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Thomas stand mitten im Leben. Dann kam der<br />

Krebs. Der Kampf gegen ihn ist noch nicht zu<br />

Ende. Und doch sagt Thomas heute: „Ich bin<br />

froh, dass es passiert ist“<br />

Drei Wochen nach meinem 41. Geburtstag stürzte meine Welt<br />

ein. „Sie müssen ins Krankenhaus. Blasentumor!“, sagte meine<br />

Urologin. Ich und ein Tumor? Zum letzten Mal im Krankenhaus<br />

war ich mit 14. Seitdem hatte ich keine schweren Krankheiten<br />

oder Unfälle mehr. Ich war mir sicher: Jemand wie ich<br />

bekommt keinen Tumor. Ich mache Sport, ernähre mich gesund,<br />

rauche nicht – und jetzt das. Mir wurde schwindelig. Langsam<br />

breitete sich in meinem Kopf ein fi eses Stechen aus. Ich zitterte.<br />

Vor der Praxis erste Telefonate übers Handy: Freundin, Eltern,<br />

Geschwister. Sie reagierten geschockt. Die Anteilnahme tat gut.<br />

Daheim brach ich in Tränen aus.<br />

Ich war wütend – warum traf es ausgerechnet mich? Ich hatte<br />

Angst – würde ich sterben? Hilfl os und ohnmächtig fühlte<br />

ich mich. Wahrscheinlich merkte man es mir gar nicht an: Ich<br />

kam mir vor wie ein Aussätziger. Doch ich spürte auch eine seltsame<br />

Ruhe. Sie signalisierte mir: Wenn nichts mehr ist wie vorher,<br />

kann das eine Chance sein. Wollte ich nicht schon seit langem<br />

weniger arbeiten? Das Leben mehr genießen? Ein Ehrenamt<br />

annehmen? Doch zuerst mussten andere Entscheidungen getroffen<br />

<strong>werden</strong>. Welches Krankenhaus, wann. Im Job, bei einer bekannten<br />

Werbeagentur, Bescheid geben. Und dann lag ich in einer<br />

Klinik. Ein modernes, sauberes Gebäude. Aber trotzdem<br />

unheimlich. Mit Pfl egerinnen, die mich nach meinen Wünschen<br />

fragten. Mit Ärzten, die im Gespräch demonstrativ auf die Uhr<br />

blickten, gerade so, als müssten sie zeigen, für wie überfl üssig sie<br />

die Kommunikation mit Patienten hielten. Ich fand trotz Schlafmittel<br />

nachts kaum Ruhe.<br />

Nach der Operation: Der Anblick des Plastikbeutels, in dem<br />

sich mein blutiger Urin sammelte, schockte mich. Doch das war<br />

nichts gegen den Schock, den mir kurz darauf der Chefarzt versetzte.<br />

„Wir haben den Tumor entfernt. Es kann aber gut sein,<br />

dass sich Krebszellen in die Blasenwand und darüber hinaus<br />

ausgebreitet haben. Warten wir mal den Befund ab. Na ja, notfalls<br />

müssen wir die ganze Blase entfernen“, verkündete er trocken.<br />

Und weg war er. Ich fühlte mich gedemütigt. Um mich<br />

persönlich schien es nicht zu gehen. Nur um Daten, aus denen<br />

Schlüsse gezogen wurden. „Hallo! Ich bin ein Mensch!“, hätte<br />

ich dem Arzt gern hinterhergerufen. Mein Herz raste. Panisch<br />

griff ich zum Telefon. Ich brauchte beruhigende Worte. Hoffnung.<br />

Anteilnahme. Empathie. Eine Stunde später waren meine<br />

Freundin und meine Eltern da. Wir weinten zusammen. Und sie<br />

machten mir Mut. Drei Tage danach wurde ich entlassen. Körperlich<br />

fühlte ich mich nicht schlecht, aber meine Psyche war angeknackst.<br />

Ich war ein anderer. Und doch der Alte. Nur eben einer<br />

mit bösartigem Blasenkrebs – denn das kam beim Befund<br />

heraus. „Was kann ich tun?“, fragte ich die Weißkittel. Schulterzucken.<br />

„Ach, leben Sie weiter wie bisher.“ Woher kommt diese<br />

Gleichgültigkeit gegenüber einem individuellen Schicksal und<br />

die Ignoranz von Erkenntnissen über Selbstheilungskräfte? Eine<br />

Woche später saß ich wieder vor meiner Fachärztin. Sie schaute<br />

mehr in ihren Computer als in meine Augen und warf mit Fachausdrücken<br />

um sich. Auf Nachfragen reagierte sie pampig. „Ich<br />

habe nicht die Zeit, Ihnen alles genau zu erklären!“<br />

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