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TE KW 11

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Im Mittelpunkt steht das Kindeswohl<br />

SOS-Kinderdorf hilft Familien bei der Bewältigung von Krisen – weitere Betreuungsplätze für Eltern-Kind-Wohnen benötigt<br />

75 Jahre SOS-Kinderdorf. Seit der Gründung haben sich die Gesellschaft<br />

und damit auch die Anforderungen verändert. Über die letzten<br />

Jahre ist beispielsweise die Prävention immer wichtiger geworden.<br />

Seit 1. Jänner 2024 leitet Christian Murer das SOS-Kinderdorf Imst.<br />

Er bringt jahrelange Erfahrung in der mobilen Familienarbeit mit und<br />

will nun auch in Imst einen starken Fokus auf Prävention legen.<br />

Von Martin Grüneis<br />

Es gibt viele Faktoren, die Familien<br />

unter Druck setzen können. Krieg<br />

und Teuerung, aber auch der zunehmende<br />

Medienkonsum können die<br />

Psyche belasten. Kommen zusätzliche<br />

Probleme wie Arbeitslosigkeit,<br />

Krankheit oder Trennung hinzu,<br />

kann das ganze Gefüge ins Wanken<br />

geraten. Kinder sind davon besonders<br />

betroffen. „Wir bemerken, dass in der<br />

aktuellen krisenbehafteten Zeit Eltern-Sein<br />

immer schwieriger geworden<br />

ist. Wenn Familien in schwierige<br />

Lebenslagen geraten, heißt das aber<br />

nicht automatisch, dass Kinder von<br />

ihren Eltern getrennt werden müssen“,<br />

so der neue SOS-Kinderdorfleiter<br />

Christian Murer. „Solange keine<br />

akute Gefahr für das Kind besteht,<br />

gibt es vielfältige Möglichkeiten, Familien<br />

individuell zu unterstützen,<br />

sodass sich Eltern stabilisieren und<br />

weiterhin gut für ihre Kinder sorgen<br />

können.“<br />

FOKUS AUF PRÄVENTION.<br />

Laut Kinder- und Jugendhilfestatistik<br />

2022 waren in Tirol 857 Kinder und<br />

Jugendliche in voller Erziehung betreut,<br />

also fremduntergebracht (plus<br />

fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr).<br />

Alarmierend ist, dass die Zahl<br />

erneut steigt und nicht sinkt. SOS-<br />

Kinderdorf setzt seit Jahren stark auf<br />

Prävention. Familien erhalten die<br />

Die Haussammlung startet-<br />

Türen und Herzen öffnen<br />

für Menschen in der Region<br />

Foto: SOS-Kinderdorf<br />

Not sehen.<br />

Andrea Worsch, pädagogische Leitung<br />

Eltern-Kind-Wohnen: „Hauptaugenmerk<br />

ist das Kindeswohl.“<br />

notwendige Unterstützung, um stabil<br />

zu bleiben und sogar gestärkt aus Krisen<br />

hervorzugehen. „Wir sehen es als<br />

unsere gesellschaftliche Aufgabe an,<br />

Familien in Krisen zur Seite zu stehen.<br />

Denn die Eltern bleiben immer die<br />

Eltern und spielen eine wichtige Rolle<br />

im Leben der Kinder“, so Murer. Unterstützung<br />

gibt es zum Beispiel im<br />

Rahmen des Eltern-Kind-Wohnens.<br />

Hier ziehen ganze Familien in eine<br />

Wohnung von SOS-Kinderdorf. Dort<br />

werden sie im Alltag von einem Team<br />

an Pädagogen und Familienberatern<br />

für einen Zeitraum von bis zu zwei<br />

Jahren in allen Belangen unterstützt.<br />

So soll es gelingen, dass die Familien<br />

zusammenbleiben und langfristig<br />

wieder ein eigenständiges Leben füh-<br />

Spenden: IBAN AT79 3600 0000 0067 0950<br />

caritas-tirol.at/spenden<br />

Jetzt<br />

spenden!<br />

Foto: Ruben Lackner<br />

SOS-Kinderdorf setzt den Fokus verstärkt auf Familienhilfe. Im Bild: Andrea<br />

