Programmheft herunterladen - Münchner Philharmoniker
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Italiener, vorgenommen hatte, ein dezidiert<br />
deutsches Repertoire zu entwickeln: Schumann,<br />
Brahms, Wagner, Hindemith. Oder<br />
Paavo Järvi, mit dem wir eine russischskandinavische<br />
Linie um Schostakowitsch<br />
erarbeitet haben. Dabei bin ich ganz bewusst<br />
auch Risiken eingegangen, etwa in<br />
Richtung zeitgenössischer Musik oder mit<br />
der Verpflichtung des sehr jungen Finnen<br />
Mikko Franck, der ein ganz wunderbarer<br />
Künstler ist und einen sehr guten Zugang<br />
zum Orchester gefunden hat. Da haben wir<br />
nach Celibidache, der ja leider sehr viele<br />
Dirigenten schlicht aus München vergrault<br />
hatte, eine ganze Palette junger Musiker<br />
zusammengestellt, die zu einem neuen<br />
Markenzeichen des Orchesters wurde.<br />
Sie wollten also vor allem mehr Pluralität<br />
anstelle der monolithischen Programmatik<br />
Celibidaches.<br />
Gellermann: So ist es. Wenn man heute zur<br />
Klasse der weltweiten Top-Orchester gehören<br />
will, muss man diese Form der Vielseitigkeit<br />
und Internationalität für sich akzeptieren<br />
und pflegen. Die Aufgabe eines<br />
öffentlich subventionierten Orchesters kann<br />
nicht sein, nur die Ideen eines Einzelnen<br />
umzusetzen. Es muss im Orchester so viel<br />
kreativer Spielraum und künstlerische<br />
Kapazität verfügbar sein, dass es, neben<br />
dem Chefdirigenten, auch auf andere interessante<br />
Dirigenten und Solisten reagieren<br />
kann. Erst dann spreche ich von einem<br />
wirklich professionellen Orchesterbetrieb.<br />
Alles andere kann man, bei entsprechender<br />
Probenarbeit, auch von einem Jugendorchester<br />
erwarten. Professionalität liegt in<br />
der schnellen Reaktionsfähigkeit und Flexibilität,<br />
im Einstellen auf unterschiedliche<br />
künstlerische Einflüsse.<br />
Auf welche Programme sind Sie persönlich<br />
besonders stolz?<br />
Gellermann: Ich glaube, unser Strauss-<br />
Zyklus zum 50. Todestag des Komponisten<br />
im Jahre 1999 war sehr gelungen, auch der<br />
Beethoven-Schönberg-Zyklus 2002/2003.<br />
Für diese Saison haben wir ja auch den<br />
Preis des Deutschen Musikverlegerverbandes<br />
für das beste Programm der Saison<br />
erhalten. Gelungen heißt bei mir, wenn es<br />
möglich ist, in einem Programm spannungsreiche<br />
Gegensätze und neuartige<br />
Beziehungen herzustellen.<br />
Was wird bleiben von der Ära Levine?<br />
Gellermann: Eben die programmatische<br />
Vielfalt. Und die konzertante Oper. Ein Orchester,<br />
das nur sinfonisch tätig ist, wird<br />
auch die Möglichkeit verlieren, am Abend<br />
sehr schnell auf sängerische Freiheiten zu<br />
reagieren. Andererseits kann es eine Frische<br />
und Unverbrauchtheit einbringen, die man<br />
im regulären Opernorchester oft vergeblich<br />
sucht. Außerdem ist es für die Spieler eine<br />
unglaubliche Bereicherung und Erfrischung,<br />
wenn sie die Detailarbeit der Sinfonik einmal<br />
im Jahr auf eine Oper übertragen<br />
können. Bei den Berliner <strong>Philharmoniker</strong>n<br />
haben wir uns jedes Jahr wahnsinnig auf<br />
die Salzburger Osterfestspiele gefreut.<br />
Ist Ihnen das Publikum auf Ihrem Weg<br />
gefolgt?<br />
Gellermann: Ich erhalte gerade zur Zeit Zuschriften<br />
und werde häufig in den Pausen<br />
von Abonnenten angesprochen, die danken<br />
wollen für die vielen neuen, unbekannten<br />
Werke, die sie in den vergangenen Jahren<br />
bei uns erleben konnten. Auf eine sehr<br />
gute Akzeptanz deuten auch die Abonnentenzahlen<br />
hin. Durch die Steigerung der<br />
Zahl der Konzerte – wir geben heute in<br />
einer Saison in München etwa 90 Konzerte,<br />
so viel wie die Berliner <strong>Philharmoniker</strong> –<br />
und auch durch die Einführung zweier neuer<br />
Aboreihen konnten wir 34 Prozent mehr<br />
Abonnenten gewinnen. Wir liegen zur Zeit<br />
bei etwa 16.000 Abonnenten. Ein historischer<br />
Höchststand war mit fast 17.000<br />
Abonnenten in der Saison 2002/2003 erreicht.<br />
Natürlich gab es Leute, die uns auf<br />
unserem Weg nicht gefolgt sind. Es gab<br />
böse Briefe. Aber das ändert nichts daran,<br />
dass die Erneuerung nötig und richtig war.<br />
Ein Orchester vom Format der <strong>Philharmoniker</strong><br />
muss nun mal bei Bruckner ebenso<br />
zu Hause sein wie bei Bartók, Schönberg<br />
oder Trojahn.<br />
Nicht wenige hätten es gerne gesehen,<br />
wenn James Levine in München stärker<br />
präsent gewesen wäre...