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Jahresbericht 2010 - Diakonie Bayreuth

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<strong>Jahresbericht</strong> <strong>2010</strong><br />

Foto: Florian Krohn


Vorwort<br />

1<br />

„Das Erscheinungsbild von Aids wird von den medizinischen Fortschritten<br />

bestimmt. Mit der erfolgreichen antiretroviralen Therapie wird die HIV-Infektion<br />

zunehmend zu einer chronisch behandelbaren Erkrankung. Einfachere Therapie-<br />

Schemata erleichtern Betroffenen die konsequente Einnahme und die<br />

Nebenwirken können oftmals gut eingegrenzt werden. Medizinische Optionen<br />

werden auch für die Prävention diskutiert“.<br />

Diese optimistische Einführung des Sachberichts sollte auch unsere Jahresbilanz<br />

<strong>2010</strong> bestimmen. Und während wir den Text so übernehmen wird uns die dunkle<br />

Seite von Aids drastisch vor Augen geführt. Vor wenigen Wochen war das Team<br />

der Aidsberatungsstelle bei der Beerdigung einer Klientin, die wir über lange<br />

Jahre begleitet haben. Wir haben ihren Kampf mit dem HI-Virus, mit der Aids-<br />

Erkrankung, miterlebt, die Höhen und Tiefen, die medizinischen Komplikationen,<br />

die Erfolge und Rückschläge. Und nicht zuletzt auch die vielen alltäglichen<br />

Stolpersteine: Die Orientierung im Behördendschungel, der Spagat zwischen<br />

Grundsicherung und den Kosten, die vom Gesundheitssystem nicht (mehr)<br />

übernommen werden, der Umgang mit „dummen Sprüchen“, die<br />

Auseinandersetzung mit Ausgrenzung und Diskriminierung. Sie ist mit diesen<br />

vielfältigen Belastungen erstaunlich offen umgegangen, war in all dem Chaos<br />

eine starke Frau und hat sich als „junge Oma“ - soweit es im Rahmen ihrer<br />

Möglichkeiten stand - liebevoll um ihre Enkelkinder gekümmert.<br />

Diese Geschichte ist auch ein Mosaikstein im heutigen Aidsbild, ein Bild das von<br />

hellen, hoffnungsvollen und dunklen Farben bestimmt wird. Offensichtlich ist es<br />

schwer, beide Seiten zusammen zu beschreiben und dabei sowohl auf<br />

Dramatisierung und wie auf Banalisierung zu verzichten.<br />

Foto: Barbara Herbst<br />

Das tägliche Pilleneinmaleins: Aids ist mehr als eine<br />

medizinischeErkrankung – die psychischen Auswirkungen, in der<br />

Partnerschaft, im Freundeskreis und Arbeitsplatz, sind eine stetige<br />

Herausforderung und kosten Kraft und Energie.


2<br />

In Deutschland gab es nach Angaben des Robert-Koch-Insituts (Berlin) im Jahr<br />

<strong>2010</strong> keine nennenswerte Veränderung bei der Gesamtzahl der HIV-<br />

Neudiagnosen. Nach einem stetigen Anstieg in den letzten Jahren hat sich die<br />

Rate inzwischen auf einem hohen Niveau stabilisiert. Mit 2928 neuen Meldungen<br />

liegt die Zahl nur leicht über der des Vorjahrs. Im Vergleich zum Jahr 2001 hat<br />

sich die Zahl jedoch mehr als verdoppelt.<br />

Auch Oberfranken ist kein weißer Fleck auf der Aids-Landkarte. Im<br />

Berichtszeitraum haben 615 Menschen Kontakt zur Aids-Beratungsstelle<br />

Oberfranken aufgenommen, davon 86 Männer und Frauen mit bekanntem HIVpositivem<br />

Testergebnis. Bemerkenswert ist - im Vergleich zur bundesweiten<br />

Statistik – die unterschiedliche Gewichtung innerhalb der einzelnen<br />

Betroffenengruppen. Wir registrieren – wie in anderen bayerischen<br />

Flächenbezirken auch – einen höheren Frauen-Anteil bei den Menschen mit<br />

HIV/Aids (ca. 30 %). Der Anteil der Männer, die Sex mit Männern haben (ca. 45<br />

%), ist im Vergleich zu den großstädtischen Zentren hingegen geringer, darf aber<br />

auch in ländlichen Regionen nicht aus dem Blickfeld verschwinden.<br />

Generell ist der Tabuisierungsdruck nach wie vor hoch. Ein „positves Outing“<br />

findet aus unterschiedlichen Gründen nur selten statt. Kaum jemand kennt einen<br />

HIV-positiven Kollegen, Nachbarn. Die Information bleibt als Geheimnis in der<br />

Familie, in der Partnerschaft oder im engsten Freundeskreis. Manchmal weiß nur<br />

der behandelnde Arzt vom Positiv-Sein bzw. die Aidsberatung bleibt der einzige<br />

Schonraum, in dem die Betroffenen sich offen austauschen. Im Alltag<br />

verschwindet das Thema Aids dann oftmals hinter einer Maske.<br />

Umso wichtiger ist es, Aids weiterhin zum Thema zu machen, ein realistisches<br />

Bild zu zeichnen. Wir hoffen, dass die vorliegende Aids-Bilanz Oberfranken hierzu<br />

einen Beitrag leisten kann. Ein Anliegen, das auch die Broschüre „Der lange Weg<br />

– Leben mit HIV und Aids heute“ verfolgt. In dieser Broschüre haben die drei<br />

diakonischen Aidsberatungsstellen in Bayern gemeinsam mit dem Aids-Referat<br />

des Diakonischen Werks Bayern, Menschen mit HIV/Aids aus <strong>Bayreuth</strong>, Bamberg,<br />

Nürnberg und Passau das Wort gegeben. Sie geben Einblick in ihre seelische<br />

Situation vom Leben mit HIV und regen damit auch zum Nachdenken an.<br />

Niemand würde gerne mit den Protagonisten der Broschüre tauschen, d.h.<br />

Prävention bleibt wichtig und es gibt viele Gründe sich vor HIV zu schützen.<br />

„Den Leuten ist nicht klar, HIV ist – wenn du’s hast – immer da. Ich<br />

würde mir einen einzigen Tag wünschen, an dem ich nicht an Aids<br />

denken muss“<br />

Joachim*, 35, HIV-Diagnose 2005 (*Name wurde verändert)<br />

_____________________________________________________________________________________<br />

Anmerkung: Die Broschüre wurde inzwischen auch textgleich von der Landeszentrale für Gesundheit in<br />

Bayer e.V. übernommen und kann unter www.lzg-bayern.de/lzg/bestell/index.htm bestellt werden


3<br />

1. AUSGANGSSITUATION UND RAHMENBEDINGUNGEN<br />

1.1. Standort der Beratungsstelle und die regionale<br />

Versorgungsstruktur<br />

Die Aids-Beratungsstelle Oberfranken hat ihren Hauptsitz in <strong>Bayreuth</strong> und<br />

unterhält eine weitere Dienststelle in Bamberg. Das Zuständigkeitsgebiet – der<br />

Regierungsbezirk Oberfranken – ist durch seine dezentrale Struktur<br />

gekennzeichnet (mit den weiteren kreisfreien Städten Hof und Coburg und den<br />

Landkreisen Kronach, Kulmbach, Lichtenfels, Forchheim und Wunsiedel im<br />

Fichtelgebirge). Oberfranken als Flächenbezirk ist größtenteils ländlich geprägt.<br />

Die Bevölkerung ist in hohem Maße kirchlich eingebunden (49,3 % evangelisch,<br />

45,9 % katholisch) Mit über 1 Million Einwohner leben in der Region 8.% der<br />

bayerischen Bevölkerung. Diese Rahmenbedingungen bestimmen und prägen<br />

unsere Arbeit.<br />

Im Vergleich zum Großraum Nürnberg und München weist das Versorgungsnetz<br />

für Menschen mit HIV/Aids bei uns nach wie vor Lücken auf. Oberfranken ist -<br />

neben Niederbayern - einer der wenigen Bezirke in Bayern, die keine eigene<br />

Immunambulanz unterhalten. Die nächsten Fachstellen befinden sich in<br />

Nürnberg und Erlangen. Auch HIV-Schwerpunktpraxen, die in der<br />

ambulanten Versorgung eine zentrale Rolle einnehmen, befinden sich im<br />

Großraum Nürnberg-Fürth. In <strong>Bayreuth</strong> hat sich aber inzwischen eine<br />

internistische Praxis den HIV-Schwerpunkt mit aufgenommen. Für die meisten<br />

Menschen mit HIV/Aids in Oberfranken heißt das aber noch immer, dass sie für<br />

eine spezialisierte Behandlung oftmals lange Anfahrtswege in Kauf nehmen<br />

müssen. Diese hohe Hürde kann nur von einem Teil besonders motivierter<br />

Patienten überwunden werden und ist vor allem für Menschen mit<br />

gesundheitlichen Einschränkungen kaum zumutbar. Bei den raschen<br />

medizinischen Fortschritten und den wechselnden Therapieempfehlungen sind<br />

die niedergelassenen Ärzte vor Ort ein wichtiges Bindeglied zwischen<br />

Patienten und Schwerpunktpraxis bzw. Immunambulanz. Nur wenige Arzt-Praxen<br />

in unserer Region stellen sich darauf ein, eigenständig die komplexe<br />

therapeutische Versorgung zu übernehmen. Die primäre Steuerungsfunktion<br />

muss von den erfahrenen Ärzten übernommen werden. Wissenschaftliche<br />

Studien bestätigen einen signifikanten Zusammenhang zwischen Erfahrung des<br />

behandelnden Arztes, Einsatz neuer therapeutischer Strategien, Anzahl der<br />

behandelten Patienten und der durchschnittlichen Lebenserwartung.<br />

Die stationäre medizinische Versorgung erfolgt punktuell in den jeweiligen<br />

Krankenhäusern vor Ort. Eigene Pflege- und Wohnprojekte gibt es in<br />

Oberfranken nicht. Die nächste Wohngruppe für HIV-Infizierte wird von unseren<br />

Kollegen in Würzburg getragen (Psychosoziale Aids-Beratungsstelle der Caritas).<br />

