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Hsin-Ju Wu: Herausforderungen der kommunalen Altenpflege in Taiwan (Leseprobe)

In der rasch alternden Gesellschaft Taiwans hat der Staat in den letzten Jahren ein kommunales Pflegesystem geschaffen, das vor allem die Alterung vor Ort und das aktive und selbstbestimmte Altern berücksichtigt, so wie es die EU und die WHO vorschlagen. Die kirchlichen Organisationen haben sich aktiv in diesem Pflegesystem engagiert und dabei die Gemeinwesendiakonie und spirituelle Pflege betont. Die Autorin analysiert die Zusammenarbeit zwischen diakonischen Einrichtungen, Kirchengemeinden und öffentlichen Anstalten und erforscht die Stärken und Schwächen der Gemeinwesendiakonie im Bereich der Altenpflege. Die Erfahrungen mit der Altenpflege in Taiwan sind eine hilfreiche Anregung für die Pflegearbeit der Diakonie in Deutschland.

In der rasch alternden Gesellschaft Taiwans hat der Staat in den letzten Jahren ein kommunales Pflegesystem geschaffen, das vor allem die Alterung vor Ort und das aktive und selbstbestimmte Altern berücksichtigt, so wie es die EU und die WHO vorschlagen. Die kirchlichen Organisationen haben sich aktiv in diesem Pflegesystem engagiert und dabei die Gemeinwesendiakonie und spirituelle Pflege betont. Die Autorin analysiert die Zusammenarbeit zwischen diakonischen Einrichtungen, Kirchengemeinden und öffentlichen Anstalten und erforscht die Stärken und Schwächen der Gemeinwesendiakonie im Bereich der Altenpflege. Die Erfahrungen mit der Altenpflege in Taiwan sind eine hilfreiche Anregung für die Pflegearbeit der Diakonie in Deutschland.

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2.1 Biblische Ans;tze und ihre Impulse f7r die kommunale <strong>Altenpflege</strong> 29<br />

S. 100–101). Und <strong>in</strong> dem Gleichnis wird auch nach den Merkmalen des Nächsten<br />

gefragt, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en helfen kann und will, um den universalen Charakter zwischen<br />

Helfenden undHilfsbedürftigen zu kennzeichnen. Die Beziehung zwischen<br />

beiden hängt nur von <strong>der</strong> »Hilfsbedürftigkeit« ab und hat mit den äußerlichen<br />

Eigenschaften nichts zu tun: Religion, Status, ethnischer H<strong>in</strong>tergrund, leibliche<br />

Verwandtschaft, Kultur … usw. Jesus hat die Rolle <strong>der</strong> Helfenden aufgezeigt. Mit<br />

<strong>der</strong> Auslegung im Kontext des LTC 2.0 <strong>in</strong> <strong>Taiwan</strong> werden dieser Universalismus<br />

und das subsidiaritätsorientierte Pflegenetz sehr wichtig: Hilfsbedürftige s<strong>in</strong>d<br />

alle, die Hilfe brauchen, ohne zu fragen, welcher Religion sie angehören und ob<br />

sie Christen werden wollen. Die Pflegearbeit bleibt durch die kommunale Pflegepolitik<br />

nicht nur die Pflicht <strong>der</strong> Familie, son<strong>der</strong>n sie wird aufgrund des universalen<br />

Pr<strong>in</strong>zips auch von Kommune und Staat geme<strong>in</strong>sam getragen. Die e<strong>in</strong>zelnen<br />

Familien und die Pflegebedürftigen werden unterstützt von <strong>der</strong><br />

Institution. Das Pflegenetz wird gestaltet: Der e<strong>in</strong>zelne Helfer wird von <strong>der</strong> Organisation<br />

unterstützt. Die Kirchengeme<strong>in</strong>den werden von den diakonischen<br />

E<strong>in</strong>richtungen fachlich gestärkt (vgl. Kapitel 4und 5).<br />

Johannes Eurich erkennt im Samaritergleichnis vor allem die grenzüberschreitende<br />

Nächstenliebe, die für die Arbeit <strong>der</strong> Diakonie charakteristisch ist.<br />

(Eurich, 2018a, S. 43). Die Geschichte vom Samariter zeigt die auch sonst im<br />

Verhalten Jesu sichtbare »Bewegung zur Entgrenzung, zur Überw<strong>in</strong>dung, zur<br />

Überschreitung sozialer und religiöser Grenzen … Diese Bewegung führt zu e<strong>in</strong>em<br />

Lernweg, <strong>der</strong> auch heute von Kirche und Diakonie immer wie<strong>der</strong> neu zu<br />

gehen ist« (Eurich, 2018a, S. 44). So hat die Diakonie von <strong>der</strong> Bibel zu lernen,dass<br />

sie sich nicht nur um die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> eigenen Kirchezukümmern hat, son<strong>der</strong>n<br />

um alle Menschen. Sie hat die Aufgabe, die »göttliche Liebe <strong>in</strong> die Welt zu br<strong>in</strong>gen,<br />

und zwar gerade zu den Menschen, die an<strong>der</strong>s s<strong>in</strong>d, die außerhalb s<strong>in</strong>d, die auf<br />

<strong>der</strong> Schattenseite des Lebens hausen« (Eurich, 2018a, S.45). Daraus folgt: diese<br />

Perikope ist die biblische Grundlage für die Geme<strong>in</strong>dediakonie, die über die<br />

Kirchengeme<strong>in</strong>de h<strong>in</strong>aus auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> Kommunengeme<strong>in</strong>de tätig ist. In<br />

<strong>Taiwan</strong> wird die Geme<strong>in</strong>dediakonie seit <strong>der</strong> Missionszeit als e<strong>in</strong> Teil <strong>der</strong> Aufgaben<br />

<strong>der</strong> Kirchen verstanden. Sie übt nicht nur die Nächstenliebe aus, son<strong>der</strong>n för<strong>der</strong>t<br />

auch die Inklusion <strong>der</strong> Kirchen <strong>in</strong> die nichtchristliche Gesellschaft und Kultur<br />

(s. Kapitel 3.2). Die Zusammenarbeit zwischen diakonischen E<strong>in</strong>richtungen und<br />

Kirchengeme<strong>in</strong>den wird durch den LTC 2.0 funktional und gezielt geför<strong>der</strong>t,<br />

obwohl die Verknüpfung zwischen beiden Institutionen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Entwicklungsgeschichte<br />

<strong>der</strong> Kirchen <strong>in</strong> <strong>Taiwan</strong> immer sehr eng ist. Das universale Hilfsethos<br />

des Samariters ist e<strong>in</strong> unentbehrliches Element <strong>der</strong> kirchlichen Institutionen<br />

<strong>in</strong> <strong>Taiwan</strong>. Hier spielt auch <strong>der</strong> Calv<strong>in</strong>ismus e<strong>in</strong>e entscheidende Rolle (s. Kapitel<br />

2.2.1).<br />

Für Christen ist die Barmherzigkeit nicht nur freiwillige »Wohltätigkeit«,<br />

son<strong>der</strong>n auch Verantwortung dafür, ob sie selbst jemandem zum Nächsten<br />

werden, wenn sie die Handlungsspielräume haben (Kirchhoff, 2016, S. 53). In

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