Leseprobe 2_2024
Ausgabe 2_2024 des BIOGAS Journals, herausgegeben vom Fachverband Biogas e.V.
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AKTUELLES BIOGAS JOURNAL | 2_<strong>2024</strong><br />
„Bei den Humusbildungsmechanismen<br />
hat die RLW<br />
ein großes Potenzial“<br />
Dr. Gernot Bodner<br />
den<br />
Prof. Dr. agr. Verena<br />
Wurzelraum<br />
pumpen.<br />
Haberlah-Korr<br />
Da die RLW sehr<br />
bodenmikrobiologisch<br />
zentriert ist, ist die Ernährung<br />
des Bodenmikrobioms so zentral.<br />
Darum immergrüne Pflanzen auf dem<br />
Feld haben, die Photosynthese betreiben.<br />
Das Abgeben der Assimilate wird auch<br />
als Liquid-Carbon-Pathway nach der australischen<br />
Wissenschaftlerin Dr. Christine<br />
Jones bezeichnet.<br />
Der US-amerikanischer Wissenschaftler<br />
Noah W. Sokol von der School of Forestry<br />
and Environmental Studies der Yale Universität<br />
habe 2019 veröffentlicht, dass<br />
dieser wassergelöste Kohlenstoff der<br />
Treiber für den Humusaufbau ist. Bei den<br />
Assimilaten, die die Wurzeln ausscheiden,<br />
handele es sich im Wesentlichen um<br />
Glucose, Aminosäuren und organische<br />
Säuren, die mikrobiell verstoffwechselt<br />
werden. Es ist sozusagen der invivo-Pfad<br />
des Humusaufbaus. Bodner berichtete<br />
von eigenen Untersuchungen auf RLW-<br />
Pionierbetrieben, die Humussteigerungsraten<br />
von bis zu 15 Prozent erreicht<br />
hätten. Auf leichten Böden könne<br />
mehr Humus aufgebaut werden<br />
als auf schweren Böden.<br />
Der Liquid-Carbon-Pathway (LCP),<br />
der der in Wasserextrakt messbare<br />
Kohlenstoff ist, sei um 30<br />
Prozent gestiegen – durch den<br />
vermehrten Anbau von Zwischenfrüchten<br />
und Untersaaten, weil die<br />
tief assimilieren würden. Bodner: „Bei<br />
den Humusbildungsmechanismen hat<br />
die RLW ein großes Potenzial. Beim Ökolandbau<br />
ist es die organische Düngung<br />
und bei der konservierenden Landwirtschaft<br />
ist es vor allem die Schonung des<br />
Aggregathumus. Der LCP ist der wichtigste<br />
Hebel zur Humusmehrung.“<br />
Der Unterschied zwischen Biolandwirtschaft<br />
und konventioneller Landwirtschaft<br />
zeige sich vor allem in Landschaften,<br />
die wenig natürliche Strukturen<br />
hätten. Das bedeute, je kleinstrukturierter<br />
eine Landschaft sei, umso mehr<br />
verschwinde dieser Unterschied. Auf<br />
der Landschaftsebene existiere ein ganz<br />
entscheidender Hebel für mehr Biodiversität.<br />
Seine eigenen Versuche hätten im<br />
Hinblick auf Kohlenstoffveränderungen,<br />
um Faktoren zu quantifizieren, ergeben:<br />
Die Artenvielfalt ist gleich Artenzahl in<br />
der Fruchtfolge. Die Zwischenfrüchte<br />
hätten einen wesentlichen Erklärungsfaktor<br />
geliefert für die Steigerung der<br />
Humusgehalte.<br />
Laut Bodner ist das Wichtigste, das<br />
Pflanzen wachsen und Photosynthese<br />
betreiben. Pflanzen sind die Primärproduzenten.<br />
Ohne Pflanzen lebt kein Ökosystem.<br />
„Alles, was im Boden vorkommt,<br />
sind im Wesentlichen Organismen, die<br />