In Nürnberg bietet die Aidsberatung Mittelfranken (Stadtmission) und die<br />

Aidshilfe Nürnberg „Betreutes Einzelwohnen“ an.<br />

Die Hospizarbeit in Oberfranken hat in den letzten Jahren eine rasante<br />

Entwicklung erfahren: Die Palliativstation am <strong>Bayreuth</strong>er Klinikum (in enger<br />

räumlicher und fachlicher Kooperation mit dem Hospizverein <strong>Bayreuth</strong>) und im


4<br />

Kulmbacher Krankenhaus, das Altbert-Schweitzer-Hospiz in <strong>Bayreuth</strong><br />

(Trägergemeinschaft Diakonisches Werk, Hospizverein, Hospiz-Stiftung) und das<br />

bestehende Hospiz-Haus in Bamberg unterstreichen die ermutigenden<br />

Fortschritte, die hier gemacht worden sind. Die Qualifizierung und Fortbildung<br />

der MitarbeiterInnen wird u.a. über die Hospiz-Akademie in Bamberg<br />

sichergestellt. Hospizvereine gibt es neben <strong>Bayreuth</strong> und Bamberg auch in<br />

Kulmbach, Coburg, Forchheim, Hof, Kronach und Naila.<br />

Die Testberatung und –durchführung ist in erster Linie Aufgabe der<br />

Landratsämter - Abteilung Gesundheitswesen (früher „Gesundheitsamt“).<br />

Diese bieten den Test kostenlos und anonym an. Mit den Gesundheitsämtern<br />

haben sich erfreuliche kooperative Strukturen entwickelt. Diese sind<br />

insbesondere bedeutsam für die Entwicklung und Durchführung gemeinsamer<br />

Präventionsprojekte. In der Vernetzungsarbeit erfahren wir auch Unterstützung<br />

durch die Regierung Oberfranken, für die wir sehr dankbar sind.<br />

Das soziale Klima im ländlich strukturierten Oberfranken wird stärker als in den<br />

großstädtischen Zentren von sozialer Kontrolle bestimmt. Das höhere Potenzial<br />

an sozialer Unterstützung und Einbindung ist andererseits auch eng verbunden<br />

mit Ausgrenzungsdruck und Tabuisierung von Themen, die nicht in das<br />

vorgegebene Schema passen. Aufgrund dieser Rahmenbedingungen ist es nicht<br />

leicht, stabile Selbsthilfesysteme für Menschen mit HIV/Aids aufzubauen bzw.<br />

aufrecht zu erhalten. Frühere Initiativen hatten oftmals keine lange Lebensdauer.<br />

Inzwischen besteht jedoch eine stabile Positiven-Gruppe, die sich einmal im<br />

Monat trifft (ca. 8 -10 Männer und Frauen). Diese themenzentrierte Gruppe wird<br />

von Hauptamtlichen begleitet. Hier treffen sich Menschen im geschützten Raum,<br />

um Erfahrungen auszutauschen und Kontakte zu knüpfen („Mut haben – Mut<br />

machen“). Wir unterstützen weiter die Positiven-Selbsthilfe mit<br />

unterschiedlichen Maßnahmen, z.B. mit eigenen Veranstaltungen für Menschen<br />

mit HIV/Aids und/oder Ermutigung der Teilnahme an den bundesweiten<br />

Positiven-Treffen und Aids-Kongressen.<br />

Für die schwul-lesbische bzw. bisexuelle Szene ist Oberfranken<br />

offensichtlich kein einfaches Pflaster. Der Sog der Großstadt Nürnberg erschwert<br />

das Entstehen von kommerziellen Szene-Treffpunkten und Selbsthilfenetzen. Die<br />

Entwicklung ist jedoch in den oberfränkischen Städten sehr unterschiedlich. In<br />

Bamberg haben wir z.B. mit Uferlos und der Jugendgruppe UferlosYoung<br />

verlässliche Ansprechpartner. Diese Gruppen wirken auch als Multiplikator und<br />

sind für uns wichtige Kooperationspartner im Präventionsbereich. In Bamberg<br />

sind die Aidsberatung und Uferlos gemeinsam unter dem Dach der ProFamilia zu<br />

finden.


1.2. Allgemeine Angaben zur Beratungsstelle<br />

Träger:<br />

Diakonisches Werk - Stadtmission <strong>Bayreuth</strong> e.V. Tel.:0921-7542-0<br />

Kirchplatz 5, 95444 <strong>Bayreuth</strong> Fax:0921-7542-30<br />

www.diakonie-bayreuth.de<br />

Anschriften: Öffnungszeiten:<br />

Hauptstelle <strong>Bayreuth</strong><br />

5<br />

Aids-Beratungsstelle Oberfranken Montag - Freitag 08.30 -13.00 Uhr<br />

Friedrich-von-Schiller-Straße 11 1/2<br />

95444 <strong>Bayreuth</strong> Montag - Donnerstag 14.00 -17.00 Uhr<br />

Tel.: 0921-8 25 00<br />

FAX: 0921-22 082 64<br />

Email: aids-beratung@diakonie-bayreuth.de - www.aidsberatung-oberfranken.de<br />

Außenstelle Bamberg<br />

Aids-Beratungsstelle Oberfranken<br />

Willy-Lessing-Str. 16,<br />

96047 Bamberg<br />

Tel.: 0951-2 79 98<br />

FAX: 0951-20 80 570<br />

Email: aids-beratung-bamberg@diakonie-bayreuth.de<br />

Zusätzliche Termine sind nach Vereinbarung möglich.<br />

Räumliche Ausstattung<br />

Die Aids-Beratungsstelle Oberfranken verfügt in der Hauptstelle über<br />

2 Beratungszimmer, 1 Zimmer Sekretariat/Teeküche, 1 Gruppenraum,<br />

und in der Dienststelle Bamberg über<br />

1 Beratungszimmer, 1 Gruppenraum (gemeinsame Nutzung mit Pro Familia)<br />

Hauptberufliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen<br />

Hermann Schuster, Dipl.-Psychologe,<br />

Leiter der Beratungsstelle<br />

40 Wochenstunden<br />

Martina Höll, Dipl.-Sozialpädagogin<br />

40 Wochenstunden<br />

Dagmar Käß, Verwaltungsangestellte<br />

30 Wochenstunden<br />

Georg Huber, Dipl.-Pädagoge<br />

40 Wochenstunden


Ehrenamtliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen<br />

Zurzeit 12 Frauen und Männer<br />

Finanzierung<br />

6<br />

Die Aidsberatungsstelle wird vom Land Bayern gefördert (StMUG, Bayerisches<br />

Ministerium für Gesundheit und Umwelt; 100% Personalkosten/Pauschale).<br />

Die Sachkosten werden vom Träger, dem Diakonischen Werk <strong>Bayreuth</strong> bzw.<br />

von der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche getragen. Der Bezirk<br />

Oberfranken beteiligt sich an den Sachkosten pro hauptamtliche Mitarbeiter-<br />

Stelle mit einer Pauschale.<br />

1.3. Medizinische Fortschritte – HIV-Therapie und medizinische<br />

Prävention<br />

Auf die medizinischen Fortschritte haben wir bereits im Vorwort hingewiesen. Die<br />

Entwicklung – von der Monotherapie bis hin zur hochaktiven antiretroviralen<br />

Kombinationstherapie (HAART) – ist tatsächlich beeindruckend. Die HIV-<br />

Erkrankung wird behandelbar, ist aber immer noch nicht ursächlich heilbar.<br />

Das Thema Heilung wird bei medizinischen Kongressen, zuletzt bei den Münchner<br />

Aids-Tagen, jedoch wieder verhalten aufgenommen. Experten sprechen von einer<br />

„Phase der Überbrückung“ (10 – 15 Jahre?), die mit den bisherigen und<br />

zukünftigen Medikamenten gestaltetet werden muss bis eine Heilung realistisch<br />

erscheint.<br />

Die Kontroversen um das im Jahr 2008 veröffentlichte der EKAF-Papier<br />

(Eidgenössische Kommission für Aidsfragen im Auftrag der Fachkommission<br />

Klinik und Therapie des Bundesamts für Gesundheit, Schweiz) werden inzwischen<br />

sehr pragmatisch geführt. Die zentralen Statements der Stellungnahme - “HIVinfizierte<br />

Menschen ohne andere STD sind unter wirksamer antiretroviraler<br />

Therapie sexuell nicht infektiös” und “Das Risiko einer HIV-Übertragung beim<br />

Sex ohne Kondom unter vollständig supprimierter Viruslast ... ist<br />

vernachlässigbar klein“ – werden größtenteils akzeptiert, allerdings nicht von<br />

allen Wissenschaftlern in dieser Formulierung übernommen.<br />

Eine erfolgreiche Therapie hat damit einen wichtigen „Nebeneffekt“ für die<br />

Prävention und es eröffnen sich – wie die Deutsche Aidshilfe in ihrem<br />

Positionspapier feststellt - neue Möglichkeiten: „Das Risiko einer HIV-<br />

Übertragung ist unter den oben genannten Bedingungen so gering wie bei Sex<br />

unter Verwendung von Kondomen“. Diese neuen Erkenntnisse sind sicher für<br />

Menschen mit HIV/Aids entlastend. Auch kann die Information möglicherweise<br />

zum Abbau irrationaler Ängste im Umgang mit Betroffenen beitragen. Vor einer<br />

Zuspitzung und Vereinfachung der Aussagen muss aber gewarnt werden. Als<br />

allgemeine Präventionsstrategie ist HAART sicher nicht sinnvoll, sondern wohl eher<br />

ein Thema innerhalb der Beratung von diskordanten Paaren, wenn z.B. bei<br />

Kinderwunsch auf das Kondom verzichtetet werden soll.


