Gemeindeblatt - Reformierten Kirchgemeinde Solothurn
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Gemeindeleben +<br />
Meine Lieblingsfigur in der Bibel<br />
Gottes den Geoffenbarten, Jesus<br />
Christus. Nicht sklavischer Buchstabenglaube<br />
soll freilich unseren<br />
Umgang mit den paulinischen Texten<br />
prägen – auch bei Paulus gibt<br />
es Höhen und Tiefen, Spannungen<br />
und Widersprüche. So versucht<br />
z.B. Paulus in 1. Korinther<br />
15 eine Begründung des Glaubens<br />
durch die Auferstehung Jesu<br />
auf eine betuliche Weise zu erreichen,<br />
die nicht seine sonstige Freiheit<br />
des Glaubens atmet. Die Botschaft<br />
erschliesst sich uns im Text,<br />
im Verstehen, in der Analyse und<br />
Auseinandersetzung darüber. Die<br />
Behandlung des Bibeltextes unterliegt<br />
in methodischer Hinsicht<br />
keinen andern Kriterien als die<br />
Behandlung anderer Texte, auch<br />
wenn er für uns heilig ist.<br />
Nicht durch Werke verdient<br />
Im Kern geht es um die Heilstat<br />
Gottes im Kreuzesgeschehen Jesu<br />
Christi und die Rechtfertigung des<br />
Menschen – im Glauben angenommen,<br />
nicht durch Werke verdient –<br />
so wie es von Paulus am direktesten<br />
in Römer 3, Vers 21 ff und Galater 3<br />
formuliert wird.<br />
Ganzheitliche Sicht<br />
Zum Bedeutsamsten der paulinischen<br />
Botschaft gehört auch seine<br />
Anthropologie (Menschenlehre).<br />
Paulus verwendet für den Menschen<br />
den (griechischen) Begriff<br />
des Soma (Leib), den er nicht hat,<br />
sondern der er ist, der seine ganze<br />
Präsenz ausmacht. Im Unterschied<br />
zur bloss materiellen Sarx (Fleisch),<br />
ist das Soma durchwirkt mit dem<br />
Pneuma (Geist). Diese ganzheitliche<br />
Sicht des Menschen hat weitreichende<br />
Konsequenzen für den<br />
Gottesbezug – der ständige Kampf,<br />
wem der Leib gehört, Gott oder<br />
dessen Gegenmächten – , für sei-<br />
ne Lehre von der leiblichen (nicht<br />
fleischlichen!) Auferstehung der<br />
Toten im Gegensatz zur griechischen<br />
Unsterblichkeit der Seele –<br />
und für die Sexualität: Der in der<br />
Moderne so oft gegen Paulus geäusserte<br />
Vorwurf der «Leibfeindlichkeit»<br />
ist verfehlt. Paulus würde<br />
sagen: Im Gegenteil! Eben gerade<br />
weil euer Leib so wertvoll und von<br />
Gott geadelt ist, deshalb gebt ihn<br />
nicht bei jeder Gelegenheit hin.<br />
Natürlich werden wir in der Moderne,<br />
in einem völlig veränderten<br />
sozio-kulturellen Umfeld, manchmal<br />
andere ethische Entscheidungen<br />
treffen als Paulus. Aber für die<br />
gesamte Bedeutung des Paulus für<br />
uns steht diese ethische Ebene<br />
(Handlungsebene) ganz eindeutig<br />
unterhalb der dogmatischen<br />
(Glaubensebene).<br />
Widersprüche<br />
Gerade angesichts der heutigen<br />
Tendenz, alles Widersprüchliche<br />
aus Denken und Weltbild herauszufiltern,<br />
anstatt es auszuhalten<br />
und auch seine Fruchtbarkeit zu<br />
erkennen, ist die Erkenntnis von<br />
Paulus zentral, dass seine Botschaft<br />
keineswegs leicht eingängig ist und<br />
auf einer Vernunftebene einfach<br />
so aufgeht. Im Gegenteil: Die Botschaft<br />
vom Christus, dem Gekreuzigten,<br />
ist, wie er es in damaligen<br />
Völkerkategorien ausdrückt, «den<br />
Juden ein Ärgernis und den Heiden<br />
