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Wollschläger, Der Täterkreis des § 299 Abs. 1 StGB und Umsatzprämien im Stufenwettbewerb Wostry<br />
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290<br />
B u c h r e z e n s i o n<br />
Sebastian Wollschläger, Der Täterkreis des § 299 Abs. 1<br />
StGB und Umsatzprämien im Stufenwettbewerb, C.F. Müller<br />
Verlag, Heidelberg 2009, 180 S., € 52,-<br />
Der Täterkreis des § 299 Abs. 1 StGB ist ein strafrechtliches<br />
Dauerthema – sowohl in der Praxis als auch in der Wissenschaft.<br />
Dabei umschreibt der Titel der zu besprechenden Dissertation<br />
ein Feld, auf dem teilweise mit grob kalibrierten<br />
Seismographen nach „mittleren Erdbeben“ 1 gesucht wird, wo<br />
doch juristisches Handwerkszeug und eine der Ultima Ratio-<br />
Funktion des Strafrechts Rechnung tragende Auslegung gefragt<br />
sind. 2 In diese Lücke stößt die vorliegende Kölner Dissertation<br />
von Wollschläger. Der Autor ist mit dem Anspruch<br />
angetreten, „den geltenden Anwendungsbereich der Vorschrift<br />
einzugrenzen und rechtspolitische Forderungen nach einer<br />
Ausweitung desselben kritisch zu hinterfragen“ (S. 2). Die<br />
Dissertation teilt sich in zwei Abschnitte: Im ersten Teil beschäftigt<br />
sich der Verf. – dem Titel der Arbeit entsprechend –<br />
mit dem Täterkreis des § 299 Abs. 1 StGB, den das Gesetz<br />
mit „Angestellten“ oder „Beauftragten“ umschreibt. Der<br />
zweite Teil der Arbeit ist der Frage nach der Reformbedürftigkeit<br />
des Bestechlichkeitstatbestandes gewidmet.<br />
Im ersten Teil seiner Dissertation untersucht Wollschläger<br />
zunächst das durch § 299 StGB geschützte Rechtsgut. Dieses<br />
sieht er – nach intensiver Auseinandersetzung mit divergierenden<br />
Auffassungen – allein im Schutze des lauteren Wettbewerbs<br />
(S. 13 ff.). Hier findet der Leser eine willkommen<br />
klare Stellungnahme dazu, an welchem Maßstab der Tatbestand<br />
des § 299 StGB abzumessen ist. Auch wenn die bislang<br />
wohl h.M. ein darüber hinausgehendes Konglomerat von<br />
Schutzgütern ausmacht, so ist diesem Teil der Untersuchung<br />
uneingeschränkt zuzustimmen. 3 Das gefundene Ergebnis nutzt<br />
Wollschläger sogleich dazu, das UWG für die weitere Tatbestandsauslegung<br />
fruchtbar zu machen (S. 26). 4 So legt er seiner<br />
Ausarbeitung die Maxime zugrunde, wonach ein nach<br />
dem UWG zulässiges Verhalten nicht zu einer strafrechtlichen<br />
Sanktion unter § 299 StGB führen dürfe, was methodisch<br />
als Eingangshürde der Strafbarkeitsprüfung anzusehen<br />
sei (S. 28 f.).<br />
Der methodischen Grundlegung folgt eine Betrachtung<br />
der lauterkeitsrechtlichen Rechtsprechung zu Fällen sog.<br />
„Umsatzprämien“, mithin solcher Prämien, die etwa ein Lie-<br />
1<br />
Pragal, NStZ 2005, 133 (136).<br />
2<br />
Vgl. dazu auch Wollschläger, Der Täterkreis des § 299<br />
Abs. 1 StGB und Umsatzprämien im Stufenwettbewerb,<br />
2009, S. 164 ff.<br />
3<br />
Vgl. in dieser Richtung auch Brand/T. Wostry, ZInsO 2008,<br />
64; dies., WRP 2008, 637 sowie T. Wostry, JR 2011, 165,<br />
jeweils m.w.N. zu anderen Auffassungen.<br />
4<br />
Ein weiteres überzeugendes Beispiel für diese Vorgehensweise<br />
(mit eingehender Erörterung des sog. „Korkengeld-<br />
Falles“) findet sich bei Rengier, in: Sieber u.a. (Hrsg.), Strafrecht<br />
und Wirtschaftsstrafrecht, Dogmatik, Rechtsvergleich,<br />
Rechtstatsachen, Festschrift für Klaus Tiedemann zum 70.<br />
Geburtstag, 2008, S. 837.<br />