7<br />

Bisher war das Thema Prävention ja fast ausschließlich mit der Kondom-Werbung<br />

verknüpft. Inzwischen werden – neben der oben beschriebenen Therapie – weitere<br />

medizinische Optionen erörtert. Die sog. Postexpositionsprophylaxe (PEP, „die Pille<br />

danach“) ist ja im medizinischen Bereich eine etablierte Methode (z.B. bei<br />

Nadelstichverletzungen) und wird auch bei „Kondom-Unfällen“ eingesetzt. Aktuell<br />

elektrisiert das Thema Prä-Expositionsprophylaxe (PrEP, vorbeugende<br />

Medikamenteneinnahme - „Pille davor“) die medizinischen Präventionsstrategen. Die<br />

Ergebnisse der iPrEx-Studie zeigen eine Reduktion des Infektionsrisikos um 44 %<br />

auf (konkret: im Verlauf der Studie infizierten sich 64 Teilnehmer, im Placebo-Arm<br />

„nur“ 36 Probanden – ein statistisch signifikantes Ergebnis). Ob mit diesem „Erfolg“<br />

bereits der Beginn einer „Chemoprophylaxe“ – ähnlich der Malaria-Prophylaxe –<br />

eingeleitet werden kann, erschein uns bei der Vielzahl offener Fragen mehr als<br />

unsicher. Welchen Stellenwert medizinische Optionen im Präventionsmix einnehmen<br />

werden ist noch absehbar. Im Zweifelfall gilt noch immer: Kondome schützen!<br />

„Die Diagnose HIV-positiv hat mich total umgehauen, das Gefühl,<br />

da tickt was in dir und du fragst dich wird es ruh’n oder sich durch<br />

dein Leben fressen“<br />

Thomas*, 24, HIV-positiv seit 3 Jahren (Name wurde verändert)


2. DIE ARBEITSSCHWERPUNKTE DER BERATUNGS-<br />

STELLE IM BERICHTSJAHR<br />

Ehrenamtliche MA<br />

3%<br />

Vernetzung<br />

8%<br />

Qualitätssicherung<br />

11%<br />

8<br />

Arbeitsfelder<br />

Gruppenangebot<br />

für Betroffene<br />

3%<br />

Prävention<br />

41%<br />

2.1. Beratung und Begleitung<br />

Beratung<br />

Maßnahme<br />

34%<br />

*Prozentanteil dokumentierte Arbeitszeit<br />

Mit unserem Beratungsangebot - persönlich, telefonisch, aber auch schriftlich<br />

bzw. über E-Mail - möchten wir unterschiedliche Zielgruppen ansprechen: Die<br />

Allgemeinbevölkerung, Menschen im beruflichen Kontext (Multiplikatoren),<br />

unmittelbar Betroffene und deren Angehörige (Partner, Familie, Freundeskreis).<br />

Bei den Beratungsgesprächen mit den allgemein Ratsuchenden steht der<br />

präventive Aspekt im Mittelpunkt: Informationen zu HIV/Aids, Risikoklärung,<br />

Fragen zum HIV-Antikörpertest, Umgang mit - zum Teil unrealistischen –<br />

Aidsängsten („Aids-Phobie“), Fragen zu Safer Sex, zur Sexualität und sexuellen<br />

Orientierung. Es handelt sich hierbei eher um einmalige bzw. kurzfristige<br />

Kontakte. In Einzelfällen kommt es jedoch auch hier zu einer fortlaufenden<br />

Beratung, wenn tiefergehende psychodynamische Konflikte hinter den<br />

eigentlichen Fragen stehen (Kurzzeitberatung, ressourcenorientierter Ansatz,<br />

Stärkung der Eigenkompetenz). Neben der Beratung der Allgemeinbevölkerung<br />

bildet die Beratung und Begleitung der Menschen mit HIV/Aids einen zentralen<br />

Schwerpunkt.


90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 <strong>2010</strong><br />

9<br />

Entwicklung: KlientInnen mit HIV/Aids<br />

Männer<br />

Frauen<br />

Im Berichtzeitraum haben wir 86 Männer und Frauen mit HIV/Aids begleitet.<br />

Etwa die Hälfte der Gesamt-Beratungskontakte bezieht sich auf diese Gruppe.<br />

Hier ergeben sich z.T. langfristige Beratungsbeziehungen (Stabilisierungs- und<br />

Stützfunktion) insbesondere bei den Klienten, die mit psychischen Problemen<br />

und depressiven Reaktionen kämpfen.<br />

200<br />

180<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

Beratungsarbeit - Klientinnen/Klienten<br />

Menschen mit<br />

HIV/Aids<br />

Angehörige<br />

Sonst.<br />

Ratsuchende<br />

Frauen<br />

Männer


Anzahl Klienten und Klientinnen<br />

Menschen mit HIV/Aids 60<br />

Angehörige (Freunde,<br />

PartnerInnen, Familienmitglieder<br />

etc.)<br />

Sonstige Ratsuchende<br />

(HIV-Status z.T. unklar)<br />

gesamt<br />

10<br />

Männer Frauen gesamt<br />

26 86<br />

50 83 133<br />

198 199 397<br />

308<br />

308<br />

616<br />

Der Frauenanteil bei den unmittelbar betroffenen Klienten (Menschen mit<br />

HIV/Aids) beträgt in der Beratungsstelle ca. 30 %. Das RKI gibt für Deutschland<br />

(Eckdaten; Stand Ende <strong>2010</strong>) einen Anteil von 18,5 % an. Damit ist der<br />

Frauenanteil bei uns bedeutend höher, eine Beobachtung, die auch von<br />

anderen Aidsberatungsstellen in eher ländlich geprägten Regionen gemacht wird.<br />

Frauen sind – so unser Eindruck – oftmals eine „vergessene Betroffenengruppe“<br />

und in der öffentlichen Diskussion, die ja auch oft von der großstädtischen<br />

Perspektive geprägt wird, dominieren männer- bzw. schwulenspezifische<br />

Themen. Mutter und HIV-Positiv - das ist für einen Teil unserer Klientinnen<br />

Alltagsrealität und mit vielfältigen Problemen verbunden („Mein Kind soll nicht<br />

wissen, dass ich Positiv bin“, „Wie lange wird es gut gehen, werde ich meinen<br />

Sohn noch ins Erwachsenenleben begleiten können?“ „die Verwandten dürfen<br />

nichts davon erfahren“, „manchmal wächst mir alles über den Kopf“...).<br />

„Auch wenn die meisten sagen, es ist doch alles besser<br />

geworden, so kann man noch immer nicht so einfach über Aids<br />

reden, in Wirklichkeit gibt’s noch immer viele Vorurteile. Ich sag<br />

auch nichts, weil meine Kinder das nicht möchten, damit sie in<br />

ihrem Freundeskreis keine Schwierigkeiten bekommen…“<br />

Lotte*, 49, 2 Kinder (Name wurde verändert)<br />

Homosexuelle und bisexuelle Männer - allgemein: Männer, die Sex mit<br />

Männern haben (MSM) - bilden in der bundesweiten Statistik eine starke<br />

Hauptbetroffenengruppe. Das Robert-Koch-Institut/Berlin schätzt ihren Anteil bei<br />

den Neu-Diagnosen im Jahr <strong>2010</strong> auf ca. 72 %! Bei uns ist diese Entwicklung<br />

zwar nicht im gleichen Ausmaß erkennbar – aufgrund des „Sogs der Großstädte“<br />

ist hier ein deutliches Stadt-Land-Gefälle zu verzeichnen – mit ca. 45 % ist aber


11<br />

der MSM-Anteil durchaus auch stark vertreten. Das Altersspektrum ist hier sehr<br />

breit, vom 21-jährigen jungen Schwulen, der sein positives Testergebnis erst vor<br />

drei Monaten erfahren hat bis hin zum Frührentner, der schon seit über 15<br />

Jahren mit HIV und jetzt seiner Aids-Erkrankung kämpft und inzwischen sehr<br />

zurückgezogen lebt. Früher hat er noch Ausflüge in die „Großstadt“<br />

unternommen, aber das macht immer weniger Spaß, wenn man nicht mehr in<br />

das Jung-Schön-Fit-Schema passt.<br />

Gerade im ländlichen Bereich ist die Tendenz zur Tabuisierung noch immer groß.<br />

Lebensentwürfe, die nicht ins vorgegebene Bild passen, werden leicht an den<br />

Rand gedrängt – eine Situation, die selbstbewusstes und verantwortliches<br />

Verhalten erschwert.<br />

„Ich wünsche mir, dass ich offener mit der Krankheit umgehen<br />

könnte, in der letzten Zeit hab ich mich immer mehr<br />

zurückgezogen. Bei uns gibt es schnell Gerede und da sage ich<br />

lieber nichts“<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

Homosex.<br />

Kontakt<br />

Martin*, 56, HIV-positiv seit 1994 (*Name wurde verändert)<br />

Menschen mit HIV/Aids: Angaben zu den Infektionswegen<br />

Heterosex.<br />

Kontakt<br />

i.v.<br />

Drogenkonsum<br />

keine<br />

Angabe/unbek.<br />

Blutprodukte<br />

Männer<br />

Frauen<br />

Männer<br />

Frauen


12<br />

Der Anteil der HIV-positiven i.v.Drogengebraucher (oder der Menschen, die<br />

früher drogenabhängig waren und sich über diesen Weg angesteckt haben)<br />

beträgt in der Beratungsstelle knapp 13%. Es handelt sich hierbei jedoch nicht<br />

um neue HIV-Infektionen. Ein Großteil der Drogenkonsumenten, zu denen wir<br />

Kontakt haben, lebt schon sehr lange - 15 Jahre und mehr - mit der HIV-<br />

Infektion und oftmals stehen neben dem Thema Aids weitere psychosoziale und<br />

medizinische Probleme im Vordergrund (z.B. auch Doppelinfektion mit Hepatitis<br />

C). Die Entwicklung ist jedoch durchaus zwiespältig. In Ost-Europa ist der Anteil<br />

der Drogenabhängigen mit ca. 70 % extrem hoch und in Einzelfällen spüren wir<br />

hier auch Auswirkungen. Es ist zu befürchten, dass wir nicht das ganze Bild<br />

wahrnehmen und eine nicht zu unterschätzende Dunkelziffer besteht, zumal für<br />

diese Betroffenengruppe der Zugang zum psychosozialen und medizinischen<br />

Versorgungssystem oftmals erschwert ist (Stichworte: soziokulturelle<br />

Unterschiede, Tabuierungsdruck, illegaler Aufenthalt, Sprachbarriere usw.).<br />

Etwa die Hälfte der unmittelbar betroffenen Männer und Frauen hat eine<br />

heterosexuelle Orientierung. Auch wenn wir weiter oben auf den hohen MSM-<br />

Anteil hingewiesen haben, so darf diese Feststellung nicht dazu führen, andere<br />

