<br />
Fremdsprachen lernen sollten, um<br />
deutsche Wörter am Leben zu erhalten.<br />
Zu empfehlen ist Japanisch, denn<br />
dort gibt es arbeito, womit unter anderem<br />
Nebenbeschäftigung gemeint ist,<br />
ein Begriff, der im <strong>Deutsche</strong>n längst<br />
von Job verdrängt wurde. Vielleicht<br />
sollte man aber doch lieber Russisch<br />
lernen, denn dann könnten wir noch<br />
das bei uns schon schimmelig gewordene<br />
Butterbrot genießen, das längst<br />
von Sandwich verdrängt worden ist.<br />
Glücklicherweise sprechen viele unserer<br />
Mitmenschen schon Englisch,<br />
die somit dazu beitragen, den Rucksack<br />
zu erhalten, bei uns mittlerweile<br />
Back Pack genannt.<br />
Und welche Fremdsprache werden<br />
Sie sich jetzt zwecks Kennenlernens<br />
einiger deutscher Wörter vornehmen?<br />
Wie wäre es zum Beispiel mit der<br />
Fremdsprache Deutsch? Man munkelt<br />
ja, einige deutsche Wörter seien noch<br />
in ihr zu finden …<br />
Jutta Limbach (Hrsg.), Ausgewanderte<br />
Wörter, Hueber Verlag, Ismaning 2006,<br />
144 Seiten, gebunden, 19,95 Euro.<br />
einen <strong>Deutsche</strong>n Sprachrat einzurichten.<br />
Nur wenig später, im April 2001,<br />
veröffentlichte der IDS-Direktor<br />
Gerhard Stickel eine Denkschrift mit<br />
dem Titel „Politik für die deutsche<br />
Sprache“. Darin hieß es: „Um den<br />
administrativ und institutionell verstreuten<br />
Interessen und Zuständigkeiten<br />
für die deutsche Sprache ein<br />
Forum zu geben und auch Vertreter<br />
der Medien und der Wirtschaft an der<br />
sprachpolitischen Meinungsbildung<br />
zu beteiligen, sollte ein ständiger Rat<br />
für die deutsche Sprache (vielleicht<br />
als „<strong>Deutsche</strong>r Sprachrat“) gebildet<br />
werden.“<br />
Ein Brief Stickels an Werthebach<br />
vom 29. Januar 2001 war zuvor unbeantwortet<br />
geblieben. Darin hatte<br />
Stickel ausgeführt: „Wenn nun nach<br />
Ihrem Vorschlag eine weitere Institution<br />
eingerichtet würde mit der<br />
Hauptaufgabe, fremdsprachliche<br />
Ausdrücke zu verdeutschen, würde<br />
dies die institutionelle Sprachforschungs-<br />
und Sprachpflegelandschaft<br />
nur noch komplizierter und unübersichtlicher<br />
machen, als sie schon ist.<br />
Zweckmäßiger und ökonomischer<br />
wäre es deshalb, das Aufgabenspektrum<br />
bestehender Institutionen zu<br />
erweitern.“<br />
Wörter mit<br />
„Migränehintergrund“?<br />
Folgende Pressemitteilung verbreitete die<br />
DEUTSCHE SPRACHWELT am 29. Januar 2008.<br />
Zahlreiche Medien gingen darauf ein, so „Die Welt“, die<br />
„Nürnberger Nachrichten“ oder der „Wiesbadener Kurier“<br />
M<br />
it Ironie kritisiert die DEUT-<br />
SCHE SPRACHWELT den<br />
am 29. Februar endenden Wettbewerb<br />
des <strong>Deutsche</strong>n Sprachrates<br />
„Wörter mit Migrationshintergrund“.<br />
Als Beispiele für „das beste eingewanderte<br />
Wort“ hatte der Sprachrat<br />
die Wörter „downloaden“, „Flyer“<br />
und „chillen“ hervorgehoben. „Die<br />
Aktion kommt zum richtigen Zeitpunkt.<br />
<strong>Deutsche</strong>n Wörtern wird ohnehin<br />
zuviel Aufmerksamkeit entgegengebracht“,<br />
pflichtete nun der<br />
Chefredakteur der Sprachzeitung,<br />
Thomas Paulwitz, bei. So seien „sich<br />
entspannen“ für „chillen“ oder „herunterladen“<br />
für „downloaden“ altbacken<br />
und viel zu verständlich.<br />
In den Medien, in der Werbung und<br />
in der Politik würden zu viele deutsche<br />
Wörter verwendet. Der Werbefeldzug<br />
des <strong>Deutsche</strong>n Sprachrates<br />
für Wörter aus anderen Sprachen<br />
sende daher das richtige Signal. Werbung<br />
für die deutsche Sprache werde<br />
schließlich bereits von einer großen<br />
Zahl übermächtiger Sprachvereine<br />
betrieben. Sauberes Deutsch sei an<br />
Schulen und Universitäten erschrekkend<br />
selbstverständlich geworden.<br />
Der Sprachrat fülle somit eine Lükke.<br />
Kopfzerbrechen bereite, daß einige<br />
selbsternannte, ewiggestrige und<br />
Hier kommt nicht nur eindeutig die<br />
Angst der Alteingesessenen zum<br />
Vorschein, ins Abseits zu geraten,<br />
sondern auch der wahre Antrieb zur<br />
Gründung des Sprachrates: Besitzstandswahrung<br />
und Verhinderung<br />
einer Einrichtung, die Verdeutschungen<br />
vorschlägt. Keine guten Voraussetzungen<br />
für eine wirkungsvolle Arbeit.<br />
Die letzten beiden Wettbewerbe<br />
verband der Sprachrat sogar mit<br />
verdeckten und offenen Angriffen<br />
auf Sprachschützer, die er offenbar<br />
als unliebsame Mitbewerber sieht.<br />
Der Kampf um die Reinhaltung der<br />
deutschen Sprache sei gescheitert.<br />
Wortimporte hielten das <strong>Deutsche</strong><br />
modern und lebendig, hieß es.<br />
Mit dem Rat für deutsche Rechtschreibung<br />
– kurz: Rechtschreibrat<br />
– ist der <strong>Deutsche</strong> Sprachrat übrigens<br />
nicht zu verwechseln, obwohl<br />
er mit ihm etwas gemeinsam hat:<br />
Die Sprachratsangehörigen GfdS,<br />
IDS und Duden sind nicht nur für<br />
die Rechtschreibreform mitverantwortlich,<br />
sondern auch maßgebliche<br />
Mitglieder des Schreibrates. Kein<br />
Wunder, daß dieser bei der Reform<br />
der Reform völlig versagte.<br />
www.sprachpflege.info/index.php/<br />
<strong>Deutsche</strong>r_Sprachrat<br />
www.deutscher-sprachrat.de<br />
unverbesserliche Sprachschützer die<br />
Aktion des Sprachrates abfällig als<br />
„Wörter mit Migränehintergrund“<br />
verunglimpften. Manchen sei offenbar<br />
immer noch nicht klar, daß der<br />
Zug für die deutsche Sprache längst<br />
abgefahren sei.<br />
Wörter mit Migrationshintergrund –<br />
das Wort „Fremdwort“ vermeide der<br />
Sprachrat zu Recht, da es diskriminierend<br />
und nach neuesten Erkenntnissen<br />
schon von den Nationalsozialisten<br />
verwendet worden sei – böten unermeßliche<br />
Vorteile. So lasse sich mit<br />
ihnen besonders eindrucksvoll Weltläufigkeit,<br />
Modernität und moralische<br />
Überlegenheit zeigen, auch und gerade<br />
wenn der andere nicht immer versteht,<br />
was gemeint ist. Wissenslücken<br />
ließen sich so mühelos kaschieren.<br />
Erst wenn das letzte deutsche Wort<br />
durch eines mit Migrationshintergrund<br />
ersetzt sei, sei der Makel der<br />
Rückständigkeit der deutschen Sprache<br />
überwunden. In der Wissenschaftssprache<br />
sei dieses Ziel bereits<br />
nahezu erreicht. Dort wird in Forschung<br />
und Lehre zahlreicher Fächer<br />
bereits ausschließlich die Migrationssprache<br />
Nummer 1 verwendet<br />
– Englisch. Wer das nicht gut finde,<br />
könne ja auswandern.
Seite 4<br />
A<br />
Jahr der Sprachen<br />
<strong>Deutsche</strong> <strong>Sprachwelt</strong>_Ausgabe <strong>31</strong>_Frühling 2008<br />
Mit Rechnerlinguistik Muttersprachen retten<br />
nläßlich des Welttags der<br />
Muttersprache am 21. Februar<br />
und des damit beginnenden<br />
„Internationalen Jahres der Sprachen“<br />
2008 sprach die DEUTSCHE<br />
SPRACHWELT mit Klaus Däßler,<br />
Mitglied des „Arbeitskreises<br />
Deutsch als Wissenschaftssprache“<br />
(ADAWIS) und Begründer der Gesellschaft<br />
für Mathematische Intelligenz<br />
(GMI). Däßler entwickelt ein<br />
Gerät zur elektronischen Verständigung<br />
zwischen Menschen verschiedener<br />
Muttersprachen. Das<br />
Gespräch führte Thomas Paulwitz.<br />
DEUTSCHE SPRACHWELT: Herr<br />
Däßler, Sie gehörten zu den 300<br />
Teilnehmern der Gründungsveranstaltung<br />
für ein neues „Weltkulturforum“,<br />
die vom 23. bis 25 November<br />
des vergangenen Jahres in Dresden<br />
stattfand. Was haben Sie dort gemacht<br />
und welche Eindrücke konnten<br />
Sie mitnehmen?<br />
Klaus Däßler: Dort trafen sich namhafte<br />
Vertreter aus Wirtschaft, Politik,<br />
Wissenschaft, Kunst und Religion,<br />
um eine weltweite Organisation<br />
bedeutender Personen zu gründen,<br />
die das ökonomische und daraus folgende<br />
politische, ökologische und<br />
kulturelle Ungleichgewicht der Welt<br />
bekämpfen wollen. Die Quintessenz:<br />
Menschliche Existenz beruht, neben<br />
der Natur, auf den Säulen Ökonomie,<br />
Politik, Religion und Kultur, wobei<br />
die ersten drei besondere Machtfaktoren<br />
sind. Wenn eine dieser Säulen<br />
die anderen nachhaltig dominiert, so<br />
bringt sie das ganze System aus dem<br />
Gleichgewicht, was bis zum Einsturz<br />
des Gesamtsystems Menschheit<br />
führen kann, etwa zu einem großen<br />
Krieg um die Lebensgrundlagen. Wir<br />
stellen heute fest, daß die Ökonomie<br />
– Globalisierung, militärisch-industrielle<br />
Mächtegruppen, Finanzoligarchie<br />
– alle anderen Bereiche, besonders<br />
die Demokratie, beherrscht<br />
und zu überwältigen droht. Ich habe<br />
auf dem Weltkulturforum mein Projekt<br />
zur elektronischen Verständigung<br />
von Menschen verschiedener<br />
Sprache vorgestellt.<br />
Welche Folgen hat die Vorherrschaft<br />
des reinen Gelddenkens für die Vielfalt<br />
der Sprachen?<br />
Besonders die Kulturen und damit<br />
die Muttersprachen drohen durch<br />
diese Fehlentwicklung unterzugehen,<br />
das heißt, einer Einheitskultur<br />
und -sprache zum Opfer zu fallen.<br />
Diese ist im Interesse der Konzerne,<br />
die weltweit produzieren, transportieren,<br />
vermarkten, verkaufen.<br />
Sie erwarten von einer einheitlichen<br />
Weltsprache wirtschaftliche Vorteile.<br />
Deutschland, das sie zur Exportnation<br />
gemacht haben, ist ein Brennpunkt<br />
dieser Entwicklung, der die<br />
deutsche Sprache zum Opfer fällt.<br />
Wir müssen uns gegen die kulturzerstörende<br />
Übermacht der Ökonomie<br />
wehren. Der Gedanke des Weltkulturforums<br />
ist, daß dies von miteinander<br />
befreundeten Nationalkulturen<br />
aus geschehen könnte. Deutschland<br />
und hier Dresden sollen Keimzelle<br />
dieser Bemühungen sein. Überall in<br />
der Welt sind die Muttersprachen auf<br />
dem Rückzug gegenüber der neuen<br />
„Weltsprache“ oder der „Sprache<br />
des internationalen Marktes“, einem<br />
ausdrucksschwachen, globalen Englischdialekt<br />
von etwa 800 bis 1 500<br />
Gespräch zum Internationalen Jahr der Sprachen 2008<br />
Wortstämmen. Im Vergleich dazu<br />
besitzt die deutsche Muttersprache<br />
etwa 400 000 bis 500 000 Wörter.<br />
Ein normaler Duden umfaßt etwa<br />
150 000 Stichwörter, davon verwendet<br />
ein normaler Mensch aktiv<br />
etwa fünf- bis zehntausend. Goethe<br />
hat etwa neunzigtausend Wörter<br />
beherrscht, Thomas Mann dreißigtausend.<br />
Diese Wortmenge bedeutet<br />
Differenzierung, Ausdruckskraft, eigene<br />
Einsicht in die Welt.<br />
Was sind die Vorteile der Muttersprachen<br />
gegenüber einer Welteinheitssprache?<br />
Die Differenzierungsfähigkeit habe<br />
ich schon erwähnt. Darüber hinaus<br />
hat Muttersprache eine grundlegend<br />
andere Qualität als jede Sprache, die<br />
ein Mensch erlernen kann. Ihr wesentliches<br />
Alleinstellungsmerkmal<br />
ist, daß sie im ersten Lebensabschnitt<br />
des Menschen von seiner Bezugsperson<br />
gesprochen wird. In dieser<br />
Zeit jedoch erlernt das Kind sinnlich,<br />
durch Beschäftigung, durch Erleben,<br />
die Grundlagen seines Daseins in der<br />
Welt, die sogenannten Basiskategorien<br />
des Denkens. Dieser Prozeß ist<br />
erst in einem Alter von etwa zwölf<br />
Jahren abgeschlossen. Da dies im<br />
Beisein vor allem der Mutter geschieht,<br />
werden diese Basiskategorien<br />
an die begleitenden Wörter, die<br />
Sprache der Mutter gebunden, was<br />
diese Sprache konkurrenzlos mächtig<br />
macht. Fällt etwa das Wort „Gabel“,<br />
so assoziiert das Kind alle Merkmale,<br />
Erscheinungen, Vorkommnisse,<br />
die mit dem Wort Gabel in seinem<br />
Leben bisher jemals in Verbindung<br />
traten. – Dieser Begriff ist also außerordentlich<br />
mächtig. Fällt das<br />
Wort „Fork“, so ist zwar formal<br />
durch den Englischunterricht „Gabel“<br />
daran geklebt, mehr aber nicht.<br />
„Fork“ bleibt also eine schlichte Bezeichnung<br />
für ein Ding und könnte<br />
auch „Plup“ heißen. Ganz abgesehen<br />
davon, sind verschiedene Muttersprachen<br />
nicht wortäquivalent, sonst<br />
gäbe es nur eine Sprache auf der<br />
Welt. Man müßte also die Kindheit<br />
mit einer englischen Mutter erleben,<br />
damit „Fork“ so sinnenmächtig wie<br />
„Gabel“ würde.<br />
Der Arbeitskreis Deutsch als Wissenschaftssprache<br />
(ADAWIS) beobachtet<br />
eine Entwicklung, die nach<br />
seinen Worten „auf eine völlige Abschaffung<br />
der Landessprache auch<br />
im internen Wissenschaftsbetrieb<br />
hinausläuft“. Stimmt das?<br />
Ja. In Deutschland beobachten wir<br />
folgende Erscheinungen: Die wunderbare<br />
deutsche Wissenschaftssprache,<br />
eine der besten der Welt, wird<br />
rasant durch Wissenschaftsenglisch<br />
abgelöst. Von den 1 976 weiterführenden<br />
(„Master“)-Studiengängen in<br />
Deutschland werden heute schon 250<br />
ausschließlich auf englisch unterrichtet.<br />
Studenten, bei denen ich gelegentlich<br />
eine (deutsche) Vorlesung<br />
halte, beklagen, daß sie im Studium<br />
nur noch englische Lehrmaterialien<br />
bekommen. Wissenschaftliche Tagungen<br />
von <strong>Deutsche</strong>n für <strong>Deutsche</strong>,<br />
unter Einbeziehung von deutschem<br />
Publikum, werden auf englisch abgehalten,<br />
selbst wenn nur drei Englischsprachler<br />
dabei sind. Damit ist<br />
die ganze teure Veranstaltung fast<br />
sinnlos. Unser Volk, das ja nicht nur<br />
ein Volk der Dichter und Denker,<br />
Klaus Däßler auf dem Köthener<br />
Sprachtag Bild: pau<br />
sondern vor allem der Erfinder und<br />
Ingenieure ist, wird von der Muttersprache<br />
des Wissens abgeschnitten,<br />
die seit Luther eine wissenschaftlichtechnische<br />
Revolution nach der anderen,<br />
eine hohe Innovationsfähigkeit<br />
hervorbrachte. Die Wissenschaft<br />
zieht sich wieder in eine Festung zurück.<br />
Damit verkommt die führende<br />
Wissenschaftsnation Deutschland zu<br />
einer Begabtenreserve für die USA.<br />
Die deutsche Leistungsfähigkeit verfällt<br />
trotz allen Elitegeredes rapide.<br />
Besteht bei dieser Entwicklung nicht<br />
die Gefahr, daß auch die Schulen immer<br />
mehr auf englisch unterrichten?<br />
Das fängt sogar schon im Kindergarten<br />
an. Aus Unwissenheit, was<br />
Muttersprache für die Entwicklung<br />
eines Kindes bedeutet, stehen die Eltern<br />
schlange, um ihr Kind in einem<br />
Englisch-Kindergarten (Helen Doron<br />
Early English) unterzubringen. Angeblich<br />
bekommt man heute nur noch<br />
mit „native“ Englischkenntnissen einen<br />
„Job“. Die Zahl dieser Kinder hat<br />
sich seit 2002 etwa vertausendfacht.<br />
Heute gibt es in Deutschland etwa<br />
800 Helen-Doron-Kindergärten, mit<br />
einem geschickt zentral gesteuerten<br />
Franchise-Modell (Starthilfemodell).<br />
Alle sechzehn Bundesländer haben<br />
Englisch bereits verpflichtend ab der<br />
3. Klasse eingeführt, darüber hinaus<br />
Baden-Württemberg und Rheinland-<br />
Pfalz obligatorisch ab Klasse 1.<br />
Nordrhein-Westfalen folgt im nächsten<br />
Jahr. In weiteren neun Bundesländern<br />
bieten Hunderte von Grundschulen<br />
wahlweise Englisch ab der<br />
1. Klasse an. Das ist viel zu früh!<br />
Das sich gerade konsolidierende<br />
Kategoriensystem des Kindes wird<br />
durcheinandergebracht. Ein Fremdsprachenbeginn<br />
ab der 5. Klasse wie<br />
bisher wäre angemessen. Englisch-<br />
Immersionsunterricht, das heißt,<br />
überhaupt kein Unterricht mehr auf<br />
deutsch, ist ebenfalls auf dem Vormarsch.<br />
Der baden-württembergische Ministerpräsident<br />
Günther Oettinger ist<br />
der Ansicht, Deutsch werde künftig<br />
nur noch die Sprache der Freizeit<br />
sein. Deswegen habe er Englisch ab<br />
der 1. Grundschulklasse eingeführt.<br />
Übertreibt er da oder müssen wir<br />
uns Sorgen machen?<br />
Herr Oettinger spricht die Sprache<br />
seines Herrn, der mächtigen Export-<br />
firmen und ihrer vielen mittelständischen<br />
Zulieferer, die den Wohlstand<br />
seines Bundeslandes sichern helfen.<br />
Er übertreibt nicht, sondern er tut es<br />
in bester Überzeugung. Gerade deshalb<br />
müssen wir uns Sorgen machen.<br />
Wir sehen ja an türkischen Schulkindern,<br />
welche Wirkung diese sprachliche<br />
Konfusion, dieses Vernichten des<br />
muttersprachlich-basiskategorialen<br />
Denkens, auf das Kind hat. Auch<br />
Baden-Württemberg wird mit dieser<br />
Strategie ein nachlassendes wissenschaftlich-technischesLeistungsvermögen<br />
erleben. In 60 Prozent der<br />
Großfirmen und des oberen Mittelstandes<br />
