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mo. 04.02.2013 - Rondo

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Klassik CDs<br />

4siven<br />

impulsen und Widerhaken, aber auch<br />

mit diesem gleißenden Cantabile der solo-<br />

Violine ist dieses Werk ein Paradebeispiel<br />

für Gubaidulinas konstruktive spiritualität,<br />

der man sich nicht entziehen kann.<br />

Kornemanns Klavierklassiker<br />

»Alte« Klaviermeister auf neuen CDs.<br />

Matthias Kornemann stellt sie vor.<br />

28 RONDO 3/2012<br />

Guido Fischer<br />

Jake Heggie<br />

DEAD MAN WALKiNG<br />

Joyce DiDonato,<br />

Measha Brueggergosman,<br />

Frederica von Stade, Philip Cutlip,<br />

Patrick Summers,<br />

Chor und Orchester der Houston<br />

Grand Opera<br />

Virgin/EMI 6024632<br />

(2 CDs, 142 Min., 1-2/2011)<br />

Die Oper zum Film über das Buch der wah-<br />

ren Begebenheit – so ließe sich »Dead Man<br />

Walking« von Jake Heggie auf einen kurzen<br />

Nenner bringen. im Jahr 2000 hat die san<br />

Francisco Opera dieses Auftragswerk zur –<br />

höchst erfolgreichen – Uraufführung gebracht,<br />

und dieser Erfolg war so nachhaltig,<br />

Wer sich rauschende Dokumente aus ferner Vergangen-<br />

heit antut, ist nicht selten getrieben von der Neugier,<br />

zu erfahren, wie etwa Chopin oder Liszt gespielt haben<br />

könnten. Manche »Quellen« mögen trügerisch sein, aber<br />

es gibt tatsächlich diese seltenen, glaubhaften Botschaf-<br />

ter aus einer verstummten Epoche. Moriz rosenthal,<br />

1862 geboren, nahm Unterricht bei Mikuli, dem schü-<br />

ler Chopins. sein zweiter Lehrer war dann Liszt selbst...<br />

Als sei das nicht Glücks genug, sind schon seine frühesten Aufnahmen, Walzer und<br />

Mazurken von 1928, von verblüffender Klangqualität (und phänomenal remastered).<br />

Die Botschaft aus der Vergangenheit verlangte eine ausführliche übersetzung. Von<br />

der Konzeption des Chopinschen rubatos über die Phrasierung bis zu den unerhört<br />

freien inneren Temporelationen begegnet man einer verlorenen Welt, bezaubernd<br />