Felder aus dem Blick zu verlieren. Der ungeschützte heterosexuelle Kontakt<br />

spielt gerade in ländlichen Regionen eine bedeutsame Rolle (auch in Verbindung<br />

mit den Themen Prostitution, Sextourismus und Migration).<br />

Die Arbeit mit den ausländischen Klienten und Klientinnen fordert uns besonders,<br />

weil neben den Sprachschwierigkeiten auch soziokulturelle Unterschiede im<br />

Beratungskontakt eine Rolle spielen und bearbeitet werden müssen (vor allem bei<br />

den tabubesetzten Themen Sexualität, HIV/Aids und allgemeinem Krankheitsbild<br />

bzw. Krankheitsvorstellung, geschlechtsspezifische Unterschiede, Männer-Frauen-<br />

Bild usw.). Noch immer herrscht in Teilen der heterosexuellen Bevölkerung ein<br />

klassisches „Schwarz-Weiß-Denken“ vor („ich gehöre doch nicht zu einer<br />

Risikogruppe“).<br />

Die Telefonberatung nimmt mit ca. 59% - bezogen auf die Gesamtzahl der<br />

Beratungskontakte (1994) wieder einen relativ großen Anteil ein. Unter Einbezug<br />

des Kriteriums Kontaktdauer liegt der Schwerpunkt im Beratungsbereich dennoch<br />

bei den persönlichen Kontakten. Am anonymen Beratungstelefon nehmen in<br />

erster Linie die „sonstigen Ratsuchenden“ Kontakt zu uns auf. Anliegen sind hier<br />

in erster Linie das Abklären von bestimmten Risikokontakten, Fragen zur HIV-<br />

Infektion und den Schutzmöglichkeiten, Testberatung, Bearbeiten von z.T.<br />

unrealistischen Ansteckungsängsten, aber auch Beziehungs- und<br />

Partnerschaftsproblemen.<br />

Über das Beratungstelefon finden auch<br />

Beratungen mit Männern statt, die Sex<br />

unter der Rubrik „Modelle“ suchen. Unsere<br />

Anzeige Lust? - aber sicher! ist im<br />

Nordbayerischen Kurier oft direkt zwischen<br />

den Angeboten der Sexanbieterinnen zu<br />

finden. Wir haben hier eine gute<br />

Möglichkeit, Kontakt zu Freiern<br />

herzustellen, einer Gruppe, die sonst nur<br />

schwer erreichbar ist. Dem<br />

Nordbayerischen Kurier, <strong>Bayreuth</strong> für<br />

diese kostenlose Förderung unser<br />

Präventionsarbeit herzlichen Dank!


13<br />

Allgemeine Anfragen am Beratungstelefon (ohne erkennbares HIV-Risiko) haben<br />

hingegen eher abgenommen. Darüber hinaus werden wir immer wieder mit<br />

Menschen konfrontiert, die unrealistische HIV-Ansteckungsängste haben und<br />

sich z.T. mit einer Sachinformation nur schwer beruhigen lassen (phobischer<br />

Hintergrund und/oder tiefergehende psychische bzw. psychiatrische Störung).<br />

Diese Menschen machen z.B. ohne realen Anlass (oder bei extrem<br />

unwahrscheinlichen Ereignissen) wiederholt den HIV-Antikörpertest - ohne dem<br />

„negativen“ Ergebnis dann wirklich zu trauen („sollte ich den Test nicht doch<br />

besser zur Sicherheit nach 6 Monaten, 1 Jahr, usw. noch mal machen?“).<br />

Spätestens an dieser Stelle wäre es sinnvoll, die medizinische Schiene zu<br />

verlassen und den psychischen Hintergrund zu berücksichtigen.<br />

Neben der telefonischen und persönlichen Beratung erhalten wir auch immer<br />

wieder schriftliche Anfragen (E-mail-Beratung).<br />

Mit unserer Seite www.aidsberatung-oberfranken.de sind wir schnell im Internet zu<br />

finden und erste Informationen können z.B. unter Fragen und Antworten abgefragt werden.<br />

Inzwischen ist unsere Seite in die Seite der <strong>Diakonie</strong> <strong>Bayreuth</strong> integriert: www.diakoniebayreuth.de<br />

Weiter sind wir – gemeinsam mit dem Landratsamt/Gesundheitsamt<br />

Bamberg und der Schwulengruppe uferlos – als Club im schwulen Kontakt-<br />

Portal „Gayromeo“ vertreten.<br />

www.gayromeo.de Direktsuche - Club<br />

Aidsberatung-Oberfra<br />

Willkommen - Chat<br />

Aidsberatung-Oberfra » Politik und Gesellschaft »<br />

Gesundheit Online<br />

Hast Du Fragen zu HIV/AIDS, willst du wissen, wie Du<br />

dich beim Sex besser schützen kannst, bist Du positiv<br />

und brauchst Unterstützung oder Hilfe, hast du Fragen<br />

zu anderen Problemen wie Geschlechtskrankheiten,<br />

dann bist Du bei uns hier richtig. Die AIDS-Beratung<br />

<strong>Bayreuth</strong>/Bamberg und das Gesundheitsamt Bamberg<br />

und Uferlos .e.V. stehen Dir auf diesem Wege für deine<br />

Fragen zur Verfügung. Dieser Club wird von<br />

ausgebildeten Pädagogen und ehrenamtlichen<br />

Mitarbeitern geleitet, die Deine Anfragen vertraulich<br />

beantworten werden. Mit diesem Club wollen wir auf<br />

HIV/AIDS aufmerksam machen und würden uns freuen,<br />

wenn Du uns unterstützen würdest, in dem Du unseren<br />

Club in Deinem Profil verlinkst.<br />

18 User<br />

Bamberg/<strong>Bayreuth</strong><br />

/Oberfranken<br />

Deutschland<br />

Radius<br />

Bayern


14<br />

Die Inhalte der Beratungen werden zunächst vom Thema HIV/Aids bestimmt.<br />

Wir nehmen aber auch allgemeine Anliegen auf, die davon berührt werden.<br />

Während bei den einmaligen Beratungen (sonstigen Ratsuchenden) die<br />

Prävention den zentralen thematischen Schwerpunkt bildet, werden die Inhalte<br />

der längerfristigen Beratungen/Beleitungen von der unterschiedlichen<br />

Lebenssituation der betroffenen Klientinnen und Klienten bestimmt.<br />

Ein Großteil der Menschen mit HIV und Aids, die wir längerfristig begleiten und<br />

unterstützen, kann nicht auf ein funktionierendes Familien- und/oder<br />

Freundschafts-Netz zurückgreifen und kämpft oftmals - neben den materiellen<br />

Einschränkungen - mit einer Reihe von Zusatzproblemen (Sucht, psychische<br />

Erkrankung, depressive Spirale etc.).<br />

Die medizinischen Themen (z.B. die Kombinationstherapie und<br />

Nebenwirkungen, Versorgungsnetz, Arzt-Patienten-Beziehung, Compliance)<br />

haben weiterhin ein großes Gewicht. Es zeigt sich immer wieder, wie eng<br />

zunächst medizinische Fragen mit psychosozialen Themen verknüpft sind<br />

(Umgang mit Therapieversagen/Rückschlägen, subjektive Einschätzung von<br />

Nebenwirkungen, Hilflosigkeit vs. Kontrollüberzeugung, Selbstsicherheit, die<br />

„Magie“ der Laborwerte usw.).<br />

Mit der medizinischen Stabilisierung treten oftmals auch wieder stärker die<br />

psychosozialen Probleme in den Vordergrund, die bisher u.U. aus dem<br />

Blickfeld verschwunden sind (Partnerschaft und Sexualität, Arbeitswelt,<br />

Neuorientierung und Lebensziele, Kinderwunsch). Neben dieser eher<br />

psychotherapeutischen Arbeit spielen aber auch ganz konkrete<br />

lebenspraktische Fragen und sozialrechtliche Themen eine wichtige Rolle. Wir<br />

erleben immer wieder, dass eingeschränkte materielle Ressourcen auch die<br />

psychischen Bewältigungsmöglichkeiten behindern. Menschen, die von<br />

Grundsicherung/Sozialhilfe, einer kleinen Rente oder Krankengeld leben, stoßen<br />

bei jeder Zusatzbelastung schnell an ihre finanziellen Grenzen. Wir sind deshalb<br />

froh, dass wir in Notfällen aus eigenen Spendenmitteln bzw. über<br />

Einzelfallhilfe-Anträge bei der Deutschen Aids-Stiftung Bonn und/oder dem<br />

Diakonisches Werk Bayern/Aids-Referat (Nürnberg) zumindest teilweise<br />

einen Ausgleich schaffen können. Ein Beispiel ist die Übernahme von Fahrtkosten<br />

zum Schwerpunktarzt oder die Bezuschussung von Medikamenten/Hilfsmitteln und<br />

Ernährungsbeihilfen (Mehrbedarf).<br />

„Ich brauche kein Pseudo-Mitleid. Mir ist wichtig, dass die<br />

Menschen verstehen, dass HIV-Positive auch keine anderen<br />

Menschen sind“<br />

Thomas*, 24, HIV-positiv seit 3 Jahren (Name wurde verändert)


15<br />

2.2. Prävention - Information - Aufklärung<br />

Prävention nimmt einen zentralen Stellenwert in unserer Arbeit ein. Allerdings ist<br />

das Umfeld schwieriger geworden. Aids ist in die Jahre gekommen und die<br />

Wahrnehmung der Brisanz des Themas lässt nach („Aids – gibt’s da nicht<br />

Pillen?“). Umso wichtiger ist es, dass wir immer wieder Menschen finden, die<br />

unser Anliegen mit aufnehmen und Aids zum Thema machen.<br />

Kooperationspartner im Versorgungsnetz, Ehrenamtliche MitarbeiterInnen oder<br />

Einzelpersonen, die den Ball aufnehmen, Ideen mit uns entwickeln und wichtige<br />

Impulse – Zeichen gegen das Vergessen – setzen.<br />

Der Präventionsaspekt fließt im Grunde in alle Arbeitsfelder mit ein. So ist<br />

Prävention zentraler Inhalt vieler Beratungskontakte bei allgemein Ratsuchenden<br />

(z.B. indem wir Risikosituationen abklären, zum Test beraten oder aber nach<br />

einem „Kondom-Unfall“ die zukünftige individuelle Präventionsstrategie<br />

besprechen). Auch die Beratung, Stützung und Stärkung von Menschen mit<br />

HIV/Aids Prävention. Nur in einer solidarischen Gesellschaft, nur wenn Betroffene<br />

mit im Boot sind, kann der Kampf gegen Aids gewonnen werden.<br />

Weiter setzen wir mit unserer Presse- und Öffentlichkeitsarbeit (vergl. Punkt<br />