ist Englisch schon Unternehmenssprache.<br />
Das führt letztlich zu einem<br />
Abrutschen der gesamten Nation<br />
in geistige Drittklassigkeit, da sie die<br />
qualitativen Vorteile der Muttersprache,<br />
ihre kategoriale Bindung, nicht<br />
mehr nutzen kann. Die meisten Menschen<br />
glauben intuitiv, daß in hundert<br />
Jahren ohnehin alle Menschen Englisch<br />
sprechen werden. Schließlich<br />
„wachse die Welt zusammen“. Die<br />
großen, jungen Industrienationen, Indien<br />
und China, auch Rußland, bilden<br />
ihre Elite strikt auf englisch aus. Auch<br />
sie sehen gegenwärtig keine andere<br />
Chance. Man könnte an dem Schicksal<br />
der Muttersprachen, und damit der<br />
kulturellen Vielfalt, als Überlebensgaranten<br />
der Menschheit verzweifeln,<br />
wenn nicht …<br />
… Hoffung bestünde? Wie sehen die<br />
bisherigen Rettungsversuche für die<br />
Muttersprachen aus?<br />
Die gegenwärtigen europäischen Bestrebungen,<br />
wie die Initiative des EU-<br />
Kommissars für kulturelle Vielfalt,<br />
Leonard Orban, zur „Dreisprachigkeit“<br />
aller Europäer betrachte ich als<br />
blauäugige Illusion. Unsere Kinder,<br />
und nicht nur unsere, beherrschen<br />
zunehmend nicht mal mehr ihre eigene<br />
Muttersprache. Plansprachen wie<br />
Esperanto besitzen keine Triebkraft,<br />
wie sie die USA und die Ökonomie<br />
für Globalenglisch haben.<br />
Gibt es denn einen besseren Ansatz?<br />
Ja, es ist ein Kraut gewachsen: Ich<br />
nenne es „neue deutsche Rechnerlinguistik“,<br />
die einen Sprach-David<br />
gegen einen Sprach-, Daten- und<br />
Medien-Goliath losschicken kann.<br />
Dieser Goliath ist unintelligent. Er<br />
geht davon aus, daß ein Mensch wie<br />
ein Rechner ist; so daß jeder Mensch<br />
auf dieselbe Botschaft gleich reagieren<br />
müßte. Eine Botschaft in natürlicher<br />
Sprache wird allerdings als<br />
mehrdeutig und ungenau betrachtet,<br />
was in Wirklichkeit gar nicht stimmt.<br />
Wenn zwei Menschen miteinander<br />
sprechen, so ist das hundertprozentig<br />
genau, allerdings auf insgesamt fünf<br />
Ebenen, statt nur einer oder zweien,<br />
die die etablierte Computerlinguistik<br />
sieht.<br />
Welche fünf Ebenen sind das?<br />
Ganz oben haben wir die Texte, den<br />
Hauptgegenstand gegenwärtiger<br />
Computerlinguistik. Darunter finden<br />
wir sogenannte lexikalisierte Begriffe,<br />
das wird oft mit den Dimensionen<br />
„Semantik“ und „Pragmatik“<br />
bezeichnet. Darunter jedoch befindet<br />
sich die riesige Anzahl rein nichtsprachlicher<br />
Begriffe. Diese werden<br />
von der Computerlinguistik bereits<br />
nicht mehr wahrgenommen. Weiter<br />
unten befinden sich die – mit der Mutter<br />
erlernten – Basiskategorien des<br />
Denkens. Und ganz unten sind die sogenannten<br />
ontogenetischen Basiskategorien.<br />
Die herrschende Computerlinguistik<br />
kennt nur die erste Ebene,<br />
bestenfalls die zweite, und ist durch<br />
den augenblicklichen Siegeszug der<br />
statistischen Methoden im Begriff,<br />
sich ganz auf die oberste Ebene, die<br />
der Texte, zurückzuziehen.<br />
Zu deren besserem Verständnis sei<br />
hier das Gleichnis des Chinesischen<br />
Teezimmers (Searle) angeführt: Ein<br />
Amerikaner möchte einen Satz ins<br />
Chinesische übersetzt haben. Er geht<br />
zu einem Teezimmer, einem geschlossenen<br />
Raum mit einer kleinen<br />
Klappe. Er schreibt seinen Satz auf<br />
ein Holztäfelchen und reicht dieses<br />
durch die Luke. Innen sitzt ein kleiner<br />
Chinese und trinkt Tee. Er ist<br />
umgeben von Regalen mit kleinen<br />
Fächern, an denen Nummern stehen.<br />
Darin liegen lauter Täfelchen mit<br />
chinesischen Sätzen drauf. Er nimmt<br />
das amerikanische Täfelchen und berechnet<br />
aus gewissen Merkmalen des<br />
amerikanischen Satzes eine Nummer<br />
(das nennt man „indexieren“). Dann<br />
geht er die Fächer ab, bis er dieselbe<br />
Nummer gefunden hat. Er nimmt<br />
dort das entsprechende chinesische<br />
Täfelchen heraus, gibt es dem Amerikaner<br />
durch die Luke und setzt sich<br />
wieder. Der Amerikaner ist glücklich.<br />
Wir unterstellen, daß alle einander<br />
entsprechenden amerikanischen<br />
und chinesischen Sätze bereits indexiert<br />
wurden. Das wird heute über<br />
das WWW gemacht, unter anderem<br />
mit Hilfe vorliegender Bibel-Übersetzungen.<br />
Wir erkennen, daß hier<br />
lediglich Ebene 1 eine Rolle spielt.<br />
Aber: Erfolgreiches Verstehen und<br />
Verarbeiten natürlicher Sprache berücksichtigt<br />
auch die restlichen vier<br />
Ebenen. Rechnerlinguistik, die das<br />
berücksichtigt, ist damit um Größenordnungen<br />
mächtiger als die<br />
etablierte Computerlinguistik mit<br />
ihren Milliarden Dollars und ihren<br />
Heerscharen „internationaler Wissenschaftler“.<br />
In den nächsten zehn<br />
Jahren werden wir einen Durchbruch<br />
dieser David-gegen-Goliath-Rechnerlinguistik<br />
erleben. Künftig wird<br />
niemand mehr eine Fremdsprache<br />
(oder „Weltsprache“) erlernen müssen,<br />
es sei denn, er hätte Spaß daran.<br />
Jeder Mensch wird mit jedem Menschen<br />
der Welt zwanglos in seiner<br />
Muttersprache sprechen, und sich<br />
beliebig differenziert, fein nuanciert<br />
und verständlich unterhalten können<br />
wie mit einer gemeinsamen Muttersprache<br />
– soweit es seine eigene Intelligenz<br />
hergibt.<br />
Einen „Universal-Übersetzer“ gab<br />
es in der Fernsehserie „Raumschiff<br />
Enterprise“. Ist das nicht eine technische<br />
Utopie?<br />
Ja. Das ist eine Utopie, weil es hier<br />
wieder um einen Universal-Übersetzer,<br />
einen Goliath geht. Der David-<br />
Übersetzer ist das schiere Gegenteil<br />
von Universalität. Den Schlüssel<br />
dazu halten wir <strong>Deutsche</strong>n mit unseren<br />
wunderbaren philosophischen<br />
Grundlagen in Händen, die bereits<br />
im 18. Jahrhundert geschaffen wurden.<br />
Zusammen mit den technischen<br />
Möglichkeiten der Informatik des<br />
beginnenden 21. Jahrhunderts ist nun<br />
die Zeit gekommen.
<strong>Deutsche</strong> <strong>Sprachwelt</strong>_Ausgabe <strong>31</strong>_Frühling 2008 Leserdienst<br />
Seite 5<br />
Was wird aus der<br />
deutschen Sprache?<br />
W<br />
ir können nicht in die Zukunft<br />
sehen, aber wir wissen,<br />
daß unsere Sprache viele Freunde<br />
braucht, wenn sie sich behaupten<br />
soll – und eine vernehmbare Stimme,<br />
die sich für sie einsetzt. Die DEUT-<br />
SCHE SPRACHWELT versteht sich<br />
als eine Stimme der Sprachgemeinschaft:<br />
unabhängig, uneigennützig,<br />
sprachtreu.<br />
Helfen Sie mit!<br />
M<br />
it nur geringen finanziellen<br />
Mitteln und viel freiwilliger<br />
Mitarbeit bieten wir den Sprachverderbern<br />
die Stirn, frei nach dem<br />
Brecht-Motto: „Wer kämpft, kann<br />
verlieren, wer nicht kämpft, hat<br />
schon verloren.“ Zugleich loben wir<br />
vorbildlichen Sprachgebrauch. Bitte<br />
helfen Sie mit, daß wir weitermachen<br />
können. Mundpropaganda, Leserbeiträge<br />
und nicht zuletzt Spenden –<br />
womit Sie uns auch unterstützen: Sie<br />
helfen damit nicht nur Ihrer Sprachzeitung,<br />
sondern auch Ihrer Sprache.<br />
Danke!<br />
Frühling 2008<br />
Winter 2007/08<br />
Unter anderem: Thomas Paulwitz:<br />
Santa Claus muß raus / Albrecht Balzer:<br />
Beobachtungen zur offiziellen<br />
Sprache der DDR / Martin String:<br />
Faule Eier legende Reform / Gerhard<br />
von Harscher: Winken, wank, gewunken?<br />
/ Dagmar Rosenstock: Zur<br />
Geschichte des Wortes „deutsch“ (Teil<br />
1) / Ralph Mocikat: Für Forschung<br />
und Lehre in der Landessprache / Thomas<br />
Paulwitz: Das „Poesiealbum“ ist<br />
wieder da / Jörg Hellmann: Die spinnen,<br />
die Galiläer / Schülerwettbewerb<br />
„Mein liebstes Sprichwort“ / Köthener<br />
Sprachforum / Sprachsünder-Ekke:<br />
Langenscheidt / Georg Winter:<br />
Sprechsport – ein Breitensport der<br />
Zukunft? / Goethe lebt! / Stephan-<br />
Thomas Klose: „Brötchengeber“ statt<br />
„Backshop“ Verbraucherschutz / Rudolf<br />
Erler: Trichter ohne Denglisch /<br />
Klemens Weilandt: Küchengirl wollte<br />
nicht / Daimler ohne Denglisch? /<br />
Dagmar Schmauks: Speise, wie du<br />
sprichst! / Wolfgang Hildebrandt:<br />
Hallo Wien! (Anglizismenmuffel)<br />
Herbst 2007<br />
Unter anderem: Thomas Paulwitz:<br />
Deutsch in Europa stärken / Reiner<br />
Kunze: Die Sprache, die die Sprache<br />
spricht – Rede zur Sprache /<br />
Wolfgang Hildebrandt: Zum Vorwurf,<br />
Sprachpflege sei rechtslastig /<br />
Reiner Haseloff: Grußwort zum 1.<br />
Köthener Sprachtag / Uta Seewald-<br />
Heeg: Die Neue Fruchtbringende<br />
Gesellschaft / Virtuelle Besichtigung<br />
des Hauses der deutschen Sprache /<br />
Andrea Müller: Vom Nutzen des<br />
unnützen Denkens / Rominte van<br />
Thiel: Zeitreise zu den Ursprüngen<br />
unserer Sprache / Tanja Goldmüller:<br />
Mutzen Sie einmal darüber nach<br />
/ Julia Große: Heimat / Schreibwettbewerb<br />
„Schöne deutsche Sprache“<br />
/ Sprachsünder-Ecke: Duden-<br />
Dummdeutsch / Hans-Gert Braun:<br />
Wo kommen nur die Wörter her?<br />
(Teil 2) / Initiative Sprachlicher Verbraucherschutz<br />
/ www.sprachpflege.<br />
info / Tag der deutschen Sprache<br />
in Köthen / Ulrich Werner: Ein<br />
„würde“volles Reden / Wolfgang<br />
Hildebrandt: Wer regiert die Welt<br />
(Anglizismenmuffel))<br />
Sommer 2007<br />
Unter anderem: Thomas Paulwitz:<br />
Schraip widu schprichsd? / Heinz Zimmermann:<br />
Wie der Schulunterricht<br />
den Gefährdungen der Sprachlichkeit<br />
begegnen kann / Thomas Paulwitz:<br />
FAZ: Nach dem Einknicken folgt der<br />
Sprachpreis / Die neue Schweizer Orthographische<br />
Konferenz / Die Eidgenossen<br />
bauen den Neuschrieb weiter<br />
zurück / Einladung zum 1. Köthener<br />
Sprachtag / Sieghard Kosel: Eine umbrauste<br />
Sprachinsel (Sorbisch) / Silvia<br />
Werfel: ß als neuer Großbuchstabe /<br />
Andrea Müller: Zum 150. Todesjahr<br />
Joseph von Eichendorffs / Sprachsünder-Ecke:<br />
Die österreichische Bundesregierung<br />
/ Hans-Gert Braun: Wo<br />
kommen nur die Wörter her? (Teil 1)<br />
/ Der Klub des toten Dichters / Andrea<br />
Müller: Ehemalige Analphabeten<br />
gehen an die Öffentlichkeit / DSW<br />
bei Rossmann / Starker Messeauftritt<br />
/ Herbert Rosendorfer: Politikale<br />
Korrektnuß – Darf ich den Zigeuner<br />
Zigeuner nennen? / Wolfgang Hildebrandt:<br />
Neuer Lifestyle mit Pasta<br />
(Anglizismenmuffel) / Ursula Bomba:<br />
Liebenswerte Buchstabenprozessionen<br />
Frühling 2007<br />
Unter anderem: Thomas Paulwitz: Lesen<br />
statt Glotzen / Thomas Paulwitz:<br />
In Köthen/Anhalt entsteht ein Anziehungspunkt<br />
für Sprachpflege / Werner<br />
Kügel: Echte Sprachpflege ist Denkpflege<br />
/ Köthener Erklärung / Hans<br />
Kaegelmann: Für eine Zukunft von<br />
Deutsch als Wissenschaftssprache (Teil<br />
2) / Dankwart Guratzsch: Deutsch ist<br />
mehr als ein Verständigungsmittel / Die<br />
Rechtschreibreform im Presseecho /<br />
Frank Fojtik: „Feuersnot“ von Richard<br />
Strauss – ein Kunstwerk der (Sp)rache /<br />
Sprachwahrer des Jahres: Zwei Frauen<br />
gewinnen die Wahl / DSW-Leserprotest:<br />
Telekom will Tarifbezeichnungen<br />
überarbeiten / Rolf Zick: Sprachpflegejahr<br />
mit der Aktion <strong>Deutsche</strong> Sprache<br />
/ Ergebnisse der Leserumfrage zur<br />
Zusammenarbeit in der Sprachpflege /<br />
Wolfgang Hildebrandt: Sprechen Sie<br />
T-Com(edian)? (Anglizismenmuffel)<br />
Unterstützen Sie die DEUTSCHE SPRACHWELT. Sie haben drei Möglichkeiten:<br />
1. Die Spende 2. Die Bestellung 3. Die Empfehlung<br />
Bitte nutzen Sie den beigelegten Zahlschein für Ihre<br />
Spende. Mit einer Einzugsermächtigung ersparen<br />
Sie sich den Gang zur Bank. Über die Einrichtung<br />
von Daueraufträgen freuen wir uns sehr.<br />
Bank<br />
Bankleitzahl<br />
Einzugsermächtigung<br />
Zur Erhaltung der DEUTSCHEN SPRACHWELT<br />
möchte ich den Verein für Sprachpflege e. V.<br />
regelmäßig unterstützen. Darum ermächtige ich<br />
diesen Verein,<br />
einmalig - vierteljährlich - halbjährlich - jährlich<br />
[Nichtzutreffendes bitte durchstreichen]<br />
einen Betrag von EURO<br />
von meinem Konto abzubuchen.<br />
Diese Einzugsermächtigung kann ich jederzeit<br />
widerrufen.<br />
Kontonummer<br />
Datum und Unterschrift<br />
Meine Anschrift<br />
Name, Vorname<br />
Straße<br />
Bitte unterstützen<br />
Sie unsere Arbeit<br />
mit einer Spende.<br />
Verein für Sprachpflege e.V.<br />
Bundesrepublik Deutschland<br />
Stadt- und Kreissparkasse Erlangen<br />
Bankleitzahl 763 500 00<br />
Kontonummer 400 1957<br />
BIC: BYLADEM1ERH<br />
IBAN: DE63763500000004001957<br />
Republik Österreich<br />
Volksbank Salzburg<br />
Bankleitzahl 45010<br />
Kontonummer 000 150 623<br />
Lieferbare Ausgaben<br />
<strong>31</strong><br />
30<br />
29<br />
Grundsätzlich geben wir die Zeitungen kostenlos ab,<br />
doch bitten wir um eine Spende zur Deckung unserer<br />
Kosten auf das Konto des Vereins für Sprachpflege e. V.<br />
regelmäßiger Bezug<br />
Bitte senden Sie mir regelmäßig die DEUTSCHE<br />
SPRACHWELT. Ich verpflichte mich zu nichts.<br />
Wenn mir die Zeitung gefällt, werde ich sie mit<br />
einer Spende unterstützen. Ich kann sie jederzeit<br />
abbestellen.<br />
Mehrfachbezug<br />
Ich besitze eine Arztpraxis oder habe eine andere<br />
Gelegenheit, die DSW auszulegen. Bitte schicken<br />
Sie mir von jeder neuen Ausgabe Stück<br />
Nachbestellung<br />
Bitte liefern Sie mir von den bereits erschienenen<br />
Ausgaben<br />
Schicken Sie den ausgefüllten Bestellschein bitte an:<br />
DEUTSCHE SPRACHWELT, Postfach 1449, D-91004 Erlangen<br />
Geburtsdatum<br />
Postleitzahl und Ort<br />
28<br />
27<br />
Lieferbar sind auch noch alle früheren<br />
Ausgaben. Die Inhaltsverzeichnisse<br />
sämtlicher Ausgaben finden<br />
Sie unter<br />
www.deutsche-sprachwelt.de/<br />
archiv/papier/index.shtml.<br />
Stück der Ausgabe(n)<br />
Stück der Ausgabe(n)<br />
Stück der Ausgabe(n)<br />
M<br />
Die zehn sprachpolitischen Forderungen<br />
1. Deutsch muß im öffentlichen Raum die vorrangige Sprache sein.<br />
2. Die Unterrichtssprache in Schulen und Hochschulen ist Deutsch.<br />
Deutsch muß nationale Wissenschaftssprache sein.<br />
3. Die deutsche Rechtschreibung muß einheitlich geregelt sein.<br />
4. Deutsch muß in der Europäischen Union Arbeits- und Veröffentlichungssprache<br />
sein.<br />
5. Die deutschen Mundarten und die deutsche Schrift sind besonders<br />
zu schützen.<br />
6. Die Beherrschung der deutschen Sprache ist Voraussetzung für<br />
Einbürgerung und langfristigen Aufenthalt.<br />
7. Bildung und Familie müssen gefördert werden, um die deutsche<br />
Sprache zu stärken.<br />
8. Die deutsche Sprache muß auch im Ausland gefördert werden.<br />
9. Die deutsche Sprache ist vor politischem Mißbrauch zu schützen.<br />
10. Ein neuer <strong>Deutsche</strong>r Sprachrat betreut die Erfüllung dieser<br />
Forderungen.<br />
Mehr auf unserer Netzseite www.deutsche-sprachwelt.de/forderungen.shtml<br />
1<br />
Name, Vorname<br />
Straße, Postleitzahl und Ort<br />
2<br />
Name, Vorname<br />
Straße, Postleitzahl und Ort<br />
3<br />
Name, Vorname<br />
Straße, Postleitzahl und Ort<br />
4<br />
Name, Vorname<br />
Straße, Postleitzahl und Ort<br />
5<br />
Name, Vorname<br />
Straße, Postleitzahl und Ort<br />
6<br />
Leser werben!<br />
Helfen Sie mit, Sprachpflege zu verbreiten<br />
it jeder neuen Ausgabe freuen<br />
wir uns, Hunderte neuer Leser<br />
begrüßen zu können. Dies ist zum Teil<br />
auf unsere Öffentlichkeitsarbeit zurückzuführen,<br />
aber auch nicht zuletzt Ihrer<br />
Mithilfe, wenn Sie uns Zeitgenossen<br />
nennen, die ein Herz für die deutsche<br />
Sprache haben. Gleichzeitig verlieren<br />
wir jedoch mit jeder Ausgabe eine ganze<br />
Reihe von Lesern: durch Tod, aus Alters-<br />
oder Krankheitsgründen oder durch<br />
Umzug an einen uns unbekannten Ort.<br />
So kommt es, daß unsere Auflage seit einiger<br />
Zeit auf gleicher Höhe verharrt.<br />
Für das Jahr 2008 haben wir uns vorgenommen,<br />
die Auflage der DEUT-<br />
SCHEN SPRACHWELT wieder spürbar<br />
zu steigern. Je mehr Unterstützer<br />
wir nachweisen können, desto größer<br />
wird unser Gewicht, wenn wir uns in<br />
der Öffentlichkeit zu Wort melden;<br />
um so mehr Aktionen für die deutsche<br />
Sprache können wir entweder selbst<br />
machen oder fördern; um so sicherer<br />
ist es, daß die DEUTSCHE SPRACH-<br />
WELT fortbestehen kann. Eine große<br />