eine Torheit» (1. Kor. 1,23).<br />
Mitgefühl für den Verfolgten<br />
Vielleicht hängt es damit zusammen,<br />
dass uns Paulus an Glauben<br />
und Denken einiges zumutet, dass<br />
bei Weiterbildungskursen manchmal<br />
zwei Drittel der Theologinnen<br />
und Theologen angeben, mit Paulus<br />
nichts mehr anfangen zu können,<br />
was ich mit wenig Freude kons-<br />
tatiere. Meine Sympathie für Paulus<br />
liegt nicht in der Bewunderung für<br />
einen Popstar, sondern gründet<br />
im echten Mitgefühl für den Verfolgten,<br />
Gefangenen, Hingerichteten;<br />
für den Missverstandenen<br />
(Gemeindekonflikte), den Chronischkranken<br />
(wahrscheinlich<br />
Epilepsie) – der das alles so bewundernswert<br />
im Glauben ertragen hat.<br />
Stärke in der Schwäche<br />
Es ist zwar erstaunlich, was für<br />
eine Energieleistung Paulus – objektiv<br />
gesehen – angesichts der<br />
zahlreichen Widerstände und<br />
Widerwärtigkeiten in seinem Leben<br />
vollbracht hat. Aber subjektiv<br />
hat gerade er die unheimliche Begrenztheit<br />
angesichts seines grossen<br />
Vorhabens gespürt und darum<br />
gewusst, was ihn bis hin zum paradoxen<br />
Satz geführt hat: «Wenn ich<br />
schwach bin, dann bin ich stark»<br />
(2. Korinther 12,10) – gemeint ist:<br />
nur weil du, Gott, in mir wirkst und<br />
stark bist, bin ich stark. Nur wer<br />
um dieses Paradox der Wirkungskraft<br />
des Paulus in und trotz seiner<br />
Gebrochenheit weiss und ihn<br />
nicht einfach kritiklos heroisiert,<br />
interpretiert das Leben des Apostels<br />
richtig. Doch eine solche Botschaft<br />
hat es heute ganz schwer,<br />
sich durchzusetzen, selbst innerhalb<br />
der Kirche; einer Kirche, die<br />
sich zunehmend dem naiven Hang<br />
zum Perfektionismus in der Gesellschaft<br />
kritiklos anpasst. So verstanden<br />
wird Paulus dann doch noch<br />
zu meiner «Lieblingsperson in der<br />
Bibel».<br />
Herzlich<br />
grüsst Sie<br />
Pfarrer<br />
Hermann<br />
Gilomen<br />
<strong>Gemeindeblatt</strong> der <strong>Reformierten</strong> <strong>Kirchgemeinde</strong> <strong>Solothurn</strong><br />
Inhalt<br />
Gegenstände des Christentums<br />
und des Islam S. 6<br />
Merci an die Freiwilligen S. 7<br />
Erntedankgottesdienst auf<br />
dem Rosegghof S. 7/8<br />
Aus den<br />
Gemeindekreisen S. 8–11<br />
Kirchliche Handlungen S. 11<br />
Ausblick S. 12<br />
Adressen S. 13<br />
Veranstaltungen S. 14–15<br />
Gottesdienste S. 15–16<br />
Impressum<br />
Herausgeberin:<br />
Reformierte <strong>Kirchgemeinde</strong><br />
<strong>Solothurn</strong>, Baselstrasse 12<br />
Postfach 1455<br />
4502 <strong>Solothurn</strong><br />
Tel. 032 626 30 30<br />
verwaltung@solothurnref.ch<br />
www.solothurnref.ch<br />
www.orgel-stadtkirche.org<br />
www.kantorei-so.ch<br />
Redaktion und Layout:<br />
Angelica Schorre (sch)<br />
Tel. 032 622 33 68<br />
Angelica.Schorre@solothurnref.ch,<br />
angelica.schorre@gawnet.ch<br />
Urs Scheidegger (us, Stv.)<br />
urs.scheidegger.4542@bluewin.ch<br />
Lektorat: Peter Bürgi<br />
Redaktionsschluss für die<br />
November-Ausgabe:<br />
30. September 2012<br />
Adressänderungen:<br />
Tel. 032 626 30 30<br />
verwaltung@solothurnref.ch<br />
Druck und Versand:<br />
Vogt-Schild Druck AG<br />
4552 Derendingen<br />
Auflage:<br />
7100 Exemplare, erscheint monatlich<br />
2 10/2012