2.3.) präventive Erinnerungsimpulse und möchten an einem solidarischen Klima<br />

mitwirken. Diese enge Verzahnung der unterschiedlichen Arbeitsbereiche ist ein<br />

wesentliches Kennzeichen unserer Arbeit.<br />

Aufklärung (Prävention und Öffentlichkeitsarbeit)<br />

Veranstaltungen - Maßnahmen<br />

gesamt<br />

Anzahl<br />

227<br />

Info-Stand-Aktionen 17<br />

Gruppenveranstaltungen 79<br />

Schulung, Fortbildung,<br />

Unterstützung der Aktionen anderer<br />

Kulturelle Veranstaltungen 9<br />

Aktionen 32<br />

Medienarbeit und<br />

Veröffentlichungen<br />

Die Tabelle veranschaulicht die unterschiedlichen Facetten der Aufklärungsarbeit.<br />

Dabei gibt die Auflistung jedoch nur eine grobe Orientierung, da hinter der<br />

jeweiligen Zahl sehr unterschiedliche Maßnahmen stehen, z.B. eine<br />

47<br />

43


16<br />

Gruppenveranstaltung mit Schülern/Multiplikatoren oder ein langfristig, breit<br />

angelegtes Präventionsprojekt wie z.B. die Filmtage oder das Projekt „Flip-Flop“ -<br />

Interaktives Aids-Theater in der Schulklasse. Der Zeitaufwand pro Veranstaltung<br />

ist sehr unterschiedlich. Zur Veranschaulichung haben wir deshalb im Diagramm<br />

weiter unten die Aufklärungsarbeit nach der Gesamtarbeitszeit der<br />

hauptamtlichen MitarbeiterInnen gewichtet.<br />

18%<br />

34%<br />

Medienarbeit<br />

Veröffentlichungen<br />

Schulung<br />

Fortbildung<br />

Kulturelle<br />

Veranstaltungen<br />

Zielgruppe der<br />

Präventionsarbeit<br />

3%<br />

Prävention - Aufklärung<br />

45%<br />

Infostände<br />

Schüler/Junge<br />

Menschen<br />

Allgemeinbevölkerung<br />

Multiplikatoren<br />

Schwule Szene<br />

Aktionen<br />

Projekte<br />

Gruppen<br />

veranstaltungen<br />

Wir wenden uns mit<br />

unserer Präventionsarbeit<br />

an unterschiedliche<br />

Zielgruppen.<br />

Jugendliche stehen<br />

dabei an erster Stelle.<br />

Unsere Arbeit mit<br />

Jugendlichen ist in der<br />

Regel eingebettet in<br />

sexualpädagogische<br />

Konzepte (Stichworte:<br />

Partnerschaft, Verhütung,<br />

Mutmachen, Stärken, u.U.<br />

auch Nein-Sagen).<br />

Ein wichtiger Schwerpunkt bleibt aber das Thema HIV und Aids (auch Umgang<br />

mit Vorurteilen und wie leben Betroffene bei uns etc.)


Exkurs: Jugendsexualität <strong>2010</strong><br />

17<br />

In der öffentlichen Wahrnehmung wird das Thema Jugend und Sexualität oftmals<br />

unter einem verzerrten Blickwinkel diskutiert. Problematische Aspekte werden<br />

entweder dramatisiert oder aber unter den Teppich gekehrt. Die aktuell<br />

veröffentlichte Studie der BZgA Jugendsexualität <strong>2010</strong> zeigt hingegen ein<br />

differenziertes und durchaus ermutigendes Bild. In der Studie wurden Einstellungen<br />

und Verhaltensweisen 14- bis 17-jähriger Jugendlicher zu Aufklärung, Sexualität<br />

und Verhütung abgefragt (3.542 Jugendliche - darunter 1.014 Mädchen und<br />

Jungen mit Migrationshintergrund). Zu den wesentlichen Ergebnissen der Studie<br />

zählen, dass deutsche Mädchen und Jungen, verglichen mit der letzten<br />

Repräsentativerhebung aus dem Jahr 2005, seltener früh sexuell aktiv sind und<br />

sie heute bereits beim ersten Mal besser als je zuvor verhüten. Nur noch 8 %<br />

geben an, dass sie sich beim ersten Mail nicht geschützt haben. Das ist der<br />

bisher niedrigste Wert und weit vom Ausgangswert entfernt: 1980 war der Anteil<br />

mit 20% (Mädchen) und 29% (Jungen) um ein Vielfaches höher als heute. Eine<br />

Rolle dürfte dabei spielen, dass immer mehr Jungen ihren ersten<br />

Geschlechtsverkehr mit einer festen Partnerin erleben.<br />

Das Kondom ist unangefochten das Einstiegsverhütungsmittel Nummer eins. In<br />

drei von vier Fällen wurde beim ersten Mal mit Kondom verhütet. Zunehmend<br />

erfolgt auch eine kombinierte Nutzung von Pille plus Kondom, ein Indiz, dass<br />

neben dem Wunsch, ungewollte Schwangerschaften zu verhindern, auch die<br />

Aids-Prävention (und die von sexuell übertragbaren Erkrankungen) mitbedacht<br />

wird.<br />

Bei der Frage, wie bestehende Wissenslücken zu sexuellen Themen gefüllt<br />

werden, spielt das Internet eine zunehmend wichtige Rolle. Fast jeder<br />

Jugendliche hat inzwischen Zugang zum Internet. Vor allem Jungen informieren<br />

sich überwiegend im Netz, während das bei Mädchen (noch nicht?) der Fall ist.<br />

Sie nutzen im gleichen Maß Jugendzeitschriften, Aufklärungsbroschüren und<br />

Bücher. Diese Entwicklung hat neben vielen positiven Seiten sicher auch<br />

problematische Aspekte. Ratsuchende Jugendliche stoßen ja nicht nur auf die<br />

Seiten der BZgA und anderer Präventionsstellen, sondern schnell – auch ohne<br />

direkte Suche – auf Seiten mit pornografischen Inhalten bzw. sexueller Gewalt<br />

und werden mit verzerrten Modellen von Sexualität konfrontiert. Noch nie war es<br />

so einfach, die Sexualität der anderen zu konsumieren. Das wirkliche Leben ist<br />

aber – und das ist ja das Salz in der Suppe – spannender und vielschichtiger,<br />

aber manchmal auch mit Stolpersteinen versehen. Diese zu thematisieren,<br />

Jugendliche zu begleiten und zu stärken, das bleibt eine fortlaufende Aufgabe.<br />

Die Arbeit mit Multiplikatoren bildet einen weiteren Schwerpunkt. Mit unseren<br />

Veranstaltungen konnten wir im Berichtszeitraum wieder verschiedene<br />

Berufsgruppen erreichen (z.B. Schüler von Fachschulen/Fachakademien,<br />

Ärztlicher Kreisverband, Suchtarbeitskreis, KollegInnen im psychosozialen<br />

Versorgungsnetz, den oberfränkischen Landratsämtern, Uni Bamberg etc.).<br />

Die Präventionsarbeit in der Homosexuellen-Szene muss sich auf die schwache<br />

„schwule Infrastruktur“ in Oberfranken einstellen (vgl. Punkt 1.2.). Schwule im<br />

ländlichen Bereich oder allgemein Männer, die Sex mit Männer haben, sind<br />

relativ schwer zu erreichen (vor allem wenn sie ihr Coming out nicht oder nur<br />

unvollständig durchlebt haben). Die Schwulengruppen vor Ort sind für uns


Gaustadt ●<br />

18<br />

wichtige Ansprechpartner im Präventionsbereich. Vor allem Uferlos und Uferlos<br />

Young in Bamberg sind für uns wichtige Kooperationspartner, die ja auch als<br />

Multiplikatoren weiter wirken (Aktionen in der Szene). Gemeinsam mit dem<br />

Landratsamt Bamberg und engagierten ehrenamtlichen Mitarbeitern sind wir als<br />

Club im Gay-Romeo-Portal vertreten.<br />

Im unteren Schaubild haben wir die Orte der Präventionsveranstaltungen<br />

aufgelistet. Schwerpunkte der Veranstaltungen sind <strong>Bayreuth</strong> und Bamberg. Die<br />

räumliche Nähe zum Kooperationsnetz ist ein wichtiger Faktor für eine<br />

kontinuierliche Präventionsarbeit. Ein hoher Bekanntheitsgrad und die<br />

persönliche Kontaktpflege sind bei der dezentralen Struktur unseres<br />

Einzugsgebietes nicht immer in allen Regionen Oberfrankens zufrieden stellend<br />

möglich. Die Auflistung zeigt jedoch, dass wir unserem Anspruch, eine<br />

flächendeckende Versorgung anzubieten, im Rahmen unserer engen<br />

personellen Möglichkeiten durchaus gerecht werden.<br />

Orte der Präventionsarbeit in Oberfranken<br />

● Ebrach<br />

Coburg ●<br />

Baunach ●<br />

Breitengüßbach ●<br />

BAMBERG<br />

Hirschaid ●<br />

Creglingen ●<br />

Kutzenberg ●<br />

● Frensdorf<br />

Kronach ●<br />

Altenkunstadt ●<br />

● Scheßlitz<br />

● Forchheim<br />

Kulmbach ●<br />

Thurnau ●<br />

Hollfeld ●<br />

Gräfenberg ●<br />

Untersteinach ●<br />

Neudrossenfeld ●<br />

BAYREUTH<br />

Erlangen ●<br />

München ●<br />

Hof ●<br />

● Selb<br />

Laufen ●<br />

● Ahornberg<br />

● Gefrees<br />

● Nürnberg<br />

● Ismaning


19<br />

Mitmach Parcours<br />

zu Aids, Liebe & Sexualität<br />

Spielerisch mehr über Aids erfahren – unter diesem Motto haben wir den<br />

Mitmach-Parcours erneut in Bamberg und Ebrach durchgeführt und dabei ca.<br />

400 Schülerinnen und Schüler erreicht. Wir haben uns dabei am BZgA-Konzept<br />

orientiert und den Parcours gemeinsam mit unseren Kooperationspartnern in<br />

Eigenregie organisiert. Die Initiative zum Projekt ging von der Aidsberatung<br />

Bamberg aus.<br />

Beim Aids-Parcours handelt es sich um eine erlebnisorientierte Methode, die<br />

Aufklärung, Wissensvermittlung mit Spiel, Wettbewerb und Aktion verbindet. In<br />

kleinen Gruppen durchlaufen die SchülerInnen verschiedene Stationen, die zur<br />

aktiven Beschäftigung mit der Aids-Thematik anregen (z.B. Übertragungswege<br />

von HIV – Liebe, Sexualität und Schutzmöglichkeiten – Verhütung ungewollter<br />

Schwangerschaften). Im Mittelpunkt der Aktion steht das persönliche Gespräch<br />

mit den PräventionsberaterInnen. Ziel ist es dabei, das individuelle Wissen zu<br />

HIV und Aids zu erweitern und zum eigenverantwortlichen Schutzverhalten zu<br />

motivieren.<br />

In Ebrach fand die Veranstaltung wieder in<br />

der Steigerwald Realschule statt. Der<br />

Parcours in Bamberg erfolgte mit<br />

freundlicher Unterstützung durch die AOK.<br />

Als Kooperationspartner wirkten Donum<br />

Vitae und das Landratsamt, Abteilung<br />

Gesundheitswesen, mit.