Anzeigenkampagne in überregionalen<br />
Tageszeitungen als Werbefeldzug für<br />
die deutsche Sprache wäre sicher sehr<br />
erfolgversprechend. Damit könnten<br />
wir uns auf einen Schlag einem noch<br />
größeren Kreis bekanntmachen. Doch<br />
fehlen uns dafür im Augenblick die<br />
geldlichen Mittel. Darum bitten wir<br />
Sie wieder um Ihre tatkräftige Mithilfe.<br />
Das können Sie tun:<br />
Bestellen Sie bei uns Exemplare der<br />
DEUTSCHEN SPRACHWELT, da-<br />
Name, Vorname<br />
Straße, Postleitzahl und Ort<br />
mit Sie mit diesen gezielt Lehrer ansprechen<br />
können, zum Beispiel auf<br />
Elternsprechtagen. Regen Sie an, das<br />
Thema „verständliches Deutsch“ im<br />
Unterricht zu behandeln.<br />
Füllen Sie unten die Spalte mit den<br />
Empfehlungen aus. Wenn Ihnen der<br />
Platz nicht ausreicht, nehmen Sie<br />
bitte ein Extrablatt!<br />
Bestellen Sie bei uns Werbeexemplare<br />
der DEUTSCHEN SPRACH-<br />
WELT, die Sie gezielt an Bekannte<br />
weitergeben können. Sprechen Sie<br />
mit ihnen über den Zustand der<br />
deutschen Sprache und zeigen Sie<br />
ihnen, daß jemand etwas für die<br />
deutsche Sprache tut. In der DSW<br />
stehen Informationen, die andernorts<br />
kaum zu finden sind. Weisen<br />
Sie darauf hin, daß kein Risiko<br />
besteht, keine Verpflichtung eingegangen<br />
werden muß, denn die DSW<br />
finanziert sich aus Spenden, und der<br />
Bezug ist kostenlos!<br />
Fragen Sie, ob Sie die DEUTSCHE<br />
SPRACHWELT an geeigneten Stellen<br />
auslegen dürfen: in Büchereien,<br />
Wartezimmern, Volkshochschulen<br />
und so weiter.<br />
Berichten Sie uns über Ihre Erfolge<br />
oder Mißerfolge.<br />
Wenn jeder Bezieher nur einen neuen<br />
Bezieher wirbt, können wir unsere<br />
Auflage verdoppeln! Auf jeden einzelnen<br />
kommt es also an. Vielen Dank für<br />
Ihre Mithilfe!<br />
Ihre DEUTSCHE SPRACHWELT<br />
Bitte deutlich schreiben!<br />
Bitte senden Sie die DEUTSCHE SPRACHWELT auch an:
Seite 6 Sprachgeschichte<br />
Von Dagmar Rosenstock<br />
A<br />
ls sich nach dem Zerfall des<br />
Weströmischen Reiches in<br />
den westlichen und nördlichen ehemaligen<br />
Provinzen neue politische<br />
Gebilde etabliert hatten, vertraten<br />
sie einen Zustand von Organisation<br />
und Staatlichkeit, der sich beträchtlich<br />
vom spätrömischen Verwaltungsstaat<br />
unterschied. Ein wichtiges<br />
Merkmal dieser nicht territorial, sondern<br />
in Personengruppierungen oder<br />
„Stämme“ gegliederten Verbände<br />
war, daß sie, von den unterschiedlichen<br />
und nicht sehr zahlreichen<br />
Runeninschriften abgesehen, keine<br />
entwickelte Schriftlichkeit nutzen<br />
konnten. Schriftlose Gesellschaften<br />
haben natürlich auch kein kodifiziertes<br />
Recht – Recht wird gesprochen<br />
und entsteht nach den mündlich überlieferten<br />
Normen in der Gerichtsversammlung<br />
jeweils wieder aufs neue.<br />
Erst allmählich kam es im Frankenreich<br />
der Merowinger zur Aufzeichnung<br />
der mündlich überlieferten<br />
Volksrechte (zum Beispiel Lex Salica<br />
für die Franken im 6. Jahrhundert,<br />
Lex Baiuvariorum im 7./8. Jahrhundert).<br />
Um Gültigkeit und damit<br />
Verbindlichkeit zu gewährleisten,<br />
müssen in solchen Versammlungen<br />
gewisse Ausübungsstandards in Ritus<br />
und Wortwahl zwingend beachtet<br />
werden, und das gerade, weil dem<br />
gesprochenen Wort weitaus mehr<br />
Gewicht beigemessen wurde als in<br />
Gesellschaften, die über Schrift verfügten.<br />
Das ist in sogenannten traditionalen<br />
Kulturen auch heute noch<br />
so, man denke etwa an die „Loya<br />
Dschirga“ afghanischer Stammesverbände,<br />
die bei uns durch die Berichterstattung<br />
in den Medien zum<br />
Begriff wurde.<br />
Überlieferte Mündlichkeit<br />
Auch bei uns, in hochentwickelten<br />
Ländern mit Verfassung, schriftlich<br />
fixiertem Straf- und Zivilrecht und<br />
entsprechender Rechtsroutine, folgt<br />
die Sprechweise vor Gericht noch<br />
einem anderen Kode als die normale<br />
alltägliche Umgangssprache; man<br />
sagt noch heute „Hohes Gericht“,<br />
spricht im angelsächsischen Kulturraum<br />
den Richter mit „Euer Ehren“<br />
an, und selbst ein beliebter deutscher<br />
Fernsehkommissar wird sehr förmlich,<br />
wenn er jemanden verhaften<br />
muß („Frau/Herr XY, ich nehme Sie<br />
fest wegen …“). Auch heute noch<br />
wird die mündliche Vereidigung<br />
nach feststehenden Formeln durchgeführt<br />
und hat schwerwiegende<br />
rechtliche Konsequenzen.<br />
Der Begriff „theod/thiod“ steht, im<br />
Gegensatz zum allgemeinen „Volk“,<br />
Anzeigen<br />
Damit es alle verstehen konnten<br />
Zur Geschichte des Wortes „deutsch“ (Teil 2)<br />
den Bereichen des Gerichtswesens<br />
und der Rechtsprechung nahe. Von<br />
daher könnte auch die Entwicklung<br />
von „diuten/deuten“ und „deutlich“<br />
kommen, ursprünglich „dem Volk/<br />
diet etwas erklären“. Noch heute<br />
üben sich Politiker ebenso häufig<br />
wie erfolglos in dieser Kunst, wenn<br />
sie wieder etwas „deutlich machen“.<br />
Eine Sprachgrenze entsteht<br />
Die Geschichte des Wortes „deutsch“<br />
führt weit in die europäische Vergangenheit<br />
zurück, in eine Zeit, in der allmählich<br />
die Grundlagen für die späteren<br />
Staatengefüge gebildet wurden,<br />
nämlich in das frühe Mittelalter, das<br />
auf die Völkerwanderungszeit mit ihren<br />
vielfältigen kulturellen Brüchen<br />
folgte. Damals entstand eine Sprachgrenze<br />
im Westen links des Rheines<br />
zwischen der in spätrömischer Tradition<br />
stehenden, romanischsprechenden<br />
und schließlich unter die fränkische<br />
Herrschaft eingegliederten<br />
Bevölkerung des Frankenreiches und<br />
den meist rechtsrheinisch siedelnden<br />
Alemannen, Schwaben, (Ost-)<br />
Franken, Baiern, Thüringern und<br />
Sachsen, die eben nicht dem römischen<br />
Einfluß ausgesetzt waren, und<br />
zweifellos „germanische“ Idiome<br />
sprachen. In diese Zeit fällt ebenso<br />
die allmähliche Wahrnehmung einer<br />
deutlichen Sprachgrenze zu den<br />
slawischsprechenden Volksgruppen<br />
und Stämmen weiter im Osten.<br />
Die historischen Wurzeln unserer föderal<br />
organisierten Verfassung, die uns<br />
heute durchaus noch politische Probleme<br />
bereiten kann, liegen letztlich<br />
in der Völkerwanderungszeit und bei<br />
den später „deutschen“ Stämmen der<br />
Franken, Friesen, Sachsen, Thüringer,<br />
Alemannen, Schwaben und Baiern.<br />
Sprachgeschichtlich gesehen sind das<br />
aber ganz junge Ereignisse, denn die<br />
Entstehung der großen Untergruppen<br />
innerhalb der indoeuropäischen<br />
Sprachfamilie (zum Beispiel italische,<br />
germanische, slawische Sprachen)<br />
oder gar die Entstehung eines<br />
anzunehmenden Ur-Indoeuropäischen<br />
selbst spielten sich sozusagen in „grauer<br />
Vorzeit“ ab, wobei die Datierung<br />
solcher Prozesse in die jüngere Altsteinzeit<br />
nicht weniger spekulativ ist<br />
als die Annahme, der Wortschatz der<br />
ersten Ackerbauern oder Pferdezüchter<br />
spiegele sich im Indoeuropäischen.<br />
Nur moderne interdisziplinäre Forschungsansätze<br />
von Evolutionsbiologie,<br />
Paläoanthropologie, Archäologie,<br />
Paläo-Ethnobotanik und -zoologie,<br />
Ethnologie, Vergleichenden Sprachwissenschaften,<br />
Paläolinguistik, Namenkunde<br />
und anderen haben hier<br />
Chancen auf Erkenntnisfortschritt.<br />
Lateinische Regeln<br />
überarbeitete<br />
Auflage!<br />
Band 1<br />
Ein Leitfaden durch<br />
die lateinischen Regeln<br />
wurde komplett überarbeitet<br />
(34 Seiten, 6,50 Euro,<br />
ISBN 3-00-008859-8)<br />
Das große Einmaleins der Sprache in 2 Bänden<br />
Das Beherrschen der lateinischen<br />
Sprache und ihrer Denkweise kann<br />
unbezahlbare Vorteile bringen.<br />
Deshalb hat Gerhard Bach ein<br />
Nachhilfegerüst geschrieben, das<br />
auf eigenen Erfahrungen beruht.<br />
Zu beziehen sind beide Bände über<br />
den Buchdienst der DEUTSCHEN<br />
SPRACHWELT oder direkt beim<br />
Verfasser:<br />
Gerhard Bach M.A.<br />
Wingerstraße 1 1/2<br />
D-97422 Schweinfurt<br />
Telefon 0 97 21/2 69 27<br />
neu!<br />
Band 2<br />
Ein Leitfaden durch<br />
die lateinische Grammatik<br />
ist neu erschienen<br />
(ca. 96 Seiten, 10,- Euro,<br />
ISBN 3-00-017080-4)<br />
Auf dem Gebiet des spätrömischen<br />
Galliens hatte sich das Reich der<br />
Franken etabliert, in dem das Geschlecht<br />
der Merowinger für Jahrhunderte<br />
die Könige stellte und<br />
erst im achten Jahrhundert durch<br />
den Aufstieg der Karolinger abgelöst<br />
wurde. Das Reich der Franken<br />
bildete in seiner sprachlichen und<br />
kulturellen Verbindung mit Gallien<br />
die Grundlage des späteren Königreiches<br />
Frankreich, ein Staat, der,<br />
als französische Republik, bis auf<br />
den heutigen Tag besteht und sich<br />
„La France“, also „Francia“, nennt.<br />
So zählen die Franken zu Recht zu<br />
den historischen „Wegbereitern<br />
Europas“. Als Sprache hat sich in<br />
Frankreich aber, ungeachtet der langen<br />
Herrschaftstradition der Franken<br />
und der fränkischen Oberschicht, das<br />
romanische „Französisch“ (=„das<br />
in der Francia Übliche“, „nach Art<br />
der Franken“), als Erbin der lingua<br />
rustica romana durchgesetzt. Die<br />
Entwicklung ist hier anders verlaufen<br />
als bei der Anglisierung der Britischen<br />
Inseln, wo sich die Sprache<br />
der angelsächsischen Einwanderer<br />
des 5. Jahrhunderts schon im hohen<br />
Mittelalter fast vollständig durchgesetzt<br />
hat.<br />
Die „volksübliche“ Sprache<br />
Der immer wieder zitierte älteste Beleg<br />
für theodiscus ist der von Gregor<br />
von Ostia verfaßte Bericht von 786<br />
über die Synode von Cealchyd (heute<br />
Chelsea bei London) im angelsächsischen<br />
Königreich Mercien in<br />
Mittelengland, gerichtet an den Papst<br />
Hadrian zur Regierungszeit Karls<br />
des Großen. Hier wird vermerkt, daß<br />
in Cealchyd der Wortlaut der Beschlüsse<br />
der vorhergehenden Synode<br />
von Corbridge in Northumberland<br />
„tam latine quam theodisce“ verlesen<br />
wurden, damit auch jeder Teilnehmer<br />
verstehen konnte, was gemeint<br />
war. Dieses theodisce war selbstverständlich<br />
kein „deutsch“ in unserem<br />
Sinne, sondern am ehesten (angel-)<br />
„sächsisch“, eben die Sprache derer,<br />
die in Cealchyd kein Latein konnten,<br />
sondern nur die „volksmäßige, volksübliche“<br />
Sprache. Im dem Brief steht<br />
aber nicht etwa „saxonice“!<br />
Aus der Textstelle folgt zunächst nur,<br />
daß nicht alle Teilnehmer der Synode<br />
so gut Latein konnten, daß sie<br />
den Text auch ohne Übertragung ins<br />
„theodisce“ verstanden hätten. Aber<br />
die Quelle zeigt auch, wie hoch man<br />
das allgemeine Sprachverständnis bewertete,<br />
denn Rechtsverbindlichkeit<br />
bedarf der vollen Einsicht und des<br />
vollen Verständnisses aller Beteiligten.<br />
– Das ist auch heute noch gültig.<br />
Auch das um nur zwei Jahre jüngere<br />
Beispiel eines Beleges für „theodiscus“,<br />
der Bericht der Reichsannalen<br />
über die Verurteilung des<br />
Bayernherzogs Tassilo in Ingelheim<br />
788, zeigt, welches Gewicht man<br />
dem allgemeinen Wort- und Textverständnis<br />
beimaß. Ausdrücklich<br />
wird das Vergehen Tassilos, die<br />
Spaltung des Heeres, der „Heerschliß“,<br />
beschrieben, „quod in theodisca<br />
lingua harisliz dicitur“. Diese<br />
„Übersetzung“ für den Gebrauch im<br />
Gerichtswesen, eine der sogenannten<br />
„Malbergischen Glossen“, diente<br />
der Rechtsverbindlichkeit durch unmißverständliches<br />
Klarstellen dessen,<br />
was gemeint war, das heißt, das<br />
Wort harisliz mußte auch tatsächlich<br />
ausgesprochen werden, in theodisca<br />
lingua zu hören gewesen sein.<br />
Malbergische Glossen<br />
Mit den „Malbergischen Glossen“<br />
schließt sich der gedankliche Kreis<br />
wieder zu theotmallum/Detmold,<br />
denn diese Randbemerkungen zum<br />
Text der Lex Salica haben ihren Namen<br />
eben vom „mallobergum“, vom<br />
„Malberg“, von der meist erhöht angelegten<br />
Gerichts- oder Thingstätte,<br />
und ermöglichten die Übertragung<br />
lateinischer Rechtsbegriffe in die<br />
theodisca lingua, für den Gebrauch<br />
vor Gericht. Sie überliefern tatsächlich<br />
gesprochene, nicht nur geschriebene<br />
Sprache und haben daher als<br />
historische Quelle einen besonderen<br />
Rang.(1)<br />
Inwieweit das „theodisce“ des ausgehenden<br />
8. Jahrhunderts bereits die<br />
Erkenntnis und den Begriff eines<br />
mehrere stammesgebundene Dialekte<br />
übergreifenden „Germanischen“<br />
durch die damaligen Gelehrten belegt,<br />
mag dahingestellt bleiben;(2) ein<br />
Sinn für Zusammengehörigkeit muß<br />
sich entwickelt haben, sonst wäre die<br />
Stelle aus der Biographie Alfreds<br />
des Großen von England, die von<br />
Bischof Asser, bezeichnenderweise<br />
einem Waliser (einem „Welschen“),<br />
verfaßt wurde und etwa um die Wende<br />
zum 10. Jahrhundert datiert wird,<br />
nicht verständlich. Es geht dabei eigentlich<br />
nur um eine protokollarische<br />
Frage am Königshof: „ultra morem<br />
omnium Theotiscorum“ (entgegen<br />
der Sitte aller „Theodisken“) sitzt die<br />
Königin bei den Westsachsen nicht<br />
neben dem König.<br />
„Furor Teutonicus“<br />
Neben „theodiscus“ erscheint in den<br />
Quellen seit dem 9. Jahrhundert auch<br />
„teutonicus“, das sicher schon bei<br />
den Gelehrten dieser Zeit die Asso-<br />
7000 antiquarische<br />
Bücher<br />
Liste für 1,45 € in Briefmarken<br />
A. Neussner,<br />
D-37284 Waldkappel<br />
<strong>Deutsche</strong> <strong>Sprachwelt</strong>_Ausgabe <strong>31</strong>_Frühling 2008<br />
ziation zu den alten Kimbern und<br />
Teutonen und ihren Kriegszügen<br />
erweckte. Man kannte den Begriff<br />
aus der antiken Literatur, nicht zuletzt<br />
aus den Vergilglossen des Servius<br />
über die nach „teutonischer Art<br />
ihre Wurfgeschosse Schleudernden“,<br />
wobei in der Antike noch nicht ganz<br />
klar war, ob es sich bei den Kimbern<br />
und Teutonen eher um Kelten oder<br />
um „Germanen“ handelte. Im Lauf<br />
des 10. und 11. Jahrhunderts kommt<br />
„teutonicus“ recht häufig vor, und<br />
immer mit Bezug auf das nachmalig<br />
„<strong>Deutsche</strong>“. Die Forschung sah<br />
darin sogar ein Sichtbarwerden der<br />
Konsolidierung eines „deutschen“<br />
Reiches gegenüber dem westfränkischen,<br />
„französischen“. Das bekannteste<br />
Beispiel dafür ist der Ausdruck<br />
„regnum Teutonicorum“, mit dem<br />
der Papst das Reich Heinrichs IV.<br />
im Zusammenhang mit dessen Gang<br />
nach Canossa bezeichnete. Dieser<br />
öfter auch abfällig gemeinte Name<br />
hat sich zwar nicht durchgesetzt,<br />
denn selbst im heutigen Italienisch<br />
sind wir die „Tedeschi“ (von „theodisci“)<br />
und nicht etwa „Teutonici“,<br />
aber geblieben ist er den <strong>Deutsche</strong>n<br />
bis heute, wenn auch scherzhaft.<br />
Vom „furor Teutonicus“ abgesehen,<br />
ist der sog. „Teutonengrill“ an südlichen<br />
Gestaden noch recht bekannt;<br />
und im Januar 2006 stand in einer<br />
großen deutschen Tageszeitung ein<br />
Leitartikel zum Problem deutscher<br />
Arbeitskräfte in der Schweiz mit<br />
dem Titel „Völkerwanderung“. Er<br />
schließt: „weil sonst zu viele Teutonen<br />
kommen“.<br />
Zu „<strong>Deutsche</strong>n“ wurden wir durch<br />
die Gemeinsamkeit der theodisca<br />
lingua, die trotz aller Dialektunterschiede<br />
von Dänemark bis ins Langobardenreich<br />
südlich der Alpen<br />
verstanden wurde und damit eine<br />
der wichtigsten geistigen Klammern<br />
zwischen den Stämmen und eine der<br />
Voraussetzungen für eine „deutsche“<br />
Identität bilden konnte.<br />
Fortsetzung folgt.<br />
Anmerkungen:<br />
1 Vergleiche Ruth Schmidt-Wiegand,<br />
Die Malbergischen Glossen, eine<br />
frühe Überlieferung germanischer<br />
Rechtssprache. In: Heinrich Beck<br />
(Hrsg.), Germanische Rest- und<br />
Trümmersprachen, Ergänzungsbände<br />
zum Reallexikon der Germanischen<br />
Altertumskunde 3, Berlin/New<br />
York 1989, Seite 157-174.<br />
2 Vergleiche Ernst Erich Metzner,<br />
Deutsch-welsch-wendisch. Die Anfänge<br />
des Namens theodiscus/deutsch<br />
in Alt-Europa. Der Sprachdienst 47,<br />
2003, Seite 89-98.<br />
Einem Teil<br />
unserer Auflage<br />
(nur Deutschland)<br />
liegt ein Prospekt<br />
vom Atlas Verlag, Weil<br />
am Rhein, bei.<br />
Wir bitten um<br />
freundliche Beachtung.<br />
Vielen Dank.