gefüttert werden müssen. Pflanzen sind<br />
der Startpunkt für mehr Bodenbelebung.<br />
Die Vielfalt der Pflanzen hat einen gewissen<br />
Zusatznutzen in den Bodenwirkungen.<br />
Beim Humus gehen wir davon aus,<br />
dass diversere Pflanzenbestände eine<br />
größere Vielfalt an organischen Stoffen in<br />
den Boden pumpen und somit eine größere<br />
Vielfalt an Bodenmikroben hervorbringen,<br />
was zusammen humusmehrend<br />
wirkt“, machte Bodner aufmerksam.<br />
RLW und Pflanzenschutz<br />
Frau Prof. Dr. agr. Verena Haberlah-Korr<br />
von der Fachhochschule Südwestfalen in<br />
Soest referierte zum Thema „Integrierter<br />
Pflanzenschutz – Baustein der Regenerativen<br />
Landwirtschaft“. Auch sie stellte<br />
die fünf Prinzipien der RLW vor und ging<br />
anschließend der Frage nach, welchen<br />
Einfluss diese auf den Pflanzenschutz<br />
haben. Bei der Direktsaat mit möglichst<br />
wenig Bodenbewegung sieht sie eine<br />
Schnittstelle.<br />
„Ich muss mir über meine Unkrautregulierung<br />
Gedanken machen. Mit Mulchauflagen<br />
aus organischen Material zu arbeiten,<br />
ist eine Möglichkeit“, erläuterte die<br />
Wissenschaftlerin. Bei der dauerhaften<br />
Bodenbedeckung – ob es jetzt Zwischenfrüchte<br />
oder Beisaaten sind –, das seien<br />
grüne Brücken, in denen Pilze konserviert<br />
werden beziehungsweise Virosen überdauern<br />
könnten. Mäuse und Schnecken<br />
müssten kontrolliert werden, da diese<br />
sich darin wohlfühlen würden.<br />
Weite Fruchtfolgen empfahl sie, da sie<br />
Fruchtfolgekrankheiten minderten. Auf<br />
dem Versuchsgut der Hochschule in<br />
Soest wird seit über 30 Jahren pfluglos<br />
gewirtschaftet. Die Fruchtfolge besteht<br />
aus acht Gliedern, Leguminosen sind<br />
auch enthalten. Auf dem Betrieb wird<br />
das sogenannte Soester Pflanzenbaukonzept<br />
umgesetzt, das aus den 90er Jahren<br />
stammt. „Das Konzept beinhaltet schon<br />
die permanente Bodenbedeckung durch<br />
Begrünungssysteme und Mulchwirtschaft“,<br />
ließ die Professorin einblicken.<br />
Mais-Direktsaat in Roggen<br />
Für den eigenen Betrieb hätten sie sich<br />
eine Messerwalze nach dem Vorbild des<br />
Roller Crimpers des Rodale Instituts in<br />
den USA gebaut. Diese spezielle Walze<br />
wird im Roggen in der Blüte eingesetzt.<br />
Zu früh geknickte Zwischenfrüchte stehen<br />
wieder auf und wachsen weiter. Die<br />
Pflanzen werden an den Boden gedrückt<br />
und mehrfach geknickt. Die Biomasse<br />
ergibt eine ergiebige Mulchschicht. In<br />
Soest wird zum Beispiel in Versuchen<br />
Mais in Direktsaat in den liegenden Roggen<br />
gesät.<br />
Auch zwei Monate nach dem Walzen ist<br />
der Boden zwischen den Maisreihen noch<br />
sehr gut bedeckt. So wird die Wasserverdunstung<br />
gemindert, die Wasserinfiltration<br />
erhöht und Wind- beziehungsweise<br />
Wassererosion vorgebeugt. Die Maisdirektsaat<br />
in den gewalzten Roggen verursachte<br />
in den Versuchen 30 bis 37 Prozent<br />
weniger Ertrag im Vergleich zur<br />
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