Präventionsprojekt<br />

20<br />

„Flip Flop“ – Interaktives Aids-Theater<br />

in der Schulklasse<br />

Wir haben im Jahr <strong>2010</strong> das Präventionsprojekt „Interaktives Aids-Theater in der<br />

Schulklasse“ erneut in Kooperation Theater Capeau Claque, Verein für<br />

kreative Medien und Kulturpädagogik, Bamberg durchgeführt.<br />

Ausgangspunkt und Initialzündung für die Maßnahme war die<br />

Präventionsinitiative von Herrn Staatsminister Dr. Markus Söder im Jahr 2009.<br />

Die ermutigende Resonanz von Lehrern und Schülern gab den Impuls das Projekt<br />

auch im Jahr <strong>2010</strong> fortzuführen und weiter zu entwickeln. Mit dem<br />

Präventionsprojekt haben wir wieder die 8./9. Jahrgangsstufen von Hauptschulen<br />

und Realschulen angesprochen. Insgesamt haben sich 14 Schulen beteiligt (21<br />

Präventionsveranstaltungen mit 913 SchülerInnen). Besonders freut uns, dass<br />

wir auch Schulen erreicht haben, zu denen bisher noch kein Kooperationskontakt<br />

aufgebaut werden konnte.<br />

Fotos: Volkschule Hummeltal<br />

Durch die Form des interaktiven Theaters werden die SchülerInnen unmittelbar<br />

mit einbezogen. „Ist Aids noch ein Thema?“ „Wie wichtig ist Safer Sex<br />

überhaupt?“ und „Wie sieht die Situation denn bei uns aus?“ sind Fragen, die sich


21<br />

immer wieder stellen. Im Dialog wurden die Schüler aufgefordert, ihre Ansichten<br />

mitzuteilen und Lösungsvorschläge zu machen. Das „Mit-Mach-Konzept bedingt,<br />

dass sich die Gruppengröße auf zwei Klassen beschränken muss. Die<br />

Aufführungen fanden immer im Klassenzimmer statt, um eine besondere Nähe<br />

herstellen zu können. Für die Durchführung brauchten wir zwei Schulstunden. Ein<br />

Fachberater der Aidsberatungsstelle war immer mit dabei, um gemeinsam mit<br />

den Theaterpädagogen die Fragen der Schüler und Schülerinnen aufzunehmen.<br />

Darüber hinaus erfolgte das Angebot einer Nachbearbeitung bzw. einer<br />

vertiefenden Info-Veranstaltung.<br />

Die Maßnahme wurde vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt<br />

und Gesundheit gefördert. Für diese Unterstützung sind wir sehr dankbar.<br />

Die sehr positiven Rückmeldungen in den Evaluationsbögen decken sich mit<br />

unserer eigenen Einschätzung. Der theaterpädagogische Ansatz ist für diese<br />

Zielgruppe sehr gut geeignet und stellt eine wichtige methodische Ergänzung für<br />

unsere Präventionsarbeit dar. Wir möchten das Projekt auch im Folgejahr<br />

fortführen.<br />

Ausstellung<br />

„Der Lange Weg“ -<br />

Stationen einer HIV-Infektion<br />

Aus Angst vor Ausgrenzung wollen viele Menschen mit HIV anonym bleiben, so<br />

lange es geht. Gerade im ländlichen Raum wagt es kaum jemand, seine Infektion<br />

öffentlich zu machen – und damit bleiben HIV und Aids für die breite<br />

Bevölkerung weitgehend unsichtbar, hat Aids kein Gesicht. Dem tritt die<br />

Ausstellung „Der lange Weg“ entgegen. Sie will einen Brückenschlag zu den<br />

Betroffenen herstellen, Einblick in die Sorgen und Nöte HIV-positiver Menschen<br />

geben und zum Nachdenken anregen.<br />

Die Idee zur Ausstellung ist in der Aidsberatung Passau entstanden und die<br />

Landeszentrale für Gesundheit in Bayern e.V. hat das Konzept übernommen und<br />

eine Ausstellung für den Einsatz in ganz Bayern erarbeitet. „Der lange Weg“<br />

beschreibt die Situationen eines Menschen im Umgang mit der Diagnose „HIV-<br />

Positiv“. Elf überlebensgroße Figuren symbolisieren die einzelnen Phasen des<br />

„Positiv-Seins“, schildern Gefühle und Gedanken unter den Titeln


22<br />

Ich gerate aus dem Gleichgewicht – Mein Lebensplan<br />

zerbricht – Ich schäme mich und schäume vor Wut – Ich<br />

bin bedrückt und niedergeschlagen – Ich brauche Hilfe –<br />

Ich wage den Schritt ins Ungewisse – Ich schöpfe<br />

Zuversicht – Mein Selbstwertgefühl wächst – Ich erleide<br />

Rückschläge – Mein Blickwinkel hat sich verändert – Mein<br />

Leben ist wieder mein Leben<br />

Die Texte und die dazugehörigen Symbole geben einen Einblick in die seelische<br />

Situation eines Menschen mit HIV/Aids. Ziel ist es, Vorurteile abzubauen und<br />

Gedanken an den eigenen Schutz vor HIV zu stärken.<br />

Aids ein Gesicht geben<br />

Aidsberatungsstellen der <strong>Diakonie</strong> zeigen<br />

auf dem Ökumenischen Kirchentag <strong>2010</strong><br />

Flagge<br />

Ziel einer Initiative aus dem Arbeitskreis Kirche und<br />

Aids (<strong>Diakonie</strong> Bayern) war es auf dem ÖKT das<br />

Thema HIV/Aids aus regionaler und globaler<br />

Perspektive zu beleuchten. Im Agora-Bereich<br />

„Miteinander leben – Christen in der offenen<br />

Gesellschaft wurde ein Gemeinschaftsstand aufgebaut,<br />

an dem die kirchlichen Psychosozialen<br />

Aidsberatungsstellen in Bayern (von <strong>Diakonie</strong> und<br />

Caritas), die Aidsseelsorge und das Aktionsbündnis<br />

gegen Aids sich beteiligt haben. Auch die<br />

Aidsberatungsstelle Oberfranken (Diakonisches Werk<br />

<strong>Bayreuth</strong>) brachte sich hier aktiv mit ein.<br />

Das Foto zeigt die<br />

Eröffnung der<br />

Ausstellung im<br />

Klinikum <strong>Bayreuth</strong>.<br />

Weitere Orte in<br />

Oberfranken waren<br />

Bamberg<br />

(Landratsamt und<br />

Universität Bamberg)<br />

und Coburg<br />

(Landratsamt). Die<br />

Ausstellungen in<br />

Bamberg und Coburg<br />

wurden jeweils von<br />

den KollegInnen des<br />

Landratsamtes,<br />

Abteilung<br />

Gesundheitswesen<br />

organisiert.


Peer-Prävention: LiebesSpielregel-Trikotwerbung<br />

Ermutigendes Engagement der JFG Fußballjugend <strong>Bayreuth</strong>-West<br />

23<br />

Das ist wirklich ermutigend: Wir haben für unsere<br />

Präventionsarbeit neue Mitstreiter. Der Jugendtrainer des Vereins<br />

JFG-<strong>Bayreuth</strong>-West, Jochen Macht, hat den Kontakt zur<br />

Aidsberatungsstelle gesucht, um Flagge zu zeigen. Das Motiv<br />

„Liebenspielregeln“, das im Rahmen eins Kreativwettbewerbs<br />

entstanden ist und das bereits als Lesezeichen an Schüler verteilt<br />

worden ist, hat nun einen weiteren Platz gefunden: Auf den<br />

Spieler-Trikots der Jugend-Vereinsmannschaft.<br />

Wir freuen uns sehr über Engagement des Vereins und der jungen<br />

Spieler – eine mutige Aktion, die auf eine lockere Art<br />

Aufmerksamkeit herstellt, auch in die gesamt Region hineinwirkt<br />

und bei der gegnerischen Mannschaft und den Zuschauern zum<br />

Hingucker wird. Die bisherigen Reaktionen sind auf jeden Fall sehr<br />

positiv ausgefallen.<br />

Das Präventionsprojekt wird vom Förderverein der<br />

Beratungsstellen der <strong>Diakonie</strong> <strong>Bayreuth</strong> gefördert. Frau Dr.<br />

Kuhn, die erste Vorsitzende des Fördervereins, ist ebenfalls von<br />

der Idee angetan und hat spontan ihre Unterstützung zugesagt.<br />

Die B-Jugend des JFG-<strong>Bayreuth</strong> West<br />

Das Liebesspiel-Regel-Trikot bleibt keine einmalige Aktion. Unter dem Motto<br />

„Beim Sex pfeift kein Schiri“ verteilt die JFG-Jugend „Präventionspäckchen“<br />

mit lustigen Give-aways und „kümmert“ sich vor dem Spiel um die gegnerische<br />

Mannschaft. Am Welt-Aids-Tag hat die Mannschaft als Zeichen der Solidarität<br />

gemeinsam mit den Würzburger Kickern eine große rote Schleife auf dem<br />

Fußball-Feld ausgelegt. Aktuell werden mit den Jugendlichen am „runden Tisch“<br />

weitere Ideen entwickelt. Besonders erfreulich: Neu im Boot ist auch die<br />

Mädchen-Fußballmannschaft.


