Leseprobe 2_2024
Ausgabe 2_2024 des BIOGAS Journals, herausgegeben vom Fachverband Biogas e.V.
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POLITIK<br />
BIOGAS JOURNAL | 2_<strong>2024</strong><br />
INTERVIEW<br />
„Biogas gewinnt als Winterbiogas<br />
einen ganz neuen, weitaus<br />
höheren Stellenwert für die<br />
heimische Versorgungssicherheit“<br />
Im Gespräch mit Dr. Thomas Griese, Vorstandsmitglied des Landesverbandes Erneuerbare Energien (LEE)<br />
Nordrhein-Westfalen (NRW) e.V. über den mangelnden Zubau neuer Biogasanlagen in Verbindung mit<br />
schlechten rechtlichen Rahmenbedingungen.<br />
Interviewer: Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />
Zur Person:<br />
Dr. Thomas Griese, geboren 1956 im westfälischen<br />
Soest als Kind einer Landwirtfamilie,<br />
ist seit Mai 2021 stellvertretender<br />
Vorsitzender des Landesverbandes Erneuerbare<br />
Energien NRW. Der promovierte<br />
Jurist war zuvor unter anderem in den<br />
Jahren 1995 bis 2005 als Staatssekretär<br />
im Ministerium für Umwelt, Raumordnung<br />
und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-<br />
Westfalen sowie in den Jahren 2011 bis<br />
2020 im gleichen Amt für das Ministerium<br />
für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten<br />
in Rheinland-Pfalz tätig.<br />
Biogas Journal: Herr Dr. Griese, in Nordrhein-Westfalen<br />
sind etwa 1.140 Biogasanlagen<br />
in Betrieb, die verlässlich<br />
Strom, Wärme und sogar auch Kraftstoff<br />
produzieren. Wie groß ist das Biogaspotenzial<br />
in Ihrem Bundesland und warum<br />
wird es nicht gehoben?<br />
Dr. Thomas Griese: Wie groß das Biogaspotenzial<br />
in NRW ist, weiß derzeit niemand<br />
genau. Das Landesamt für Natur,<br />
Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV)<br />
hat zuletzt 2014 die Potenziale der Biomasse<br />
in einer Potenzialstudie ermittelt,<br />
sprich vor gut zehn Jahren. Nach einer<br />
Biogas-Anhörung im Landtag, die Anfang<br />
2023 stattgefunden hat, haben die beiden<br />
Regierungsfraktionen von CDU und<br />
Grünen einen Entschließungsantrag an<br />
die Landesregierung gestellt, die landesweiten<br />
Biogas-Potenziale zu untersuchen.<br />
Die Ergebnisse liegen noch nicht<br />
vor. Das ist aber kein Grund, die Hände<br />
in den Schoss zu legen.<br />
Auch wenn wir noch keine genauen Zahlen<br />
haben, wissen wir, dass es ein großes<br />
ungenutztes Potenzial gibt. Dafür nur<br />
zwei Belege: Das Deutsche Biomasseforschungszentrum<br />
(DBFZ) hat ermittelt,<br />
dass 46 Prozent der bisher erdgasbasierten<br />
flexiblen Stromerzeugung durch eine<br />
umfassende Flexibilisierung der vorhanden<br />
Biogasanlagen ersetzt werden kann.<br />
Und von dem bundesweit in den Haushalten<br />
anfallenden Bioabfall wird nur die<br />
Hälfte getrennt erfasst und wiederum<br />
nur die Hälfte davon wird in Biogasanlagen<br />
verwertet. Das bedeutet: Viel mehr<br />
Biogas ist möglich, ohne dass ein einziger<br />
zusätzlicher Hektar Mais angebaut<br />
werden müsste.<br />
Biogas Journal: Die schwarz-grüne Landesregierung<br />
hat sich aber in ihrem<br />
Koalitionsvertrag ganz klar zum Ausbau<br />
Erneuerbarer Energien bekannt. Welche<br />
Gründe gibt es noch, weshalb in Düsseldorf<br />
nicht eine verstärkte Biogasnutzung<br />
auf der Agenda steht?<br />
Dr. Griese: Fakt ist, dass sich die NRW-<br />
Landesregierung schwerpunktmäßig um<br />
die Wind- und Solarenergie kümmert.<br />
Durchaus mit beachtlichem Erfolg. Der<br />
Ausbau der Windenergie ist zwar noch<br />
ein gutes Stück von den Zahlen entfernt,<br />
die sich Schwarz-Grün selbst zum Ziel<br />
gesetzt haben, aber nach den Jahren der<br />
politisch gewollten Flaute steigen die<br />
Zahlen der Genehmigungen und der installierten<br />
Anlagen. Bei der Solarenergie<br />
hat es im vergangenen Jahr mehr als eine<br />
Verdoppelung bei den Neuinstallationen<br />
gegeben. Deshalb, so unsere Hoffnung,<br />
gibt es nun Luft, auch endlich den Ausbau<br />
der Biogasnutzung in den Fokus zu<br />
nehmen. Die Wärmewende in NRW ist<br />
ohne eine stabile Basis bei der Biogasnutzung<br />
nicht möglich. Der Biogasbranche<br />
bei uns im Land wäre sehr mit einem<br />
Abbau von bürokratischen Hürden sowie<br />
mit einem gezielten Förderprogramm für<br />
eine forcierte Flexibilisierung und den<br />
Umbau zu Biomethanlagen geholfen.<br />
Biogas Journal: Wird die Umsetzung der<br />
kommunalen Wärmeplanung die Errich-<br />
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