Industrieanzeiger 03.2024
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TECHNIK «<br />
nen neuer Konturen weder Laptop noch<br />
Software notwendig.<br />
Das erste Exemplar dieser neuartigen<br />
Gesamtlösung wurde von einem großen<br />
mittelständischen Produktionsunternehmen<br />
für den Bereich der Verarbeitung und<br />
Fertigung bestellt. Auslöser für den Auftrag<br />
war ein gar nicht so seltenes Problem:<br />
Eine Teilanlage der Produktionsstraße,<br />
die erst seit 10 Jahren im Einsatz<br />
ist, wurde vom Hersteller bereits wieder<br />
abgekündigt. Die alte Maschine lässt sich<br />
nicht mehr mit vertretbarem Aufwand an<br />
neue Anforderungen anpassen und ist somit<br />
nicht mehr zukunftssicher.<br />
Als Lösung entwickelten Seitec und<br />
SEW-Eurodrive gemeinsam eine einheitliche<br />
Schnittstelle zwischen der Robotersteuerung<br />
mit dem Softwaremodul Movikit<br />
Robotics und der übergeordneten Anlagensteuerung.<br />
Diese Kombination eignet<br />
sich für alle Robotergeometrien vom<br />
Scara- bis zum 6-Achs-Knickarmroboter.<br />
So konnte die Komplexität – im Vergleich<br />
zu herkömmlichen Anlagen dieser Art –<br />
deutlich reduziert werden. Daniel Pfeffer<br />
betont: „Der ganz große Vorteil dieses<br />
Konzepts ist, dass die Positions- und Dynamikwerte<br />
des Roboters für den Pickand-Place-Prozess<br />
über die Visualisierung<br />
der übergeordneten Steuerung einstellbar<br />
sind.“ Damit haben Einrichter der Maschine<br />
bzw. Instandhalter jederzeit die Möglichkeit,<br />
den Produktionsprozess zu optimieren.<br />
Ein gesondertes Bedienpanel oder<br />
spezielle Software sind nicht mehr notwendig.<br />
„Die Lösung von Seitec ermöglicht<br />
auch eine wesentlich höhere Anlagenlebensdauer“,<br />
unterstreicht Pfeffer.<br />
Gründe dafür seien ihr einfacher und modularer<br />
Aufbau aus industriellen Standardkomponenten<br />
sowie der durchgehende<br />
Einsatz von Standardschnittstellen.<br />
Herzstück der Anlage ist derzeit ein Tripod-Roboter<br />
mit zusätzlicher Drehachse,<br />
der je nach Bedarf mit zwei verschiedenen<br />
Greifern ausgestattet wird. Er wird<br />
durch vier Servomotoren der Baureihe<br />
CMP mit PxG-Getrieben in der Ausführung<br />
P5 (für hohe Dynamik) von SEW-Eurodrive<br />
angetrieben. Die Werkstücke werden<br />
im Vorfeld mittels zwei verschiedener<br />
Methoden vereinzelt. Eine Kamera zur industriellen<br />
Bildverarbeitung, die über<br />
Bild: SEW<br />
Das Herzstück der Anlage bildet ein Tripod-Roboter,<br />
hier ohne Verkleidung. Er wird durch CMP-Servomotoren<br />
mit Servo-Planetengetrieben angetrieben.<br />
Ethernet/IP in das Gesamtsystem integriert<br />
ist, erfasst Form und Lage von derzeit<br />
rund 130 unterschiedlichen Werkstücken<br />
auf dem Zuführband. Dieses muss –<br />
dem neuesten Stand der Technik entsprechend<br />
– nicht mehr transparent sein, wodurch<br />
sich Handhabung und Service vereinfachen.<br />
Zudem können das Pick-Band<br />
und das Place-Band in einem beliebigen<br />
Winkel zueinander angeordnet sein.<br />
Das System liefert so die standardisierte<br />
Grundlage für die Kinematik des Pickand-Place-Roboters<br />
mit vier Freiheitsgraden.<br />
„Wir mussten für die extrem unterschiedlichen<br />
Geometrien und Größen ein<br />
System finden, um die Teile zu vereinzeln<br />
und sie dann korrekt handzuhaben“, erläutert<br />
Daniel Pfeffer. Ziel des Kunden<br />
war es, in Vorbereitung auf den nächsten<br />
Arbeitsschritt, mehrere Werkstücke im<br />
Sekundentakt auf einem Warenträger zu<br />
platzieren. Diese Zielvorgaben habe man<br />
mit dem System erreicht.<br />
„Wenn ein neues Werkstück eingelernt<br />
werden soll, wird die Anlage mit Hilfe des<br />
intelligenten Movi-C Controllers UHX65<br />
von SEW-Eurodrive in wenigen Minuten<br />
über das Bedienpanel konfiguriert. Anschließend<br />
speichert man den Prozess als<br />
neues Rezept“, erklärt Christopher Kühn,<br />
der zweite Projektleiter für die Neuentwicklung.<br />
Benötigt der Roboter irgendwann<br />
mehr Freiheitsgrade oder eine andere<br />
Kamera, könnte jede Komponente<br />
dank der nichtproprietären Schnittstellen<br />
einfach gewechselt werden. Sie ließen<br />
sich dann mit Hilfe der bereits im Controller<br />
vorliegenden Kinematikdaten mit<br />
wenig Aufwand in die Anlage integrieren.<br />
„Alles zwischen zwei und sechs Freiheitsgraden<br />
ist möglich“, ergänzt Daniel Pfeffer.<br />
Auch die Zuführbänder mit zehn weiteren<br />
Servomotoren werden durch denselben<br />
Controller gesteuert, der auf diese<br />
Weise bereits intern ein Lagebild der gesamten<br />
Kinematik der Anlage hat. Bis zu<br />
zehn Roboter, 2.000 Produkte und 200<br />
Ablageboxen können verwaltet werden.<br />
„Unser Konzept ließ sich nur mit den<br />
Möglichkeiten des Automatisierungsbaukastens<br />
Movi-C umsetzen“, sagt Daniel<br />
Pfeffer. Die Entwickler heben die unkomplizierte<br />
und rasche Zusammenarbeit mit<br />
SEW-Eurodrive hervor. So entstand eine<br />
schlanke und somit kostengünstige Gesamtlösung.<br />
Bild: SEW<br />
CMP-Servomotoren<br />
mit Servo-Präzisionsgetrieben<br />
der Baureihe<br />
PxG – hier ein Testaufbau<br />
– bewegen den<br />
Tripod-Roboter.<br />
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