24<br />

BZgA-Jugend-Film-Tage im Cineplex-<strong>Bayreuth</strong><br />

Zu den JugendFilmTagen „Sexualität, Liebe, Freundschaft und HIV/Aids hat der<br />

Arbeitskreis Sexualpädagogik und die Bundeszentrale für gesundheitliche<br />

Aufklärung (BZgA) Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 8 – 10<br />

eingeladen. Die zentrale Organisation lief über die Aidsberatungsstelle.<br />

Das Gewinner-Motiv beim machs-mit-<br />

Wettbwerb, Klasse 8a Volkschule Weidenberg<br />

Die Schirmherrschaft und die Eröffnung<br />

der Filmtage hat Frau Staatssekretärin<br />

Melanie Huml übernommen. Bei der<br />

Eröffnung wurde auch das Siegermotiv<br />

des mach’s-mit-Wettbewerbs von Frau<br />

Huml vorgestellt. Rund 1000<br />

Jugendliche aus den<br />

unterschiedlichsten Schulen strömten ins<br />

Cineplex-Kino.<br />

Vor und nach den Filmvorführungen<br />

stellten die beteiligten Beratungsstellen<br />

und Dienste ihre Aufklärungsangebote<br />

vor und motivierten durch<br />

Mitmachaktionen die Schüler zu einer<br />

inhaltichen Auseinandersetzung.


25<br />

Insgesamt wurden vom Arbeitskreis sechs Stände aufgebaut, jeweils auf 2<br />

Ebenen verteilt mit drei Themenschwerpunkten: „Kondom-TÜV“, Pictogramme zu<br />

den HIV-Infektionswegen und eine Fragekarten-Spiel zum Thema<br />

Selbstbestimmung/Selbstsicherheit. An einem weiteren Info-Stand konnten sich<br />

die Schüler und Schülerinnen mit aktuellen Aufklärungsbroschüren versorgen.<br />

Die Jugend-Film-Tage sind ein gutes Beispiel dafür, wie die Vernetzung im<br />

Arbeitskreis Sexualpädagogik Früchte trägt. Keine Beratungsstelle alleine<br />

hätte das Projekt stemmen können. Am Gemeinschaftsprojekt waren neben der<br />

Aidsberatung Oberfranken folgende Stellen beteiligt: Avalon – Notruf- und<br />

Beratungsstelle gegen sexuelle Gewalt, die Beratungsstellen für<br />

Schwangerschaftsfragen der <strong>Diakonie</strong> <strong>Bayreuth</strong> und des Landratsamts,<br />

der Kreisjugendring, das Landratsamt/Abteilung Gesundheitswesen, das<br />

Jugendamt der Stadt <strong>Bayreuth</strong> und die Schulsozialarbeiter der Albert-<br />

Schweitzer-Mittelschule und der Volkschule Altstadt und Weidenberg.<br />

Info-Stände und Aktionen<br />

Gesundheitstage im FRITZ-Einkaufs-Center Kulmbach<br />

Neben den „klassischen“<br />

Info-Veranstaltungen<br />

haben wir in<br />

verschiedenen Städten<br />

Oberfrankens Info-Stand-<br />

Aktionen durchgeführt<br />

(hier z.B.<br />

Gesundheitstage im<br />

FRITZ-Einkaufs-Center<br />

Kulmbach). Weitere<br />

Beispiele sind: Tag der<br />

Jugend in Bamberg<br />

und Forchheim,<br />

Festival Junger<br />

Künstler <strong>Bayreuth</strong>,<br />

„Musik-Aids-<br />

Prävention“ (A-<br />

Capella-Nacht und Six-<br />

Pack) u.a.


Veranstaltungen<br />

und<br />

Aktionen<br />

Welt-Aids-Tag<br />

26<br />

Die Zeit um den Welt-Aids-Tag ist jedes Jahr ein Höhepunkt in unserer<br />

Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit. Als Beispiele für die<br />

unterschiedlichen Aktionen möchten wir stichpunktartig aufführen:<br />

Aids-Theaterprojekt Dossier Akkerman<br />

Dossier:<br />

Ronald<br />

Akkerman<br />

von Suzanne van<br />

Lohuizen<br />

Ein Theaterstück<br />

über das Leben -<br />

und Sterben mit<br />

der Krankheit<br />

Aids<br />

Foto: Lammel, Nordbayerischer Kurier<br />

Wir haben das Theaterstück Dossier Ronald Akkerman in den Vorjahren mit<br />

ermutigender Resonanz in Oberfranken gezeigt. Anlass, Beate Albrecht und<br />

Achim Conrad vom Theaterspiel Witten erneut nach Oberfranken zu holen –<br />

diesmal nach Bamberg, Coburg und Kulmbach. An den Aufführungen (zwei<br />

Bamberg, jeweils eine in Kulmbach und Coburg) haben 539 Schülerinnen und<br />

Schüler teilgenommen.<br />

Das Theaterstück bietet eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema Aids<br />

jenseits der üblichen Spaßprävention. Darüber hinaus nimmt es die spezifischen<br />

Aspekte einer Helfer-Klienten-Beziehung auf - einer Beziehung, die von einer<br />

lebensbedrohlichen Erkrankung geprägt und mitbestimmt wird. Im Anschluss an das<br />

Theaterstück bestand die Möglichkeit, mit den Schauspielern und Beratern zu<br />

diskutieren und auch aktuelle Fragen aufzunehmen (z.B.„Welches Gesicht hat Aids<br />

heute?“).


27<br />

Streetwork (Szene- bzw. Kneipenarbeit)<br />

Ehrenamtliche MitarbeiterInnen im Einsatz; Foto privat<br />

Ehrenamtliche Helfer im<br />

Einsatz: Mit ca. 1000<br />

Info-Päckchen<br />

„Gummis für alle<br />

Fälle“ (Safer Sex<br />

Borschüren und Give<br />

aways) wurden im<br />

Cineplex-Kino und in<br />

<strong>Bayreuth</strong>er Szene-<br />

Kneipen Besucher auf<br />

eine lustige und lockere<br />

Art angesprochen. Die<br />

Reaktionen waren<br />

durchweg positiv – eine<br />

Aktion, die viele<br />

Menschen erreicht und<br />

uns Spaß gemacht hat.<br />

Infostände – z.B. Stadtbad und Lohengrintherme zeigen Flagge!<br />

Zum Welt-Aids-Tag ging ein Info-Stand der Aidsberatungsstelle Oberfranken auf<br />

„Wanderschaft“. Den Auftakt bildete das Stadtbad <strong>Bayreuth</strong>. Wir haben damit<br />

die „Botschafter“-Kampagne der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung<br />

aufgenommen und unterstützt. Besucher konnten auch aktuelle Broschüren und<br />

Give-aways erhalten. In den folgenden Wochen war der Stand dann in der<br />

Lohengrintherme.


28<br />

Info-Veranstaltungen und Red Ribbon Schüler-Aktionen zum Welt-<br />

Aids-Tag (z.B. Gymnasien in <strong>Bayreuth</strong>, Bamberg, Coburg und Selb)<br />

Zum Welt-Aids-Tag finden in den oberfränkischen Schulen oftmals eigenständige<br />

Aktionen der Schulen bzw. der Schülermitverwaltungen statt. Wir freuen uns<br />

sehr über das tolle Engagement der Schüler. Wir unterstützen sie bei der<br />

Umsetzung der Ideen, stellen Info-Materialien und Give-aways zur Verfügung<br />

und wirken bei Info-Veranstaltungen im Rahmen unserer Möglichkeiten auch<br />

persönlich mit.<br />

Plakat-Aktion „Aids ein Gesicht geben“<br />

Die Plakat-Kampagne wurde gemeinsam mit unseren Kollegen der Aidsberatung<br />

Niederbayern entwickelt. Wir haben in diesem Jahr die Plakate an alle<br />

oberfränkischen Berufs- und Fachschulen verteilt, verbunden mit der Bitte sie<br />

auszuhängen und damit ein Zeichen gegen das Vergessen zu setzten.<br />

Auf fünf verschiedenen Plakaten haben wir Betroffenen aus unserer Region das<br />

Wort geben. Sie beschreiben ihre Ängste nach der Diagnose „HIV-Positiv“,<br />

erzählen uns vom „Leben heute“ und teilen uns ihre Wünsche und Hoffnungen<br />

mit. Damit – so die Idee – wird Aids erfahrbar, bleibt keine abstrakte Zahl, hinter<br />

der die Menschen schnell übersehen werden.<br />

Riesen-Schleife auf dem Fußballfeld: Fußballer greifen im Kampf<br />

gegen Aids an<br />

Mit einer außergewöhnlichen Aktion haben die beiden Mannschaften des TSV<br />

Neudrossenfeld und der Würzburger Kicker bei ihrem Spiel auf den Welt-Aids-Tag<br />

aufmerksam gemacht. Vor dem Anpfiff haben sie eine riesige rote Stoffschleife<br />

ausgelegt und damit ein mutiges und ermutigendes Zeichen der Solidarität<br />

gesetzt. Unterstützt wurde die Aktion von der B-Jugend des JGF-<strong>Bayreuth</strong>-West.<br />

Informationstag im Bayerischen Landtag zur Prävention von HIV<br />

und AIDS<br />

Vertreter der Psychosozialen AIDS-Beratungsstellen (darunter auch die<br />

Aidsberatung Oberfranken), des Öffentlichen Gesundheitsdienstes, der AIDS-<br />

Hilfen e.V. und verschiedener AIDS-Projekte informierten in Fachgesprächen<br />

über ihre Arbeit. Die Landtagspräsidentin Barbara Stamm unterstrich in der<br />

Eröffnung, dass AIDS weder an Aktualität noch an Aufklärungs- und<br />

Präventionsbedarf verloren hat: „Gleichzeitig müssen wir alles dafür tun, damit<br />

Stigmatisierung und Ausgrenzung der Betroffenen keine Chance haben“, sagte<br />

Barbara Stamm. Der Bayerische Staatsminister für Umwelt und Gesundheit Dr.<br />

Markus Söder sicherte dem Aids-Netz weitere Unterstützung zu: „Angesichts dieser<br />

Herausforderungen werde der Freistaat seine Anstrengungen zur Eindämmung<br />

von HIV und AIDS unvermindert weiterführen. Auch 2011 sollen – trotz Sparkurs<br />

– wieder rund 3,7 Millionen Euro für Maßnahmen zur Eindämmung von AIDS<br />

bereitgestellt werden“ (Quelle: www.bayern.landtag.de unter Aktuelles –<br />

Veranstaltungen – Besondere Ereignisse).


