Leseprobe: Goldenes Eichenlaub Teil II
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Hausämtli und Taschengeld<br />
Schon sehr früh musste Matthias täglich zwischen anderthalb und zwei Stunden<br />
im bäuerlichen Betrieb helfen. Der Aufgabenbereich war äusserst vielfältig und<br />
beinhaltete beispielsweise das Milchgeschirr zu waschen, den Laufhof der Kühe<br />
zu reinigen und die Kaninchen zu hegen und pflegen. Eine Mithilfe beim Heuen<br />
gehörte zur Selbstverständlichkeit. Doch dabei gab es eine erfreuliche Nuance:<br />
«Wenn es richtig schönes Wetter war, durften wir ab und zu in die Badi und<br />
konnten unsere Arbeit mit dem Heurechen gegen Abend erledigen.»<br />
Auch zum Thema Melken hat Matthias eine Anmerkung zu machen: «Ich war<br />
in der Tat kein guter Melker. Bei mir kam es immer wieder vor, dass einzelne<br />
Milchtropfen daneben gingen. Ich war einfach zu ungeduldig.» Die Mutter attestiert<br />
Matthias mit Überzeugung, dass er alle anfallenden Arbeiten stets weitgehend<br />
gut und zuverlässig ausführte. Es kam äusserst selten vor, dass er seine<br />
Pflichten zu locker nahm. In solchen Fällen hiess die Strafe immer: Der Besuch<br />
im Schwingkeller wird gestrichen – eine hochwirksame Methode.<br />
Klar geregelt war die Sackgeldproblematik. Die Burschen durften mit einem<br />
Franken pro Woche und Schuljahr rechnen. Auf die Frage, in was Matthias sein<br />
«Vermögen» investiert hatte, kommt die Antwort schnell und klar: «Eigentlich in<br />
nichts Schlaues, konkret: in unterschiedliche Arten von Schleckzeug.»<br />
Alleine ein Zimmer und … ordnungsliebend?<br />
Bis Matthias in die fünfte Klasse kam, musste er das Zimmer mit zwei Brüdern<br />
teilen. Das war an und für sich kein Problem, weil der Älteste den Ton angab und<br />
die Jüngeren zu gehorchen hatten. Dann erhielt Matthias sein eigenes Reich und<br />
war in Bezug auf Ordnung mittelmässig. Beispielsweise legte er seine Kleider in<br />
den Wäschekorb, wie er sie eben abgezogen hatte. Das war jedoch keinesfalls im<br />
Sinne der Mutter und so lagen die nicht ordentlich abgegebenen Kleider postwendend<br />
wieder ungewaschen in seinem Zimmer.<br />
Beim Thema Poster will Matthias anfänglich nicht so richtig ausrücken. Mit der<br />
Zeit ist ihm doch zu entlocken, dass damals die deutsche Band Rammstein ganz<br />
gross in Mode war. Rock und Metal, so laut wie möglich, war Trumpf. Und die<br />
bodenständigen Ländlermusik-Klänge? «Wenn wir mit dem Vater im Auto unterwegs<br />
waren, lief nonstop Ländlermusik. Er war klar der Radiochef und liess als<br />
Respektsperson diesbezüglich nicht mit sich reden. Ehrlich gesagt hat mich das<br />
nicht gross gestört.»<br />
Erziehungsgrundsätze<br />
Ausufernde Predigten musste sich das Buben-Quartett zu diesem Thema nicht<br />
anhören. Die Eltern lebten vor, wie sie es gerne haben wollten. Im Klartext heisst<br />
das, dass man stets anständig mit den Leuten umgeht, nach dem Essen den Teller<br />
abräumt und sich dankbar zeigt. Einen Satz mussten die Burschen jedoch mehrmals<br />
hören: Was du nicht willst, darfst du auch von anderen nicht verlangen.<br />
Mutter Heidi: «Matthias war ein ruhiger und pflegleichter Knabe. Ich kann mich<br />
mit dem besten Willen nicht daran erinnern, dass er uns Eltern speziell genervt<br />
hätte.»<br />
Matthias hingegen weiss genau, dass die Mutter dieses Szenario durch die wohlwollende<br />
Brille sieht. Er ergänzt: «Einmal spielten wir im Tenn, währenddem<br />
42 Matthias Aeschbacher