<strong>Deutsche</strong> <strong>Sprachwelt</strong>_Ausgabe <strong>31</strong>_Frühling 2008 Sprachpflege<br />
Seite 7<br />
Von Diethold Tietz<br />
a berichtete unlängst die<br />
D „Märkische Allgemeine“ über<br />
einen „Robin Hood der deutschen<br />
Sprache“, der „Wortgeschenke“ unters<br />
sprachentwöhnte Volk bringt.<br />
Das läßt Sprachpfleger natürlich<br />
aufhorchen. Schnell steht der Entschluß<br />
fest: An einem sonnenverwöhnten,<br />
gar nicht winterlichen Februartag<br />
geht es auf ins Märkische.<br />
Im beschaulichen Wildenbruch<br />
atmet eine kopfsteinbepflasterte<br />
Dorfstraße bereits den Scharm vergangener<br />
Zeiten. Ein anheimelnder<br />
Vierseithof ist unser Ziel. Dort empfängt<br />
uns Reinhard Risch.<br />
Das Vorurteil, das man Freunden<br />
und Verfechtern einer gepflegten<br />
Muttersprache oft entgegenbringt,<br />
versagt. Wir stehen keinem verkalkten<br />
und verknöcherten Dorfschulmeisterlein<br />
gegenüber, sondern<br />
einem Mann in den besten Jahren,<br />
voller Energie und Überzeugungskraft.<br />
Der schnörkellos und zweckmäßig<br />
umgebaute frühere Kuhstall<br />
strahlt gemütliche Sachlichkeit aus.<br />
Diethold Tietz / DEUTSCHE<br />
SPRACHWELT: Herr Risch, wie<br />
Von Thomas Paulwitz<br />
egen die Absicht der Lan-<br />
G desregierung Nordrhein-<br />
Westfalens, mit einem englischen<br />
Erkennungsspruch für das Land zu<br />
werben, hatte sich Ende 2007 großer<br />
Protest geregt. Wirtschaftsministerin<br />
Christa Thoben hatte zwei Vorgaben<br />
für den noch zu findenden Werbespruch<br />
gemacht, die sich gegenseitig<br />
widersprachen: Erstens sollten sich<br />
alle Bürger des Landes damit identifizieren<br />
können, zweitens sollte<br />
möglichst ein englisches Wort darin<br />
vorkommen. „Europe’s creative<br />
Anzeigen<br />
Fremde Melodien für Millionen<br />
Nordrhein-Westfalens Bürger sollen sich mit Englisch identifizieren<br />
Die DSW in der Presse<br />
Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“<br />
schrieb am 16. Dezember 2007 in seiner Netzausgabe:<br />
N-R-Wer?<br />
Von Carolin Jenkner<br />
D<br />
heartbeat“ – so oder so ähnlich sollte<br />
der Spruch für die Standortkampagne<br />
lauten, die zehn Millionen Euro<br />
kosten soll.<br />
Der Jurist Menno Aden, Vorstandsmitglied<br />
im Verein <strong>Deutsche</strong> Sprache<br />
(VDS), drohte der Landesregierung<br />
sogar eine Klage auf Unterlassung<br />
an. Auch die DEUTSCHE SPRACH-<br />
WELT rief zum Widerstand auf und<br />
machte mit dem Wort „Land mit<br />
Energie“ einen eigenen, kostenlosen<br />
Vorschlag. Wieder einmal erreichten<br />
ie nordrhein-westfälische Landesregierung pumpt zehn Millionen Euro<br />
in eine Standortkampagne, die ausländische Investoren anlocken soll.<br />
Doch ein einheitlicher Slogan für das diffuse Bindestrich-Land ist schwer<br />
zu finden – und ein Konzept fehlt bislang auch. […] Die Düsseldorfer Werbeagentur<br />
Grey schlug „Europe’s Creative Heartbeat“ vor. Zuschauer des<br />
WDR-Fernsehens schickten „My NRWay!“, „NRW – Numberone Region.<br />
Worldwide“ oder „No Run aWays“ ins Rennen. Den Bürgern macht es Spaß,<br />
die Opposition, der Koalitionspartner und Hüter der deutschen Sprache sind<br />
aufgebracht. Der Verein für Sprachpflege e.V. ruft auf seiner Website dazu<br />
auf, sich bei der Landesregierung über den englischen Spruch zu beschweren,<br />
und zwar bei „Sprachsünderin“ NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben<br />
(CDU). Englische Wörter in einem Spruch für NRW? Undenkbar. […]<br />
Kleinanzeige<br />
900 Jahre Zisterzienser –<br />
900 Jahre literarisches Schaffen<br />
Für Sie als Autor die besondere Gelegenheit,<br />
uns Ihr Manuskript anzuvertrauen,<br />
denn unser bewährtes<br />
Verlags-Management wird Ihr Werk<br />
bekannt und absatzfähig machen!<br />
Bernardus-Verlag in der Verlagsgruppe<br />
Mainz, jetzt beheimatet in der<br />
Abtei Mariawald: 52396 Heimbach,<br />
Tel. 02446 95 06 15;<br />
Zentrale: Süsterfeldstr. 83,<br />
52072 Aachen, Tel. 0241 87 34 34;<br />
bernardus@verlag-mainz.de<br />
Im Lustgarten der Wortspiele<br />
Gespräch mit dem „Robin Hood der deutschen Sprache“<br />
kamen Sie eigentlich dazu, der Sprache<br />
in doch recht ungewöhnlicher<br />
Art zu huldigen?<br />
Reinhard Risch: Die Liebe zur<br />
Muttersprache vermittelte mir mein<br />
Deutschlehrer in der Rostocker<br />
Schulzeit. Als ich in den Nachwendejahren<br />
an einem Bonner Rhetorikinstitut<br />
arbeitete, erkannte ich,<br />
daß die Sprache wert ist, mit allen<br />
Sinnen entdeckt und wahrgenommen<br />
zu werden. Das bedarf natürlich<br />
spezieller Ausdrucksformen. So entwickelte<br />
ich Gestaltungsideen, die<br />
Kopf, Bauch und Hand, also Denken,<br />
Fühlen und Tun herausfordern.<br />
Das schließt die Lust zu Sprachspielereien<br />
ein und entwickelt obendrein<br />
Schlagfertigkeit.<br />
Das klingt sehr interessant, wenngleich<br />
ein wenig abstrakt. Können<br />
Sie Ihre Ideen konkretisieren?<br />
Schauen Sie hinaus in meinen<br />
„Wortspiellustgarten“. Dort sehen<br />
Sie verschiedene Installationen, wie<br />
zum Beispiel das „Sprachgrab“, den<br />
„Wortkreis“ und weitere künstlerische<br />
Objekte. An ihnen bleibt man<br />
hängen, geht auf Gedankenreise, entdeckt<br />
ungewöhnliche Blickwinkel,<br />
und das alles aus der Bewegung des<br />
Spaziergängers heraus.<br />
Haben Sie Ihre Arbeiten auch schon in<br />
einem größeren Rahmen vorgestellt?<br />
In Ahrenshoop habe ich vor einiger<br />
Zeit die Kunstaktion „Wörter und<br />
Zeichen“ präsentiert, die vier Wochen<br />
lang vor der Kunsthalle zu sehen<br />
war. Das Interesse der kunstsinnigen<br />
Besucher war beträchtlich.<br />
Diese Werke verdienen es gewiß,<br />
nicht nur zeitweise zugänglich<br />
zu sein. Vor einem Jahr wurde in<br />
Köthen/Anhalt die „Fruchtbringende<br />
Gesellschaft“ neugegründet,<br />
eine Sprachgesellschaft, die in der<br />
Barockzeit wesentliche Impulse zur<br />
Wahrung und Entwicklung unserer<br />
Sprache hervorbrachte. Könnten Sie<br />
sich eine Zusammenarbeit mit diesem<br />
Verein vorstellen, zum Beispiel im<br />
Zusammenhang mit dem dort geplanten<br />
„Haus der deutschen Sprache“?<br />
Ja, sehr gut sogar! Die Stadt Köthen<br />
ist überschaubar und zugleich reich<br />
zahlreiche Schreiben die Staatskanzlei.<br />
Die rückte daraufhin von der Vorgabe<br />
ab, daß sich alle Bürger Nordrhein-Westfalens<br />
mit dem Spruch<br />
identifizieren können, und nannte nur<br />
noch Geldgeber aus dem Ausland als<br />
ausschlaggebende Zielgruppe.<br />
In einer Antwort schrieb das Wirtschaftsministerium:<br />
„Bereits heute<br />
hängen mehr als 500 000 Arbeitsplätze<br />
in Nordrhein-Westfalen von<br />
ausländischen Direktinvestitionen<br />
ab […]. Sie werden verstehen, daß<br />
wir ausländische Investoren in deren<br />
jeweiligen Heimatländern nur über<br />
eine Weltsprache wie Englisch erreichen<br />
können. […] Deshalb suchen<br />
wir zunächst auf englisch nach Botschaften,<br />
Argumenten und Sachverhalten,<br />
mit denen wir die Attraktivität<br />
unseres Bundeslandes […] glaubhaft<br />
machen können.“ Einen besorgten<br />
Bürger, der telefonisch nachhakte<br />
und darauf hinwies, daß der Spruch<br />
laut Ausschreibung doch auch für<br />
alle Bürger gedacht gewesen sei,<br />
fertigte eine Sprecherin des Ministeriums<br />
wenig bürgernah ab, er glaube<br />
wohl, daß am deutschen Wesen die<br />
Welt genesen solle. Deutlicher kann<br />
man die Frage, für wen Politik gemacht<br />
wird, nicht beantworten.<br />
an kultureller und wissenschaftlicher<br />
Tradition. Ein idealer Ort,<br />
meine Visionen von einem „Wortspiel-Lustgarten“<br />
zu realisieren.<br />
Vieles wäre denkbar: vielleicht ein<br />
Wortspiel-Labyrinth, ein Garten mit<br />
Blumen und Pflanzen, versehen mit<br />
anspruchsvoller Poesie und vieles<br />
mehr. Das wäre doch ein „Knaller“<br />
für Köthen.<br />
Unter dem Motto „Wortgeschenke“<br />
haben Sie viele Ideen entwickelt,<br />
die in Ihrem Potsdamer Atelier und<br />
Schauraum bewundert und auch erworben<br />
werden können.<br />
Meine „Kunst, Worte zu schenken“<br />
kann man bei einem Besuch in der<br />
Potsdamer Hegelallee 52 oder unter<br />
www.wortgeschenk.de erleben. Da<br />
gibt es zum Beispiel die „Wortretter“,<br />
die mir sehr am Herzen liegen.<br />
Das sind auf Leinwand festgehaltene,<br />
vom Aussterben bedrohte Wörter.<br />
Ein beliebtes Geschenk für sprachinteressierte<br />
Freunde oder sich selbst.<br />
Immer mehr Sammler füllen damit<br />
inzwischen ganze Wände. Dann gibt<br />
es da noch die Paar- und Familienbilder,<br />
die Wortpostkarten, Wortdau-<br />
Nun sind es nur noch 497 700 Arbeitsplätze,<br />
die von ausländischem<br />
Kapital abhängig sind, denn der<br />
ausländische Investor Nokia („Connecting<br />
People“) hat, nachdem er<br />
reiche staatliche Fördergelder eingestrichen<br />
hatte, Mitte Januar mitgeteilt,<br />
sein Werk in Bochum stillzulegen<br />
und ins Ausland zu verlagern.<br />
2 300 Arbeitsplätze gehen verloren.<br />
menkinos und alle Wörter, die Sie<br />
gern auf Leinwand festhalten lassen<br />
möchten. Für Ihre kleine oder große<br />
Liebe, für Eltern und Kinder, für gute<br />
Freunde und Geschäftspartner.<br />
Wäre das nicht auch ein tolles Angebot<br />
im künftigen Haus der deutschen<br />
Sprache?<br />
Natürlich, man könnte einen Sprach-<br />
Shop ...<br />
Aber, aber, Herr Risch!<br />
... klar, einen SprachLADEN errichten,<br />
der den zahlreichen Besuchern<br />
ungewöhnliche und zugleich anspruchsvolle<br />
Mitbringsel anbietet.<br />
Als Erinnerung an Köthen und an<br />
unsere schöne Muttersprache. Übrigens<br />
ist „Laden“ ein wunderschöner<br />
Begriff, den Erwin Strittmatter so<br />
überzeugend dem Vergessen entriß.<br />
Ich danke Ihnen für das Gespräch,<br />
Herr Risch, und ich wünsche Ihnen<br />
weiterhin einen erfolgreichen Schulterschluß<br />
mit allen Menschen, die<br />
ihre Sprache lieben.<br />
Ob Nokia geblieben wäre, wenn die<br />
nordrhein-westfälische Regierung<br />
sich als „creative heartbeat“ angebiedert<br />
hätte? Wohl kaum. Die Stadt<br />
Berlin plant übrigens ebenfalls für<br />
zehn Millionen Euro einen englischen<br />
Werbefeldzug. Dem Vernehmen<br />
nach soll der Erkennungsspruch<br />
„Be Berlin“ lauten. Bebeschränkter<br />
geht’s ninimmer …<br />
Die DSW in der Presse<br />
Zum selben Thema hieß es am 23. November 2007 in der Netzausgabe der<br />
„Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ (WAZ):<br />
NRW:<br />
Ein Land sucht (s)einen Spruch<br />
Von Walter Bau<br />
[…] Auch professionelle Werbe-Experten meldeten sich zu Wort. „Europe’s<br />
creative Heartbeat“ – etwa: „Europas kreativer Herzschlag“ – schlug ein Düsseldorfer<br />
Werbe-Experte vor. Das erinnert an den nicht minder sperrigen Lieblingsspruch<br />
des früheren Ministerpräsidenten Wolfgang Clement: „Germany’s<br />
economic Powerhouse“. Chancen dürften beide nicht haben.<br />
Das findet auch Thomas Paulwitz. Er ist Chef der „<strong>Deutsche</strong>n <strong>Sprachwelt</strong>“<br />
und versteht sich als letzte Bastion gegen die Überflutung des <strong>Deutsche</strong>n<br />
durch Anglizismen. Vielen Bürgern sei „fast das Herz stehengeblieben“, als<br />
sie von dem „Heartbeat“-Vorschlag gehört hätten, schreibt Paulwitz empört.<br />
Er verlangt, die Regierung müsse ihre Englisch-Pläne fallenlassen: „Schließlich<br />
ist Deutsch die Landessprache.“ Paulwitz hat auch eine Alternative parat:<br />
„Land mit Energie“. Der Spruch sei einprägsam und leicht übersetzbar.
