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Das Wörterbuch – ein Spiegel der Zeit?! Teil 1 - bei DuEPublico

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1.1 Auffälligkeiten in Wörterbüchern<br />

MACKENSEN noch in den 50er Jahren Standpunkte zumindest duldete, die sich von im<br />

Faschismus propagierten kaum unterschieden, läßt sich aus <strong>ein</strong>er an<strong>der</strong>en Passage <strong>bei</strong><br />

RÖMER schließen:<br />

„1954 erschien in <strong>der</strong> ‚Muttersprache‘ <strong>ein</strong> Artikel über „Her<strong>der</strong> und die deutsche<br />

Sprache“ von Wilhelm Schoof, <strong>der</strong> ebensogut zehn Jahre vorher hätte ersch<strong>ein</strong>en<br />

können, so viel ist darin von Arteigenem, Bodenständigem, Fremdländischem, von<br />

Volkstum, Muttersprache als <strong>der</strong> von dem mütterlichen Blut ererbten Sprechfähigkeit,<br />

von nationaler Verpflichtung und Kampf gegen das Welschtum die Rede und<br />

vom lat<strong>ein</strong>ischen Geist, den die Römer und später die Mönche nach Deutschland<br />

<strong>ein</strong>geschleppt hätten.“ 49<br />

Redakteur <strong>der</strong> „Muttersprache“ war zu dieser <strong>Zeit</strong> LUTZ MACKENSEN.<br />

Doch die in den oben zitierten Einträgen festgestellten „Unstimmigkeiten“ all<strong>ein</strong> mit <strong>der</strong><br />

Person des Herausgebers zu begründen, reicht nicht. Dies zeigen vergleichbare Einträge<br />

in an<strong>der</strong>en Wörterbüchern. In „Duden. Deutsches Universalwörterbuch“ (Duden DUW)<br />

<strong>bei</strong>spielsweise, das von <strong>der</strong> konzeptionellen Anlage her den MACKENSENSCHEN Wbs<br />

vergleichbar ist, findet sich <strong>der</strong> Eintrag:<br />

1.26 Konzentrationslager, das [wohl LÜ von engl. concentration camp,<br />

Bez. für die erstmals 1901 vom brit. Feldmarschall H. H. Kitchener<br />

(1850-1916) <strong>ein</strong>gerichteten Internierungslager im Burenkrieg (1899-<br />

1902)] (bes. ns.): Lager, in das Menschen aus politischen, religiösen<br />

od. rassischen Gründen verbracht u. in dem sie unter menschenunwürdigen<br />

Bedingungen gefangengehalten [bzw. <strong>ein</strong>er Massenvernichtung<br />

ausgeliefert] werden: ins K. kommen; jmdn. in <strong>ein</strong> K. <strong>ein</strong>weisen;<br />

jmdm. mit K. drohen; Abk.: KZ<br />

Dieser Eintrag ist in den ersten drei erschienenen Auflagen des Duden DUW (1983,<br />

1989 und 1996) wortgleich formuliert. Auch im achtbändigen „Duden. <strong>Das</strong> große<br />

<strong>Wörterbuch</strong> <strong>der</strong> deutschen Sprache“ (Duden GW 1993ff.) sind die Formulierungen <strong>der</strong><br />

Angaben zur Herkunft und zur Bedeutung identisch, jedoch sind an<strong>der</strong>e Verwendungsbelege<br />

angegeben:<br />

1.27 daß sie sich gelegentlich <strong>bei</strong> ihrem Gatten für Juden aus <strong>der</strong> guten<br />

Gesellschaft <strong>ein</strong>setze <strong>–</strong> die Juden kamen trotzdem ins K. (K. Mann,<br />

Mephisto 27); 1933 wurden die ersten Schwulen ins K. gebracht<br />

(Schwamborn, Schwulenbuch 104); Schutzhaftbefehle, Einweisungen<br />

in K., Vermögensbeschlagnahmen … und alle sonstigen Maßnahmen<br />

<strong>der</strong> Gestapo waren hierdurch jeglicher Kontrolle entzogen<br />

(Fraenkel, Staat 289); in den heutigen -n <strong>der</strong> UdSSR (<strong>Spiegel</strong> 36,<br />

„1933 bekannte sich <strong>ein</strong>e beträchtliche Anzahl deutscher Philologen, Literatur- und Sprachwissenschaftler,<br />

darunter solche, die heute zu den berühmtesten <strong>der</strong> Disziplin gezählt werden,<br />

öffentlich zu Adolf Hitler.“ (RÖMER, R.: 2 1989, S. 177)<br />

49 RÖMER, R.: 2 1989, S. 179. RÖMER bezieht sich hier auf den Artikel: SCHOOF, WILHELM: 1954.<br />

Her<strong>der</strong> und die deutsche Sprache. In: Muttersprache, S. 32<strong>–</strong>33.<br />

ELiSe, Beiheft 1.1, 2001 25

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