und auch etwas fremdartig.<br />

Moriz Rosenthal – The complete recordings (5 CDs, APR/Codaex APR<br />

7503)<br />

Noch abenteuerlicher sind die verwehten Tonspuren des<br />

»Mysteriums von Kairo«. ignaz Tiegerman, exzentrischer<br />

schüler des großen Virtuosenschmiedes Leschetitzky,<br />

strandete 1933 auf der Flucht vor den Nazis in Ägypten,<br />

wo er ein weltabgewandtes salonleben aufnahm,<br />

als sei die Belle époque noch nicht ganz vorüber. Er ging<br />

nie wieder fort, unterrichtete höhere Töchter und vollverschleierte<br />

Musliminnen, ertrug tutende und krat-<br />

dass die Houston Grand Opera rund zehn<br />

Jahre später eine Neuproduktion in Angriff<br />

nahm, die jetzt als Live-Mitschnitt vorliegt.<br />

Die europäischen Gralshüter der zeitgenössischen<br />

Musik mögen über ihre transatlantischen<br />

Kollegen ob deren vermeintlicher<br />

Anbiederung an den Publikumsgeschmack<br />

die Nase rümpfen, bis sie krumm bleibt. Tatsache<br />

ist, dass die Opern von Us-Komponisten<br />

vor vollen Häusern gespielt werden<br />

und es keinen Mangel an hochkarätigen Gesangsstars<br />

für die Hauptrollen gibt, weil diese<br />

für und nicht gegen die menschliche<br />

stimme geschrieben sind.<br />

Das trifft auch auf Jake Heggie und<br />

»Dead Man Walking« zu, ein bühnenwirksames<br />

Werk mit dankbaren Gesangspartien,<br />

die den solisten (zumal der weiblichen<br />

Hauptdarstellerin) zwar einiges abverlangen,<br />

sie gleichzeitig aber in bestem Licht<br />

erscheinen lassen. Nach susan Graham<br />

hat nun Joyce DiDonato die umfangreiche<br />

rolle der sister Helen Prejean übernommen<br />

und stellt erneut klar, dass sie auch außerhalb<br />

von Händel und rossini Großartiges<br />

leistet. Philip Cutlip zeigt einen vielschichtigen<br />

Mörder, ebenso hart wie empfindsam,<br />

man verfolgt seine schon rein auf vokaler<br />

Ebene glaubhaft vermittelte innere Veränderung<br />

fasziniert. Als seine Mutter ist mit<br />

Frederica von stade auch ein Mitglied der<br />

Uraufführungsbesetzung dabei, die Partie<br />

wurde damals speziell für sie geschrieben,<br />

mit ihr und in dieser inszenierung hat sie<br />

sich von der Bühne verabschiedet. Und mit<br />

Patrick summers steht zudem derjenige am<br />

Pult, der das Werk vor zwölf Jahren aus der<br />

Taufe gehoben hat. Michael Blümke<br />

Historical Organs Of<br />

The Philippines<br />

VOL. 1 BOHOL (LOAy,<br />

LOBOC, BACLAyON) –<br />

WErKE VON VALENTE,<br />

DE TOrrEs y VErGArA,<br />

BrUNA, BAGUér,<br />

ELiAs u. a.<br />

Guy Bovet<br />

Gallo/Klassik Center GAL-CD-1361<br />

(71 Min., 2/2011)<br />

Es gibt sicher eine Menge Gründe, auf die<br />

Philippinen zu reisen – doch die dortige<br />

Orgellandschaft dürfte auch für musikalische<br />

Touristen und selbst hartnäckige Orgel-Aficionados<br />

nicht dazu gehören. sieht<br />

man dann noch die Fotos der Gerümpelhaufen<br />

aus verbeulten Pfeifen und wurmstichigem<br />

Holz, aus denen das innere vieler<br />

historischer philippinischer Orgeln vor<br />

zende ägyptische Orchester – eins überrolte er mit seinem »Powerplay« im zweiten<br />

Brahmskonzert förmlich –, oder warf für staunende Besucher lässig die Terzenetüde<br />

auf elendem Flügel hin. Durch den schleier des rundfunkrauschens samt arabischer<br />

Wortfetzen muss sich unser Hören eine Chopinsche h-Moll-sonate rekonstruieren, deren<br />

alles mitreißender Elan uns die schrecken eines zerstörten Klangbildes irgendwann<br />

vergessen lässt. Einiges, etwa eine schlichtweg vollkommene Version des Brahmsschen<br />

h-Moll-Capriccios, ist auch für den Nicht-Archäologen eine Freude.<br />

Masters of Chopin (3 CDs, Arbiter/Musikwelt ARB 158)<br />

Als hätte die EMi es geahnt, wurde diese sammlung zum<br />

Denkmal für den kürzlich verstorbenen Alexis Weissenberg.<br />

Es ist eigenartig, dass Weissenbergs Kunst in ihrer<br />

alles sentiment provozierend ausbrennenden schärfe<br />

und schnörkellosigkeit, ihrer architektonischen Klarheit<br />

und ihrem raubtierhaften Zugriff in einer Epoche, in der<br />

Neo-Plüsch à la Lang Lang wieder in Mode ist, ihr kühles<br />

Verstörungspotential bewahrt hat, das die Kritiker damals<br />

so in rage brachte. Wir haben Gelegenheit, es als<br />

Qualität wiederzuentdecken in pianistisch wie aufnahmetechnisch einsamen Gipfelleistungen<br />

wie rachmaninoffs Zweitem und den Franck-Variationen, sekundiert von<br />

Karajan und den Berlinern.<br />

Icon - Alexis Weissenberg (10 CDs, EMI 6790862)<br />

Eine überraschende Zugabe: Wussten sie, dass Dirigentenlegende<br />

Bruno Walter ein fabelhafter Pianist war? Unerhört<br />

herrisch peitschte er 1938 die Wiener Philhar<strong>mo</strong>niker durch<br />

das d-Moll-Konzert von Mozart, das er vom Flügel aus leitete.<br />

Eine Art »Urszene« für dirigierende spieler. Einen solchen<br />

Finale-reißer legte aber keiner wieder hin.<br />

Icon – Bruno Walter (9 CDs, EMI 6790262)<br />

ihrer restaurierung bestand, dann möchte<br />

man Guy Bovets Projekt einer klingenden<br />

Enzyklopädie der historischen philippinischen<br />

Orgellandschaft für eine ausgemachte<br />

schnapsidee halten.<br />

Das Gegenteil ist der Fall: Zumindest auf<br />

der insel Bohol, so zeigt Vol. 1 des Projekts,<br />

hat die lokale Orgellobby ganze Arbeit geleistet.<br />

Die nach iberischem Vorbild gebauten<br />

Orgeln von Loay (1841), Loboc (vor 1850)<br />

und Baclayon (1824) überraschen mit einer<br />

geteilten Tastatur, wie sie für die melodieorientierte<br />

iberische Orgelmusik typisch ist.<br />

Die ausgesprochene Farbigkeit der register<br />

dürfte dabei gerade auch heidnischen Orgelmuffeln<br />

spaß bereiten – zumal Guy Bovet<br />

mit Lust Gebrauch von fröhlich schmetternden<br />

Trompetenregistern, ätherischen<br />

Glashar<strong>mo</strong>nikaeffekten, dumpfen Trommeln<br />

und tropischem Vogelgezwitscher<br />

macht. Auch die stückauswahl ist durchaus<br />

populär, denn Bovet greift vor allem auf<br />

volkstümlich angehauchte Tänze, sonaten<br />

und rondos iberischstämmiger Komponisten<br />

des 18. und frühen 19. Jahrhunderts<br />

zurück, von denen die meisten in den Philippinen<br />

oder doch zumindest in übersee wirkten.<br />

Bei aller Farbigkeit driftet er dabei nie in<br />

Effekthascherei ab, sondern belebt die melodischen<br />

Linien mit einer glasklaren, feinsinnigen<br />

und historisch informierten Phrasierung.<br />

Egal auf welche südseeinseln Bovet<br />

seine Expedition noch führen wird – es lohnt<br />

sich, ihm zu folgen. Carsten Niemann

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