Seite 8 Besprechungen<br />
Von Thomas Paulwitz<br />
ie Kampagnen für die Reinheit<br />
D der deutschen Sprache sind<br />
weitaus weniger Zeichen einer besonderen<br />
Liebe zum schönen und passenden<br />
Ausdruck als vielmehr Spielfelder<br />
eines nationalen, globalisierungsfeindlichen<br />
Ressentiments.“ Dieser Satz,<br />
erschienen 2007 in der Süddeutschen<br />
Zeitung, gab dem Stilkritiker Wolf<br />
Schneider den letzten Anstoß für sein<br />
neuestes Buch „Speak German. Warum<br />
Deutsch manchmal besser ist“.<br />
Obwohl dieser Titel äußerst zurückhaltend<br />
formuliert ist – warum lediglich<br />
„manchmal“ besser? –, hat er es<br />
in sich. In seiner Übersetzung nimmt<br />
der Buchtitel unmittelbar Bezug auf<br />
Eduard Engels Verdeutschungswörterbuch<br />
„Sprich deutsch! Ein Buch zur<br />
Entwelschung“ von 1916.<br />
Handelt es sich hier also um ein trojanisches<br />
Pferd im Kampf gegen die<br />
Anglomanie? So scheint es, denn<br />
Schneider lobt erst einmal Englisch:<br />
„wunderbar einfach“, „von großer<br />
Kürze und Kraft“, „fast auf der ganzen<br />
Welt verstanden“, „eine großartige<br />
Sprache“. Mit diesem Lobgesang<br />
hält sich Schneider jedoch nicht lange<br />
auf, und er geht sogleich dazu über,<br />
die Vorzüge der deutschen Sprache<br />
herauszustreichen. Überzeugend legt<br />
er dar, warum sie mit Fug eine „Weltsprache“<br />
zu nennen ist.<br />
Empfehlung unseres Lesers Friedrich Brunner<br />
N<br />
ächstes Jahr ist wieder ein<br />
Schillerjahr. Darum möchte<br />
ich ein Buch vorstellen, das ich<br />
zu Weihnachten geschenkt bekam:<br />
„Möglichst Schiller – Ein Lesebuch“,<br />
verfaßt von Christiana Engelmann<br />
und Claudia Kaiser, leider<br />
in reformierter Rechtschreibung. Es<br />
ist wirklich ein Lesebuch, das heißt,<br />
es ist für jedermann gedacht und<br />
kann von jedermann verstanden werden.<br />
Die Einführung trägt den Titel<br />
„Friedrich Schiller und das 21. Jahrhundert“.<br />
Es folgen zehn weitere Abschnitte<br />
mit einzelnen Kapiteln, zum<br />
Beispiel „Eines Freundes Freund<br />
zu sein“ oder „Wer wagt es‚ …?“<br />
(Schillers Balladen). Texte werden<br />
zitiert und dann besprochen. Wissenswertes<br />
über Schillers Leben ist<br />
miteingeflochten.<br />
Aus beruflichen Gründen und bedingt<br />
durch die Zeitläufte bin ich kein gro-<br />
Bestellschein für den Buchdienst<br />
Alle in dieser Ausgabe vorgestellten Bücher können Sie, sofern nicht anders angegeben, über unseren Buchdienst<br />
bestellen. Wir liefern Ihnen auch gerne jeden anderen im Buchhandel erhältlichen Titel.<br />
Mit Ihrer Bestellung unterstützen Sie die DEUTSCHE SPRACHWELT!<br />
Ich bestelle folgende Titel zur Lieferung durch Ihren Buchdienst:<br />
Anzahl Autor/Titel Preis (Euro)<br />
Name, Vorname<br />
Land, PLZ, Ort<br />
Bitte deutlich schreiben!<br />
Ort, Datum, Unterschrift<br />
Sprich deutsch!<br />
Das neue Buch von Wolf Schneider<br />
Wolf Schneider Bild: privat<br />
Auf jeden Fall ist es ein mutiges Buch,<br />
eine entschiedene Liebeserklärung an<br />
die deutsche Sprache. Schneider hat<br />
nicht nur zahlreiche Argumente gegen<br />
die Sprachverpanschung zusammengetragen,<br />
sondern auch für Deutsch.<br />
Selbstverständlich weist er dabei ausführlich<br />
auf die „Aktion Lebendiges<br />
Deutsch“ hin, die er im Jahr 2006<br />
zusammen mit drei anderen Männern<br />
gründete. Seither schlagen die vier<br />
monatlich ein deutsches Wort für einen<br />
überflüssigen Anglizismus vor und<br />
Schiller näherkommen<br />
ßer Theatergänger geworden. Wohl<br />
aus diesem Grunde bin ich dank<br />
dieses Buches, das ich aufmerksam<br />
und mit zunehmender Freude gelesen<br />
habe, Schiller nähergekommen.<br />
Vom „Don Karlos“ kannte ich nur<br />
den Ausspruch: „Geben Sie Gedankenfreiheit!“<br />
Schiller ist eben zeitlos.<br />
Der Philosoph Schiller ist mir bisher<br />
zwar nicht ganz unbekannt gewesen,<br />
jedoch ist es unter den heutigen Verhältnissen<br />
bemerkenswert, daß diese<br />
Seite seines Schaffens dargestellt<br />
wird: Schiller als Ursprung des Idealismus.<br />
Schiller, der idealistische<br />
deutsche Jüngling schlechthin; und<br />
Schiller, der Ästhet, der die Menschen<br />
durch und über die Schönheit<br />
zur Wahrheit, Freiheit und zum Frieden<br />
geführt sehen möchte.<br />
Unter der Zwischenüberschrift<br />
„Schiller als Erzieher“ schreiben<br />
die Verfasserinnen: „Schon Gott-<br />
Straße (kein Postfach!)<br />
Einsenden an: DEUTSCHE SPRACHWELT • Postfach 1449 • D-91004 Erlangen<br />
Ferndruck (Fax) 0049-(0)91<strong>31</strong>-480662 • buchdienst@deutsche-sprachwelt.de<br />
bitten um Vorschläge für deutsche Entsprechungen<br />
zu einem ausgewählten<br />
Anglizismus.<br />
Leider kommt bei dieser Darstellung<br />
zu kurz, daß nicht nur diese vier Männer,<br />
sondern eine breite Phalanx von<br />
Sprachvereinen und -initiativen schon<br />
seit einigen Jahren für die deutsche<br />
Sprache kämpft. Zwar werden „Einrichtungen<br />
für Sprachkultur“ aufgezählt,<br />
darunter jedoch vor allem Organisationen<br />
wie der <strong>Deutsche</strong> Sprachrat, die<br />
Wiesbadener Gesellschaft für deutsche<br />
Sprache und das Mannheimer Institut<br />
für deutsche Sprache, die sich bislang<br />
wenig rühmlich bis kontraproduktiv<br />
im Kampf gegen die Überflutung der<br />
deutschen Sprache mit nichtssagendem,<br />
verwirrendem, unverständlichem<br />
und prahlerischem Denglisch hervorgetan<br />
haben. Die Sprachpanscherwahl<br />
des Vereins <strong>Deutsche</strong> Sprache, der<br />
„Anglizismenindex“, die DEUTSCHE<br />
SPRACHWELT oder der „Tag der<br />
deutschen Sprache“ bleiben zum Beispiel<br />
unerwähnt. Dennoch bietet das<br />
Buch allen Freunden der deutschen<br />
Sprache eine gute Schützenhilfe.<br />
Wolf Schneider, Speak German.<br />
Warum Deutsch manchmal besser<br />
ist, Rowohlt, Reinbek bei Hamburg<br />
2008, 192 Seiten, 14,90 Euro (in reformierter<br />
Rechtschreibung).<br />
hold Ephraim Lessing hatte mit der<br />
Schrift ‚Die Erziehung des Menschengeschlechts‘<br />
(1780) dem aufklärerischen<br />
Erziehungsgedanken einen<br />
entscheidenden Impuls gegeben.<br />
Das Weimarer Klassikprojekt, das<br />
die Bildung des ‚ganzen Menschen‘<br />
mit allen Talenten zu fördern sucht<br />
und bis zur Mitte des zwanzigsten<br />
Jahrhunderts Vorbild war, ist in<br />
letzter Zeit rapide in Vergessenheit<br />
geraten, da Schüler meist nur nützliche<br />
Schlüsselkomponenten für den<br />
Arbeitsmarkt erwerben sollen.“ Da<br />
denkt man sofort: „Oje, wenn das<br />
man gut geht!“ Es geht aber gut.<br />
„Möglichst Schiller“, ein Lesebuch<br />
für Jugendliche und Erwachsene!<br />
Christiana Engelmann, Claudia Kaiser,<br />
Möglichst Schiller, dtv – Reihe<br />
Hanser Nr. 62196, München 2004,<br />
377 Seiten, kartoniert, 7,50 Euro.<br />
DSW <strong>31</strong>/08<br />
Versandkosten für Deutschland und Österreich bei Bestellungen unter 100,– Euro: 2,30 Euro, sonst versandkostenfrei.<br />
Andere Länder: nur gegen Vorauskasse (z.B. Scheck); Versandkosten: zehn Prozent vom Auftragswert, mindestens 2,30 Euro!<br />
Auf Ihre Bestellung haben Sie gem. Fernabsatzgesetz ein gesetzliches Widerrufsrecht von 14 Tagen. Wenn Sie von diesem Widerrufsrecht<br />
Gebrauch machen, müssen Sie bei einem Bestellwert bis 40,– Euro die Kosten der Rücksendung selbst tragen, es sei denn, die gelieferte<br />
Ware entspricht nicht der bestellten.<br />
Anzeige<br />
<strong>Deutsche</strong> <strong>Sprachwelt</strong>_Ausgabe <strong>31</strong>_Frühling 2008<br />
Üble Überheblichkeit<br />
Langenscheidts „Übelsetzungen“<br />
Von Rominte van Thiel<br />
eim ersten Blättern und Lesen<br />
B in dem Büchlein „Übelsetzungen<br />
– Sprachpannen aus aller Welt“<br />
wird der Leser schmunzeln oder auch<br />
laut lachen, denn es sind fotografisch<br />
dokumentierte Kuriositäten auf Warn-,<br />
Hinweis- und Werbetafeln, in Produktbeschreibungen<br />
und Gebrauchsanweisungen<br />
in deutscher Sprache, oft<br />
so bar jeden Sinnes oder mit erst zu<br />
enträtselndem Sinn, daß sie teils wie<br />
dadaistische Kunstwerke anmuten.<br />
Wie könnte sonst ein Schild warnen:<br />
„Ich bin in Gefahr, nicht zu geschehen“.<br />
Weiter findet sich ein Putzprodukt<br />
namens Enviro-Schmarotzen, das<br />
„sollte seintrockne nie nässen! Kann<br />
seindirektLieblingstier. Aufgreift Lint<br />
und Haar von rinnen.“ In dem Büchlein<br />
finden sich Bilder von Speisekarten,<br />
auf denen „Geheilter Manchego<br />
oder Sattelschlepper“, Hamsgemacht<br />
Kroketen, KunstiErwürgt Salat oder,<br />
ziemlich makaber anmutend, „Sortierte<br />
von Schädeln“ angeboten werden.<br />
Mancher Text auf den Fotos läßt sich<br />
überhaupt nicht enträtseln, manches<br />
verhüllt dichterisch, was gemeint ist,<br />
so wenn von den Bewohnern des „entfernsten<br />
Dorfes von Samos“ die Rede<br />
ist, die „gelaufen, um nach ihren Felder<br />
und Olivenöle zu gehen, indem sie<br />
durch ihren Tieren die Beschaffungen<br />
aus Karlovassi oder ihren Mitmenschen<br />
in Notlage nach dem Arzt der<br />
Stadt transportierten.“ Einiges entschlüsselt<br />
der Journalist Titus Arnu,<br />
der zu fast jedem Beispiel einen mehr<br />
oder minder humorvollen Begleittext<br />
geschrieben hat, durch gedankliches<br />
Nachverfolgen der oft allzu wörtlichen<br />
Übersetzung oder der Übersetzung auf<br />
dem Umweg über mehrere Sprachen.<br />
So spaßig viele der Sprachpannen<br />
sind, so überheblich und deswegen ei-<br />
„Symphonie triomphale“<br />
er schlesische Komponist Hugo<br />
D Ulrich (1827 bis 1872) ist heute<br />
weitgehend unbekannt. Gerhard Helzel<br />
hat sich zur Aufgabe gemacht,<br />
ihn vor dem Vergessen<br />
zu bewahren. Aus diesem<br />
Grund hat Helzel Ulrichs<br />
„Symphonie triomphale“<br />
erstmals eingespielt. Diese<br />
Symphonie zeichnet vor allem<br />
ihre heitere und gleichzeitig<br />
majestätische Stimmung<br />
aus. „Ich habe mich<br />
bemüht, diese einmalig schöne<br />
Symphonie einzuspielen,<br />
um sie einmal selbst hören<br />
zu können. Aber wenn auch<br />
nen schalen Geschmack hinterlassend<br />
sind manche der Erläuterungstexte.<br />
Zwar ist zu wünschen, daß länger in<br />
Deutschland lebende<br />
Ausländer auch<br />
die deutsche Sprache<br />
beherrschen,<br />
andererseits ist es<br />
arrogant und anmaßend,<br />
zu erwarten,<br />
daß auch auf dem<br />
fernsten Archipel<br />
Deutsch gesprochen<br />
und fehlerfrei geschrieben wird. Wenn<br />
auf einer Speisekarte ein GROBER<br />
VORSPEISENTELLER angeboten<br />
wird, so ist leicht zu erraten, daß der<br />
Schreiber unser ß für ein B angesehen<br />
hat. Aber: Hand aufs Herz, kennen wir<br />
alle Sonderzeichen in den Schriften unserer<br />
europäischen Nachbarn oder noch<br />
fernerer Länder oder beherrschen wir<br />
ihre Sprachen?<br />
Wenn man auf diese gesammelten<br />
Stilblüten trifft, wäre im Bewußtsein<br />
dessen, daß man sich im Ausland bemüht<br />
hat, den deutschen Gast zu informieren,<br />
zu umwerben oder zu warnen,<br />
wohlwollendes Lachen statt manchmal<br />
Häme besser angebracht, vor allem weil<br />
der erläuternde Text in Neuschriebversion<br />
an einigen Stellen Sprachpannen<br />
aus Deutschland bietet. Zu lachen gibt<br />
es natürlich genug in diesem Büchlein,<br />
über den „Schicklichanzug“ für<br />
den Besuch einer griechischen Kirche,<br />
über „Fußball-Ventilatoren der Welt“,<br />
die man in einer Liverpooler Kneipe<br />
willkommen heißt, wie auch über die<br />
„alte Frifeurin gegen das Hotel Tansel“,<br />
weswegen das Buch ein harmlosnettes<br />
Mitbringsel sein könnte.<br />
Langenscheidt Übelsetzungen<br />
– Sprachpannen aus aller Welt,<br />
mit Texten von Titus Arnu, Langenscheidt<br />
KG, Berlin und München<br />
2007, 127 Seiten, 9,95 Euro.<br />
andere sie hörten, würde ich mich sehr<br />
freuen“, so Helzel. Wer sich ein Bild<br />
von der Symphonie machen will, kann<br />
den Anfang des 1. und 2.<br />
Satzes von der „Klassika“-<br />
Seite kostenlos herunterladen:<br />
www.klassika.info/<br />
Komponisten/Ulrich_Hugo/<br />
index.html (dsw)<br />
��������� �������������<br />
����� ��� �������������� �������<br />
���<br />
���������� ��� ����������� �������� ��� ��� �������� ��� ����������<br />
� ���� ��� ������� ��� �������� ��� �������� ������ ��� ���� �� �������<br />
������ ��� ���� ������ ��� �������� ��� ���������<br />
��� ��� ��������� ������������� ���������� ��� ����� ���������������<br />
���������������������� �������� ��� ���� ������ ��������������<br />
����������� ��� ���� ���� ���� ��� ����������� �������� ��� �����<br />
������ ��� ��� �� ����������� ��������������<br />
������� ������������� ����� �� ���� ��<br />
������������ ���������� ���� �����<br />
�������������������<br />
�� �� ���������� ������ ��� ����� ������<br />
����������������������� ������� �����������<br />
���� � ���������� �������� ����������������� ������<br />
����� ��������������� ����������������������<br />
Die Symphonie kann<br />
gegen Rechnung beim<br />
Autor bestellt werden für<br />
16 Euro + 2 Euro Porto:<br />
Dipl.-Ing. Gerhard Helzel,<br />
Timm-Kröger-Weg 15,<br />
D-22335 Hamburg, Telefon<br />
+49 (0)40-505374.<br />
Kostenlose öffentliche<br />
IDO-Kurse<br />
finden regelmäßig<br />
in Berlin statt!
<strong>Deutsche</strong> <strong>Sprachwelt</strong>_Ausgabe <strong>31</strong>_Frühling 2008 Literatur<br />
Seite 9<br />
R<br />
einer Kunze und seine Frau<br />
Elisabeth haben eine gemeinnützige<br />
Stiftung gegründet.<br />
Diese soll die Voraussetzungen<br />
dafür schaffen, daß nach dem<br />
Tod der Stifter in deren Haus ein<br />
Ort entsteht, in dem sich Zeitgeschichte,<br />
Bildende Kunst und Literatur<br />
begegnen. Mit Reiner Kunze<br />
sprach Thomas Paulwitz.<br />
DEUTSCHE SPRACHWELT: Nach<br />
einer aktuellen Untersuchung des<br />
Forschungsverbundes SED-Staat an<br />
der Freien Universität Berlin (FU)<br />
idealisieren viele Brandenburger<br />
Schüler die DDR. Demnach neigen<br />
die Schüler dazu, die DDR allein als<br />
vorbildlichen Sozialstaat zu sehen,<br />
während sie die Diktatur ausblenden.<br />
Mehr als 80 Prozent gaben an,<br />
nur wenig über die DDR und die<br />
deutsche Teilung zu wissen, da sie in<br />
der Schule kaum etwas davon erführen.<br />
Das muß Sie doch entsetzen!<br />
Reiner Kunze: Es ist nicht zuletzt<br />
deshalb bedenklich, weil mit denen,<br />
die die DDR noch erlebt haben, auch<br />
jene wegsterben, die sich dem politischen<br />
System widersetzten. Mit ihnen<br />
sinkt auch das Wissen um ihren<br />
Alltag ins Grab. Aber es sind nicht<br />
nur Brandenburger Schüler, die nur<br />
wenig über die DDR und die deutsche<br />
Teilung wissen.<br />
Sie und Ihre Frau haben die „Reiner<br />
und Elisabeth Kunze-Stiftung“<br />
gegründet, damit nach Ihrem Tod<br />
Ihr Haus zu einer „Stätte der historischen<br />
Wahrheit“ und zu einem „Ort<br />
des Schönen“ werden kann. Was ist<br />
darunter zu verstehen?<br />
Wir verfügen über umfangreiches<br />
dokumentarisches Material, das<br />
Auskunft gibt über die politischen<br />
und zwischenmenschlichen Verhältnisse<br />
in der DDR, in der Bundesre-<br />
Das Stiftungshaus<br />
Anzeigen<br />
Wollen auch Sie<br />
erfolgreich werben?<br />
Dann veröffentlichen Sie<br />
Ihre Anzeige in der<br />
DEUTSCHEN SPRACHWELT!<br />
Ihr Ansprechpartner:<br />
Hans-Paul Marten<br />
Fernruf 00 49(0) 22 71-6 66 64,<br />
Ferndruck 6 66 63<br />
E-Post: werbeanfragen<br />
@deutsche-sprachwelt.de<br />
Reiner Kunzes Vermächtnis<br />
Heinz Stein, Illustration zu dem Gedicht<br />
„Von der Inspiration“<br />
(aus der Stiftungssammlung)<br />
publik und im vereinigten Deutschland<br />
– Material, das nicht nur junge<br />
Menschen veranlaßt, uns zu sagen,<br />
sie seien mit ähnlichem noch nie<br />
konfrontiert worden. Dieses Material<br />
soll nach unserem Tod in unserem<br />
Haus der Öffentlichkeit zugänglich<br />
gemacht werden. Außerdem hat sich<br />
über die Jahrzehnte ein Fundus von<br />
Werken der Bildenden Kunst ergeben,<br />
die auf uns persönlich oder auf<br />
Texte Bezug nehmen, oder auf die<br />
ich mich in meinen Büchern beziehe.<br />
Abgesehen davon, daß sie sichtbar<br />
machen, wie die spontane gegenseitige<br />
Inspiration von Bildender Kunst<br />
und Literatur Landes- und Sprachgrenzen<br />
überwindet, haben sie uns<br />
durch ihre bloße Existenz Halt gegeben,<br />
und so gehören sie, soll bezeugt<br />
werden, wie unser Alltag aussah und<br />
aussieht, unabdingbar dazu.<br />
Könnten Sie, was das dokumentarische<br />
Material betrifft, ein, zwei Beispiele<br />
nennen?<br />