Worsch, pädagogische Leiterin des Eltern-Kind-Wohnens, und der neue Leiter<br />

des SOS-Kinderdorfes Imst, Christian Murer.<br />

RS-Foto: Grüneis<br />

ren können. Die Betreuung orientiert<br />

sich an den individuellen Bedürfnissen<br />

der Familien. Im Fokus steht<br />

vor allem auch die Mutter-Kind bzw.<br />

Vater-Kind-Interaktion. „Hauptaugenmerk<br />

ist das Kindeswohl“, erklärt<br />

Andrea Worsch, pädagogische Leitung<br />

Eltern-Kind-Wohnen.<br />

ES WERDEN MEHR PLÄTZE<br />

BENÖTIGT. In Imst ist 2016 die<br />

erste Familie eingezogen. Aktuell<br />

werden sechs Familien im Rahmen<br />

des Eltern-Kind-Wohnens betreut<br />

und aufgrund des großen Bedarfs<br />

wurden auch in Innsbruck zwei Plätze<br />

geschaffen. „Es sind leider derzeit<br />

zu wenig Plätze“, verrät Worsch. Die<br />

Warteliste ist lange (zurzeit neun Familien).<br />

In Imst bestünde die Möglichkeit,<br />

zwei weitere Plätze einzurichten.<br />

„Das wäre ganz wichtig“, sagt<br />

die pädagogische Leiterin des Eltern-<br />

Kind-Wohnens. Diesbezüglich sei<br />

SOS-Kinderdorf bereits in Verhandlungen<br />

mit der öffentlichen Hand.<br />

HILFE ZU HOLEN ZEUGT<br />

VON STÄRKE UND NICHT VON<br />

SCHWÄCHE. Noch immer ist auch<br />

die Hemmschwelle für Eltern groß,<br />

sich professionelle Hilfe zu holen.<br />

„Wir machen häufig die Erfahrung,<br />

dass sich Eltern schämen, wenn sie<br />

es aktuell nicht allein schaffen. Uns<br />

ist wichtig, dass Familien wissen: Es<br />

gibt Hilfe und Hilfe anzunehmen ist<br />

eine Stärke, keine Schwäche. Wir wollen<br />

Schutz und Sicherheit bieten, um<br />

Kindern ein Wachsen und Gedeihen<br />

zu ermöglichen und Familien eine<br />

selbstbestimmte Zukunft ermöglichen“,<br />

so Andrea Worsch. „Die Erweiterung<br />

des Eltern-Kind-Wohnens<br />

ist ein erster wichtiger Schritt, um<br />

Foto: SOS-Kinderdorf<br />

Christian Murer, der seit 1. Jänner<br />

2024 das SOS-Kinderdorf in Imst<br />

leitet, hat 2015 in der Ambulanten<br />

Familienarbeit (AFA) als Pädagoge<br />

begonnen. Seit Jänner 2022 war er<br />

gemeinsam mit René Huber Pädagogischer<br />

Leiter der AFA Tirol. Der zweifache<br />

Vater ist zudem ausgebildeter<br />

Coach und Supervisor.<br />

Familien unter Druck noch besser<br />

entlasten zu können.“<br />

SOS-KINDERDORF IMST. Insgesamt<br />

werden 43 Kinder und Jugendliche<br />

sowie sechs Familien (im Eltern-<br />

Kind-Wohnen) in Imst betreut. Die<br />

Angebote umfassen mehrere Wohngruppen<br />

für Kinder und Jugendliche<br />

sowie Klein-WGs und SOS-Kinderdorffamilien.<br />

In der Krisenwohngruppe<br />

finden Kinder und Jugendliche in<br />

akuten Krisen ein vorübergehendes<br />

Zuhause, um abzuklären, was das Beste<br />

für das jeweilige Kind in der Situation<br />

ist. Im Betreuten Wohnen werden<br />

Jugendliche in eigenen Trainingswohnungen<br />

in die Selbstständigkeit begleitet.<br />

Seit März 2022 finden auch rund<br />

40 Kinder und Jugendliche gemeinsam<br />

mit ihren Begleitpersonen aus<br />

einer Betreuungseinrichtung in der<br />

Ukraine im SOS-Kinderdorf Imst ein<br />

stabiles Zuhause.<br />

RUNDSCHAU Seite 32 13./14. März 2024

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