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Leseprobe 2_2024

Ausgabe 2_2024 des BIOGAS Journals, herausgegeben vom Fachverband Biogas e.V.

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BIOGAS JOURNAL | 2_<strong>2024</strong><br />

POLITIK<br />

Biogas Journal: Herr Fell, gesetzt den Fall, es gelänge<br />

zum ursprünglichen System zurückzukehren,<br />

würde dies auch der Biogasbranche wieder Aufwind<br />

verschaffen?<br />

Hans-Josef Fell: Ja natürlich, die Ausschreibungen<br />

sind das Instrument, das die bürgerlichen Investitionen<br />

aussperrt. Weil die Hürden, einen Zuschlag<br />

zu bekommen, so exorbitant hoch sind. Es sind die<br />

Bürokratie, die hohen Planungsaufwendungen und<br />

vieles mehr, so dass viele Akteure verzagt aufgeben.<br />

Wir sehen es ja bei den Ausschreibungen für die<br />

Biogas-Altanlagen: Zuschläge gibt es kaum, weil fast<br />

keine Bewerbungen da sind.<br />

Biogas Journal: Könnte man dies allein bundesweit<br />

regeln oder bräuchte man dazu die EU?<br />

Fell: Natürlich ist es immer gut, auf europäischer<br />

Ebene für Mehrheiten zu sorgen. Aber man kann es<br />

auch auf nationaler Ebene schaffen. Profitieren würden<br />

alle neuen und auch die repowerten Altanlagen,<br />

wenn man sie in ein neues EEG überführt, das nur<br />

stromfinanziert ist, so wie wir es damals eingeführt<br />

haben.<br />

Biogas Journal: Hier liegt also der Schlüssel zum<br />

Erfolg?<br />

Fell: Die Umlage auf den Strompreis haben wir damals<br />

bewusst gemacht, denn Finanzminister blockieren<br />

meist, wenn sie steigende Steuerausgaben<br />

fürchten. Deswegen wollten wir die EEG-Finanzierung<br />

nie im Steuerhaushalt haben. Wenn wir neue<br />

und repowerte Anlagen wieder über den Strompreis<br />

finanzieren, dann wäre dies auch keine Beihilfe<br />

mehr und der Einfluss der EU-Kommission wäre<br />

gering. Wenn ein Bundeskanzler endlich stärker in<br />

Brüssel auftritt und sagt, wir wollen kein Erdöl und<br />

Erdgas, sondern heimische Energiequellen und solche<br />

zentralen Rahmenbedingungen einfordert, dann<br />

könnte er offene Ohren finden.<br />

Biogas Journal: Das heißt, da muss nur der politische<br />

Wille da sein?<br />

Fell: Der politische Wille muss da sein, aber er muss<br />

auch induziert werden von den gesellschaftlichen<br />

Akteuren. Und da sehe ich auch keine Kraft bei den<br />

Erneuerbare-Energien-Verbände. Sie fordern eben<br />

nicht die Abschaffung der hemmenden Ausschreibungen<br />

und der Steuerfinanzierung, obwohl genau<br />

das die einst erfolgreichen Bürgerenergien massiv<br />

ausbremst.<br />

Es gilt, große Linien zu fordern: Abschaffung der<br />

Ausschreibungen, zurück zu einer modernen Einspeisevergütung.<br />

Sie kann und muss modernisiert<br />

werden in Richtung einer Kombikraftwerksvergütung.<br />

Biogas Journal: Was meinen Sie damit im Detail?<br />

Fell: Damit meine ich eine Einspeisevergütung, die<br />

man denen gibt, die systemdienlich einspeisen. Und<br />

das können die Investoren nur, wenn sie einen Mix<br />

aus Erneuerbaren Erzeugern und Speichern haben.<br />

Gerade flexibel geführte Biogasanlagen können helfen,<br />

die Schwankungen von Sonne und Wind auszugleichen.<br />

Es gibt keine bessere Stimulanz für den<br />

weiteren kraftvollen Ausbau.<br />

Biogas Journal: Was sind die wichtigsten Änderungen,<br />

die gegenüber dem ursprünglichen EEG vorgenommen<br />

werden müssten?<br />

Fell: Der große Erfolg des EEG 2000 begründete<br />

sich unter anderem in der gesetzlich festgelegten<br />

Einspeisevergütung und einer EEG-Umlage, die nur<br />

aus dem Strompreis finanziert wurde - nicht aus<br />

Steuergeld und Strombörsenerlösen. Die fossil-atomaren<br />

Stromkonzerne haben genau gegen diese erfolgreichen<br />

zwei Elemente lobbyiert und es durchgesetzt,<br />

zum Schaden des einst erfolgreichen Ausbaus<br />

der Bürgerenergien.<br />

Biogas Journal: Welche Voraussetzungen müssten<br />

geschaffen werden, um dafür im Bundestag eine<br />

Mehrheit zu finden?<br />

Fell: Jetzt wäre es Aufgabe des BEE und anderer<br />

Verbände einzufordern, zu diesen erfolgreichen Elementen<br />

zurückzukehren. Auch Klimaschutzorganisationen<br />

sollten sich endlich mit diesen fundamentalen<br />

Grundlagen beschäftigen, denn 100 Prozent<br />

Erneuerbare Energien bis 2030 ist der Kern eines<br />

erfolgreichen Klimaschutzes.<br />

Biogas Journal: Wie schätzen Sie die Chancen ein, in<br />

absehbarer Zeit eine solch grundlegende Gesetzesänderung<br />

hinzubekommen?<br />

Fell: Wenn Verbände, Unternehmen, Politiker solche<br />

großen notwendigen Gesetzesänderungen einfordern,<br />

dann können die unter Kanzlerin Merkel geschaffen<br />

Ausbaubremsen wieder beseitigt werden.<br />

Es braucht dafür wieder den Mut und die Kraft der<br />

Gesellschaft, so wie wir es unter Rot-Grün im Jahre<br />

2000 mit dem EEG erfolgreich gegen den Widerstand<br />

der Kohle- und Atomlobby taten.<br />

Biogas Journal: Herr Fell, vielen Dank für das Gespräch!<br />

Autor<br />

Dr. Martin Frey<br />

Fachjournalist<br />

Fachagentur Frey · Kommunikation für Erneuerbare Energien<br />

Lilienweg 13 · 55126 Mainz<br />

0 61 31/61 92 78-0<br />

mf@agenturfrey.de<br />

www.agenturfrey.de<br />

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