<strong>ZIS</strong> 6/2012<br />
ferant an Angestellte oder den Inhaber eines geschäftlichen<br />
Betriebs zur Absatzförderung auslobt oder gewährt (S. 29 ff.).<br />
Den Umstand, dass die Rechtsprechung herkömmlich auch<br />
die Prämiengewährung an den Betriebsinhaber für wettbewerbswidrig<br />
halte, kontrastiert Wollschläger mit zahlreichen<br />
Stellungnahmen aus der Literatur (S. 36 ff.) und gelangt<br />
schließlich zu dem Ergebnis, dass gerade die Gewährung von<br />
Prämien an den Betriebsinhaber wettbewerbsrechtlich unbedenklich<br />
sei. 5 Nichts anderes dürfe sodann für den Fall gelten,<br />
dass mit Einverständnis des Prinzipals die Prämien an die<br />
Angestellten oder Beauftragten geleistet werden (S. 54). Eine<br />
Ausnahme macht Wollschläger allerdings für Fälle der sog.<br />
„Drittverantwortlichkeit“ des Prinzipals: habe der Geschäftsherr<br />
rein rechtlich für die sachliche Beratung des Kunden einzustehen,<br />
so ziele die Erwartung des Verbrauchers auf dessen<br />
unbeeinflusstes Vorgehen; mithin trage auch das Einverständnis<br />
des selbst wettbewerbswidrig handelnden Geschäftsherren<br />
die Prämienannahme seiner Angestellten oder Beauftragten<br />
nicht (ebd.).<br />
Nunmehr widmet sich Wollschläger dem eigentlichen<br />
Kernthema seiner Arbeit – dem Täterkreis des § 299 Abs. 1<br />
StGB. Vorgeschaltet ist an dieser Stelle zunächst ein recht<br />
detaillierter Abschnitt über das Merkmal „geschäftlicher Betrieb“.<br />
Zustimmungswürdig ist hier insbesondere die Feststellung,<br />
dass mit dem Eintritt in wettbewerbliche Verhältnisse<br />
der Staat nicht ohne Weiteres den Schutz der §§ 331 ff. StGB<br />
in Anspruch nehmen darf (S. 62), sondern ggf. in das Regime<br />
des § 299 StGB fällt. 6 Im Anschluss daran werden die Anforderungen<br />
an die Merkmale des Angestellten und des Beauftragten<br />
skizziert (S. 70 ff.). Dass auch an dieser Stelle die eingangs<br />
vorgestellte Methode der abgestuften Auslegung durchgehalten<br />
wird, exemplifiziert der Autor etwa daran, dass er<br />
die Einbeziehung von „Noch-Nicht-Angestellten“ (S. 72) unter<br />
dem Aspekt der Wettbewerbsgefährdung für wünschenswert<br />
erachtet, de lege lata zumindest mit dem Wortlautargument<br />
ablehnt. Uneingeschränkt zustimmungsfähig ist auch<br />
die nachfolgende Position Wollschlägers, für das Tatbestandsmerkmal<br />
des Beauftragten nach § 299 Abs. 1 StGB sei<br />
eine Bestellung durch den Geschäftsherren erforderlich. Damit<br />
kommt etwa der Insolvenzverwalter nicht als Täter des<br />
§ 299 Abs. 1 StGB in Betracht. 7 Diese Position ist u.a. auch<br />
Gegenstand der aktuellen Vertragsarztdebatte 8 . Des Weiteren<br />
schließt sich Wollschläger – wieder zum Kern seiner Arbeit<br />
gewendet – der Auffassung an, dass bereits die Kenntnis des<br />
Prinzipals von der Prämienforderung oder -gewährung die<br />
Strafbarkeit der Angestellten und Beauftragten entfalle. Methodisch<br />
wählt der Autor den Weg einer teleologischen Reduktion<br />
des Tatbestandes, die sich stets an der Frage nach der<br />
Wettbewerbswidrigkeit der Prämienleistung orientiert (S. 80).<br />
Im Anschluss an einen Abriss zu Fragen mit Auslandsbezug<br />
wendet sich Wollschläger sodann unter der Überschrift<br />
5<br />
Kritik auch bei Rengier (Fn. 4), S. 837, 842 ff.<br />
6<br />
Vgl. weiterführend zu Kassenvorständen Rust/T.Wostry,<br />
MedR 2009, 319.<br />
7<br />
Vgl. Brand/T. Wostry, ZInsO, 2008, 64; Brand, DZWIR<br />
2008, 318.<br />
8<br />
Vgl. T. Wostry, JR 2011, 165.