Inhalt AUFSÄTZE BUCHREZENSIONEN VARIA ... - ZIS
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Ambos, Internationales Strafrecht Kreicker<br />
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Überzeugung des in der Strafrechtspraxis tätigen Rezensenten<br />
zur wenn auch nicht immer einfachen, so aber doch zu bewältigenden<br />
und alltäglichen Aufgabe der Strafjustiz gehört, aus<br />
äußeren Tatumständen auf Intentionen eines Angeklagten zu<br />
schlussfolgern – man denke nur an die auf besondere Beweggründe<br />
abstellenden Mordmerkmale des § 211 StGB, die in<br />
der Justizpraxis kaum ein Angeklagter einzuräumen bereit ist.<br />
Besonders herauszustellen ist in der vorliegenden, speziell<br />
die dritte Auflage betreffenden Rezension, dass Ambos in der<br />
Neuauflage bereits detailliert auf die Staatenkonferenz zum<br />
Aggressionsverbrechen eingeht, die 2010 in Kampala (Uganda)<br />
stattfand (§ 7 Rn. 261 ff.). Es ist zu begrüßen, dass er<br />
nicht nur die verabschiedeten Ergänzungen des Römischen<br />
Statuts beschreibt und kommentiert, sondern auch im Wortlaut<br />
wiedergibt, weil noch geraume Zeit bis zu ihrem Inkrafttreten<br />
verstreichen dürfte. Die ausführliche Schilderung des<br />
Prozesses bis zur Verabschiedung der Änderungen des Statuts<br />
macht zudem exemplarisch deutlich, wie schwierig es ist,<br />
bei einer Fortentwicklung der Zuständigkeit des IStGH die<br />
unterschiedlichsten Interessen der Staaten zu vereinen, weswegen<br />
Ambos zuzustimmen ist, wenn er den in Kampala<br />
letztlich gefundenen Kompromiss als Erfolg bezeichnet (§ 7<br />
Rn. 274).<br />
Abschließend befasst sich Ambos im zweiten Teil seines<br />
Lehrbuches mit dem Völkerstrafprozessrecht, also den verfahrensrechtlichen<br />
Regelungen zur Durchsetzung einer völkerrechtlichen<br />
Strafbarkeit (§ 8). Dabei geht es ihm – wie<br />
auch schon bei der Darstellung des materiellen Völkerstrafrechts<br />
– im Wesentlichen um die einschlägigen Bestimmungen<br />
des Römischen Statuts, das (erstmals) ein umfassendes<br />
völkerrechtliches Strafprozessrecht (für Verfahren vor dem<br />
IStGH) normiert.<br />
Gegenstand des dritten Teils des Lehrbuchs (S. 381-562)<br />
ist das Europäische Strafrecht im weiten Sinne, das, wie<br />
Ambos zu Recht besonders herausstellt, kein supranationales<br />
Strafrecht wie das Völkerstrafrecht ist und auch nicht nur<br />
strafrechtliche Regelungen der Europäischen Union umfasst.<br />
Vielmehr handelt es sich um einen Sammelbegriff für alle<br />
strafrechtlich relevanten Regelungen im Rahmen des Europarates<br />
und der Europäischen Union, die primär eine Harmonisierung<br />
der nationalen Strafrechtsordnungen der jeweiligen<br />
Mitgliedsstaaten bezwecken, also – wie Ambos es formuliert<br />
– auf ein „europäisiertes Strafrecht“ abzielen (§ 9 Rn. 4).<br />
Diesen Teil seines Lehrbuches hat Ambos für die Neuauflage<br />
vollkommen neu strukturiert, wobei die Gliederung nun anders<br />
als in den Vorauflagen nicht mehr institutionenorientiert<br />
(einerseits das Recht des Europarates, andererseits EU-Recht)<br />
ist, sondern thematischen Kriterien folgt (Grundrechtsschutz,<br />
Angleichung des materiellen Strafrechts, Rechtshilfe). Dabei<br />
hat Ambos seine Darstellung zur Rechtshilfe, dem für die<br />
Strafrechtspraxis wohl wichtigsten Bereich des Europäischen<br />
Strafrechts, in der hier besprochenen dritten Auflage deutlich<br />
ausgebaut (§ 12), was sich auch darin widerspiegelt, dass der<br />
Begriff „Rechtshilfe“ nunmehr in den Untertitel des Buches<br />
aufgenommen wurde.<br />
Ambos zeigt zunächst auf, auf welchen Rechtsquellen die<br />
relevanten Vorschriften beruhen können, und macht deutlich,<br />