29<br />

Benefizkonzert zum Welt-Aids-Tag in Bamberg<br />

„Beindruckendes Zeichen der Solidarität“<br />

Das Benefizkonzert zum Welt-Aids-Tag in Bamberg bildet einen Höhepunkt der<br />

verschiedenen Veranstaltungen die wir um den 1. Dezember durchführen. Es ist<br />

inzwischen zu einer festen Größe geworden und wird von uns gemeinsam mit<br />

dem Landratsamt/Abteilung Gesundheitswesen durchgeführt. Die<br />

künstlerische Leitung und Organisation hat wieder Harald Schneider<br />

übernommen und das bereits seit 10 Jahren – ein wirklich außergewöhnliches<br />

ehrenamtliches Engagement!<br />

Die beteiligten Künstler<br />

Tenor Hartmut Schröder<br />

und der Musiker Markus<br />

Zugehör verzichteten auf<br />

ihre Gage, so dass die<br />

eingehenden Spenden voll<br />

dem guten Zweck<br />

zugeführt werden konnten.<br />

In diesem Jahr ging die<br />

Zuwendung – neben der<br />

Unterstützung Betroffener<br />

in Bamberg und der Region<br />

– erstmals an ein Schulprojekt<br />

für Waisenkinder<br />

in Äthiopien.


30<br />

Weiter Informationen zum Hilfsprojekt können unter: www.eineweltleipzig.de/de/aethiopienprojekt/<br />

eingesehen werden. Wir haben dem Verein Eine<br />

Welt Leipzig e.V., der das Projekt „Children and Women Aid Organisation“<br />

begleitet und unterstützt, 1028 Euro für die Arbeit vor Ort übergeben.<br />

Unsere jahrelange Partnerschaft zum Aidswaisen-Projekt COSNA<br />

(Mityana, Uganda) wurde im letzten Jahr beendet, nach dem unsere<br />

persönliche Ansprechpartnerin Frau Dr. Cissy Nganda nicht mehr vor Ort ist. Wir<br />

sind froh und dankbar, dass wir die stetigen Fortschritte mitverfolgen konnten<br />

und das Projekt immer selbständiger geworden ist - im besten Sinne Hilfe zur<br />

Selbsthilfe. Unsere Unterstützung ist nicht mehr notwendig, zumal das Projekt<br />

auch von anderen Spendern weiterhin bedacht wird.<br />

Herzlichen Dank!<br />

Bei der Beschreibung der einzelnen Maßnahmen und Projekte, haben wir bereits<br />

auf die vielfältige Unterstützung hingewiesen, die wir immer wieder erfahren.<br />

Aids ist ja einerseits ein Thema, das zu Abwehr und Verdrängung führt,<br />

gleichzeitig finden wir aber auch Mitstreiter, die ein Gegenzeichen setzen und mit<br />

ihren Ideen und Impulsen unsere Arbeit begleiten und bereichern:<br />

• Die Kollegen der Landratsämter in Oberfranken (in diesem Jahr<br />

insbesondere: Bamberg, Coburg, Kulmbach, <strong>Bayreuth</strong> und Hof)<br />

• Das Netz der Psychosozialen Bayerischen Aidsberatungsstellen<br />

• Pro Familia Bamberg e.V.<br />

• Die KollegInnen im Arbeitskreis Sexualpädagogik <strong>Bayreuth</strong><br />

• Uni Bamberg und <strong>Bayreuth</strong>; (Fach-)Schulen in Oberfranken, die sich an<br />

Präventions-Projekten beteiligt haben<br />

• Uferlos e.V. Schwule und Lesben in Bamberg e.V.<br />

• Jürgen Schmitzer für die Präsenz der Aidsberatung im gayromeo-Portal<br />

• JFG <strong>Bayreuth</strong> West (Jochen Macht, Jugendtrainer - Fußball-Peer-<br />

Prävention)<br />

• Weitere Koopertionspartner in der Präventionsarbeit: bfz-<strong>Bayreuth</strong> und<br />

Marktredwitz, Wefa Coburg und Kronach, Kolpingswerk und<br />

Jugendkulturzentrum Immer Hin, Bamberg, Horizonte <strong>Bayreuth</strong>,<br />

Lebenshilfe Bamberg, …<br />

• Förderer und Unterstützer, wie z.B. Otmar Thiel, St. Johannes-Apotheke<br />

Frensdorf, Peter Röhrig, Frisör Schneideplatz, Bamberg, Dr. Lothar<br />

Schneider, Fürth, die Kleine Kneipe „Harlekin“ Kulmbach („Miss Carmen“),<br />

Förderverein der Beratungsstellen der <strong>Diakonie</strong> <strong>Bayreuth</strong> (Frau Dr. Beate<br />

Kuhn) und weitere Einzelpersonen


31<br />

Ehrenamtliche Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter und Praktikant/innen<br />

unterstützen uns auf vielfältige Art und Weise. Vor allem im<br />

Präventionsbereich sind sie unverzichtbar und bringen eine kreative, bunte<br />

Kompetenz mit ein. Christine Söllner und Martin Dörnhöfer engagieren sich<br />

zusätzlich in der ehrenamtlichen Begleitung und Beratung von Menschen mit<br />

HIV/Aids.<br />

Und für die fachliche Begleitung und finanzielle Sicherung der Aids-Beratung:<br />

• Aids-Referat des Diakonischen Werks Bayern, die <strong>Diakonie</strong> <strong>Bayreuth</strong> und<br />

die Evangelische Landeskirche<br />

• Regierung Oberfranken<br />

• Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit<br />

4. FAZIT UND AUSBLICK<br />

Aids heute – das ist nicht mehr das Aids, als wir mit der Arbeit begonnen haben.<br />

Im Rückblick werden die enormen Fortschritte – auf medizinischer und<br />

gesellschaftlicher Ebene – umso deutlicher sichtbar. Fakt ist aber auch: Eine<br />

Behandlung, mit der HIV ausgemerzt werden kann, gibt es (noch) nicht. Eine<br />

ursächliche Heilung ist nicht in Sicht. Unsere Arbeit wird mit der<br />

„Medizinalisierung“ nicht einfacher, sondern komplexer. Wenn wir über Aids<br />

sprechen, so müssen wir einen schwierigen Spagat bewältigen. Wir wollen die<br />

hoffnungsvollen Aspekte betonen, um den Betroffenen Mut zu machen, mit HIV<br />

zu leben (mit HIV alt zu werden?). Gleichzeitig wollen wir nicht einer neuen<br />

Verharmlosung Vorschub leisten.<br />

Im psychosozialen-medizinischen Versorgungsnetz haben wir noch keine<br />

wirkliche Normalisierung erreicht. Betroffene müssen sich nach wie vor auf<br />

unangemessene Reaktionen ihres sozialen Umfelds einstellen. Dabei geht es<br />

weniger um offene oder eindeutige Diskriminierung – der gesellschaftliche<br />

Konsens in Deutschland gibt hier klar die Richtung vor – sondern diffuse Abwehr<br />

und/oder Verschiebung der Gründe prägen oftmals das Bild („HIV ist für mich gar<br />

kein Problem, aber…“). Ein Beispiel: Die Kündigung erfolgt nicht weil das HIVpositive<br />

Ergebnis bekannt geworden ist, sondern der Zeitvertrag wird einfach<br />

nicht verlängert (und das obwohl ein hoher Arbeitsbedarf besteht). Seinem<br />

Hausarzt, seiner Frauenärztin, dem Zahnarzt das erste Mal mitzuteilen, dass man<br />

HIV-Positiv, ist noch immer eine Hürde und die Betroffenen sind unsicher, wie die<br />

Reaktionen ausfallen werden („Bekomme ich deshalb keinen Termin, weil ich das<br />

Positiv-Sein angegeben habe oder werden wirklich generell keine neuen<br />

Patienten angenommen?“).


32<br />

Die Verdrängung des widerborstigen Themas HIV und Aids ist nach wie vor<br />

groß. Ein Ergebnis ist, dass Risikosituationen oftmals nicht abgeklärt werden. Die<br />

Ermutigung zum HIV-Test - wenn ein reales Risiko vorliegt - ist deshalb<br />

weiterhin wichtig. Verdrängung führt auch dazu, dass die HIV-Infektion dann zu<br />

spät erkannt wird; mit möglicherweise fatalen Folgen, weil mit einer<br />

angemessenen Therapie nicht rechtzeitig begonnen werden konnte. Nur wer über<br />

seinen HIV-Status Bescheid weiß, kann angemessen für sich sorgen. Kopf in den<br />

Sand hilft da nicht weiter. Darüber hinaus hat der HIV-Test eine wichtige<br />

Funktion in der Prävention.<br />

Es ist also weiterhin wichtig, Aids zum Thema zu machen, dem heutigen Aids<br />

ein Gesicht zu geben. Der Kampf gegen Aids ist mit den medizinischen<br />

Fortschritten noch nicht gewonnen, es gibt keine Pille, die alles löst. Aids eine<br />

Anfrage an uns selbst, unser Verhalten, unsere Einstellung und Haltung: Flagge<br />

zeigen, Verantwortung für sich und andere übernehmen und an einer<br />

solidarischen Gesellschaft mitwirken.<br />

Aids bleibt auch in Zukunft eine persönliche und gesamtpolitische<br />

Herausforderung – Ihre Unterstützung ist dabei wichtig!<br />

<strong>Bayreuth</strong>, Mai 2011<br />

Hermann Schuster, Dipl. Psych.<br />

Leiter der Aidsberatung Oberfranken


Anhang<br />

33<br />

• HIV/Aids in Deutschland – Eckdaten und Trends<br />

(Kurzinformationen des Robert-Koch-Instituts<br />

Berlin; Stand Ende <strong>2010</strong>)<br />

• Auszug aus der Pressearbeit <strong>2010</strong>

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