Unter anderem befindet sich im Stiftungsarchiv<br />
eine Auswahl von cir-<br />
Silvia mag Fraktur<br />
… und Sie?<br />
Gespräch über eine neugegründete Stiftung<br />
ca 500 signifikanten und zum Teil<br />
bewegenden Briefen. Nach unserer<br />
Übersiedlung in die Bundesrepublik<br />
1977 wurde in der DDR ein junger<br />
Ingenieur, Vater von zwei Kindern,<br />
wegen seiner angeblich staatsfeindlichen<br />
Briefe an mich und einen<br />
tschechischen Autor, die außer uns<br />
dreien niemand kennen konnte, zu<br />
sechs Jahren Haft verurteilt. Die<br />
Briefe waren lediglich kritisch. Wir<br />
besitzen das Schreiben der von uns<br />
beauftragten Westberliner Anwaltskanzlei,<br />
in dem uns das Urteil und<br />
die Begründung mitgeteilt wurde,<br />
und einen der handschriftlichen Briefe<br />
des Ingenieurs.<br />
Ein anderes Beispiel: Unsere Tochter,<br />
sie war damals noch ein Kind,<br />
schenkte mir zu Weihnachten 1969<br />
einige von ihr bemalte Briefumschläge,<br />
darunter einen mit einem Löwen.<br />
Dieser Löwe gelangte, mehrfach<br />
vergrößert, auf den Umschlag des<br />
Kinderbuchs „Der Löwe Leopold“,<br />
und als die Tochter davon erfuhr, fieberte<br />
sie dem Tag entgegen, an dem<br />
sie das Buch mit ihrem Löwen würde<br />
in Händen halten dürfen. Statt des an<br />
sie in Frankfurt am Main per Eilboten<br />
und eingeschrieben abgeschickten<br />
Vorausexemplars erhielt sie jedoch<br />
einen „Beschlagnahme/Einziehungs-<br />
Entscheid“, und die Zollverwaltung<br />
der DDR wies meine Beschwerde<br />
gegen die Beschlagnahme mit der<br />
Begründung zurück, der Inhalt des<br />
Buches stehe „im Gegensatz zu den<br />
Interessen des sozialistischen Staates<br />
und seiner Bürger“. Nach dem<br />
Wechsel an der Staatsführung von<br />
Walter Ulbricht zu Erich Honecker<br />
wurde das Buch jedoch auch in der<br />
DDR gedruckt, aber es kam nicht in<br />
die Buchhandlungen, sondern l5 000<br />
fertige Exemplare wurden vernichtet,<br />
und einer der stellvertretenden Kulturminister<br />
erklärte auf der Leipziger<br />
Buchmesse, es habe nie die Absicht<br />
bestanden, das Buch „Der Löwe<br />
Leopold“ in der DDR zu veröffentlichen.<br />
Eines Abends, als meine Frau<br />
das Brot auspackte, das die Bäckerin<br />
für sie zurückgelegt hatte, fand sie in<br />
der Tüte außer dem Brot jedoch ein<br />
Exemplar der von Albrecht von Bodecker<br />
illustrierten DDR-Ausgabe<br />
des „Löwen Leopold“. Wir wissen<br />
bis heute nicht, wer dieses Exemplar<br />
in der Druckerei entwendet und von<br />
Berlin nach Greiz gebracht hat.<br />
Und das haben Sie in Ihrem Archiv?<br />
Auch die an ein Kind adressierte<br />
braune Beschlagnahmeurkunde<br />
und das Begründungsschreiben des<br />
Zolls.<br />
Professione¬e Frakturxri#en<br />
für PC und MAC gibt e+ bei<br />
Delbanço Frakturxri#en<br />
26189 Ahlhorn<br />
Poyfac 1110<br />
Fernruf 0 44 35–13 13<br />
Fernbild 0 44 35–36 23<br />
E-Poy:delbanco.frakturschriften<br />
@t-online.de<br />
WeltneΩ: www.fraktur.com<br />
Unser umfangreice+<br />
Scri#muyerhe# erhalten<br />
Sie koyenfrei!<br />
Blick vom Stiftungshaus ins Donautal<br />
Von dieser Art deutsch-deutschen<br />
Alltags werden viele Schüler nichts<br />
wissen.<br />
Und wenn, wird man ihnen sagen,<br />
es sei nicht wahr. In unseren letzten<br />
DDR-Jahren erreichten mich Briefe,<br />
in denen ein Termin angegeben war<br />
– zum Beispiel, um sich während der<br />
Leipziger Buchmesse zu treffen –‚<br />
prinzipiell einen Tag nach Verstreichen<br />
des Termins, auch wenn deswegen<br />
der Brief hatte sechs Wochen zurückgehalten<br />
werden müssen. Später,<br />
als wir in der Bundesrepublik lebten,<br />
wurde dieselbe Methode gegenüber<br />
meinen in der DDR verbliebenen alten<br />
und zuletzt aus Krankheitsgründen<br />
nicht mehr reisefähigen Eltern<br />
angewandt. Um die Eltern, damit sie<br />
mich wieder einmal zu Gesicht bekamen,<br />
auf ein Interview in der ARD-<br />
Die „Reiner und Elisabeth Kunze-Stiftung“,<br />
Am Sonnenhang<br />
19, D-94130 Obernzell-Erlau,<br />
ist eine öffentliche, gemeinnützige<br />
Stiftung des bürgerlichen<br />
Rechts und Mitglied des<br />
Bundesverbandes <strong>Deutsche</strong>r<br />
Stiftungen. Die Stifter sind<br />
für Zustiftungen und Zuwendungen<br />
zur Erfüllung des Stiftungszwecks<br />
dankbar. Bestätigungen<br />
für die steuerliche<br />
Berücksichtigung der Zuwendung<br />
werden ausgestellt. Es<br />
gibt keine Möglichkeit, einen<br />
Antrag auf Förderung zu stellen.<br />
Bankverbindung:<br />
Hypo-Vereinsbank Passau,<br />
Konto 3 68 94 16 54, Bankleitzahl<br />
740 200 74.<br />
www.reiner-kunze.com<br />
Sendung „Report“ aufmerksam zu<br />
machen, telegrafierte ich ihnen am<br />
Morgen des 8. März 1988 aus Baden-Baden:<br />
„21 Uhr Herzlichst Reiner“.<br />
Das Telegramm wurde ihnen<br />
am nächsten Tag unmittelbar nach<br />
der vormittäglichen Wiederholung<br />
von „Report“ zugestellt. Nach meiner<br />
Rede auf dem Festakt zum Tag<br />
der <strong>Deutsche</strong>n Einheit 2004 in Erfurt,<br />
in der ich dieses Vorkommnis<br />
erwähnt hatte, berichteten mir einige<br />
junge Zuhörer, an dieser Stelle der<br />
Rede habe in ihrer Nähe ein Mann<br />
vernehmbar geäußert: „Der lügt!“<br />
Wir besitzen den handschriftlichen<br />
Brief meiner Mutter, in dem es heißt:<br />
„Wann habt Ihr denn das Telegramm<br />
aufgegeben? Heute, am 9.3.88, mittags:<br />
12,15 Uhr, haben wir es erhalten.“<br />
Wie wollen Sie das Stiftungsprojekt<br />
verwirklichen?<br />
Mit der Stiftungsgründung haben wir<br />
eine Lebensentscheidung nicht nur<br />
im Vertrauen auf unsere eigene Kraft<br />
getroffen. Wir haben das Haus, das<br />
zeitgeschichtliche Material und die<br />
Kunstwerke an die Stiftung gegeben<br />
und komplettieren in zeitraubender<br />
Arbeit das Archiv, aber die Erträge<br />
des von uns eingebrachten Stiftungskapitals<br />
würden bei weitem nicht<br />
ausreichen, das Projekt bescheiden<br />
zu finanzieren. Wir haben den Schritt<br />
in der Hoffnung gewagt, zu unseren<br />
Lebzeiten einige Menschen zu finden,<br />
die in der Lage und bereit sind<br />
zuzustiften.<br />
Kennen Sie ähnliche Stiftungen?<br />
Uns wird versichert, ein derartiges<br />
Projekt sei in der deutschen Stiftungslandschaft<br />
vorerst singulär.<br />
Vielen Dank für das Gespräch, lieber<br />
Herr Kunze.<br />
Bricht der Vesuv aus?<br />
Der neue Roman von Kurt Gawlitta erzählt eine<br />
Liebesgeschichte unter dem Vesuv. Silvia Falk<br />
begegnet in Neapel Giorgio Casella. Er arbeitet<br />
am Observatorium und ist überzeugt, der Vulkan<br />
breche bald aus, findet aber kein Gehör.<br />
Das Risiko für die dicht besiedelte Region schafft<br />
unerhörte Spannung. Der Autor arbeitet Fakten<br />
und Hintergründe unterhaltsam in die Erzählung<br />
ein. Der „Ausbruch” knüpft an den Roman<br />
„Der verkaufte Mund” (2004) an, erschließt sich<br />
aber auch ohne die Vorkenntnisse.<br />
Ausbruch, Roman von Kurt Gawlitta<br />
IFB Verlag, Paderborn, 12/2007<br />
ISBN 978–3–9<strong>31</strong>263–73-7, Taschenbuch, 380 Seiten, 12,50 €uro
Seite 10 Werkstatt<br />
D<br />
D<br />
Porsche überholt alle<br />
Die Leser der DEUTSCHEN SPRACHWELT haben<br />
die Sprachwahrer des Jahres 2007 bestimmt<br />
iesmal war die Entscheidung<br />
eindeutig. Nachdem es im<br />
vergangenen Jahr ein heißes Kopfan-Kopf-Rennen<br />
zwischen Natascha<br />
Kampusch und Edda Moser um die<br />
Sprachwahrer-Krone gegeben hatte,<br />
gab bei der jüngsten Wahl die Porsche<br />
AG Gas und landete mit großem<br />
Vorsprung auf dem ersten Platz. Dahinter<br />
gingen der Liedermacher Rolf<br />
Zuckowski und die CDU-Initiative<br />
„Sprachlicher Verbraucherschutz“ auf<br />
den Plätzen 2 und 3 ins Ziel.<br />
Rund ein Drittel der Stimmen (33,77<br />
Prozent) erreichte der Autobauer aus<br />
Zuffenhausen. Das lag sicher auch<br />
daran, daß die Berichterstattung in<br />
zahlreichen Autozeitschriften wie<br />
„Autobild“ die Porsche-Anhänger (auto)mobilisierte.<br />
Auf den zweiten Platz<br />
wurde mit 21,85 Prozent der Stimmen<br />
der 60jährige Liedermacher Rolf Zukkowski<br />
gewählt. Viele Leser fanden<br />
es gut, daß Zuckowski der Jugend, die<br />
besonders der Amerikanisierung ausgesetzt<br />
ist, eingängige und in deutsch<br />
verfaßte Lieder schenkt und eine positive<br />
Einstellung zur Muttersprache hat.<br />
„Gedanken und Gefühle lassen sich<br />
einfach besser mitteilen“, sagt er zu<br />
den Vorzügen der Muttersprache.<br />
Den dritten Platz auf dem Siegertreppchen<br />
nimmt die Initiative „Sprachlicher<br />
Verbraucherschutz“ der CDU/<br />
CSU-Bundestagsabgeordneten um<br />
Julia Klöckner mit 16,56 Prozent<br />
der Stimmen ein. Die DEUTSCHE<br />
SPRACHWELT hatte die Politiker-<br />
Initiative als einen möglichen „Sprachwahrer<br />
des Jahres“ vorgeschlagen und<br />
ihr damit Rückenwind gegeben. „Die<br />
vielen positiven Reaktionen von Bürgern<br />
auf die Initiative zum Sprachlichen<br />
Verbraucherschutz sowie die<br />
aktuelle Nominierung bestärken mich,<br />
auch weiterhin für eine verständliche<br />
Die DSW in der Presse<br />
Die Nachrichtenagentur dpa verbreitete am 21. Dezember<br />
die folgende Meldung:<br />
Porsche für Wahl des „Sprachwahrers<br />
des Jahres“ nominiert<br />
rlangen (dpa/lby) – Sprachschützer haben für die Wahl des „Sprachwahrers<br />
des Jahres“ unter anderem den Sportwagen-Hersteller Porsche<br />
vorgeschlagen. Porsche setze bewußt auf die deutsche Sprache als Unternehmenssprache,<br />
um den Einfallsreichtum der Ingenieure nicht zu bremsen,<br />
begründete die Zeitung «<strong>Deutsche</strong> <strong>Sprachwelt</strong>» ihren Vorschlag. Dies habe<br />
zum wirtschaftlichen Erfolg der Porsche AG beigetragen. Porsche unterstütze<br />
außerdem im Ausland Werbemaßnahmen für Deutsch als Fremdsprache, hob<br />
die Sprachzeitung in einer Mitteilung vom Freitag hervor. Für die Auszeichnung<br />
hat das Blatt außerdem die Schweizer Orthographische Konferenz, den<br />
Kabarettisten Günter Grünwald, den Liedermacher Rolf Zuckowski und eine<br />
Verbraucherschutzinitiative von Unions-Bundestagsabgeordneten vorgeschlagen.<br />
Die Wahl, an der sich alle Leser der „<strong>Deutsche</strong>n <strong>Sprachwelt</strong>“ beteiligen<br />
können, endet am <strong>31</strong>. Januar 2008.<br />
Die „Frankfurter Neue Presse“ schrieb am 27. Dezember 2007:<br />
Im Sprach-Porsche<br />
Von Sabine Kinner<br />
Die Porsche AG ist von der Vereinigung <strong>Deutsche</strong> <strong>Sprachwelt</strong> als „Sprachwahrer<br />
des Jahres 2007“ vorgeschlagen worden. Der Autokonzern tut sich nämlich<br />
ausnahmsweise durch Entschleunigung statt Spitzengeschwindigkeit hervor:<br />
Er bremst seine Ingenieure bei der Anwendung des Englischen am Arbeitsplatz.<br />
Die Muttersprache des Erfindergeists soll Deutsch bleiben – wegen ihres<br />
Einfallsreichtums. Zwar dürfte in 50 Jahren halb Europa Englisch als Staatssprache<br />
haben. Schließlich ermöglicht das Latein von heute die Verständigung<br />
mit dem Rest der Welt. Doch es stimmt: Phantasie und Romantik, die beiden<br />
Hauptmotoren deutscher Schöpfungskraft, brauchen Deutsch als Heimatdialekt.<br />
Denn so wie man spricht, denkt (und lenkt) man. „Vergißmeinnicht“,<br />
„Gemütlichkeit“, „Sehnsucht“, „Donaudampferschiffahrtskapitän“: Das sind<br />
die unverwechselbaren Sprach-Porsches auf den Weltmärkten der Tüftelei.<br />
und rufen unsere Leser zum Protest auf<br />
„The Comical Company“<br />
BASF macht „Kunststoff“ zu „Plastics“<br />
ie Badische Anilin-und-Soda-Fabrik (BASF) ist<br />
ein großes deutsches Unternehmen mit einer langen<br />
Geschichte und Tradition. Der Standort Deutschland<br />
und in deutscher Sprache erzielte geistige Höchstleistungen<br />
machten das Unternehmen zum weltgrößten<br />
Chemiekonzern. Nun hat sich die Leitung von BASF<br />
dazu entschieden, den Konzern weiter zu amerikanisieren.<br />
Vorstandsvorsitzender Jürgen Hambrecht hat<br />
die BASF-Abteilungen ab dem 1. Januar 2008 durchgehend<br />
mit englischen Bezeichnungen versehen, ohne<br />
dafür deutschsprachige Entsprechungen anzubieten.<br />
Die neuen sechs Segmente lauten: Chemicals, Plastics,<br />
Functional Solutions, Performance Products, Agricultural<br />
Solutions und Oil&Gas. Vorher waren es die fünf<br />
Bereiche Chemikalien, Kunststoffe, Veredelungsprodukte,<br />
Pflanzenschutz/Ernährung und Öl/Gas.<br />
Sprachsünder Ecke An dieser Stelle stellen wir Sprachsünder vor, die besonders unangenehm aufgefallen sind,<br />
Selbst unter Englischkundigen setzte sofort das Rätselraten<br />
ein, was mit Functional Solutions oder Performance<br />
Products gemeint sei. Ein Journalist taufte<br />
in einer Zeitungsglosse die BASF, die sich als „The<br />
Chemical Company“ bezeichnet, in „The Comical<br />
Company“ um. Die Umbenennung geschah auch<br />
Spachlicher<br />
Verbraucherschutz<br />
16,56<br />
21,85<br />
Rolf Zuckowski<br />
Günter Grünwald<br />
15,23<br />
33,77<br />
7,95<br />
4,64<br />
Porsche<br />
SOK<br />
Die Sprachwahrer des Jahres 2007<br />
Andere<br />
deutsche Sprache im Sinne aller Verbraucher<br />
einzutreten“, so zum Beispiel<br />
Gitta Connemann, Bundestagsabgeordnete<br />
und Kuratoriumsvorsitzende<br />
der Initiative <strong>Deutsche</strong> Sprache, am<br />
10. Januar. „Einkaufen und Reisen<br />
ohne Englischkenntnisse muß auch in<br />
Zukunft noch möglich sein“, sagte der<br />
CDU-Bundestagsabgeordnete Bleser.<br />
Die CDU/CSU machte in Pressemitteilungen<br />
auf ihre Nominierung aufmerksam<br />
(siehe Kasten).<br />
Die meisten hatten jedoch die Argumente<br />
für Porsche überzeugt. So<br />
konnte im Jahr 2005 ein Deutsch-<br />
Lektor auf Island 18 Monate lang einen<br />
Porsche-Geländewagen mit 250<br />
PS nutzen, um auf der ganzen Insel,<br />
bei fast allen Schulen und Sportvereinen<br />
für Deutschland und die deutsche<br />
Sprache zu werben. Porsche-Lenker<br />
Wendelin Wiedeking hatte dem Nachrichtenmagazin<br />
„Der Spiegel“ gesagt:<br />
„Wenn Englisch oder Französisch die<br />
Konzernsprache ist, benachteiligt man<br />
automatisch alle, für die dies nicht die<br />
Muttersprache ist.“ An anderer Stelle<br />
sagte er: „Was heißt das, wenn sie [die<br />
Mitarbeiter] plötzlich in einer Fremdsprache<br />
kommunizieren müssen? Sie<br />
rauben vielen die Möglichkeit, sich<br />
so zu artikulieren, wie sie es gewohnt<br />
sind. Da bleibt Leben auf der Strecke.<br />
Da verlieren sie Kraft.“<br />
Freilich wurde die Nominierung der<br />
Porsche AG auch kritisch gesehen. Die<br />
Zeitschrift „Autobild“ wies darauf hin,<br />
daß „bei allem Einfallsreichtum der<br />
Ingenieure“ sich in der Pressemappe<br />
ein paar Anglizismen eingeschlichen<br />
hätten. Hier kann sich der Autobauer<br />
mit Sicherheit noch steigern. Die Auszeichnung<br />
zum „Sprachwahrer“ sollte<br />
ihm dabei eine besondere Verpflichtung<br />
sein.<br />
www.sprachpflege.info/index.php/<br />
Sprachwahrer_des_Jahres<br />
www.sprachpflege.info/index.php/<br />
Sprachlicher_Verbraucherschutz<br />
www.deutsche-sprachwelt.de/<br />
sprachwahrer<br />
gegen den Willen vieler BASF-Mitarbeiter. Ein Beschäftigter<br />
schrieb in der BASF-Mitarbeiterzeitung, er<br />
tue sich mit den neuen Bezeichnungen „sehr schwer“.<br />
In der Schule habe er etwa sieben Monate Englisch<br />
gehabt. Er fügte hinzu: „Ausländische Mitarbeiter<br />
von Partnerfirmen müssen am Tor ihre Deutschkenntnisse<br />
nachweisen. Die Amtssprache in Deutschland<br />
ist Deutsch.“ BASF-Sprecher Felix Gress kündigte<br />
jedoch bereits weitere englische Bezeichnungen an.<br />
Seine Begründung lautet: „Denn wir sind schon lange<br />
kein deutsches Unternehmen mehr.“ Die meisten Anteilseigner<br />
seien nämlich Nichtdeutsche. (dsw)<br />
Mit BASF verabschiedet sich ein weiteres deutsches<br />
Großunternehmen von der deutschen Sprache.<br />
Warum beachtet es nicht die Kritik seiner Angestellten?<br />
Fragen Sie die BASF und lassen Sie uns<br />
bitte ein Doppel zukommen:<br />
Sprachsünder Dr. Jürgen Hambrecht, Vorstandsvorsitzender<br />
der BASF SE, D-67056 Ludwigshafen,<br />
Telefon +49-(0)621-60-0, Telefax +49-(0)<br />
621-60-42525, global.info@basf.com<br />
Anzeige<br />
<strong>Deutsche</strong> <strong>Sprachwelt</strong>_Ausgabe <strong>31</strong>_Frühling 2008<br />
Die DSW in der Presse<br />
Pressemitteilung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion vom 2. Januar 2008:<br />
„Sprachlicher Verbraucherschutz“ nominiert zur Wahl<br />
„Sprachwahrer des Jahres“<br />
Wir benötigen einen erweiterten Verbraucherschutz, der sich auch auf das<br />
Verständnis von Sprache bezieht<br />
