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38 FREIZEIT<br />
Tipp<br />
Die Pfahlbauten Unteruhldingen vermittelt<br />
als Freilichtmuseum und Forschungsinstitut<br />
anschaulich mit pädagogischen<br />
und museologischen Mitteln<br />
das Wissen der Archäologie um die<br />
Pfahlbauten. Beim Besuch von original<br />
rekonstruierten Pfahlbauhäusern und<br />
Ausstellungen lässt sich UNESCO Weltkulterbe<br />
hautnah erleben. Das Jahres-<br />
Motto 2024 ist „Haus am See – Wie Pfahlbauer<br />
bauen“. Aktuelle Forschungsergebnisse<br />
werden ab Juni 2024 im neuen<br />
Ausstellungsgebäude präsentiert.<br />
ab 23.03. wieder täglich geöffnet<br />
Pfahlbaumuseum Unteruhldingen<br />
Strandpromenade 6<br />
D-88690 Uhldingen-Mühlhofen<br />
www.pfahlbauten.de<br />
Wasserfläche aus mit Guckkästen nach<br />
unten schauen, ohne dort arbeiten zu<br />
können. Versunkene Schiffe wie etwa<br />
das Salzschiff in Unteruhldingen oder<br />
Einbäume wurden kartiert und zeichnerisch<br />
aufgenommen. Das Netzwerk<br />
bezog auch frühe Untersuchungen<br />
an der italienischen Riviera wie etwa<br />
unter Nino Lamboglia in Albenga oder<br />
Jacques Cousteau bei Cannes mit ein.<br />
Man kannte sich, und neben der Meeresarchäologie<br />
entwickelte sich auch<br />
die Version an den Binnenseen.<br />
Wie ging es am Bodensee weiter?<br />
Prof. Schöbel: Tauchunfälle mit Todesfolge<br />
im Mittelmeer und fehlende<br />
Versicherungen für Tauchkameraden<br />
führten Anfang der 1960er-<br />
Jahre zu einem Aus der Unterwasserforschungsgruppe<br />
Das war der Anfang: Die ersten beiden Pfahlbaurekonstruktionen aus Riedschachen 1922.<br />
Erster Tauchgang am 30.12.1981 durch die Studenten Joachim Köninger,<br />
Martin Kolb und Gunter Schöbel (v.l.n.r.)<br />
Bodensee.<br />
© Pfahlbauten<br />
© Archäo, Matthias Seitz<br />
Man sammelte zwar für die Hinterbliebenen, aber<br />
das Problem war zu groß und unlösbar für eine<br />
unbeschwerte Fortführung der Vereinigung.<br />
In der Schweiz, etwa am Zürichsee, oder in Österreich,<br />
an Atter-, Mond- und Hallstätter See, entwickelten<br />
sich neue Forschergruppen, die die Methode<br />
für die Seen weiterentwickelten. Von dort<br />
aus kamen dann 1980 mit Ulrich Ruoff, unserem<br />
Kollegen der Stadtarchäologie Zürich, auch wieder<br />
die ersten Forschungstaucher an den Bodensee<br />
zurück. Sie untersuchten mit der Denkmalpflege<br />
in Wochenend-Aktionen stichprobenartig<br />
die alten Pfahlbausiedlungen in Bodman oder<br />
Sipplingen. Eine junge Truppe von Archäologen<br />
der Universität Freiburg konstituierte sich und<br />
begann mit dem Denkmalamt Baden-Württemberg<br />
1981 mit Sondagen unter Wasser, von Wangen<br />
am Untersee bis nach Fischbach und Manzell<br />
bei Friedrichshafen. Die großen Siedlungen<br />
Bodman, Sipplingen, Unteruhldingen, Hagnau<br />
konnten mithilfe von Doktorarbeiten untersucht<br />
und vorgelegt werden. In der Schweiz im Kanton<br />
Thurgau entstand eine archäologische Tauchergruppe.<br />
Mit den Kollegen aus Bayern wurden<br />
Siedlungen und Einbäume am Starnberger<br />
See untersucht. Heute gibt es in Baden-Württemberg<br />
und in den Nachbarländern fest angestellte<br />
Taucharchäologinnen und -archäologen, die sich<br />
dieser Aufgabe widmen.<br />
Einen großen Anschub gab es 2011 mit dem<br />
Label des Weltkulturerbes für die Pfahlbauten.<br />
Seither finden regelmäßige Untersuchungen und<br />
jährliche Überprüfungen dieser Stellen statt, die<br />
ja auch etwa durch die Quaggamuschel oder andere<br />
invasive Arten gefährdet sind. Die Pfahlbauten<br />
müssen geschützt werden, damit die in ihnen<br />
liegenden Informationen nicht verloren gehen.<br />
Wie beurteilen Sie heute das Neben- und Miteinander<br />
der Sporttaucher und der archäologischen<br />
Forschungstaucher?<br />
Prof. Schöbel: Das eine ist Freizeitsport und das<br />
andere ist Wissenschaft. Als archäologischer Forschungstaucher<br />
braucht man eine Ausbildung.<br />
Für diesen Job muss man sich qualifizieren und<br />
lernen, damit dann alle Informationen und Quellen<br />
sachgerecht in eine archäologische Interpretation<br />
einfließen können. Wühlereien und Aufsammlungen<br />
ohne Dokumentationen zerstören<br />
Wissen. Das betrifft die Pfahlbauten wie die<br />
Schiffswracks im Bodensee gleichermaßen und<br />
das geht gegen die Ehre der meisten Taucher,<br />
entspricht also nicht dem gewünschten Verhaltenscodex.<br />
Auf der anderen Seite ist das Interesse der<br />
Sporttaucher an solchen Objekten sehr verständlich.<br />
Auch sie wollen erkunden und sehen, ohne<br />
zu zerstören. Dies aber braucht Formen des Miteinanders,<br />
die gefunden werden müssen.