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50 SEERAUM<br />
VON DER SCHRAUBENFABRIK ZUM<br />
KULTURZENTRUM<br />
Nach außen hin blieb<br />
der Backsteinbau<br />
erhalten, das<br />
Eisenwerk ist heute<br />
ein Ort für Kultur,<br />
Arbeiten, Wohnen und<br />
Miteinander<br />
In Frauenfeld kann 2024 ein Jubiläum gefeiert werden. Vor 40 Jahren<br />
wurde die Genossenschaft Eisenwerk gegründet, von einer Gruppe von<br />
Enthusiast*innen, die damals die abrissgefährdete Schraubenfabrik<br />
übernommen und hier das Projekt „Wohnen, Arbeiten, Kultur, Freizeit unter<br />
einem Dach“ angesiedelt hat.<br />
VON STEFANIE GÖTTLICH<br />
Als dem Industriebau 1983 der Abbruch drohte, meldeten<br />
sich aus dem Umfeld der damals noch jungen politischen<br />
Gruppierung „CH Chrampfe & Hirne“ (www.ch-frauenfeld.<br />
ch), die heute zweitstärkste Partei im Frauenfelder Gemeinderat<br />
ist, idealistische Köpfe, die sich für das Eisenwerk stark<br />
machten und 1984 die Genossenschaft Eisenwerk Frauenfeld<br />
gründeten.<br />
Noch im Juni des gleichen Jahres konnten sie die Liegenschaft<br />
von den Von Moos Stahlwerken zum sensationell<br />
günstigen Preis von 1,7 Millionen CHF erwerben, weil<br />
dem Besitzer der Gedanke gefiel, dass das Fabrikgebäude erhalten<br />
bleiben würde. Zwischen 1986 und 1990 erfolgte der<br />
sanfte Umbau der alten Fabrik. Nach außenhin blieb der<br />
Backsteinbau erhalten, im Inneren ist bis heute das tragende<br />
Eisenskelett sichtbar. Neue Wände wurden in Kalksandstein<br />
eingebaut und sind somit klar vom alten Gemäuer zu<br />
unterscheiden.<br />
Die Kosten für den Umbau trug zum Teil die Genossenschaft<br />
mit 10 Millionen CHF Investitionen. Die Realisierung<br />
des Projekts wäre aber ohne die Unterstützung von Bund,<br />
Kanton und der Gemeinde Frauenfeld nicht zustande gekommen.<br />
Unter einem Dach<br />
Seither ist viel passiert. So ist es gelungen, das alte Industriegebäude<br />
in Mehrfachnutzung lebendig zu erhalten und über<br />
die Jahre hinweg stetig weiter zu gestalten. Im Eisenwerk<br />
wird der aktuelle städtebauliche Trend der Mischnutzung<br />
von Quartieren mit einer sozialen und wirtschaftlichen<br />
Durchmischung bereits seit 1988 gelebt. Umgeben von üppigem<br />
Grün ist das alte Fabrikgelände ein schöner Ort zum<br />
Leben und Arbeiten. 15 Wohnungen – vom Einzimmerappartement<br />
bis zum großen Loft – bieten derzeit 35 Menschen<br />
ein Zuhause. Wert wird auf eine bunte Mieter*innenstruktur<br />
ARCHITEKTONISCHES SCHMUCKSTÜCK<br />
Die Genossenschaft Eisenwerk ist für die Umnutzung des<br />
Industriedenkmals mehrfach ausgezeichnet worden,<br />
unter anderem mit dem Architekturpreis 1980-1990 der<br />
Ostschweizer Architekturverbände, dem Schweizer Heimatschutzpreis<br />
1991 und mit einem UNESCO-Preis.<br />
Mit seiner Grundfläche von 7.819 Quadratmetern und<br />
einem Gebäudeinhalt von 27.000 Kubikmetern ist das<br />
Eisenwerk ein eindrückliches Beispiel von Industriearchitektur.<br />
Es besteht aus einem typischen Eisenskelettbau<br />
und Sichtbackstein mit einer Dachlandschaft aus Walm-<br />
, Shed- und Flachdächern. Interessanterweise wurde die<br />
Anlage in erster Linie nach architektonischen Gesichtspunkten<br />
erbaut. So ist der Stil der ehemaligen Schraubenfabrik<br />
eher vom Jugendstil und dem englischen Landhausstil<br />
inspiriert denn von technisch-rationalen Kriterien.