Anläßlich der Nominierung der Sprachinitiative der Unionsfraktion zum<br />
„Sprachwahrer des Jahres“ durch die „<strong>Deutsche</strong> <strong>Sprachwelt</strong>“ erklären der Vorsitzende<br />
der Arbeitsgruppe Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz,<br />
Peter Bleser MdB, und die Verbraucherschutzbeauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion,<br />
Julia Klöckner MdB:<br />
Seit acht Jahren wählen die Leser der DEUTSCHEN SPRACHWELT Sprachwahrer,<br />
um vorbildlichen Einsatz für die deutsche Sprache auszuzeichnen. […]<br />
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion sieht sich durch die vielen positiven Reaktionen<br />
von Bürgerinnen und Bürgern auf die Initiative zum Sprachlichen Verbraucherschutz<br />
und durch die aktuelle Nominierung darin bestärkt, weiterhin<br />
für eine verständliche deutsche Sprache im Sinne aller Verbraucherinnen und<br />
Verbraucher einzutreten. Leitbild der Verbraucherpolitik der Unionsfraktion<br />
ist der informierte, mündige Bürger. Verständliche Sprache ist die Voraussetzung<br />
für eigenverantwortliches Entscheiden.<br />
Fremdsprachliche Ausdrücke und Begriffe im Schulunterricht, in der Arbeitswelt,<br />
in der Wissenschaft, der Werbung und in der Öffentlichkeit nehmen stetig<br />
zu. Vor allem die englische Sprache beeinflußt immer mehr die deutsche<br />
Sprache und prägt das Bild deutscher Städte und der Medien. Jedoch ist nach<br />
eigenen Angaben etwa ein Drittel der in Deutschland lebenden Bevölkerung<br />
nicht des Englischen mächtig. Dies sind vor allem ältere Menschen, deren<br />
schulische Bildung das Erlernen von Fremdsprachen noch nicht vorsah sowie<br />
Menschen mit Migrationshintergrund, von denen zu Recht erwartet wird, daß<br />
sie aus Integrationsgründen die deutsche Sprache erlernen. Im Sprachenalltag<br />
stoßen diese Personengruppen immer häufiger an ihre Grenzen und werden<br />
sprachlich ausgegrenzt.<br />
Bei Produktbeschriftungen, Gebrauchsanleitungen, in Flughäfen und Bahnhöfen<br />
ist Deutsch mittlerweile Randsprache geworden. Es ist zwar sinnvoll, Flug-<br />
und Fahrthinweise auf internationalen Verkehrsdrehkreuzen zusätzlich auch<br />
in englischer Sprache anzugeben, jedoch nicht ausschließlich. Wir benötigen<br />
einen erweiterten Verbraucherschutz, der sich auch auf das Verständnis von<br />
Sprache bezieht. Es muß im Alltag wieder selbstverständlich werden, daß man<br />
sich als Verbraucher in Deutschland mit dem Beherrschen ausschließlich der<br />
deutschen Sprache zurechtfindet. Deshalb fordert die CDU/CSU-Fraktion:<br />
• Gesetzestexte, Verlautbarungen und Werbekampagnen der Bundesregierung<br />
und des Bundestages sowie die Kommunikation mit Bürgerinnen und<br />
Bürgern sollen in verständlicher deutscher Sprache abgefaßt werden.<br />
• Die Bundesregierung muß als Anteilseigner, Genehmigungsbehörde oder<br />
Investor eine durchgehende – nicht notwendigerweise ausschließliche –<br />
Verwendung der deutschen Sprache in Beschilderungen, Leitsystemen usw.<br />
gewährleisten. Dies betrifft unter anderem auch die Beschriftung in öffentlichen<br />
Gebäuden, Bahnhöfen sowie Flughäfen. Neben der oft verwendeten<br />
englischen Sprache soll die deutsche Sprache in verständlicher Weise zwingend<br />
genutzt werden.<br />
• Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft sollen sich dafür einsetzen,<br />
daß Gebrauchs- oder Betriebsanleitungen, Bedienelemente sowie die Garantievoraussetzungen<br />
eines Produkts auch in deutscher Sprache zu finden sind.<br />
Dies soll auch für alle schriftlichen Dokumente wie Rechnungen, Verträge,<br />
Formulare und so weiter gelten.<br />
Leider blockiert die SPD-Bundestagsfraktion bisher eine gemeinsame Koalitionsinitiative<br />
und ignoriert dadurch die Bedürfnisse vieler Verbraucherinnen<br />
und Verbraucher.<br />
������ ��� �������� ���������<br />
����������������� �������<br />
������<br />
��������� ���������<br />
���<br />
����� ��� �����<br />
�������������� ��� ������� ����� ������������������������<br />
���<br />
�����<br />
�������� ������<br />
����������� ����� �����������������<br />
��� ������ � ���� ����� � ���� �������������<br />
��� ������� ���� ��� ����� �� ��� ������� ������������ �������� �������������<br />
��������� ��� ��� ���������� ��� ���������� ���� ��� ������������� ����������<br />
����� �������� ��� ����� �� ��� ��������� ����� ����� ������ ��� ������ ������ ����<br />
��������������� ��������� ��� ����� �� ������������ ����� ������ ���� ��� ��������<br />
��� ��� �������� ����������� ���� �������������������������� ������ ���� ���<br />
�������������� ��� ����������������� ��� ���� ���� ��� ����������� ��� ���������<br />
������ ��� ����������� �������������� �� ��� ������� ��� ����� ��������� ��� ���<br />
���� ����� ���������� ����� ������� ������� ��� ���� ������������������ �������<br />
���� � �� ������ ���� ��� �������������������� �����������<br />
���������������<br />
��� ������ ��� ����� ���� �������� �� ������� ��� ���� ����� � ����������� ��������<br />
� ������������������� ������������������ � ���� ����� ��� ������ ����� ����������<br />
�������� � ������������ ���� � ����� ���� ���������� ��� ������ �������� � ��� ������<br />
������ ���������� ������� ������ � ��������� ������ ������������� � ��� ������� ���<br />
��� ������������� ������ �� ����������� ����������� � ��������������� ���������������<br />
� ������������ ��� �������� �� ������ ��� ����������� �� ������ � ������������ ��<br />
������������ �� �������������� � ��������� ������ ���������� �������������� � ������<br />
������� ������� ������ ��� � �� ������� ������ ����� ��� � ��������� �������� � ����������<br />
��������� ����������� ��������� � �������������� ���� � ��������� ������<br />
�������������<br />
������ �� ��������� ��� ������������������� ��������������� �������������� �����<br />
������������ ������� �� ���� ��������� �������� ���� ��������� ����������� ���<br />
������������ ���������� ��� ����������<br />
���
<strong>Deutsche</strong> <strong>Sprachwelt</strong>_Ausgabe <strong>31</strong>_Frühling 2008 Anstöße<br />
Seite 11<br />
Wettbewerb<br />
für Schullesebücher<br />
er Verein „Lernen für die Deut-<br />
D sche und Europäische Zukunft<br />
e.V.“ hat einen Wettbewerb für deutsche<br />
Lesebücher für die Klassen 5<br />
und 6 ausgeschrieben. Diese Bücher<br />
sollen mit ihren Beiträgen Schülern<br />
die deutsche Kultursprache als<br />
Vorbild vermitteln und so zu einem<br />
kultivierten Umgang der Menschen<br />
miteinander beitragen. Dabei sind<br />
sowohl Stücke aus der großen deutschen<br />
literarischen Vergangenheit<br />
gefragt als auch Originalbeiträge.<br />
Außerdem sollen die Bücher Werte,<br />
wie sie in vielen Landesverfassungen<br />
festgeschrieben sind, zum Erlebnis<br />
machen, zum Beispiel: Ehe und Familie,<br />
Mutterschaft und Kinder, Ehrfurcht<br />
vor Gott oder Liebe zu Volk<br />
und Heimat.<br />
<strong>Deutsche</strong> Lesebücher, so der Verein,<br />
sollen Lesefreude wecken und zur<br />
Persönlichkeitsbildung beitragen, damit<br />
junge Menschen hoffnungsfroh<br />
leben und den Wunsch entwickeln,<br />
nicht nur zum eigenen Glück und<br />
Wohl zu handeln, sondern<br />
auch für andere<br />
Menschen dazusein.<br />
Die Schönheit<br />
von Tugenden wie<br />
Liebe, Treue, Ehrlichkeit,<br />
Tapferkeit<br />
soll veranschaulicht<br />
werden im Gegen-<br />
satz zur Häßlichkeit von Haß, Egoismus,<br />
Treulosigkeit, Verlogenheit,<br />
Feigheit.<br />
Die ausgesetzte Preissumme beträgt<br />
10 000 Euro. Die Jury kann diese<br />
Summe im ganzen an einen herausragenden<br />
Wettbewerbsteilnehmer<br />
vergeben oder auch aufteilen. Der<br />
Preis kann auch bei Vorlage eines<br />
druckreifen Manuskriptes als Druckkostenzuschuß<br />
verwendet werden.<br />
Geplanter Termin: Schuljahresende<br />
2008. Die Schirmherrschaft über diesen<br />
Wettbewerb hat der Augsburger<br />
Bischof Walter Mixa übernommen,<br />
die Mitglieder der Jury sind Persönlichkeiten<br />
aus unterschiedlichen<br />
Fach- und Gesellschaftsbereichen.<br />
(dsw)<br />
Kontakt: Wolfram Ellinghaus, Hesselteicher<br />
Str. 66, D-33428 Harsewinkel,<br />
Telefon +49-(0)5247-4502,<br />
Telefax 49-(0)5247-405449,<br />
ldez.e.v@web.de<br />
Die DSW in der Presse<br />
Zum Internationalen Tag der Muttersprache am 21. Februar 2008<br />
führte <strong>Sprachwelt</strong>-Mitarbeiterin Ursula Bomba mit dem Hörfunk<br />
der „<strong>Deutsche</strong>n Welle“ ein Gespräch auf englisch (!).<br />
Am 21. Februar 2008 erschien außerdem in der Tageszeitung<br />
„Die Welt“ der folgende Beitrag:<br />
Das Kulturgut Sprache<br />
soll besser geschützt werden<br />
Von Sören Kittel<br />
[…] Aktuell fordert die Berliner CDU, daß „die deutsche Sprache als Kulturgut<br />
gestärkt und geschützt“ wird. In einem parlamentarischen Antrag für<br />
die nächste Abgeordnetenhaussitzung werden der Berliner Senat und die<br />
Bundesregierung aufgefordert, „einer Verdrängung von Teilen des deutschen<br />
Wortschatzes durch Anglizismen und Jargons entgegenzuwirken“. Man wolle<br />
zwar keine neuen gesetzlichen Regelungen schaffen, sagt der kulturpolitische<br />
Sprecher Michael Braun, aber die bisher schon geltenden Regelungen besser<br />
überwachen. Wie genau man allerdings gegen Backshop und Boarding Ticket<br />
vorgehen will, läßt der Antrag offen. Konkreter geht die Zeitung „<strong>Deutsche</strong><br />
<strong>Sprachwelt</strong>“ vor. Sie bemängelt, daß die immer stärkere Ausrichtung auf Englisch<br />
in der Bildung zunehmend auf Kosten von Deutsch als Muttersprache<br />
geht. Und sie bezieht sich dabei ganz konkret auf den „Tag der Muttersprache“.<br />
Dabei wurde dieser von der Unesco ins Leben gerufen, um auf die weltweit<br />
rund 2 000 gefährdeten Sprachen aufmerksam zu machen – in Deutschland<br />
gehört das Sorbische dazu. Und da paßt es der „<strong>Deutsche</strong>n <strong>Sprachwelt</strong>“<br />
auch nicht, daß das Goethe-Institut derzeit einen Wettbewerb um das schönste<br />
Fremdwort durchführt. […]<br />
Ebenfalls am 21. Februar 2008 erschien in der „Nürnberger Zeitung“<br />
der folgende Beitrag:<br />
Ist Englisch zu sehr auf<br />
dem Vormarsch?<br />
Von Christian Ebinger<br />
Wenn Edmund Stoiber einen Satz sagt wie „Bayern hat eine gute Performance<br />
in Deutschland“, dann läuft das für die in Erlangen erscheinende Zeitung<br />
„<strong>Deutsche</strong> <strong>Sprachwelt</strong>“ unter der Rubrik „Sprachpanscherei“, Unterabteilung<br />
„Politikerkauderwelsch“. Die Zeitung will eine lebendige deutsche Sprache<br />
erhalten und warnt zum heutigen internationalen Tag der Muttersprache davor,<br />
daß Englisch in der Bildung immer mehr Raum einnimmt und dies auf<br />
Kosten von Deutsch als Muttersprache gehe. In Krippen und Kindergärten,<br />
an Schulen und Hochschulen sei Englisch auf dem Vormarsch, moniert die<br />
Sprachzeitung. Dabei gerate der Wert einer gut beherrschten Muttersprache in<br />
den Hintergrund. Fremdsprachen sind in den Augen der Sprachzeitung zwar<br />
wichtig, „doch nur wer seine Muttersprache beherrscht, kann eine andere<br />
Sprache gut erlernen“. Es sei bedenklich, daß Englisch in allen Bundesländern<br />
schon in der Grundschule Pflichtfach ist. Zwar erweiterten Fremdsprachen<br />
den Gesichtskreis, ließen sich aber niemals so gut wie eine Muttersprache<br />
beherrschen. […]<br />
Voller Tatendrang<br />
Die Neue Fruchtbringende Gesellschaft feierte ihr einjähriges Bestehen<br />
it einer Mitgliederversammlung<br />
M und einer Festveranstaltung<br />
beging die Fruchtbringende Gesellschaft<br />
am 19. Januar in der Köthener<br />
Schloßkapelle den ersten Jahrestag<br />
ihrer Wiedergründung. Die Neue<br />
Fruchtbringende Gesellschaft (NFG)<br />
knüpft an die sprachpflegerische<br />
Tradition der ursprünglichen Gesellschaft<br />
von 1617 an. Innerhalb eines<br />
Jahres hat die NFG mit zahlreichen<br />
Tätigkeiten von sich reden gemacht.<br />
Nur einige Stichworte seien genannt<br />
(die DSW berichtete): Köthener<br />
Sprachtag, Köthener Sprachforum,<br />
Schülerwettbewerb „Schöne deutsche<br />
Sprache“, Reiner Kunzes Rede<br />
zur deutschen Sprache und so weiter.<br />
Auch in diesem Jahr gibt es ein reiches<br />
Programm. Am 1. Januar trat<br />
die Vorsitzende Uta Seewald-Heeg<br />
in der neuen Sprachsendung des Mitteldeutschen<br />
Rundfunks auf, die von<br />
Jürgen von der Lippe moderiert wird<br />
und dementsprechend „Frei von der<br />
Lippe“ heißt. Im Februar trat das 100.<br />
Mitglied bei. Der Schülerwettbewerb<br />
„Mein liebstes Sprichwort“ (DSW<br />
30, Seite 9) steht in diesem Jahr erstmals<br />
unter der Schirmherrschaft des<br />
Kultusministers Sachsen-Anhalts,<br />
Jan-Hendrik Olbertz. Der Einsendeschluß<br />
für den Wettbewerb wurde<br />
außerdem bis zum 30. April 2008<br />
verlängert. Der Köthener Sprachtag,<br />
das Treffen der Sprachfreunde und<br />
Sprachvereine, findet dieses Jahr bereits<br />
im Juni statt (siehe Seite 12).<br />
Der Bachchor unter der Leitung von Kirchenmusikdirektorin<br />
Martina Apitz Bild: pau<br />
Die Festveranstaltung am 19. Januar,<br />
die die NFG gemeinsam mit<br />
dem Historischen Museum und dem<br />
Verein für Anhaltische Landeskunde<br />
ausrichtete, bot Gelegenheit, sich<br />
über das bisher Erreichte zu freuen<br />
und zuversichtlich in die Zukunft<br />
zu blicken. Der Bachchor unter der<br />
Leitung von Kirchenmusikdirektorin<br />
Martina Apitz umrahmte den<br />
Nachmittag musikalisch. Zunächst<br />
richtete sich der Blick auf das historische<br />
Mitglied Diederich von<br />
dem Werder, über den Gabriele Ball<br />
von der Sächsischen Akademie der<br />
Wissenschaften zu Leipzig sprach.<br />
Danach wandte sich Kurt Gawlitta<br />
vom VDS Berlin dem Thema „Un-<br />
sere Nachbarn – unsere Sprachen: Ist<br />
ein gemeinsamer Kampf möglich?“<br />
zu. Gawlitta zeigte an Beispielen aus<br />
Italien und Frankreich, daß auch die<br />
anderen europäischen Sprachen vom<br />
Angloamerikanischen bedrängt werden.<br />
Während in Italien, auch wegen der<br />
Bedeutung der Dialekte, der Landessprache<br />
wenig öffentliche Aufmerksamkeit<br />
geschenkt werde und auch<br />
nur kleinere Sprachorganisationen<br />
wie „Allarme Lingua“ existierten,<br />
unterscheide sich die Lage in Frankreich<br />
davon deutlich. Auf staatlicher<br />
Ebene funktioniert ein seit Jahrzehnten<br />
eingespieltes System zur<br />
Wortbildung mit offizieller Veröffentlichung<br />
der Wörtervorschläge im<br />
Amtsblatt. Das Sprachschutzgesetz<br />
von 1994 widmet sich dem Gebrauch<br />
der französischen Sprache im öffentlichen<br />
Raum, wendet sich also nicht<br />
ausdrücklich gegen die englische<br />
Sprache. Die Organisation französischsprachiger<br />
Staaten (OIF) versucht<br />
weltweit, einem Gegenmodell<br />
zur Globalisierung angloamerikanischer<br />
Prägung zum Durchbruch zu<br />
verhelfen. Auf Nichtregierungsebene<br />
besitzt Frankreich einige einflußreiche<br />
Sprachvereine, zum Beispiel<br />
die „Défense de la Langue Française“<br />
(DLF). Die sprachpolitische Zusammenarbeit<br />
in Europa beschränke<br />
sich jedoch auf Vereinsebene derzeit<br />
noch auf Informations- und Ideenaustausch,<br />
so Gawlitta. (dsw)<br />
Niedersachsens Politiker<br />
wollen Anglizismenflut bekämpfen<br />
ine große Mehrheit der Bewerber<br />
E zur niedersächsischen Landtagswahl<br />
will Anglizismen zurückdrängen.<br />
Das läßt sich aus der Befragung<br />
„Sprachprüfsteine“ der Aktion <strong>Deutsche</strong><br />
Sprache (ADS) schließen. Die<br />
Ergebnisse wurden kurz vor der Landtagswahl<br />
im Januar bekanntgegeben.<br />
Erfreulich ist, daß das Sprachbewußtsein<br />
offenbar parteienübergreifend<br />
wächst. Jedoch gibt es unter den Parteien<br />
unterschiedliche Neigungen. Die<br />
ADS hatte von November 2007 bis<br />
Anfang Januar dieses Jahres die 380<br />
Kandidaten der vier damaligen Landtagsparteien<br />
befragt. 105 Politiker<br />
antworteten, 46 davon wurden in den<br />
152köpfigen Landtag gewählt.<br />
81 Prozent der Antwortenden wollen in<br />
ihrer künftigen Parlamentsarbeit dafür<br />
eintreten, „die Flut von Anglizismen<br />
einzudämmen“. Bei CDU und SPD<br />
(96 und 97 Prozent) ist die Bereitschaft<br />
dazu am größten, bei den Grünen am<br />
geringsten (40 Prozent). Eine niedersächsische<br />
Entsprechung zur Initiative<br />
„Sprachlicher Verbraucherschutz“ der<br />
CDU/CSU-Bundestagsabgeordneten<br />
um Julia Klöckner würden 71 Prozent<br />
unterstützen. Am stärksten ist hier der<br />
Rückhalt wiederum bei CDU und SPD<br />
(92 und 90 Prozent), am geringsten bei<br />
den Grünen (35 Prozent).<br />
