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Das Wörterbuch – ein Spiegel der Zeit?! Teil 1 - bei DuEPublico

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1.1 Auffälligkeiten in Wörterbüchern<br />

<strong>bei</strong>tragen. Die Ausnutzung von systematischen Bedeutungsvarianten und Vagheitsspielräumen<br />

macht den flexiblen Einsatz von Sprache möglich: Ein Ausdruck<br />

ist in verschiedenen Situationen in <strong>ein</strong>er Vielzahl unterschiedlicher Lesearten bzw.<br />

Präzisierungen verwendbar, und zwar mit dem Grad an Präzision, <strong>der</strong> den jeweiligen<br />

Erfor<strong>der</strong>nissen angemessen ist.“ 78<br />

Die „semantische Unbestimmtheit“ sprachlicher Ausdrücke (PINKAL: 1991) korrespondiert<br />

mit <strong>der</strong> grundlegenden Eigenschaft natürlicher Sprachen bzw. dokumentiert diese,<br />

daß die Ausdrucksseite verbal-vokaler und verbal-nonvokaler Zeichen 79 nur auf die<br />

(mögliche) Existenz <strong>ein</strong>er Inhaltsseite verweist, nicht aber auf <strong>der</strong>en Qualität. Nur<br />

„angedacht“ sei an dieser Stelle die Überlegung <strong>–</strong> sie wird in an<strong>der</strong>en Zusammenhängen<br />

aufzugreifen s<strong>ein</strong> <strong>–</strong>, daß sich die in Wörterbüchern angegebene Bedeutung lexikalischer<br />

Einheiten als <strong>ein</strong>e Funktion <strong>der</strong> Beschreibung <strong>der</strong> Bedeutung erweist. Die Beschreibung<br />

<strong>der</strong> Bedeutung ist damit aber entscheidend abhängig von den für die Beschreibung<br />

verfügbaren lexikalischen Einheiten und syntaktischen Strukturen, und die Bedeutung<br />

ergibt sich aus den in <strong>der</strong> Beschreibung genutzten lexikalischen Einheiten und syntaktischen<br />

Strukturen.<br />

Bei SCHMITZ-BERNING findet sich <strong>ein</strong> Eintrag zu Konzentrationslager, <strong>der</strong> zeigt,<br />

daß mit an<strong>der</strong>en Mitteln und an<strong>der</strong>en Strukturen Angaben zur Bedeutung formuliert<br />

werden können, die weniger vage und weniger mehrdeutig sind als die bislang vorgestellten<br />

<strong>–</strong> für <strong>ein</strong> Sprachwörterbuch wäre <strong>der</strong> WbE durch Angaben zu Sprachformalien<br />

(Artikel etc.) zu ergänzen:<br />

1.54 Konzentrationslager (KL, KZ) Haftlager, Ar<strong>bei</strong>tslager, Todeslager<br />

für Regimegegner und an<strong>der</strong>e Personengruppen, die aus ideologischen<br />

und rassistischen Gründen als ↑ Volksschädlinge und ↑ Min<strong>der</strong>wertige<br />

klassifiziert wurden (wie Bibelforscher, Geistliche, sogenannte<br />

Ar<strong>bei</strong>tsscheue, Berufsverbrecher, polnische u. a. Zwangsar<strong>bei</strong>ter,<br />

sowjetische Kriegsgefangene, Homosexuelle, Zigeuner und<br />

vor allem Juden). 80<br />

78<br />

PINKAL, M.: 1991, S. 250. In Anlehnung an den zitierten Artikel PINKALS differenziert HEL-<br />

MUT REHBOCK: „Ambige Ausdrücke haben konkurrierende Interpretationen, semant. vage<br />

Ausdrücke dagegen koexistierende gegensätzl. Präzisierungen […].“ (REHBOCK, HELMUT:<br />

1993. Vagheit. In GLÜCK, HELMUT (Hg.): Metzler Lexikon Sprache. Stuttgart, Weimar,<br />

S. 670.) PINKAL betont aber, „daß es tatsächlich nicht <strong>ein</strong> klares Kriterium für die Unterscheidung<br />

von Vagheit und Ambiguität gibt, son<strong>der</strong>n <strong>ein</strong>e Reihe von Unterschieden, und dementsprechend<br />

<strong>ein</strong>e Palette von Übergangsformen zwischen r<strong>ein</strong>er Vagheit und prototypischer<br />

Mehrdeutigkeit.“ (PINKAL, M.: 1991, S. 251.)<br />

79<br />

Ich orientiere mich hier an dem Kode-Kanal-Modell von MURIEL SAVILLE-TROIKE, das<br />

zwischen verbalem und nonverbalem Kode <strong>ein</strong>erseits sowie vokalem und nonvokalem Kanal<br />

an<strong>der</strong>erseits unterscheidet; vgl. SAVILLE-TROIKE, MURIEL: 2 1989 (1982). The Ethnography of<br />

Communication. An Introduction. Oxford.<br />

80<br />

SCHMITZ-BERNING, C.: 1998, S. 352. SCHMITZ-BERNINGS Angabe in <strong>ein</strong>er Fußnote zu diesem<br />

Abschnitt, daß das Lemma in <strong>der</strong> 13. Auflage <strong>der</strong> Duden-Rechtschreibung von 1947 getilgt<br />

sei, trifft nicht zu.<br />

ELiSe, Beiheft 1.1, 2001 35

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