dass der Europäischen Union eine echte supranationale Recht-<br />
setzungsgewalt im Bereich des Strafrechts allenfalls in sehr<br />
engen Grenzen zukommt (§ 9 Rn. 5 ff.), wobei seine Darstellung,<br />
die beim Leser europarechtliche Grundkenntnisse voraussetzt<br />
und damit für einen mit dem Europarecht noch gar<br />
nicht vertrauten Studierenden wohl nur mit gewissen Schwierigkeiten<br />
zu erfassen sein dürfte, durchgängig vom aktuellen<br />
Rechtszustand nach Inkrafttreten des Lissabonner Vertrages<br />
ausgeht.<br />
Schwerpunktmäßig befasst sich Ambos anschließend mit<br />
den Grundrechtsgewährleistungen auf europäischer Ebene,<br />
insbesondere mit den Garantien der EMRK (§ 10 Rn. 5 ff.).<br />
Diese Gewichtung ist ausdrücklich zu begrüßen, denn die<br />
strafrechtlich relevanten Gewährleistungen der EMRK spielen<br />
– als unmittelbar anwendbares Recht – in der deutschen<br />
Strafrechtspraxis eine immer größere Rolle, so dass es für<br />
Studierende und Referendare heutzutage nicht mehr genügt,<br />
sich im Rahmen ihrer strafprozessualen Ausbildung mit der<br />
deutschen Strafprozessordnung vertraut zu machen, sondern<br />
sie auch die EMRK mit in den Blick nehmen müssen. Ambos<br />
erläutert unter gründlicher Auswertung der – in einem wiederum<br />
umfassenden Fußnotenapparat nachgewiesenen – Rechtsprechung<br />
des EGMR die einschlägigen Normen der EMRK.<br />
Auch wenn seine Darstellung – selbstredend – nicht den<br />
Tiefgang haben kann wie diejenige in dem speziellen Lehrbuch<br />
zur EMRK von Grabenwarter/Pabel 2 , das in derselben<br />
Reihe wie das hier besprochene Werk erschienen ist, so bietet<br />
Ambos doch weitaus mehr als nur einen Überblick. Auch in<br />
diesem Abschnitt seines Buches setzt er sich kritisch mit<br />
unterschiedlichen Ansichten in der Rechtsprechung und Literatur<br />
auseinander und bezieht er eigene Positionen, wobei er<br />
im Grundsatz und im Zweifel die Beschuldigtenrechte sehr<br />
weitreichend verstanden wissen will. Der Rezensent hat allerdings<br />
gewisse Zweifel, ob eine extensive Auslegung der<br />
strafverfahrensrechtlichen Beschuldigtenrechte den Opferbelangen<br />
– und damit deren Menschenrechten! – immer hinreichend<br />
Rechnung trägt. Wenn der Rezensent sich an Vernehmungen<br />
traumatisierter Opfer von Sexualdelikten im Rahmen<br />
seiner eigenen ermittlungsrichterlichen Tätigkeit erinnert, so<br />
vermag er jedenfalls ein Anwesenheitsrecht eines Beschuldigten<br />
(neben seinem Verteidiger!) bei ermittlungsrichterlichen<br />
Zeugenvernehmungen und eine Befugnis eines Beschuldigten,<br />
Zeugen selbst „auf Herz und Nieren zu prüfen“<br />
(§ 10 Rn. 36), nicht vorbehaltlos gutzuheißen.<br />
Bei der Lektüre dieses Abschnitts des Lehrbuches zeigt<br />
sich erneut, dass sich die Neuauflage auf einem ganz aktuellen<br />
Stand befindet, denn auch die jüngste europäische und<br />
deutsche Rechtsprechung zur Sicherungsverwahrung wird<br />
von Ambos aufgegriffen (§ 10 Rn. 88). Dieses weitere Beispiel<br />
für die Dynamik der Rechtsentwicklung in den vom<br />
Buch abgedeckten Bereichen macht einmal mehr deutlich,<br />
dass es eine wirklich große und vor allem auch dauerhafte<br />
Herausforderung darstellt, ein Lehrbuch zum internationalen<br />
Strafrecht aktuell zu halten; eine Herausforderung, der Ambos<br />
– wie die hier besprochene Neuauflage zeigt – hervorragend<br />
gerecht wird.<br />
2 Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonven-<br />
tion, 5. Aufl. 2012.<br />
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Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik – www.zis-online.com<br />
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