Eine Mehrheit von 60 Prozent lehnt<br />
jedoch einen eigenen Grundgesetzartikel<br />
zur deutschen Sprache ab. Befürworter<br />
gibt es mehrheitlich nur in der<br />
CDU (50 Prozent), während die SPD-<br />
Bewerber dieses Ansinnen am deutlichsten<br />
ablehnen (87 Prozent). Für<br />
den frühen Unterricht in einer Fremdsprache<br />
treten 84 Prozent der antwortenden<br />
Kandidaten ein, am stärksten<br />
in CDU und SPD mit über 90 Prozent.<br />
Das Argument, daß früher Englischunterricht<br />
auf Kosten von Deutschstunden<br />
geht, geriet dabei gegenüber<br />
den Vorstellungen „je früher, desto<br />
besser“ oder „die Globalisierung erfordert<br />
es“ in den Hintergrund.<br />
Die Rechtschreibung in der überarbeiteten<br />
Fassung von 2006 halten nur<br />
20 Prozent der antwortenden Politiker<br />
für gelungen, eine Mehrheit lehnt sie<br />
ab, am stärksten die FDP-Bewerber<br />
(77 Prozent). Bei den SPD-Bewerbern<br />
trauen sich in dieser Frage 52 Prozent<br />
kein Urteil zu. Die wirkliche Meinung<br />
der SPD-Landtagsabgeordneten ist<br />
nicht klar, denn die Antworten waren<br />
in der Regel nahezu wortgleich, also<br />
vermutlich von oben vorgegeben.<br />
Auch wenn die Antworten der Grünen<br />
häufig nicht den Vorstellungen<br />
der Sprachpfleger entsprechen, waren<br />
sie teilweise sehr sorgfältig und ausführlich<br />
abgefaßt.<br />
Unterdessen konnte die ADS zwei<br />
neue Ehrenmitglieder gewinnen: die<br />
Bundestagsabgeordnete Julia Klöckner,<br />
Sprecherin der Unionsinitiative<br />
„Sprachlicher Verbraucherschutz“,<br />
Hermann Neemann, der Vorsitzende<br />
der ADS, überreicht der Bundestagsabgeordneten<br />
Julia Klöckner die Urkunde<br />
zur Ehrenmitgliedschaft.<br />
und den Komponisten, Textdichter<br />
und Produzenten Frank Ramond.<br />
„Aus seiner Feder stammen die anspruchsvollsten,<br />
witzigsten und zugleich<br />
glaubwürdigsten deutschen<br />
Chanson-, Jazz- und Pop-Texte“,<br />
heißt es in der Begründung. (dsw)<br />
Die DSW in der Presse<br />
Die Winterausgabe DSW 30 erzielte ein großes Presseecho.<br />
Am 24. Dezember 2007 verbreitete die Nachrichtenagentur dpa<br />
die folgende Meldung, die eine große Zahl von Medien aufgriff:<br />
<strong>Deutsche</strong> Sprachschützer:<br />
Wieder Weihnachten statt „X-Mas“ feiern<br />
rlangen (dpa) – Für Rückbesinnung auf deutsche Traditionsbegriffe wie<br />
Christkind, Heiligabend oder Nikolaus hat der Verein für Sprachpflege<br />
zum Weihnachtsfest plädiert. Durch eine gedankenlose Übernahme von<br />
Wörtern wie „Christmas“ oder „X-Mas“ in den deutschen Sprachgebrauch sei<br />
inzwischen eine gezielte „Amerikanisierung“ und „Cocacolisierung“ des besinnlichen<br />
Weihnachtsfestes erfolgt, heißt es in einem Beitrag der Zeitschrift<br />
„<strong>Deutsche</strong> <strong>Sprachwelt</strong>“ unter dem Titel „Santa Claus muß raus“. Die in dem<br />
Verein zusammengeschlossenen Sprachschützer, die die Zeitschrift herausgeben,<br />
waren in den vergangenen Jahren vor allem durch ihren Kampf gegen die<br />
Rechtschreibreform hervorgetreten. In einer deutschen Großstadt habe es gar<br />
im Advent ein „Charity-Run“ unter dem Titel „Lauf, Santa, lauf“ gegeben,<br />
heißt es in dem Beitrag weiter. Auch „die belästigende Bedröhnung mit amerikanischen<br />
‚Christmas-Songs‘ in den Kaufhäusern und aus dem Radio“ mache<br />
es schwer, in der „staden Zeit“ zur Ruhe zu kommen. Und während die Strompreise<br />
stiegen, „lassen Lichtorgien in Gärten, auf Terrassen und an Häusern<br />
Leuchtmittelhersteller und Energieriesen frohlocken“. Gleichwohl wachse die<br />
Kritik an dieser Entwicklung. In diesem Sinne wünschen die Sprachschützer:<br />
„Frohe und besinnliche Weihnachten.“
Seite 12 Bunte Seite<br />
„Sorge um’s Image“ der FAZ<br />
Von Klemens Weilandt<br />
orge um’s Image“ – Wenn man<br />
S eine solche Überschrift liest,<br />
muß man sich wirklich Sorgen machen.<br />
Diese gelten selbstverständlich,<br />
kennt man nur die Überschrift,<br />
ganz abstrakt (oder doch konkret?)<br />
der deutschen Sprache.<br />
An „Image“ nimmt kaum noch jemand<br />
Anstoß. Jeder und jede ist um nichts<br />
mehr als um sein oder ihr Image besorgt.<br />
Das darf nie und nimmer Schaden<br />
nehmen, schon gar nicht, wenn<br />
man sich das seinige mühsam erworben<br />
hat. Imagepflege ist ständig das<br />
Erfordernis der Stunde, des Tages, der<br />
Woche. Früher waren Menschen um<br />
ein gutes Ansehen bemüht, wenn es<br />
besonders anspruchsvoll ausgedrückt<br />
werden sollte, um eine gute Reputation,<br />
ganz schlicht um einen guten Ruf.<br />
Aber „image“ – das klingt eindrucks-<br />
und bedeutungsvoll, vor allem dann,<br />
wenn es gequetscht ausgesprochen<br />
wird, etwa „immitsch“. Geschenkt!<br />
Denn was ist schon „Image“ neben<br />
„um’s“? Das trifft den Leser oder<br />
die Leserin wie ein Bums, ein Keulenschlag:<br />
Apostrophitis im Fieberwahn!<br />
In einer Überschrift bereitet<br />
die Schreibweise besonderes Vergnügen,<br />
sie läßt taumeln und lädt<br />
zum Veitstanz ein. Warum dann aber<br />
sich Sorgen machen?<br />
Sie sind Ausdruck der Fürsorge! Die<br />
stellt sich wie von selbst ein, wenn<br />
Von Dagmar Schmauks<br />
DSW-Silbenrätsel<br />
1. belesener Singvogel – 2. Pilzbefall in einer Behörde – 3. feierliche Maßeinheit<br />
– 4. frohlockender Senior – 5. Verdauungsschnaps für Beerdigungen<br />
– 6. jemand, der Klöppelarbeiten untersucht – 7. Zugvogel am<br />
Straßenrand – 8. Pflegeutensil für Erhebungen – 9. junge Mädchen durch<br />
die Luft unterwegs – 10. betrunkener Singvogel – 11. ständige Ablehnung<br />
eines nordischen Hirsches – 12. Luftbewegung über Feldern – 13. Gerät<br />
zum Aufheizen von Beziehungen – 14. wichtiger Posten im Haushaltsplan<br />
eines Ritters – 15. geborgte Melodie – 16. auf Borstenvieh pusten – 17.<br />
Ursache von Weideflächen – 18. Säuberung von Zahlungsmitteln – 19.<br />
abgeknicktes Schneidegerät – 20. fröhliche Begrüßung einer fernöstlichen<br />
Meditationstechnik – 21. kindliche Quelle – 22. Mehrzweck-Bauchorgane<br />
– 23. Augenblick der Umkehr – 24. Krallenfüße von Kernobst<br />
– 25. tropfende Melodie – 26. verläßliche Hinweise – 27. Aufforderung,<br />
Mist mit Kunstschnee zu bedecken – 28. jemand, der schmale Straßen<br />
schlägt – 29. runder Datenträger für Lyrik – 30. trauriges Gespenst<br />
ak – amts – be – be – bel – ber – bi – birgs – bit – bla – bord – brun – buch –<br />
chen – chen – de – dich – dreh – dros – dung – e – en – er – fern – fest – fink<br />
– flug – for – gas – ge – geist – geld – greis – grill – grund – hau – hei – ju<br />
– jung – jung – kamm – kel – ker – ker – kir – klau – klek – kom – kon – lei<br />
– leih – me – mel – ment – mes – mo – nen – nie – nie – ren – ren – rü – sche<br />
– schei – schen – scher – schim – schnaps – schnei – schwal – schweins – se<br />
– se – sel – sen – sen – sen – ser – spit – stein – stungs – takt – tat – ter – ter –<br />
tungs – ü – wä – wahr – wei – wei – wein – wie – win – win – zei – zen – zen<br />
<strong>Deutsche</strong> <strong>Sprachwelt</strong>_Ausgabe <strong>31</strong>_Frühling 2008<br />
Lösungen: 1. Buchfink – 2. Amtsschimmel<br />
– 3. Festmeter – 4. Jubelgreis – 5.<br />
Leichenbitter – 6. Spitzenforscher – 7.<br />
Bordsteinschwalbe – 8. Gebirgskamm – 9.<br />
Jungfernflug – 10. Schnapsdrossel – 11.<br />
Nieren – 12. Ackerwinde – 13. Kontaktgrill<br />
– 14. Rüstungsetat – 15. leihweise – 16.<br />
Schweinsblasen – 17. Wiesengrund – 18.<br />
Geldwäsche – 19. Winkelmesser – 20. heizen<br />
– 21. Jungbrunnen – 22. kombinieren<br />
– 23. Drehmoment – 24. Kirschenklauen –<br />
25. kleckerweise – 26. Wahrzeichen – 27.<br />
Überschneidung – 28. Gassenhauer – 29.<br />
Dichtungsscheibe – 30. Weingeist<br />
Prof. Dr. Dagmar Schmauks ist in der Arbeitsstelle<br />
für Semiotik an der Technischen Universität<br />
Berlin tätig. Semiotik ist die Wissenschaft<br />
von den Zeichen.<br />
Einladung zum Zweiten Köthener Sprachtag<br />
am 20. und 21. Juni 2008 in Köthen/Anhalt, ausgerichtet von der Neuen Fruchtbringenden Gesellschaft<br />
Bitte deutlich schreiben!<br />
Anmeldung<br />
n Ich nehme am Zweiten Köthener Sprachtag (20. und 21. Juni 2008) teil<br />
und bringe ____ Personen mit. Bitte senden Sie mir die Tagungsunter-<br />
lagen (endgültiges Programm, Hotelliste) zu.<br />
man sich erinnert, wo diese Überschrift<br />
zu lesen war. Es war, man mag<br />
es bezweifeln, aber das hilft nicht an<br />
der Tatsache vorbei, in der Frankfurter<br />
Allgemeinen Zeitung (FAZ) am<br />
3. Januar dieses Jahres auf Seite 29.<br />
Richtig, in ihrem Feuilleton! In dem<br />
Teil, der von Frank Schirrmacher<br />
geleitet wird. Und der wurde erst im<br />
Herbst 2007 mit einem Sprachpreis<br />
ausgezeichnet, der wiederum seine<br />
Redaktion jubilieren ließ, die ihm und<br />
sich prompt mit der Überschrift „Stilsicher“<br />
ein sprachliches Denkmal<br />
setzte (FAZ, 29. Oktober 2007). Die<br />
Logik des Zusammenhangs leuchtet<br />
ein, sie leuchtet wie Venus am wolkenlosen<br />
Abendhimmel. Stilsicher!<br />
Gelegentlich ertappt man sich bei<br />
der Frage, ob Stil nicht besser Stiel<br />
geschrieben werden sollte, um ein<br />
schlagkräftiges Instrument zur Hand<br />
zu haben, mit dem man dem Feuilleton<br />
der FAZ, Frank Schirrmacher<br />
inbegriffen, Beine machen kann.<br />
Zurück zu den Quellen guten Stils<br />
müßte man sie treiben, die Schreiberlinge.<br />
Wenn sie sich nicht selbst<br />
Sorgen um ihr Image machen, müssen<br />
es andere für sie tun. Schließlich<br />
haben auch die FAZ-Leser ein Image<br />
zu verlieren.<br />
Von Schirrmachers Laudator, dem<br />
Vorsitzenden des <strong>Deutsche</strong>n Germanistenverbandes,<br />
Thomas Anz,<br />
wüßte man gern, wie er auf diesen<br />
___________________________________________________________<br />
Name, Vorname<br />
_________________________________________________________________________________________<br />
Straße<br />
_________________________________________________________________________________________<br />
Postleitzahl und Ort<br />
_________________________________________________________________________________________<br />
Elektronische Post<br />
_________________________________________________________________________________________<br />
Datum und Unterschrift<br />
Schicken Sie die ausgefüllte Anmeldung bitte bis spätestens zum <strong>31</strong>. Mai 2008 an:<br />
Homöopathie- und Wissenschaftsservice Köthen GmbH, Herrn Dipl.-Ing. Hans-Werner<br />
Thote, Springstraße 28, D-06366 Köthen/Anhalt, Telefon +49-(0)3496-303702,<br />
Telefax: +49-(0)3496-30370 oder an: sprachtag@fruchtbringende-gesellschaft.de<br />
Beitrag zur Fortentwicklung der<br />
deutschen Sprache im Feuilleton der<br />
FAZ reagiert. Oder ist das alles viel<br />
zu profan, um einen Germanisten<br />
aufzuschrecken, wo er doch nur an<br />
dem interessiert zu sein scheint, was<br />
Schirrmacher „in ein historisches<br />
Ereignis oder in einen literarischen<br />
Erfolg“ verwandelt? Unsere bäuerlichen<br />
Altvorderen wußten: Kleinvieh<br />
macht auch Mist!<br />
Klemens Weilandt war Schulabteilungsleiter<br />
der Bezirksregierung<br />
Hannover. Er verfaßte das Buch<br />
„Deutsch – oder so“ (Verlag Leuenhagen<br />
& Paris, Hannover 2005, 12,90<br />
Euro). Seine Glossen zur Sprache erscheinen<br />
in Buchform zur Frankfurter<br />
Buchmesse im Herbst dieses Jahres.<br />
N<br />
un hat es auch<br />
Klaus Zumwinkel<br />
erwischt,<br />
besser: endlich<br />
wurde er erwischt<br />
und der Steuerhinterziehung<br />
überführt. Er hat damit<br />
als weiterer Protagonist neben der<br />
Siemens-Konzernleitung und vielen<br />
anderen dazu beigetragen, Deutschland<br />
in aller Welt als korrupt und<br />
verlogen darzustellen.<br />
N<br />
ach dem großen Erfolg des<br />
Ersten Köthener Sprachtages,<br />
der im August 2007 stattfand<br />
– die DEUTSCHE SPRACHWELT<br />
berichtete –, lädt die Neue Fruchtbringende<br />
Gesellschaft (NFG) auch<br />
in diesem Jahr Sprachfreunde und<br />
Sprachvereine zu einer Tagung für<br />
die deutsche Sprache ein. Die NFG<br />
schlägt erneut eine Brücke von<br />
der Vergangenheit in die Zukunft<br />
der deutschen Sprache. Veranstaltungsort<br />
ist voraussichtlich wieder<br />
die Lutzeklinik, Springstraße 28, in<br />
D-06366 Köthen/Anhalt. Der Eintritt<br />
zu sämtlichen Veranstaltungen<br />
ist frei. Das Programm enthält unter<br />
anderem folgende Beiträge:<br />
Beiträge zur Geschichte<br />
Dr. Dr. Egbert Gueinzius, Vorsitzender<br />
des Bitterfelder Kultur- und<br />
Heimatvereins: „Mein Vorfahr Christian<br />
Gueintz“ – Michael Mühlenhort,<br />
Wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />
der Albert-Ludwigs-Universität<br />
Freiburg: „Der Grammatiker und<br />
Gegenhalten statt Einknicken<br />
Von Thomas Paulwitz<br />
prachausrutscher sind bei<br />
S der FAZ leider keine Ausnahme<br />
mehr. So hat die FAZ<br />
Anfang Februar einen „Reading<br />
Room“ im Netz eröffnet (http://<br />
readingroom.faz.net), in dem<br />
ein Fortsetzungsroman in deutscher<br />
Sprache veröffentlicht,<br />
vorgestellt und erörtert wird.<br />
War das Wort „Lesesaal“ dem<br />
Herausgeber Frank Schirrmacher<br />
zu deutsch? Nach Auskunft des<br />
FAZ-Redakteurs Patrick Bahners<br />
war es „unserem Herausgeber<br />
wichtig, daß Englisch die<br />
Leitsprache des Internets ist“.<br />
Offenbar ist es in der Frankfurter<br />
Hellerhofstraße unbekannt,<br />
daß Deutsch nach Englisch die<br />
verbreitetste Sprache im weltweiten<br />
Netz ist. Wohl aufgrund<br />
dieser Unkenntnis spricht die<br />
FAZ im Netz auch nicht schlicht<br />
von Datenschutz, sondern von<br />
„Privacy Policy“. Schirrmacher<br />
gehört außerdem dem vom<br />
Loveletters für Zumwinkel<br />
Was das an dieser Stelle zu suchen hat?<br />
Nun, es ist kein Zufall, daß Menschen,<br />
die über kein festes Wertebild verfügen,<br />
auch die Sprache korrumpieren.<br />
Nicht ohne Grund wurde Zumwinkel<br />
einmal zum „Sprachpanscher“ gekürt.<br />
Die Werte und die Sprache verkommen<br />
zu lassen, paßt zusammen.<br />
Leider hat er sich freikaufen können.<br />
Wie gern hätte ich nämlich dazu<br />
aufgerufen, ihm Funletters, Lovelet-<br />
Sprachgelehrte Christian Gueintz“ –<br />
Musikalisch-literarischer Abend<br />
Beiträge zur Gegenwart<br />
Sönke Krüger, Textchef der Zeitung<br />
„Welt am Sonntag“: „Politisch korrekte<br />
Sprache“ – Klemens Weilandt,<br />
Berliner Senat eingesetzten<br />
zwölfköpfigen „Berlin Board“<br />
an, das einen Erkennungsspruch<br />
für die Hauptstadt finden sollte.<br />
Ergebnis: „Be Berlin“.<br />
Inzwischen werden Forderungen<br />
lauter, daß Schirrmacher<br />
den mit 30 000 Euro dotierten<br />
Sprachpreis, den ihm der Verein<br />
<strong>Deutsche</strong> Sprache im Herbst<br />
2007 verlieh, wieder zurückgeben<br />
soll. In seiner Dankesrede<br />
hatte Schirrmacher noch gesagt:<br />
„Es gibt keine schönere<br />
Herausforderung für uns als<br />
diese: Nicht nur das Internet<br />
zu erobern, sondern auch gegenzuhalten<br />
und Optionen anzubieten.“<br />
Gegenhalten sieht<br />
anders aus.<br />
Vergleiche auch: Thomas Paulwitz,<br />
„FAZ: Nach dem Einknicken<br />
folgt der Sprachpreis“, DSW 28<br />
(2/2007), Seite 4.<br />
ters, Lucky Päcks und andere seiner<br />
Erzeugnisse mit Sprachschrott-<br />
Bezeichnungen ins Gefängnis zu<br />
schicken. Er hätte dann Zeit genug<br />
gehabt, darüber nachzudenken, ob<br />
sie ihn wirklich lustig und glücklich<br />
gemacht oder ihn doch eher entsetzt<br />
hätten. Doch die Möglichkeit ist ihm<br />
nun genommen worden. Schade eigentlich,<br />
meint<br />
Ihr Anglizismenmuffel<br />
Wolfgang Hildebrandt<br />
ehemaliger Schulabteilungsleiter der<br />
Bezirksregierung Hannover: „Sprachverderbnis<br />
– eine Quelle der Heiterkeit?“<br />
– Prof. Dr. Hermann Dieter,<br />
Stellvertretender Vorsitzender des<br />
Arbeitskreises Deutsch als Wissenschaftssprache<br />
(ADAWIS): „Sprachenvielfalt:<br />
Erkennen von Werten<br />
statt wertfreies Erkennen“ – „Haus<br />
der deutschen Sprache in Köthen“ –<br />
Dr. Dietrich Voslamber, Vorstandsmitglied<br />
des Vereins <strong>Deutsche</strong> Sprache:<br />
„Die Stellung der deutschen<br />
Sprache in der Europäischen Union“<br />
– Dr. Georg Winter, Haus der Zukunft,<br />
Hamburg: „Sprechsport macht<br />
Schule“ – Moderierte Diskussion:<br />
„Sprachpflege 2010: Künftige Rolle<br />
und Aufgaben für Sprachvereine“<br />
Weitere Programmpunkte sind geplant.<br />
Das endgültige Tagungsprogramm<br />
wird sowohl auf www.<br />
fruchtbringende-gesellschaft.de veröffentlicht<br />
als auch nach der Anmeldung<br />
zugeschickt.